L 8 AL 12/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AL 5498/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 12/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Dezember 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Der Kläger ist im Dezember 1948 geboren worden. Zusammen mit seiner im August 1956 geborenen Ehefrau und seinen beiden volljährigen Kindern bewohnt er ein 1986 erworbenes Hausgrundstück (Grundstücksfläche 718 m², Wohnfläche 111 m²), dessen Erwerb durch Mittel der Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin, sowie Darlehen einer Bausparkasse und einer Bank finanziert worden war. Die Finanzierung ist auf die Zeit bis März 2015 angelegt. Zu Gunsten der Finanzierungsinstitute sind in das Grundbuch Grundschulden eingetragen. Der Kläger hatte vier Kapitallebensversicherungen abgeschlossen, die am 1. Juni 1984 (Versicherung A, Fälligkeit 1. Juni 2008, Versicherungssumme 76.694,- EUR), 1. Juni 1987 (zwei Versicherungen, fällig jeweils am 1. Juni 2008; Versicherungssummen 38.347,- EUR - Versicherung B - und 71.581,- EUR [Gegenwert von 140.000,- DM – Versicherung C -) und am 1. September 1999 (Versicherung D, Fälligkeit 1. September 2013; Versicherungssumme 8.705,- EUR) begannen. Die Versicherungen A bis C dienten nach Angaben des Klägers zur Tilgung von Darlehen zur Finanzierung des Hausgrundstücks, die bis zum Ende der Darlehenslaufzeit nur hinsichtlich der Zinsen zu bedienen waren. Die Forderungen aus den Versicherungen waren nicht an die Finanzierungsinstitute abgetreten worden. Die laufenden monatlichen Aufwendungen für die Bedienung der Darlehen und die Prämien der Lebensversicherungen lagen von Beginn an bei mehr als 5.200,- DM (entsprechend mehr als 2.650,- EUR). Seit 1. Oktober 1998 war der Kläger, der zuvor 20 Jahre im selben Betrieb tätig war, arbeitslos gemeldet und bezog Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld erhielt der Kläger auf seinen Antrag hin ab 25. Mai 2001 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von (umgerechnet) 805,- EUR in der Leistungsgruppe C/erhöhter Leistungssatz (wöchentlicher Leistungssatz 296,24 EUR). In dem Leistungsantrag hatte er als Vermögen das selbst bewohnte Hausgrundstück sowie die vier Kapitallebensversicherungen angegeben. Das Vermögen wurde auf den Leistungsanspruch nicht angerechnet. Zu dem Antrag auf Weitergewährung der Arbeitslosenhilfe ab 25. Mai 2002 reichte der Kläger auf Anfrage der Beklagten eine Bescheinigung über die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen ein. Diese betrugen per 1. Juni 2002 für - Versicherung A 86.642,48 EUR (fällige Beiträge bis dahin: 56.157,84 EUR) - Versicherung B 36.281,88 EUR (fällige Beiträge bis dahin: 27.264,60 EUR) - Versicherung C 40.952,49 EUR (fällige Beiträge bis dahin: 41.136,24 EUR) - Versicherung D 870,23 EUR (fällige Beiträge bis dahin: 1.818,15 EUR). Durch Bescheid vom 2. Juli 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 24. Mai 2002 ab. Der Kläger verfüge gemeinsam mit seiner Ehefrau über Vermögen in Höhe von 164.747,08 EUR. Unter Berücksichtigung von Freibeträgen für den Kläger in Höhe von 27.560,- EUR und für seine Ehefrau in Höhe von 23.400,- EUR verbleibe Vermögen in Höhe von 113.787,08 EUR, das verwertbar sei und dessen Verwertung zumutbar sei. Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass das Vermögen nur aus den Rückkaufswerten der Lebensversicherungen bestehe. Die Versicherungen dienten ausschließlich der Finanzierung des Hausgrundstücks, die durch Grundschulden abgesichert sei, welche gegenwärtig noch mit 349.515,64 EUR valutierten. Die Verwertung eines selbst bewohnten Einfamilienhauses sei aber nicht zumutbar, zumal es auch der Alterssicherung diene. Die vorzeitige Auflösung der Lebensversicherungen führe zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten und stelle die Finanzierung des Einfamilienhauses in Frage. Die Rückkaufswerte seien nicht an die Darlehensgeber abgetreten worden. Durch Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe mangels Bedürftigkeit nicht. Das vorhandene Vermögen erfülle nicht die Anforderungen an Altersvorsorgeverträge und sei verwertbar. Mit seiner Klage hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, dass die Lebensversicherungen der Alterssicherung dienten, weil sie zum Erwerb des bewohnten Einfamilienhauses verwendet werden sollten. Außerdem sei die Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 rechtsunwirksam, da private Sicherungsbeträge zum Aufbau einer Alterssicherung nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Zumindest seien die Rückkaufswerte den Schulden gegenüber zu stellen, die er und seine Ehefrau auf Grund der Darlehensverbindlichkeiten zu zahlen hätten. Zur Finanzierung bestünden vier Darlehensverträge über insgesamt 610.000,- DM (311.888,05 EUR) mit Laufzeiten bis 2011 und 2015. Ein Versicherungsvertrag habe zum 31. August 2003 bereits gekündigt werden müssen (Versicherung C; Auszahlungsbetrag 50.370,64 EUR, davon 10.362,04 EUR Gewinnanteile). Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. Juli 2003 einen Folgeantrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 8. Juli 2003 abgelehnt. Durch Urteil vom 9. Dezember 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend dargelegt, dass der Kläger über einsetzbares Vermögen in Höhe von 113.787,08 EUR verfüge und damit nicht bedürftig sei. Dass dieses Vermögen aus Kapitallebensversicherungen resultiere, stehe dem nicht entgegen. Der Kläger sei rechtlich nicht gehindert gewesen, über das Vermögen zu verfügen. Allein die Absicht, es eines Tages überwiegend zur Schuldentilgung zu verwenden, lasse die rechtliche Verfügbarkeit auch nicht entfallen. Es handle sich auch nicht um Schonvermögen im Sinne der Arbeitslosenhilfe-Verordnung. Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes schlössen die Berücksichtigung der Lebensversicherungen nicht aus. Die vorangegangene Bewilligung von Arbeitslosenhilfe wirke nur für den einjährigen Bewilligungsabschnitt, so dass mit zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen habe gerechnet werden müssen. Höhere Freibeträge zur Alterssicherung hätten zudem auch nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 1974 nicht gegolten. Rechtliche Bedenken gegen die Verwertbarkeit von Kapitallebensversicherungen oder die Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 allgemein bestünden nicht. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Ergänzend führt er aus, dass es keinen Unterschied machen könne, ob ein Hausgrundstück durch ein übliches (Annuitäten-) Darlehen oder – wie vorliegend – durch ein "zinsloses" Darlehen finanziert werde, bei dem die Darlehensvaluta nach Ablauf der Zinsbindungsfrist durch die Lebensversicherung zurückgezahlt werden solle. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege ein Härtefall vor, da die Verwertung des Vermögens nicht zumutbar sei. Seine Ehefrau beziehe mittlerweile Arbeitslosengeld in Höhe von 400,- EUR monatlich und habe Nebeneinkünfte von 165,- EUR monatlich. Beide Kinder, von denen eines noch in der Ausbildung sei und eines in einem befristeten Teilzeit-Arbeitsverhältnis stehe, wohnten mit in dem Haus. Am 28. November 2005 habe er auch die Versicherung B kündigen müssen. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Dezember 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2002 und den Bescheid vom 14. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 25. Mai 2002 Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Lediglich die Versicherung D sei nach den Angaben des Klägers zur Altersvorsorge bestimmt gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG zur "Härteklausel" bei Anwendung der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 sei ihre Verwertung unwirtschaftlich, so dass sie nicht als Vermögen zu berücksichtigen sei. Es bleibe damit verwertbares Vermögen in Höhe von 163.876,85 EUR. Selbst wenn unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG neben einem Freibetrag von 52.000,- EUR für den Kläger und seine Ehefrau ein weiterer Freibetrag von insgesamt 52.000,- EUR für das Altersvorsorgevermögen berücksichtigt werde, sei der Kläger folglich nicht bedürftig. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Zu entscheiden ist über den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für den gesamten Zeitraum vom 25. Mai 2002 bis zum 31. Dezember 2004 (BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 3). Als Folge war der Bescheid vom 14. Juli 2003 gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht geworden. Der Kläger ist in dem zur Überprüfung stehenden Zeitraum nicht bedürftig gewesen und erfüllt damit eine notwendige Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht (§ 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Gemäß § 193 Abs. 2 SGB III ist ein Arbeitsloser unter anderem dann nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist. Gemäß § 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734; AlhiV 2002) ist das gesamte verwertbare Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau zu berücksichtigen, soweit dessen Wert den Freibetrag überschreitet. Nach § 1 Abs. 2 der AlhiV 2002 in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: AlhiV 2002 a.F.) ist Freibetrag ein Betrag in Höhe von 520,- EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners, pro Person jeweils aber höchstens 33.800,- EUR. Dieser Betrag wurde zum 1. Januar 2003 auf 200,- EUR pro Person und Lebensjahr, insgesamt 13.000,- EUR pro Person, abgesenkt (§ 1 Abs. 2 AlhiV 2002 in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl. I S. 4607; im Folgenden: AlhiV 2002 n.F.). Über den 31. Dezember 2002 hinaus galt § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 a.F. für die Dauer der "laufenden" Bewilligung weiter, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. Dezember 2002 vorgelegen haben (§ 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 n.F.). In den Genuss der Bestandsschutz-Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002 n.F., der auch darüber hinaus die Geltung des § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 a.F. vorsieht, kommt der Kläger nicht. Denn er ist nach dem Stichtag 1. Januar 1948 geboren. Nach alldem ist für den Kläger im Zeitpunkt des Leistungsantrags (April 2002) ein Freibetrag in Höhe von 50.960,- EUR zu berücksichtigen gewesen (Kläger: 53 vollendete Lebensjahre x 520 = 27.560,- EUR; Ehefrau: 45 vollendete Lebensjahre x 520 = 23.400,- EUR). Für den "Bewilligungsabschnitt" ab dem 25. Mai 2003 beträgt der Freibetrag 20.000,- EUR (Kläger: 54 x 200 = 10.800,- EUR; Ehefrau: 46 x 200 = 9.200,- EUR), für den ab 25. Mai 2004 20.400,- EUR (Kläger 55 x 200 = 11.000,- EUR; Ehefrau: 47 x 200 = 9.400,- EUR). Der Kläger verfügte zu jeder Zeit über Vermögen, das die Freibeträge überstieg. Nicht streitig ist, dass das von ihm und seiner Ehefrau bewohnte Hausgrundstück gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 5 AlhiV 2002 nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist. Nicht streitig ist auch, dass die Verwertung der Versicherung D im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 offensichtlich unwirtschaftlich ist, da der Rückkaufswert von unter 900,- EUR die eingezahlten Beiträge von mehr als 1.800,- EUR deutlich entwerten würde (s. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 2). Jedoch verfügte der Kläger vom Zeitpunkt des Beginns des "Bewilligungszeitraums" am 25. Mai 2002 bis zum 31. August 2003 in Gestalt der Versicherungen A bis C über Vermögen im Umfang von 163.876,85 EUR. Nach Veräußerung der Versicherung C per 1. September 2003 betrug das Vermögen noch 122.924,36 EUR, selbst wenn zu Gunsten des Klägers von den Rückkaufswerten per 1. Juni 2002 ausgegangen wird, die weitere Beitragsleistungen nicht berücksichtigen. Die Veräußerung der Versicherung B im November 2005 ist unbeachtlich, da sie außerhalb des streitigen Zeitraums liegt. Das aus den (Rückkaufs-) Werten der Versicherungen resultierende Aktiv-Vermögen kann nicht dadurch gemindert werden, dass es mit den Darlehensschulden für den Erwerb des Hausgrundstücks "verrechnet" wird. Diese Möglichkeit steht nur offen, wenn die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasten. Das ist bei den Lebensversicherungen selbst dann nicht der Fall, wenn von der vom Kläger angegebenen Zweckbestimmung ausgegangen wird (s. BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 8). Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 5 und 6 AlhiV 2002 liegen hinsichtlich der Versicherungen A bis C ebenfalls nicht vor, so dass sie auch von daher als Vermögen zu berücksichtigen sind. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sollen die Versicherungen nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 5 AlhiV 2002 zum "Erhalt" – das heißt zur Gebrauchs - und Werterhaltung –, sondern zum "Erwerb" des Hausgrundstücks verwendet werden. Offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 ist die Verwertung der Versicherungen A bis C deshalb nicht, weil bereits der Rückkaufswert die aufgewendeten Beiträge annähernd erreicht oder deutlich übersteigt. Wie sich an der Versicherung C gezeigt hat, kann durch Gewinnausschüttungen ein weiterer Erlös erwartet werden. Dass diese Versicherungen seiner Altersvorsorge dienen und die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002 erfüllen, hat der Kläger ausdrücklich nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Über die Werte aus den Versicherungen A bis C konnte der Kläger rechtlich frei verfügen, wie er selbst vorträgt. Im Besonderen sind Rechte aus den Versicherungen nicht zur Sicherung der Darlehensverträge für die Finanzierung des Hausgrundstücks abgetreten worden. Abzüglich der oben genannten Freibeträge verfügte der Kläger somit per 25. Mai 2002 über Vermögen in Höhe von (163.876,85 – 50.960 =) 112.916,85 EUR, per 25. Mai 2003 wenigstens in Höhe von (163.876,85 EUR - 20.000 =) 143.876,85 EUR, per 1. September 2003 wenigstens in Höhe von (122.924,36 – 20.000 =) 102.924,36 EUR und per 25. Mai 2004 wenigstens in Höhe von (122.924,36 – 20.400 =) 102.524,36 EUR, welches verwertbar war und die Bedürftigkeit grundsätzlich ausschloss. Denn nach den SGB III-Leistungsverordnungen 2002 bis 2004 konnte der Kläger selbst dann, wenn das Bemessungsentgelt von 805,- EUR am 24. Mai 2002 nicht gemäß § 201 SGB III gemindert worden wäre und wenn er weiterhin Arbeitslosenhilfe in der Leistungsgruppe C/erhöhter Leistungssatz beanspruchen könnte, lediglich mit cirka 1.200,- bis 1.300,- EUR an Leistungen für den vollen Kalendermonat rechnen. Das ergibt für den streitigen Zeitraum eine Summe von maximal cirka 38.000,- EUR. Die Verwertung dieses Vermögens stellt auch keine besondere Härte dar. Die AlhiV 2002 ist zwar insoweit nicht ermächtigungskonform, als sie keine allgemeine Härteklausel enthält (zusammenfassend BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 3 mit weiteren Nachweisen). Unter Rückgriff auf § 193 Abs. 2 i.V. mit § 206 Nr. 1 SGB III ist die AlhiV 2002 deshalb um eine allgemeine Härteklausel zu erweitern. Der Standard des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II, dort § 12) darf hierbei nicht unterschritten werden. Auch nach diesen Kriterien ist der Kläger indessen nicht bedürftig. Der von der Beklagten offenbar herangezogene zusätzliche Freibetrag für die Altersvorsorge (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II), der den selben Umfang wie der allgemeine Freibetrag hat, kann bereits deshalb nicht herangezogen werden, weil die Versicherungen A bis C zum einen nach der ausdrücklichen Erklärung des Klägers nicht als solche zur Altersvorsorge bestimmt sind und zum anderen keinen vertraglichen Verwertungsbeschränkungen vor Eintritt in den Ruhestand unterliegen. Abgesehen davon verbliebe aber auch bei Verdoppelung der oben bezeichneten Freibeträge während des gesamten streitigen Zeitraums ein überschießender Betrag, welcher Bedürftigkeit ausschlösse. Die Versicherungen A bis C stellen auch kein Vermögen zur "baldigen" Beschaffung eines Hausgrundstücks im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SGB II dar. Denn sie können allenfalls der längerfristigen Ablösung von Verbindlichkeiten dienen, die zur Beschaffung eines Hausgrundstücks eingegangen worden waren (s. dazu auch BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – B 7 AL 126/01 R – mit weiteren Nachweisen). Abgesehen von dieser Vorschrift ist der Erwerb oder Erhalt eines Hausgrundstücks nicht besonders privilegiert, im Besonderen nicht zur Alterssicherung. Weitere Gesichtspunkte, die im konkreten Fall (s. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 2; SozR 4-4220 § 6 Nr. 3; BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 – B 7a AL 36/05 R -, zitiert nach Juris) eine "besondere" Härte begründen könnten, die einer Verwertung des Vermögens entgegen stünde, sind nicht erkennbar. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Lebensversicherungen tatsächlich wenigstens zum Teil die Verbindlichkeiten decken sollten, welche der Kläger durch die Finanzierung des 1986 erworbenen Hausgrundstücks langfristig – nämlich mit Fälligkeiten zwischen 2011 und 2015 – eingegangen war, würde dies nicht ausreichen. Denn dass längerfristige Planungen nicht einzuhalten sind, weil sich die konkreten Lebensumstände über einen derart langen Zeitraum verändern, ist noch keine Härte, die es rechtfertigt, vom Regelfall der Verwertbarkeit abzuweichen. Gerade dann, wenn der Kläger eine Finanzierung wählt, die größere finanzielle Verpflichtungen erst gegen Ende des Darlehenszeitraums mit sich bringt, muss er damit rechnen, dass sich zwischenzeitlich Unwägbarkeiten wie Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit verwirklichen, welche die Finanzierung vollständig in Frage stellen. Dies gilt umso mehr, als die monatlichen Belastungen allein durch die Finanzierung des Hausgrundstückes (Schuldendienste und Tilgung der Darlehen, Prämien der Lebensversicherung) mit über 5000,- DM derart hoch waren, dass sie das Netto-Erwerbseinkommen des Klägers praktisch vollständig aufbrauchten. Es lag damit bereits in dem Zeitpunkt, in dem der Kläger die finanziellen Verpflichtungen eingegangen war, auf der Hand, dass sich die Finanzierung des Hausgrundstücks mit Hilfe von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nicht würde bewältigen lassen. Der Kläger wird auch nicht rechtserheblich anders behandelt als dann, wenn er sein Hausgrundstück vollständig durch so genannte Annuitäten-Darlehen, also mit zeitlich parallel laufenden Zinsleistungen und Darlehenstilgungen ohne Absicherung durch Lebensversicherungen finanziert hätte. Entscheidend ist, dass er auf Grund der gewählten Finanzierungsweise Vermögen aufgebaut hatte, über das er im streitigen Zeitraum sowohl tatsächlich wie rechtlich verfügen konnte. Der Aufbau oder Erhalt von Vermögen jeder Art wird durch die Vorschriften über bedürftigkeitsabhängige Leistungen aber grundsätzlich nicht unterstützt. Auch § 1 Abs. 3 Nr. 5 AlhiV 2002 schützt nicht das Hausgrundstück als Vermögensgegenstand, sondern lediglich in seiner Eigenschaft als Familienwohnung (BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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