Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AL 568/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 57/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 29. September und 29. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004 dahin abgeändert, dass die Aufhebung der Gewährung von Arbeitslosengeld erst mit Wirkung ab dem 24. September 2003 erfolgt und die Erstattungsforderung auf 233,73 Euro (incl. der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) reduziert wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. -
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin für die Zeit vom 18. September bis zum 13. Oktober 2003 Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 671,06 EUR zusteht.
Die 1964 geborene Klägerin arbeitete ab Januar 2001 als Sekretärin in einer Baufirma. Ab dem 18. Februar 2002 war sie aufgrund einer Sprunggelenksbandruptur arbeitsunfähig krank und bezog im Folgenden bis zum 17. August 2003 Krankengeld. Am 30. Juli 2003 meldete sie sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass ihr Arbeitsverhältnis als Sekretärin im Bauwesen fortbestehe, sie jedoch fortdauernd arbeitsunfähig krankgeschrieben sei. Zu ihrer Vermittlungsfähigkeit gab sie an, die Tätigkeit aus ihrer letzten Beschäftigung nur eingeschränkt ausüben zu können, sie jedoch bereit sei, sich im Rahmen des ggfs. ärztlich festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte gewährte ihr daraufhin mit Bescheid vom 01. September 2003 ab dem 18. August 2003 Arbeitslosengeld für 360 Tage ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 390,00 EUR nach der Leistungsgruppe B und dem erhöhten Leistungssatz (Zahlbetrag täglich: 25,81 EUR). Weiter veranlasste sie eine medizinische Begutachtung. In einem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 05. September 2003 erklärte der Gutachter Herr D in Auswertung eines Entlassungsberichtes vom 20. Juni 2003 über ein von der Deutschen Rentenversicherung Bund getragenes Heilverfahren, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten und insbesondere noch leichte Büroarbeiten ausüben könne. Es sei allerdings eine weitere Mobilisierung und Gangschulung unter krankengymnastischer Anleitung erforderlich.
Am 17. September 2003 wurde der Klägerin das Gutachten eröffnet. Bei dieser Gelegenheit wurde sie ausführlich belehrt, an welche Voraussetzungen der Anspruch insbesondere auch im Hinblick auf ihre Verfügbarkeit geknüpft sei. Sie erklärte mit ihrer Unterschrift, sich im Rahmen des Gutachtens zur Verfügung zu stellen. Mit am 24. September 2003 bei der Beklagten eingegangenen, als u.a. "Einspruch gegen das ärztliche Gutachten überschriebenen" Brief bestritt die Klägerin dann jedoch, sechs Stunden und mehr am Tag arbeitsfähig zu sein. Sie befinde sich in Behandlung aufgrund enormer Schmerzen im linken OSG, Hüft-, Rücken- sowie Schulterbereich und sei an zwei Unterarmgehhilfen gebunden. Die Arbeitsunfähigkeit dauere an; am 22. Oktober 2003 sei eine erneute Operation geplant. Weiter wolle sie einen Zusatz zu der Erklärung der Verfügbarkeit abgeben: sie stehe dem Arbeitsamt selbstverständlich zu Verfügung, aber nur für ihren derzeitigen Arbeitgeber.
Mit Bescheid vom 29. September 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld gestützt auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) i.V.m. § 330 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) rückwirkend ab dem 18. September 2003 auf. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis Leistungen nach § 125 SGB III beantragt habe, sie jedoch nach dem ärztlichen Gutachten vollschichtig für leichte Tätigkeiten einsetzbar sei, sodass eine Fortzahlung der Leistungen nicht mehr erfolgen könne.
Hiergegen legte die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich mit Schreiben vom 26. September 2003 in der Fassung des Schreibens vom 02. Oktober 2003 zum 30. September 2003 durch den Arbeitgeber gekündigt worden war, am 06. Oktober 2003 Widerspruch ein. Nach Beendigung ihrer Krankschreibung stellte die Klägerin sich zum 14. Oktober 2003 wieder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Ab diesem Tage gewährte die Beklagte ihr wieder Arbeitslosengeld. Zwischen dem 22. und dem 25. Oktober 2003 unterzog die Klägerin sich sodann im Zusammenhang mit der Sprunggelenksverletzung einer erneuten stationären Operation. Am 17. November 2003 nahm sie eine Tätigkeit als Sekretärin in einer HNO-Praxis auf.
Mit entsprechend bezeichnetem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. bis zum 30. September 2003 auf und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 434,06 EUR geltend. Die Klägerin habe gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der ihr zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Das ihr in der Zeit vom 18. September bis zum 30. September 2003 zu Unrecht ausgezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 335,53 EUR sowie die für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 98,53 EUR habe sie zu erstatten (§§ 50 Abs. 1 SGB X, 335 Abs. 1 SGB III).
Hiergegen wandte die Klägerin sich mit ihrem Widerspruch vom 07. Januar 2004. Die Rückforderung sei nicht berechtigt. Weiter stehe ihr immer noch ein nicht befriedigter Zahlungsanspruch für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 zu. Sie habe für diesen Zeitraum, für den eine Krankschreibung vorgelegen habe, Arbeitslosengeld beantragt. Im Übrigen sei ihr Leistungsvermögen noch immer eingeschränkt. Auch nach der Operation im Oktober 2003 werde eine weitere Operation am linken Sprunggelenk erforderlich sein. Schließlich sei die Rückforderungssumme fehlerhaft berechnet. Für den Zeitraum vom 14. Oktober bis zum 16. November 2003 seien für Kranken- und Pflegeversicherung nur 30,62 EUR abgezogen worden, während von ihr 98,53 EUR gefordert würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2004 wies die Beklagte schließlich "nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 29. Dezember 2003" den Widerspruch der Klägerin gegen "die Bescheide vom 17. und 29. September 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Dezember 2003" zurück. Der Leistungsanspruch sei ab dem 18. September 2003 entfallen, da die Klägerin von diesem Tage an laut ärztlichem Gutachten wieder leistungsfähig gewesen sei und sich in ungekündigter Stellung befunden habe. Eine Fortzahlung sei erst wieder ab dem 14. Oktober 2003 möglich gewesen.
Hiergegen richtet sich die am 04. Februar 2004 erhobene Klage, mit der die Klägerin im Wesentlichen die Fehlerhaftigkeit des ärztlichen Gutachtens rügt. Entgegen der dort geäußerten Auffassung sei ihr seinerzeit die Wiederaufnahme der Arbeit bei ihrem alten Arbeitgeber aus gesundheitlichen Gründen unmöglich gewesen. Sie sei einzige Mitarbeiterin in einem Bauunternehmen und als Sekretärin auch bei Baubegehungen und Abnahmen zugegen gewesen. Dies aber habe Mobilität erfordert, die sie aufgrund der Sprunggelenksverletzung nicht aufgebracht habe. Noch im September 2003 habe sie sich der Hilfe von Unterarmstützen bedienen müssen und dem Arbeitgeber daher nicht die geschuldete Leistung anbieten können. Dies werde durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegt. Auch anderen Tätigkeiten hätte sie zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung wegen andauernder Schmerzen noch nicht nachgehen können. Eine Erwerbstätigkeit sei erst durch das Fortschreiten des Heilungsprozesses ab Mitte November wieder möglich gewesen. Aufgrund der mehr als sechs Monate dauernden Erkrankung sei ihr daher jedenfalls nach § 125 SGB III Arbeitslosengeld zu bewilligen gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte ihr für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 kein Arbeitslosengeld ausgezahlt.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 22. Juni 2004 abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld in ihrem Bescheid vom 18. September 2003 ganz aufgehoben habe. Dieser Bescheid sei durch den weiteren vom 29. Dezember weder ausdrücklich abgeändert noch aufgehoben worden. Vielmehr werde dort – insofern lediglich wiederholend – die Aufhebung für den Zeitraum vom 18. bis zum 30. September erklärt und zusätzlich eine Erstattungsforderung beziffert. Dadurch sei jedoch auch der Zeitraum vom 01. bis zum 13. Oktober von der im Bescheid vom 29. September ausgesprochenen gänzlichen Aufhebung der Bewilligung betroffen. Die Aufhebung der Bescheide sei gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 4 SGB X und § 330 Abs. 3 SGB III nicht zu beanstanden. Vorliegend sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Ab dem 18. September 2003 habe die Klägerin die Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld nach §§ 118 und 119 SGB III nicht erfüllt. Sie sei weder arbeitsfähig noch arbeitsbereit gewesen. Ihre gesundheitlichen Einschränkungen hätten der Arbeitsfähigkeit entgegengestanden. Das von der Beklagten eingeholte Gutachten könne diese Einschätzung nicht entkräften, da es allein nach Aktenlage gefertigt worden und bereits deshalb nur bedingt aussagekräftig sei. Weiter sei die Klägerin nicht arbeitsbereit gewesen. Sie habe wiederholt erklärt, dass sie sich für arbeitsunfähig halte und ihre Arbeitskraft, wenn überhaupt, nur ihrem Arbeitgeber zur Verfügung stellen würde. Einen entsprechenden einschränkenden Zusatz habe sie in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 23. September 2003 ausdrücklich zu ihrer Verfügbarkeitserklärung gemacht. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 125 SGB III sei nicht in Betracht gekommen. Die Vorschrift sei auf die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit nicht anwendbar. Die Klägerin sei jedoch – lege man eine auf die Zukunft gerichtete prognostische Betrachtung im Zeitpunkt ihrer Arbeitslosmeldung zugrunde – nicht mehr als sechs Monate leistungsgemindert gewesen. Ihr Heilungsprozess habe vielmehr nur noch einige Wochen in Anspruch genommen, wie nicht zuletzt die Gesundschreibung und Arbeitsaufnahme Mitte November belegten. Die Rechtswidrigkeit des Bezuges von Arbeitslosengeld hätte die Klägerin auch erkennen müssen. Sie sei insofern durch das "Merkblatt für Arbeitslose" ausreichend informiert worden. Ob die Arbeitsunfähigkeit nicht bereits zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bestanden habe, könne dahinstehen. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung wäre dann § 45 SGB X, der ebenfalls eine rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsaktes erlaube, sofern der Betroffene dessen Rechtswidrigkeit erkennen müsse.
Gegen dieses ihr am 13. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. August 2004 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie meint, das Sozialgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass sie im fraglichen Zeitraum nicht arbeitsfähig gewesen sei. Auch sei es richtig, dass ihr deshalb kein Arbeitslosengeld hätte bewilligt werden dürfen. Indes verkenne das Gericht, dass der Bewilligungsbescheid vom 29. August 2003 (richtig: 01. September 2003) von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, da sie bereits bei Antragstellung am 18. August 2003 erkennbar arbeitsunfähig gewesen sei. Sie habe zu diesem Zeitpunkt eine Beinschiene getragen. Es sei mit der Sachbearbeiterin noch zu einer Auseinandersetzung gekommen, weil sie ihr Bein hochgelegt habe. § 48 SGB X sei mithin nicht anwendbar, da es zu keiner Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. In Betracht wäre daher allein eine Rücknahme nach § 45 SGB X gekommen, die die Beklagte jedoch nicht erklärt hätte. Eine Umdeutung nach § 43 SGB X komme nicht in Betracht, weil eine vorherige Anhörung nach § 24 SGB X, die § 43 Abs. 4 SGB III ausdrücklich voraussetze, nicht erfolgt sei und eine Rücknahme des fehlerhaften Bewilligungsbescheides nach § 45 SGB X aus den vorstehenden Gründen nicht zulässig gewesen sei (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht vor, da sie auf den Bestand der Bewilligung vertraut und entsprechende Vermögensdispositionen getroffen habe. Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 der Vorschrift stehe dem nicht entgegen. Ein Merkblatt nicht näher bekannten Inhaltes sei ihr nicht ausgehändigt worden und auch nicht bekannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 29. September und 29. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 Arbeitslosengeld auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, dass die Klägerin erst ab dem 18. September 2003 nicht mehr die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld erfüllt hätte. Soweit die Klägerin nunmehr vortrage, eigentlich bereits ab dem 18. August 2003 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt zu haben, sei dies nicht nachvollziehbar. Zu diesem Zeitpunkt sei lediglich feststellbar, dass sie ausgesteuert gewesen sei, weitere Arbeitsunfähigkeit vorliege und das bisher bestehende Arbeitsverhältnis noch ungekündigt gewesen sei. Sie sei daher gehalten gewesen, ihr zunächst Arbeitslosengeld zu gewähren und die weiteren Feststellungen zur Anwendung des § 125 SGB III zu treffen. Erst mit der Auswertung des ärztlichen Gutachtens und der fehlenden Verfügbarkeit der Klägerin habe festgestanden, dass § 125 SGB III nicht anzuwenden sei. Folgerichtig sei die Entscheidung über die Bewilligung ab dem 18. September 2003 aufzuheben gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten zur Stammnummer verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Sozialgericht bewertet die Sach- und Rechtslage nur teilweise zutreffend.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – wie das Sozialgericht Berlin zu Recht angenommen hat – sowohl der Aufhebungsbescheid vom 29. September 2003 als auch der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004. Soweit die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ausgeführt hat, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003 habe den Aufhebungsbescheid vom 29. September 2003 ersetzt, trifft dies nicht zu. Mit letztgenanntem Bescheid hatte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 18. September 2003 unbefristet aufgehoben, während sich der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. September 2003 lediglich auf die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. bis zum 30. September 2003 bezieht. Dass mit diesem Bescheid die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 rückgängig gemacht werden sollte, ist dem Bescheid nicht ansatzweise zu entnehmen. Im Gegenteil ist die Beklagte auch noch in ihrem Widerspruchsbescheid bei ihrer Auffassung geblieben, dass der Klägerin ein Leistungsanspruch erst wieder ab dem 14. Oktober 2003 zustehe.
Der Aufhebungsbescheid vom 29. September 2003 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004, sind dem Grunde nach rechtmäßig. Allerdings ist die Leistungsbewilligung zur Überzeugung des Senats zu Unrecht bereits ab dem 18. September 2003 aufgehoben worden; sie hätte erst zum 24. September 2003 erfolgen dürfen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ist der Verwaltungsakt nach Satz 2 dieser Vorschrift in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III u.a. dann aufzuheben, wenn - so Ziffer 4 – der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Bei dem von der Beklagten aufgehobenen Bescheid vom 01. September 2003, mit dem der Klägerin ab dem 18. August 2003 Arbeitslosengeld gewährt worden ist, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Hinsichtlich dieses der Klägerin zuerkannten Anspruchs hat sich nachträglich eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ergeben. Nicht aber war der Bescheid – wie die Klägerin inzwischen meint – von Anfang an rechtswidrig. Zunächst stand ihr nämlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu.
Zwar ergab sich dieser Anspruch nicht unmittelbar aus §§ 117, 118, 119 SGB III. Denn Anspruch auf Arbeitslosengeld haben nach § 117 Abs. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Klägerin war jedoch im fraglichen Zeitraum nicht arbeitslos. Dies wäre nach der Legaldefinition des seinerzeit geltenden § 118 Abs. 1 SGB III in der Fassung des 1. SGB-ÄndG vom 16.12.1997 nämlich nur dann der Fall gewesen, wenn sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hätte (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung gesucht hätte (Beschäftigungssuche). Letzteres aber war bei der Klägerin im fraglichen Zeitraum nicht der Fall. Denn Beschäftigungssuche setzt nach § 119 Abs. 1 SGB III in der damals geltenden Fassung voraus, dass der Arbeitnehmer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, sowie weiter den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Letzteres ist nach Absatz 2 der Norm nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähigkeit setzt gemäß Absatz 3 Nr. 1 der Norm insbesondere voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. Wie schon das Sozialgericht Berlin geht auch der Senat unter Berücksichtigung der konkreten Tätigkeit der Klägerin und ihrer gesundheitlichen Beschwerden davon aus, dass sie über den 17. August 2003 hinaus, mithin zu Beginn des Bewilligungszeitraumes und über den gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum hinweg arbeitsunfähig war. Er ist insofern überzeugt, dass sie aufgrund ihrer Beschwerden infolge der Sprunggelenksbandruptur seinerzeit nicht in der Lage war, ihre Tätigkeit als Sekretärin in einer Baufirma wieder aufzunehmen. Diese konkrete Beschäftigung stellte sich – anders als der von der Beklagten beauftragte Gutachter angenommen hat – nicht nur als leichte Bürotätigkeit dar, sondern war auch mit dem Aufsuchen von Baustellen verbunden. Schwierigkeiten beim Gehen – konkret konnte die Klägerin sich offenbar nur unter Einsatz von Gehhilfen fortbewegen - standen der Ausübung dieser Tätigkeit mithin von Anfang an entgegen, was inzwischen wohl auch von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt wird. Mangels Arbeitsfähigkeit und damit Verfügbarkeit stand der Klägerin mithin kein Arbeitslosengeldanspruch nach §§ 117, 118, 119 SGB III zu.
Allerdings konnte die mangelnde objektive Verfügbarkeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit hier zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 18. August 2003 über § 125 SGB III fingiert werden. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des 1. SGB-ÄndG vom 16.12.1997 hat auch derjenige Anspruch auf Arbeitslosengeld, der allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung war bei der Klägerin nicht festgestellt. Soweit das Sozialgericht Berlin weiter davon ausgegangen ist, dass bei der Klägerin keine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit vorgelegen habe, überzeugt dies – bezogen auf den Beginn des Leistungszeitraums – nicht. Zwar lag tatsächlich keine entsprechende Leistungsminderung vor, da die Klägerin ab dem 14. Oktober 2003 nicht mehr arbeitsunfähig geschrieben war und schließlich – wenn auch erst nach erneuter stationärer Operation Ende Oktober 2003 – am 17. November 2003 eine neue Beschäftigung als Sekretärin aufgenommen hat. Auf diese – hier letztlich nur retrospektiv zu treffende – Einschätzung kommt es jedoch nicht an. Der Begriff der Leistungsfähigkeit korrespondiert mit dem der Erwerbsminderung im Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches. Die Voraussetzungen für die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit sind daher erfüllt, solange – bei nicht festgestellter verminderter Erwerbsfähigkeit – nicht zweifelsfrei eine nur vorübergehende, also nicht mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit vorliegt (LSG Berlin, Urteil vom 17.12.2002 – L 10 AL 2/02 – zitiert nach juris unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 09.08.1990 – 11 RAr 141/88 – SozR 3-4100 § 105a Nr. 2). Gemessen daran ist hier anfangs jedoch sehr wohl von einer entsprechenden Leistungsminderung auszugehen gewesen. Denn angesichts der Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin (anderthalb Jahre bis zum Beginn des Leistungszeitraumes am 18. August 2003), deren Ende zum Zeitpunkt des Leistungsantrages der Klägerin offenbar nicht absehbar war, und im Hinblick auf die Art ihrer Erkrankung, die eine deutliche Einschränkung der Mobilität nach sich zog und daher im Sinne des Rentenrechts aufgrund einer denkbaren Wegeunfähigkeit durchaus zu einem Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hätte führen können, war anfangs nicht zweifelsfrei von einer nur vorübergehenden, also nicht mehr als sechsmonatigen Minderung der Leistungsfähigkeit auszugehen. Die Voraussetzungen für die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit waren daher zunächst erfüllt. Auch war ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld zunächst nicht deshalb zu verneinen, weil ihrer Arbeitslosigkeit neben der Einschränkung ihres Leistungsvermögens zusätzlich andere Gründe entgegengestanden hätten. Insbesondere war die Klägerin nämlich zu Beginn des Leistungsabschnitts am 18. August 2003 auch noch subjektiv verfügbar, also arbeitsbereit. Sie hatte zu ihrer Vermittlungsfähigkeit ursprünglich angegeben, dass sie die Tätigkeit aus ihrer letzten Beschäftigung nur eingeschränkt ausüben könne, jedoch bereit sei, sich im Rahmen des ggfs. ärztlich festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Anlässlich der Eröffnung des Gutachtens hat sie letzteres am 17. September 2003 nochmals bestätigt. Erst mit bei der Beklagten am 24. September 2003 eingegangenen Schreiben hat sie dann jedoch zum einen die gutachterlichen Feststellungen angegriffen sowie zum anderen zu ihrer Verfügbarkeit erklärt, dem Arbeitsamt zwar selbstverständlich zur Verfügung zu stehen, aber nur für ihren derzeitigen Arbeitgeber. Vor diesem Hintergrund ist zwar von einer den Arbeitslosengeldanspruch nach § 125 SGB III ausschließenden Verfügbarkeitseinschränkung durch die Klägerin auszugehen, dies allerdings noch nicht ab dem 18. August 2003, sondern erst dem 24. September 2003. An diesem Tage ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten, denn nunmehr stand der Klägerin kein Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld nach § 125 SGB III zu. Sie begehrte nunmehr faktisch die Fortzahlung von Krankengeld von der Beklagten, nachdem sie aufgrund der Aussteuerung keinen entsprechenden Anspruch gegen ihre Krankenkasse mehr hatte.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war damit die Bewilligung des Arbeitslosengeldes zweifelsohne für die Zukunft aufzuheben. Zu Recht hat die Beklagte die Leistungsbewilligung jedoch mit ihren angefochtenen Bescheiden auch rückwirkend – zulässigerweise allerdings erst ab dem 24. September 2003 - aufgehoben. Denn soweit die Klägerin nicht wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt vom 01. September 2003 ergebende Anspruch auf Arbeitslosengeld kraft Gesetzes weggefallen war, ist dies darauf zurückzuführen, dass sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Die Unkenntnis ist dann grob fahrlässig, wenn der Betreffende aufgrund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen (wissen) können, dass der Anspruch entfallen war. Es reicht hingegen nicht, wenn er mit dem Wegfall des Anspruchs rechnen musste. Davon, dass die Klägerin hier grob fahrlässig von dem Wegfall des Anspruchs nicht gewusst hat, ist der Senat bereits im Hinblick darauf überzeugt, dass sie am 17. September 2003 im Zusammenhang mit der Eröffnung des Gutachtens ausdrücklich erklärt hat, zur Kenntnis genommen zu haben, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nur bestehe, wenn sie bereit sei, jede zumutbare Beschäftigung aufzunehmen, die sie ausüben könne und dürfe, auch wenn diese nicht unbedingt ihrer Ausbildung oder beruflichen Tätigkeit entspreche. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, sie habe gedacht, sie dürfe aus Rechtsgründen nur bei ihrem Arbeitgeber arbeiten, vermag dies keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsvertrages kann der Arbeitgeber jederzeit auf die Ausübung des Direktionsrechts verzichten. Im Übrigen musste sich der Klägerin auch schon deshalb aufdrängen, dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben kann, wenn sie ihre Verfügbarkeit auf einen einzigen Arbeitgeber eingrenzt, weil damit die Grundvoraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld nicht erfüllt war. Es ist offensichtlich, dass entsprechende Leistungen nur dann bewilligt werden können, wenn der die Leistung Begehrende – im Rahmen des § 125 SGB III unter Außerachtlassung etwaiger gesundheitlicher Hinderungsgründe – grundsätzlich den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht. Ermessen stand der Beklagten insoweit aufgrund der Regelung des § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht zu.
Ob die Beklagte die Klägerin vor Erlass ihrer Bescheide ordnungsgemäß nach § 24 SGB X angehört hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls wäre dieser Verfahrensmangel gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt.
Auch hat die Beklagte die sich aus § 48 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 SGB X ergebende Jahresfrist zur Aufhebung unzweifelhaft eingehalten.
Soweit die rückwirkende Aufhebung der Leistungsgewährung nicht zu beanstanden ist, ist auch die auf § 50 Abs. 1 SGB X beruhende Erstattungsforderung rechtmäßig. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Dementsprechend ist die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung hier zu reduzieren. Die Klägerin hat in der Zeit vom 24. bis zum 30. September 2003 an sieben Tagen je 25,81 Euro, mithin insgesamt 180,67 EUR Arbeitslosengeld erhalten. In dieser Höhe steht der Beklagten der Erstattungsanspruch zu.
Die Forderung der Erstattung der im fraglichen Zeitraum von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Die Erstattungspflicht tritt ein, soweit – wie hier – die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Auch insoweit ist die geltend gemachte Erstattungsforderung im Hinblick auf die nicht schon am 18., sondern erst am 24. September 2003 eingetretene Änderung der Verhältnisse zu reduzieren. Für die Zeit vom 24. bis zum 30. September 2003 hat die Beklagte für die Klägerin Beiträge in Höhe von 47,72 EUR zur Kranken- und 5,34 EUR zur Pflegeversicherung, insgesamt mithin 53,06 EUR gezahlt. Diesen Betrag hat die Klägerin zu erstatten.
Nach alledem konnte die Klägerin mit ihrer Berufung nur teilweise Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin für die Zeit vom 18. September bis zum 13. Oktober 2003 Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 671,06 EUR zusteht.
Die 1964 geborene Klägerin arbeitete ab Januar 2001 als Sekretärin in einer Baufirma. Ab dem 18. Februar 2002 war sie aufgrund einer Sprunggelenksbandruptur arbeitsunfähig krank und bezog im Folgenden bis zum 17. August 2003 Krankengeld. Am 30. Juli 2003 meldete sie sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass ihr Arbeitsverhältnis als Sekretärin im Bauwesen fortbestehe, sie jedoch fortdauernd arbeitsunfähig krankgeschrieben sei. Zu ihrer Vermittlungsfähigkeit gab sie an, die Tätigkeit aus ihrer letzten Beschäftigung nur eingeschränkt ausüben zu können, sie jedoch bereit sei, sich im Rahmen des ggfs. ärztlich festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte gewährte ihr daraufhin mit Bescheid vom 01. September 2003 ab dem 18. August 2003 Arbeitslosengeld für 360 Tage ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 390,00 EUR nach der Leistungsgruppe B und dem erhöhten Leistungssatz (Zahlbetrag täglich: 25,81 EUR). Weiter veranlasste sie eine medizinische Begutachtung. In einem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 05. September 2003 erklärte der Gutachter Herr D in Auswertung eines Entlassungsberichtes vom 20. Juni 2003 über ein von der Deutschen Rentenversicherung Bund getragenes Heilverfahren, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten und insbesondere noch leichte Büroarbeiten ausüben könne. Es sei allerdings eine weitere Mobilisierung und Gangschulung unter krankengymnastischer Anleitung erforderlich.
Am 17. September 2003 wurde der Klägerin das Gutachten eröffnet. Bei dieser Gelegenheit wurde sie ausführlich belehrt, an welche Voraussetzungen der Anspruch insbesondere auch im Hinblick auf ihre Verfügbarkeit geknüpft sei. Sie erklärte mit ihrer Unterschrift, sich im Rahmen des Gutachtens zur Verfügung zu stellen. Mit am 24. September 2003 bei der Beklagten eingegangenen, als u.a. "Einspruch gegen das ärztliche Gutachten überschriebenen" Brief bestritt die Klägerin dann jedoch, sechs Stunden und mehr am Tag arbeitsfähig zu sein. Sie befinde sich in Behandlung aufgrund enormer Schmerzen im linken OSG, Hüft-, Rücken- sowie Schulterbereich und sei an zwei Unterarmgehhilfen gebunden. Die Arbeitsunfähigkeit dauere an; am 22. Oktober 2003 sei eine erneute Operation geplant. Weiter wolle sie einen Zusatz zu der Erklärung der Verfügbarkeit abgeben: sie stehe dem Arbeitsamt selbstverständlich zu Verfügung, aber nur für ihren derzeitigen Arbeitgeber.
Mit Bescheid vom 29. September 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld gestützt auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) i.V.m. § 330 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) rückwirkend ab dem 18. September 2003 auf. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis Leistungen nach § 125 SGB III beantragt habe, sie jedoch nach dem ärztlichen Gutachten vollschichtig für leichte Tätigkeiten einsetzbar sei, sodass eine Fortzahlung der Leistungen nicht mehr erfolgen könne.
Hiergegen legte die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich mit Schreiben vom 26. September 2003 in der Fassung des Schreibens vom 02. Oktober 2003 zum 30. September 2003 durch den Arbeitgeber gekündigt worden war, am 06. Oktober 2003 Widerspruch ein. Nach Beendigung ihrer Krankschreibung stellte die Klägerin sich zum 14. Oktober 2003 wieder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Ab diesem Tage gewährte die Beklagte ihr wieder Arbeitslosengeld. Zwischen dem 22. und dem 25. Oktober 2003 unterzog die Klägerin sich sodann im Zusammenhang mit der Sprunggelenksverletzung einer erneuten stationären Operation. Am 17. November 2003 nahm sie eine Tätigkeit als Sekretärin in einer HNO-Praxis auf.
Mit entsprechend bezeichnetem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. bis zum 30. September 2003 auf und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 434,06 EUR geltend. Die Klägerin habe gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der ihr zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Das ihr in der Zeit vom 18. September bis zum 30. September 2003 zu Unrecht ausgezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 335,53 EUR sowie die für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 98,53 EUR habe sie zu erstatten (§§ 50 Abs. 1 SGB X, 335 Abs. 1 SGB III).
Hiergegen wandte die Klägerin sich mit ihrem Widerspruch vom 07. Januar 2004. Die Rückforderung sei nicht berechtigt. Weiter stehe ihr immer noch ein nicht befriedigter Zahlungsanspruch für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 zu. Sie habe für diesen Zeitraum, für den eine Krankschreibung vorgelegen habe, Arbeitslosengeld beantragt. Im Übrigen sei ihr Leistungsvermögen noch immer eingeschränkt. Auch nach der Operation im Oktober 2003 werde eine weitere Operation am linken Sprunggelenk erforderlich sein. Schließlich sei die Rückforderungssumme fehlerhaft berechnet. Für den Zeitraum vom 14. Oktober bis zum 16. November 2003 seien für Kranken- und Pflegeversicherung nur 30,62 EUR abgezogen worden, während von ihr 98,53 EUR gefordert würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2004 wies die Beklagte schließlich "nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 29. Dezember 2003" den Widerspruch der Klägerin gegen "die Bescheide vom 17. und 29. September 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Dezember 2003" zurück. Der Leistungsanspruch sei ab dem 18. September 2003 entfallen, da die Klägerin von diesem Tage an laut ärztlichem Gutachten wieder leistungsfähig gewesen sei und sich in ungekündigter Stellung befunden habe. Eine Fortzahlung sei erst wieder ab dem 14. Oktober 2003 möglich gewesen.
Hiergegen richtet sich die am 04. Februar 2004 erhobene Klage, mit der die Klägerin im Wesentlichen die Fehlerhaftigkeit des ärztlichen Gutachtens rügt. Entgegen der dort geäußerten Auffassung sei ihr seinerzeit die Wiederaufnahme der Arbeit bei ihrem alten Arbeitgeber aus gesundheitlichen Gründen unmöglich gewesen. Sie sei einzige Mitarbeiterin in einem Bauunternehmen und als Sekretärin auch bei Baubegehungen und Abnahmen zugegen gewesen. Dies aber habe Mobilität erfordert, die sie aufgrund der Sprunggelenksverletzung nicht aufgebracht habe. Noch im September 2003 habe sie sich der Hilfe von Unterarmstützen bedienen müssen und dem Arbeitgeber daher nicht die geschuldete Leistung anbieten können. Dies werde durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegt. Auch anderen Tätigkeiten hätte sie zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung wegen andauernder Schmerzen noch nicht nachgehen können. Eine Erwerbstätigkeit sei erst durch das Fortschreiten des Heilungsprozesses ab Mitte November wieder möglich gewesen. Aufgrund der mehr als sechs Monate dauernden Erkrankung sei ihr daher jedenfalls nach § 125 SGB III Arbeitslosengeld zu bewilligen gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte ihr für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 kein Arbeitslosengeld ausgezahlt.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 22. Juni 2004 abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld in ihrem Bescheid vom 18. September 2003 ganz aufgehoben habe. Dieser Bescheid sei durch den weiteren vom 29. Dezember weder ausdrücklich abgeändert noch aufgehoben worden. Vielmehr werde dort – insofern lediglich wiederholend – die Aufhebung für den Zeitraum vom 18. bis zum 30. September erklärt und zusätzlich eine Erstattungsforderung beziffert. Dadurch sei jedoch auch der Zeitraum vom 01. bis zum 13. Oktober von der im Bescheid vom 29. September ausgesprochenen gänzlichen Aufhebung der Bewilligung betroffen. Die Aufhebung der Bescheide sei gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 4 SGB X und § 330 Abs. 3 SGB III nicht zu beanstanden. Vorliegend sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Ab dem 18. September 2003 habe die Klägerin die Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld nach §§ 118 und 119 SGB III nicht erfüllt. Sie sei weder arbeitsfähig noch arbeitsbereit gewesen. Ihre gesundheitlichen Einschränkungen hätten der Arbeitsfähigkeit entgegengestanden. Das von der Beklagten eingeholte Gutachten könne diese Einschätzung nicht entkräften, da es allein nach Aktenlage gefertigt worden und bereits deshalb nur bedingt aussagekräftig sei. Weiter sei die Klägerin nicht arbeitsbereit gewesen. Sie habe wiederholt erklärt, dass sie sich für arbeitsunfähig halte und ihre Arbeitskraft, wenn überhaupt, nur ihrem Arbeitgeber zur Verfügung stellen würde. Einen entsprechenden einschränkenden Zusatz habe sie in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 23. September 2003 ausdrücklich zu ihrer Verfügbarkeitserklärung gemacht. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 125 SGB III sei nicht in Betracht gekommen. Die Vorschrift sei auf die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit nicht anwendbar. Die Klägerin sei jedoch – lege man eine auf die Zukunft gerichtete prognostische Betrachtung im Zeitpunkt ihrer Arbeitslosmeldung zugrunde – nicht mehr als sechs Monate leistungsgemindert gewesen. Ihr Heilungsprozess habe vielmehr nur noch einige Wochen in Anspruch genommen, wie nicht zuletzt die Gesundschreibung und Arbeitsaufnahme Mitte November belegten. Die Rechtswidrigkeit des Bezuges von Arbeitslosengeld hätte die Klägerin auch erkennen müssen. Sie sei insofern durch das "Merkblatt für Arbeitslose" ausreichend informiert worden. Ob die Arbeitsunfähigkeit nicht bereits zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bestanden habe, könne dahinstehen. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung wäre dann § 45 SGB X, der ebenfalls eine rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsaktes erlaube, sofern der Betroffene dessen Rechtswidrigkeit erkennen müsse.
Gegen dieses ihr am 13. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. August 2004 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie meint, das Sozialgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass sie im fraglichen Zeitraum nicht arbeitsfähig gewesen sei. Auch sei es richtig, dass ihr deshalb kein Arbeitslosengeld hätte bewilligt werden dürfen. Indes verkenne das Gericht, dass der Bewilligungsbescheid vom 29. August 2003 (richtig: 01. September 2003) von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, da sie bereits bei Antragstellung am 18. August 2003 erkennbar arbeitsunfähig gewesen sei. Sie habe zu diesem Zeitpunkt eine Beinschiene getragen. Es sei mit der Sachbearbeiterin noch zu einer Auseinandersetzung gekommen, weil sie ihr Bein hochgelegt habe. § 48 SGB X sei mithin nicht anwendbar, da es zu keiner Änderung in den Verhältnissen gekommen sei. In Betracht wäre daher allein eine Rücknahme nach § 45 SGB X gekommen, die die Beklagte jedoch nicht erklärt hätte. Eine Umdeutung nach § 43 SGB X komme nicht in Betracht, weil eine vorherige Anhörung nach § 24 SGB X, die § 43 Abs. 4 SGB III ausdrücklich voraussetze, nicht erfolgt sei und eine Rücknahme des fehlerhaften Bewilligungsbescheides nach § 45 SGB X aus den vorstehenden Gründen nicht zulässig gewesen sei (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht vor, da sie auf den Bestand der Bewilligung vertraut und entsprechende Vermögensdispositionen getroffen habe. Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 der Vorschrift stehe dem nicht entgegen. Ein Merkblatt nicht näher bekannten Inhaltes sei ihr nicht ausgehändigt worden und auch nicht bekannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 29. September und 29. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 Arbeitslosengeld auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, dass die Klägerin erst ab dem 18. September 2003 nicht mehr die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld erfüllt hätte. Soweit die Klägerin nunmehr vortrage, eigentlich bereits ab dem 18. August 2003 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt zu haben, sei dies nicht nachvollziehbar. Zu diesem Zeitpunkt sei lediglich feststellbar, dass sie ausgesteuert gewesen sei, weitere Arbeitsunfähigkeit vorliege und das bisher bestehende Arbeitsverhältnis noch ungekündigt gewesen sei. Sie sei daher gehalten gewesen, ihr zunächst Arbeitslosengeld zu gewähren und die weiteren Feststellungen zur Anwendung des § 125 SGB III zu treffen. Erst mit der Auswertung des ärztlichen Gutachtens und der fehlenden Verfügbarkeit der Klägerin habe festgestanden, dass § 125 SGB III nicht anzuwenden sei. Folgerichtig sei die Entscheidung über die Bewilligung ab dem 18. September 2003 aufzuheben gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten zur Stammnummer verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Sozialgericht bewertet die Sach- und Rechtslage nur teilweise zutreffend.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – wie das Sozialgericht Berlin zu Recht angenommen hat – sowohl der Aufhebungsbescheid vom 29. September 2003 als auch der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004. Soweit die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ausgeführt hat, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003 habe den Aufhebungsbescheid vom 29. September 2003 ersetzt, trifft dies nicht zu. Mit letztgenanntem Bescheid hatte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 18. September 2003 unbefristet aufgehoben, während sich der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. September 2003 lediglich auf die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. bis zum 30. September 2003 bezieht. Dass mit diesem Bescheid die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01. bis zum 13. Oktober 2003 rückgängig gemacht werden sollte, ist dem Bescheid nicht ansatzweise zu entnehmen. Im Gegenteil ist die Beklagte auch noch in ihrem Widerspruchsbescheid bei ihrer Auffassung geblieben, dass der Klägerin ein Leistungsanspruch erst wieder ab dem 14. Oktober 2003 zustehe.
Der Aufhebungsbescheid vom 29. September 2003 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2004, sind dem Grunde nach rechtmäßig. Allerdings ist die Leistungsbewilligung zur Überzeugung des Senats zu Unrecht bereits ab dem 18. September 2003 aufgehoben worden; sie hätte erst zum 24. September 2003 erfolgen dürfen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ist der Verwaltungsakt nach Satz 2 dieser Vorschrift in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III u.a. dann aufzuheben, wenn - so Ziffer 4 – der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Bei dem von der Beklagten aufgehobenen Bescheid vom 01. September 2003, mit dem der Klägerin ab dem 18. August 2003 Arbeitslosengeld gewährt worden ist, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Hinsichtlich dieses der Klägerin zuerkannten Anspruchs hat sich nachträglich eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ergeben. Nicht aber war der Bescheid – wie die Klägerin inzwischen meint – von Anfang an rechtswidrig. Zunächst stand ihr nämlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu.
Zwar ergab sich dieser Anspruch nicht unmittelbar aus §§ 117, 118, 119 SGB III. Denn Anspruch auf Arbeitslosengeld haben nach § 117 Abs. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Klägerin war jedoch im fraglichen Zeitraum nicht arbeitslos. Dies wäre nach der Legaldefinition des seinerzeit geltenden § 118 Abs. 1 SGB III in der Fassung des 1. SGB-ÄndG vom 16.12.1997 nämlich nur dann der Fall gewesen, wenn sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hätte (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung gesucht hätte (Beschäftigungssuche). Letzteres aber war bei der Klägerin im fraglichen Zeitraum nicht der Fall. Denn Beschäftigungssuche setzt nach § 119 Abs. 1 SGB III in der damals geltenden Fassung voraus, dass der Arbeitnehmer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, sowie weiter den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Letzteres ist nach Absatz 2 der Norm nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähigkeit setzt gemäß Absatz 3 Nr. 1 der Norm insbesondere voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. Wie schon das Sozialgericht Berlin geht auch der Senat unter Berücksichtigung der konkreten Tätigkeit der Klägerin und ihrer gesundheitlichen Beschwerden davon aus, dass sie über den 17. August 2003 hinaus, mithin zu Beginn des Bewilligungszeitraumes und über den gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum hinweg arbeitsunfähig war. Er ist insofern überzeugt, dass sie aufgrund ihrer Beschwerden infolge der Sprunggelenksbandruptur seinerzeit nicht in der Lage war, ihre Tätigkeit als Sekretärin in einer Baufirma wieder aufzunehmen. Diese konkrete Beschäftigung stellte sich – anders als der von der Beklagten beauftragte Gutachter angenommen hat – nicht nur als leichte Bürotätigkeit dar, sondern war auch mit dem Aufsuchen von Baustellen verbunden. Schwierigkeiten beim Gehen – konkret konnte die Klägerin sich offenbar nur unter Einsatz von Gehhilfen fortbewegen - standen der Ausübung dieser Tätigkeit mithin von Anfang an entgegen, was inzwischen wohl auch von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt wird. Mangels Arbeitsfähigkeit und damit Verfügbarkeit stand der Klägerin mithin kein Arbeitslosengeldanspruch nach §§ 117, 118, 119 SGB III zu.
Allerdings konnte die mangelnde objektive Verfügbarkeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit hier zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 18. August 2003 über § 125 SGB III fingiert werden. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des 1. SGB-ÄndG vom 16.12.1997 hat auch derjenige Anspruch auf Arbeitslosengeld, der allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung war bei der Klägerin nicht festgestellt. Soweit das Sozialgericht Berlin weiter davon ausgegangen ist, dass bei der Klägerin keine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit vorgelegen habe, überzeugt dies – bezogen auf den Beginn des Leistungszeitraums – nicht. Zwar lag tatsächlich keine entsprechende Leistungsminderung vor, da die Klägerin ab dem 14. Oktober 2003 nicht mehr arbeitsunfähig geschrieben war und schließlich – wenn auch erst nach erneuter stationärer Operation Ende Oktober 2003 – am 17. November 2003 eine neue Beschäftigung als Sekretärin aufgenommen hat. Auf diese – hier letztlich nur retrospektiv zu treffende – Einschätzung kommt es jedoch nicht an. Der Begriff der Leistungsfähigkeit korrespondiert mit dem der Erwerbsminderung im Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches. Die Voraussetzungen für die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit sind daher erfüllt, solange – bei nicht festgestellter verminderter Erwerbsfähigkeit – nicht zweifelsfrei eine nur vorübergehende, also nicht mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit vorliegt (LSG Berlin, Urteil vom 17.12.2002 – L 10 AL 2/02 – zitiert nach juris unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 09.08.1990 – 11 RAr 141/88 – SozR 3-4100 § 105a Nr. 2). Gemessen daran ist hier anfangs jedoch sehr wohl von einer entsprechenden Leistungsminderung auszugehen gewesen. Denn angesichts der Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin (anderthalb Jahre bis zum Beginn des Leistungszeitraumes am 18. August 2003), deren Ende zum Zeitpunkt des Leistungsantrages der Klägerin offenbar nicht absehbar war, und im Hinblick auf die Art ihrer Erkrankung, die eine deutliche Einschränkung der Mobilität nach sich zog und daher im Sinne des Rentenrechts aufgrund einer denkbaren Wegeunfähigkeit durchaus zu einem Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hätte führen können, war anfangs nicht zweifelsfrei von einer nur vorübergehenden, also nicht mehr als sechsmonatigen Minderung der Leistungsfähigkeit auszugehen. Die Voraussetzungen für die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit waren daher zunächst erfüllt. Auch war ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld zunächst nicht deshalb zu verneinen, weil ihrer Arbeitslosigkeit neben der Einschränkung ihres Leistungsvermögens zusätzlich andere Gründe entgegengestanden hätten. Insbesondere war die Klägerin nämlich zu Beginn des Leistungsabschnitts am 18. August 2003 auch noch subjektiv verfügbar, also arbeitsbereit. Sie hatte zu ihrer Vermittlungsfähigkeit ursprünglich angegeben, dass sie die Tätigkeit aus ihrer letzten Beschäftigung nur eingeschränkt ausüben könne, jedoch bereit sei, sich im Rahmen des ggfs. ärztlich festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Anlässlich der Eröffnung des Gutachtens hat sie letzteres am 17. September 2003 nochmals bestätigt. Erst mit bei der Beklagten am 24. September 2003 eingegangenen Schreiben hat sie dann jedoch zum einen die gutachterlichen Feststellungen angegriffen sowie zum anderen zu ihrer Verfügbarkeit erklärt, dem Arbeitsamt zwar selbstverständlich zur Verfügung zu stehen, aber nur für ihren derzeitigen Arbeitgeber. Vor diesem Hintergrund ist zwar von einer den Arbeitslosengeldanspruch nach § 125 SGB III ausschließenden Verfügbarkeitseinschränkung durch die Klägerin auszugehen, dies allerdings noch nicht ab dem 18. August 2003, sondern erst dem 24. September 2003. An diesem Tage ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten, denn nunmehr stand der Klägerin kein Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld nach § 125 SGB III zu. Sie begehrte nunmehr faktisch die Fortzahlung von Krankengeld von der Beklagten, nachdem sie aufgrund der Aussteuerung keinen entsprechenden Anspruch gegen ihre Krankenkasse mehr hatte.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war damit die Bewilligung des Arbeitslosengeldes zweifelsohne für die Zukunft aufzuheben. Zu Recht hat die Beklagte die Leistungsbewilligung jedoch mit ihren angefochtenen Bescheiden auch rückwirkend – zulässigerweise allerdings erst ab dem 24. September 2003 - aufgehoben. Denn soweit die Klägerin nicht wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt vom 01. September 2003 ergebende Anspruch auf Arbeitslosengeld kraft Gesetzes weggefallen war, ist dies darauf zurückzuführen, dass sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Die Unkenntnis ist dann grob fahrlässig, wenn der Betreffende aufgrund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen (wissen) können, dass der Anspruch entfallen war. Es reicht hingegen nicht, wenn er mit dem Wegfall des Anspruchs rechnen musste. Davon, dass die Klägerin hier grob fahrlässig von dem Wegfall des Anspruchs nicht gewusst hat, ist der Senat bereits im Hinblick darauf überzeugt, dass sie am 17. September 2003 im Zusammenhang mit der Eröffnung des Gutachtens ausdrücklich erklärt hat, zur Kenntnis genommen zu haben, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nur bestehe, wenn sie bereit sei, jede zumutbare Beschäftigung aufzunehmen, die sie ausüben könne und dürfe, auch wenn diese nicht unbedingt ihrer Ausbildung oder beruflichen Tätigkeit entspreche. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, sie habe gedacht, sie dürfe aus Rechtsgründen nur bei ihrem Arbeitgeber arbeiten, vermag dies keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsvertrages kann der Arbeitgeber jederzeit auf die Ausübung des Direktionsrechts verzichten. Im Übrigen musste sich der Klägerin auch schon deshalb aufdrängen, dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben kann, wenn sie ihre Verfügbarkeit auf einen einzigen Arbeitgeber eingrenzt, weil damit die Grundvoraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld nicht erfüllt war. Es ist offensichtlich, dass entsprechende Leistungen nur dann bewilligt werden können, wenn der die Leistung Begehrende – im Rahmen des § 125 SGB III unter Außerachtlassung etwaiger gesundheitlicher Hinderungsgründe – grundsätzlich den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht. Ermessen stand der Beklagten insoweit aufgrund der Regelung des § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht zu.
Ob die Beklagte die Klägerin vor Erlass ihrer Bescheide ordnungsgemäß nach § 24 SGB X angehört hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls wäre dieser Verfahrensmangel gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt.
Auch hat die Beklagte die sich aus § 48 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 SGB X ergebende Jahresfrist zur Aufhebung unzweifelhaft eingehalten.
Soweit die rückwirkende Aufhebung der Leistungsgewährung nicht zu beanstanden ist, ist auch die auf § 50 Abs. 1 SGB X beruhende Erstattungsforderung rechtmäßig. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Dementsprechend ist die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung hier zu reduzieren. Die Klägerin hat in der Zeit vom 24. bis zum 30. September 2003 an sieben Tagen je 25,81 Euro, mithin insgesamt 180,67 EUR Arbeitslosengeld erhalten. In dieser Höhe steht der Beklagten der Erstattungsanspruch zu.
Die Forderung der Erstattung der im fraglichen Zeitraum von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Die Erstattungspflicht tritt ein, soweit – wie hier – die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Auch insoweit ist die geltend gemachte Erstattungsforderung im Hinblick auf die nicht schon am 18., sondern erst am 24. September 2003 eingetretene Änderung der Verhältnisse zu reduzieren. Für die Zeit vom 24. bis zum 30. September 2003 hat die Beklagte für die Klägerin Beiträge in Höhe von 47,72 EUR zur Kranken- und 5,34 EUR zur Pflegeversicherung, insgesamt mithin 53,06 EUR gezahlt. Diesen Betrag hat die Klägerin zu erstatten.
Nach alledem konnte die Klägerin mit ihrer Berufung nur teilweise Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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