L 4 AL 63/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 4574/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 63/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte im Sommer 2003 im Rahmen der Genehmigung von Ortsabwesenheit zu Recht auch Samstage und Sonntage als Tage der Abwesenheit angerechnet hat.

Der 1956 geborene Kläger steht seit den 90er-Jahren im Leistungsbezug der Beklagten. Am 11. August 2003 meldete er für die Zeit von Freitag, den 15., bis Sonntag, den 24. August 2003 Ortsabwesenheit an, die ihm bewilligt wurde. Bei dieser Gelegenheit teilte ihm ein Sachbearbeiter der Beklagten mit, dass für den genannten Zeitraum zehn Tage Ortsabwesenheit angerechnet würden. Eine entsprechende Notiz im Computersystem der Beklagten (OAW 10 Tage 15. bis 24. August 2003) wurde aufgenommen. Auf dem vom Sachbearbeiter der Beklagten unterzeichneten Antragsformular wurde notiert "A 10 Tage".

Mit bei der Beklagten am 18. August 2003 eingegangenen Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte die Anrechnung von nur sechs statt zehn Tagen unter Ausschluss der Samstage und Sonntage. Weiter seien auch zukünftig Samstage, Sonn- und Feiertage nicht auf die Dauer der Ortsabwesenheit anzurechnen, da die Anrechnung bei Arbeitslosen nicht anders als bei Beschäftigten erfolgen könne. Die Beklagte verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2003 als unzulässig. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte zulässig sei, die mündliche Auskunft aber keinen Verwaltungsakt darstelle.

Mit seiner am 04. September 2003 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren, Samstage und Sonntage bei der genehmigten Ortsabwesenheit nicht zu berücksichtigen, weiter verfolgt. Der Entscheidung, für die beantragte Ortsabwesenheit zehn statt nur sechs Tage anzurechnen, komme sehr wohl der Charakter eines Verwaltungsaktes zu. Es handele sich dabei um eine Entscheidung, in welchem Umfange er seinen Anspruch verbraucht habe. Nicht aber sei ein Verwaltungsakt erst in einer späteren Entscheidung zu sehen, dass ihm zwar Ortsabwesenheit genehmigt, jedoch wegen Überschreitens der ihm zustehenden 21 Tage keine Leistungen mehr gewehrt würden. Im Übrigen stehe die Auffassung der Beklagten, dass Samstage und Sonntage auf die ihm zustehende Dauer der Ortsabwesenheit anzurechnen seien, mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Widerspruch, nach der Arbeitslose am Samstag nicht verfügbar sein müssen.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Widerspruch gegen eine mündliche Auskunft der Beklagten richte, mit der keine unmittelbare Rechtsfolge geregelt worden, sondern lediglich eine Mitteilung über die übliche Urlaubsanrechnung erfolgt sei. Es handele sich daher nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches. Den Antrag des Klägers, bei der Urlaubsgewährung Samstage, Sonn- und Feiertage nicht als Urlaubstage zu werten, habe die Beklagte noch nicht beschieden, sodass dem Gericht diesbezüglich eine Sachentscheidung mangels durchgeführten Vorverfahrens verwehrt sei.

Gegen den ihm am 22. Juli 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am Montag, den 23. August 2004 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er meint, der Auskunft komme sehr wohl der Charakter eines Verwaltungsaktes zu, da es sich um die Erteilung einer Erlaubnis und damit verbunden die Entscheidung über den Verbrauch des Rechts auf leistungsunschädliche Ortsabwesenheit gehandelt habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 2004 sowie den "Bescheid" der Beklagten vom 11. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, im Rahmen der Gewährung von Ortsabwesenheit für die Zeit vom 15. bis zum 24. August 2003 Ortsabwesenheit unter Außerachtlassung der Samstage und Sonntage für nur sechs Tage anzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Berufung sei bereits unzulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR nicht übersteige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten zur Stammnummer verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Denn vorliegend begehrt der Kläger gerade nicht Leistungen der Beklagten, die diese ihm unter Hinweis darauf, dass die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Erreichbarkeits-Anordnung zulässige Ortsabwesenheit von bis zu drei Wochen im Kalenderjahr überschritten sei. Vielmehr geht es allein um die Frage, für wie viele Tage in der Zeit vom 15. bis zum 24. August 2003 Ortsabwesenheit anzunehmen ist, ohne dass dies zu einer Geldleistung oder einem geldwerten Vorteil führen würde.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angegriffene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend. Der Kläger konnte mit seiner Klage keinen Erfolg haben. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte hier ursprünglich – wie der Kläger meint – einen Verwaltungsakt erlassen hat oder nicht. Denn die Klage ist mit Ablauf des Jahres 2003 zur Überzeugung des Senats bereits wegen Erledigung unzulässig geworden. Zu diesem Zeitpunkt ist das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen.

Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzinteresse voraus. Dieses fehlt, wenn das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde. Dies war vorliegend – jedenfalls mit Ablauf des 31. Dezember 2003 – der Fall. Denn selbst wenn es sich bei der Erklärung der Beklagten am 11. August 2003, die für die Zeit vom 15. bis zum 24. August 2003 genehmigte Ortsabwesenheit mit 10 Tagen anzusetzen, um einen Verwaltungsakt gehandelt haben sollte, hätte sich dieser Verwaltungsakt durch Zeitablauf an diesem Tage erledigt. Der Umfang der zulässigen Ortsabwesenheit wird für das Kalenderjahr bestimmt, sodass nicht ersichtlich ist, inwiefern dem Streit für die Zukunft noch Bedeutung zugekommen sein sollte. Entsprechende überzeugende Gründe hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Dass die Beklagte dem Kläger Ende 2003 für einige Tage unter Hinweis auf den bisherigen Verbrauch keine weitere Ortsabwesenheit genehmigt hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Der Kläger hat daraufhin nach eigenem Bekunden zwar davon abgesehen, sich aus dem so genannten Nahbereich zu entfernen, um eine Leistungskürzung zu vermeiden, was er als Nachteil empfunden haben mag. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um einen Nachteil, der nach dem 31. Dezember 2003 noch auszugleichen wäre. Der Kläger wäre hier vielmehr seinerzeit – so er die Entscheidung der Beklagten für rechtswidrig erachtete – gehalten gewesen, auf letztgenannte Verfügung der Beklagten hin um einstweiligen Rechtsschutz beim Gericht nachzusuchen. Soweit der genannten Erklärung nicht der Charakter eines Verwaltungsaktes zugekommen sein sollte, kann diesbezüglich nichts anderes gelten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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