Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 39 KA 670/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 B 73/03 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung von Honorarbescheiden einer Gemeinschaftspraxis. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) war als niedergelassene Vertragsärztin in Gemeinschaftspraxis mit Dres.S. u.a. tätig. Mit Bescheid vom 15. Juni 1999 nahm die Beschwerdegegnerin (Bgin.) die Honorarbescheide der Praxisgemeinschaft Dres.S. und Kollegen, Laborärzte, A. , für die Quartale 1/94 bis 2/95 zurück. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bgin. vom 24. Februar 2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Klage vom 21. März 2000 zum Sozialgericht München (Az.: S 39 KA 670/00). Am 4. Juli 2001 entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Popularklage des Dr.S. betreffend die Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabes der Bgin., gültig für die Abrechnungsquartale 4/89 bis 2/95. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beurteilte den Honorarverteilungsmaßstab als teilweise verfassungswidrig. Die Bgin. hat daraufhin mit Bescheid vom 23. Juli 2001 die Honoraraufhebungsbescheide für die Gemeinschaftspraxis Dr.S. und Kollegen für die Quartale 1/94 bis 2/95 zurückgenommen. Daraufhin hat die Bfin. den Rechtsstreit mit dem Az.: S 39 KA 670/00 in der Hauptsache für erledigt erklärt und mit Schriftsatz vom 5. November 2001 beantragt, den Gegenstandswert in Höhe von 148.877.061,25 DM festzusetzen. Die Bgin. hat hierzu mit Schriftsatz vom 25. März 2002 Stellung genommen. Mit Schriftsatz vom 5. November 2001 habe die Gegenseite als Streitwert die gesamten Honorare vorgeschlagen, die mit den jeweiligen Honorarbescheiden festgesetzt und mit Bescheid vom 15. Juni 1999 aufgehoben worden seien. Die an die Klägerin in den Quartalen 1/94 bis einschließlich 2/95 ausbezahlten Honorare seien jedoch nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Das wirtschaftliche Interesse der Bfin. erstrecke sich keineswegs auf die zunächst mit Honorarbescheid festgestellten Vergütungen für die vorgenannten Quartale, sondern allenfalls auf die mit nachfolgendem Bescheid zurückgeforderten Beträge. Das wirtschaftliche Interesse der Bfin. berechne sich allenfalls nach den angekündigten Rückforderungsbeträgen. Es werde beantragt, den Gegenstandswert auf 8.485.565,77 DM bzw. 4.338.600,89 Euro festzusetzen. Hierzu hat sich die Bfin. nochmals mit Schreiben vom 21. Mai 2002 geäußert. Entgegen der Auffassung der Bgin. enthalte der Rücknahmebescheid vom 15. Juni 1999 keinerlei Beschränkung. Die Bgin. habe die Honorarbescheide in Höhe von 25.862.842,50 DM, 20.561.826,25 DM, 22.682.696,34 DM, 26.292.371,61 DM, 27.446.867,36 DM und 36.030.457,19 DM gegenüber der Bfin. zurückgenommen. Es verbleibe daher bei dem Antrag, den Gegenstandswert in Höhe der Rücknahmebescheide festzusetzen. Hierzu hat sich die Bgin. nochmals mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2002 geäußert. Die Bgin. habe bereits mit dem streitbefangenen Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ausdrücklich angekündigt, dass sie das Honorar auf der Grundlage nachfolgender Berechnungen erneut festsetzen werde, die Bfin. jedoch mit dem zunächst angegebenen Rückforderungsbetrag sicher zu rechnen habe. Das Interesse der Bfin. an der Durchführung des Klageverfahrens bestand folglich nicht darin, die Aufhebung des Honorarbescheides insgesamt zu beseitigen. Das wirtschaftliche Interesse bemesse sich vielmehr nach der Aussage der Bgin., dass eine erneute Festsetzung des Honorars in Höhe des vorab mitgeteilten Betrages nicht erfolgen werde.
Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16. Januar 2003 den Gegenstandswert auf 4.338.600,89 Euro festgesetzt. Der Gegenstandswert entspreche nach der Bedeutung der Sache für die Bfin. in der Regel ihrem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen. Unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Bgin. vom 25. März 2002 sei deshalb der Gegenstandswert in Höhe der Rückforderungsbeträge von 4.338,600,89 Euro festzusetzen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bfin. vom 3.Februar 2003. Grundlage für die Gegenstandswertfestsetzung müssten die objektiven Umstände sein. Im Rahmen des Festsetzungsverfahrens sei seitens der Bfin. bereits darauf hingewiesen worden, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid auf S.9 ergebe, dass der nun festgesetzte und angegriffene Betrag als "Mindestforderung" bezeichnet worden sei. Ebenso sei bereits vorgetragen worden, dass die Bgin. von der Bfin. für die Quartale 1/94 bis 2/95 7.950.236,40 Euro verlangt habe. Aber auch ein Gegenstandswert von 7.950.236,40 Euro wäre nicht zutreffend, denn es sei bereits dargelegt worden, dass der streitgegenständliche Rücknahmebescheid in der Summe einen Betrag in Höhe von 148.877.061,30 DM ausgemacht habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Bgin. es in der Hand gehabt habe, zusammen mit dem Rücknahmebescheid eine Neufestsetzung vorzunehmen und entsprechende Rückforderungen zu beziffern.
Die Bfin. hat mit Schriftsatz vom 1. April 2003 die Beschwerde weiter begründet. § 8 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 BRAGO kenne zwei Fallgruppen, nämlich den Fall, dass der Gegenstandswert sich zwar nicht aus der Kostenordnung ergebe, aber dennoch auf andere Weise feststehe (§ 8 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 Variante 1 BRAGO) und zum anderen den Fall, dass der Gegenstandswert nach "billigem Ermessen" zu bestimmen sei (§ 8 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 Variante 2 BRAGO). Der Gegenstandswert liege fest, wenn für den konkreten Fall zwar keine besonderen Wertvorschriften bestehen würden, der Gegenstandswert sich aber ohne weiteres aus seinem Begriff ableiten lasse. Dies sei der Fall, wenn es um eine bestimmte Summe gehe. Bei vorliegendem Sachverhalt liege nach diesem Maßstab der Gegenstandswert im Ergebnis fest. Die Anfechtungsklage gegen einen Rücknahmebescheid, der der Bfin. einen genau bezifferten Titel entziehe, besitze einen der Höhe nach genau bestimmten Gegenstandswert. Bei einer begehrten Aufhebung eines belastenden VA sei grundsätzlich die volle Höhe des angegriffenen Vergütungsanspruchs zugrundezulegen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass bei der Bestimmung des Gegenstandswertes nach Ermessen nach § 8 Abs.2 Satz 2 Variante 2 BRAGO nach ständiger Rechtsprechung die Vorschrift des § 13 GKG ergänzend heranzuziehen sei. Nach § 13 Abs.1 Satz 1 GKG sei der Gegenstandswert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache für den Kläger entspreche in der Regel seinem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen. Bei der Rücknahme eines Festsetzungsbescheides mit gleichzeitiger Ankündigung eines Rückforderungsbescheides ließen sich bei rein abstrakter Betrachtung grundsätzlich folgende Werte als Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Gegenstandswertes denken, nämlich die Höhe des Honorarbescheides, der durch die Rücknahmeentscheidung aufgehoben werde, die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Vergütung und die Höhe des der Rücknahmeentscheidung folgenden Rückforderungsbescheides. Nach Auffassung der Beschwerde sei allein die erste Sichtweise zutreffend. Über § 8 BRAGO sei der Begriff des Gegenstandswertes nach § 7 BRAGO auch im sozialgerichtlichen Verfahren heranzuziehen. Weder der Vergütunganspruch noch der potentielle Rückforderungsanspruch der Bgin. seien Gegenstand der Klage gewesen. Selbst wenn man ohne Heranziehung des § 13 Abs.2 GKG und des § 7 BRAGO auf das wirtschaftliche Interesse der Bfin. abstellen würde, wäre der Gegenstandswert nach der Höhe der ursprünglichen Vergütung zu bestimmen. Im Falle des Obsiegens in der Anfechtungsklage hätte die Bfin. ihren Titel in voller Höhe behalten. Nur mittelbar hätte dies zur Folge gehabt, dass sie auf diese Weise potentielle Rückforderungsbeträge in unbestimmter Höhe abgewehrt hätte. Der Honorarbescheid habe den Vergütungsanspruch der Bfin. konstitutiv festgesetzt.
Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Januar 2003 abzuändern und den Gegenstandswert auf 76.119.632,71 Euro festzusetzen.
Die Beschwerdegegnerin stellt sinngemäß den Antrag, die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin hat sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Dem Senat liegen die Akten des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 39 KA 670/00, die Beschwerdeakte mit dem Az.: L 12 B 73/03 KA sowie die erledigte Beschwerdeakte mit dem Az.: L 12 B 113/03 KA zur Entscheidung vor.
II.
Die nach den §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Bfin. ist nicht begründet. Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Januar 2003 den Gegenstandswert im Ergebnis zu Recht auf 4.338.600,89 Euro festgesetzt.
In den Verfahren vor den Gericht der Sozialgerichtsbarkeit aufgrund der Beziehungen von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Krankenkassen (Vertragsarztrecht) sowie öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern untereinander erhalten Rechtsanwälte anstelle der in § 116 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) grundsätzlich vorgesehenen Rahmengebühren Gebühren entsprechend dem Dritten Abschnitt der BRAGO (§ 116 Abs.2). Diese sind nach dem Gegenstandswert zu berechnen. Das Nähere regelt § 8 BRAGO. Eine Bestimmung aufgrund der für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften und eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften der Kostenordnung kommt hier nicht in Betracht, weil für das abgeschlossene Verfahren vor den Sozialgerichten vor dem 2. Januar 2002 von Streit- und Gegenstandswert abhängige Gerichtsgebühren nicht vorgesehen waren (§§ 183, 184 SGG in der bis zum 2. Januar 2002 geltenden Fassung vor dem Sechsten Gesetz zur Änderung des SGG vom 17. August 2001, BGBl S.21, 44 i.V.m. § 73 Gerichtskostengesetz - GKG -). Die in § 8 Abs.2 Satz 1 BRAGO genannten Vorschriften betreffen keinen dem Gegenstandswert des anhängigen Rechtsstreits ähnlichen Sachverhalt.
Entgegen der Auffassung der Bfin. steht der Gegenstandswert nicht im Sinne von § 8 Abs.2 Satz 2 1. Alternative BRAGO fest. Die Bfin. verkennt, dass mit den aufgehobenen Honorarbescheiden für die Quartal 1/94 bis 2/95 nicht ihr Honorar, sondern das Honorar der Gemeinschaftspraxis Dr.S. und Kollegen festgesetzt wurde, wobei nach den Feststellungen im Bescheid der Gemeinschaftspraxis Dr.S. in diesen Quartalen 19 Vertragsärzte angehörten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass vor der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff.) zur Rechts- und Prozessfähigkeit der Gesellschaft Bürgerlichen Rechs in der Form der Außengesellschaft die Honorarbescheide allen Mitgliedern der Gemeinschaftspraxis bekanntzugeben waren. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass der Bfin. durch die Rücknahme der Honorarbescheide für die Gemeinschaftspraxis Dr.S. und Kollegen in den Quartalen 1/94 bis 2/95 ein genau bezifferter Vergütungsanspruch entzogen wurde. Der Gegenstandswert ist deshalb hier nach § 8 Abs.2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen und unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen der Bfin. an der gerichtlichen Entscheidung festzustellen. Hierzu ist ergänzend auch § 13 GKG heranzuziehen. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist es nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden, wenn das Sozialgericht den Gegenstandswert auf 4.338.600,89 Euro festgesetzt hat. Zwar ging es in dem zugrundeliegenden Rechtsstreit nach dem Klageantrag um die Aufhebung des Rücknahmebescheides hinsichtlich der Quartale 1/94 bis 2/95. Da aber - wie ausgeführt - die Honorarbescheide eine Gemeinschaftspraxis betrafen und hinsichtlich des Vergütungsanspruchs der Bfin. eine besondere Vereinbarung mit Dr.S. bestand, die ihren Vergütungsanspruch auf 1 % des Jahresgewinns, höchstens 84.000,00 DM begrenzte und diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 84.000,00 DM selbst für den Fall garantierte, dass der rechnerische Anteil am Gewinn unter 84.000,00 DM p.a. sinken sollte, verliert die Bfin. durch die Aufhebung der Honorarbescheide zunächst nur vorübergehend die Grundlage für einen Honoraranspruch in Höhe von 126.000,00 DM, der auch bei tatsächlich erfolgter Neufestsetzung des Honorars und Rückforderung einer Summe in Höhe von 15.549.310,87 DM für die Quartale 1/94 bis 2/95 gemäß Bescheid vom 5. Juni 2000 diesen Vergütungsanspruch nicht in Frage gestellt hätte. Die eigentliche Gefahr für die Bfin. bestand demgegenüber allein in der nach Rücknahme der Honorarbescheide für die Quartale 1/94 bis 2/95 drohenden Rückforderung des nach Auffassung der Bgin. rechtswidrig erlangten Vergütungsanspruches der Gemeinschaftspraxis, für den die Klägerin im Außenverhältnis nach § 421 BGB von der Bgin. voll in Anspruch genommen werden konnte und in der Folge auch wurde. Da die Bgin. in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2000 bereits klargestellt hatte, dass bei der vorzunehmenden Neufestsetzung der Honorare sich eine Honorarrückforderung mindestens in Höhe von 4.338.600,89 Euro ergibt, war es vertretbar, dass das Sozialgericht diesen Betrag im Rahmen der Ermessenausübung als Gegenstandswert festgesetzt hat.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs.1 SGG. Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 183 SGG a.F.) und ist endgültig (§ 177 SGG).
II. Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung von Honorarbescheiden einer Gemeinschaftspraxis. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) war als niedergelassene Vertragsärztin in Gemeinschaftspraxis mit Dres.S. u.a. tätig. Mit Bescheid vom 15. Juni 1999 nahm die Beschwerdegegnerin (Bgin.) die Honorarbescheide der Praxisgemeinschaft Dres.S. und Kollegen, Laborärzte, A. , für die Quartale 1/94 bis 2/95 zurück. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bgin. vom 24. Februar 2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Klage vom 21. März 2000 zum Sozialgericht München (Az.: S 39 KA 670/00). Am 4. Juli 2001 entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Popularklage des Dr.S. betreffend die Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabes der Bgin., gültig für die Abrechnungsquartale 4/89 bis 2/95. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beurteilte den Honorarverteilungsmaßstab als teilweise verfassungswidrig. Die Bgin. hat daraufhin mit Bescheid vom 23. Juli 2001 die Honoraraufhebungsbescheide für die Gemeinschaftspraxis Dr.S. und Kollegen für die Quartale 1/94 bis 2/95 zurückgenommen. Daraufhin hat die Bfin. den Rechtsstreit mit dem Az.: S 39 KA 670/00 in der Hauptsache für erledigt erklärt und mit Schriftsatz vom 5. November 2001 beantragt, den Gegenstandswert in Höhe von 148.877.061,25 DM festzusetzen. Die Bgin. hat hierzu mit Schriftsatz vom 25. März 2002 Stellung genommen. Mit Schriftsatz vom 5. November 2001 habe die Gegenseite als Streitwert die gesamten Honorare vorgeschlagen, die mit den jeweiligen Honorarbescheiden festgesetzt und mit Bescheid vom 15. Juni 1999 aufgehoben worden seien. Die an die Klägerin in den Quartalen 1/94 bis einschließlich 2/95 ausbezahlten Honorare seien jedoch nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Das wirtschaftliche Interesse der Bfin. erstrecke sich keineswegs auf die zunächst mit Honorarbescheid festgestellten Vergütungen für die vorgenannten Quartale, sondern allenfalls auf die mit nachfolgendem Bescheid zurückgeforderten Beträge. Das wirtschaftliche Interesse der Bfin. berechne sich allenfalls nach den angekündigten Rückforderungsbeträgen. Es werde beantragt, den Gegenstandswert auf 8.485.565,77 DM bzw. 4.338.600,89 Euro festzusetzen. Hierzu hat sich die Bfin. nochmals mit Schreiben vom 21. Mai 2002 geäußert. Entgegen der Auffassung der Bgin. enthalte der Rücknahmebescheid vom 15. Juni 1999 keinerlei Beschränkung. Die Bgin. habe die Honorarbescheide in Höhe von 25.862.842,50 DM, 20.561.826,25 DM, 22.682.696,34 DM, 26.292.371,61 DM, 27.446.867,36 DM und 36.030.457,19 DM gegenüber der Bfin. zurückgenommen. Es verbleibe daher bei dem Antrag, den Gegenstandswert in Höhe der Rücknahmebescheide festzusetzen. Hierzu hat sich die Bgin. nochmals mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2002 geäußert. Die Bgin. habe bereits mit dem streitbefangenen Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ausdrücklich angekündigt, dass sie das Honorar auf der Grundlage nachfolgender Berechnungen erneut festsetzen werde, die Bfin. jedoch mit dem zunächst angegebenen Rückforderungsbetrag sicher zu rechnen habe. Das Interesse der Bfin. an der Durchführung des Klageverfahrens bestand folglich nicht darin, die Aufhebung des Honorarbescheides insgesamt zu beseitigen. Das wirtschaftliche Interesse bemesse sich vielmehr nach der Aussage der Bgin., dass eine erneute Festsetzung des Honorars in Höhe des vorab mitgeteilten Betrages nicht erfolgen werde.
Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16. Januar 2003 den Gegenstandswert auf 4.338.600,89 Euro festgesetzt. Der Gegenstandswert entspreche nach der Bedeutung der Sache für die Bfin. in der Regel ihrem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen. Unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Bgin. vom 25. März 2002 sei deshalb der Gegenstandswert in Höhe der Rückforderungsbeträge von 4.338,600,89 Euro festzusetzen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bfin. vom 3.Februar 2003. Grundlage für die Gegenstandswertfestsetzung müssten die objektiven Umstände sein. Im Rahmen des Festsetzungsverfahrens sei seitens der Bfin. bereits darauf hingewiesen worden, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid auf S.9 ergebe, dass der nun festgesetzte und angegriffene Betrag als "Mindestforderung" bezeichnet worden sei. Ebenso sei bereits vorgetragen worden, dass die Bgin. von der Bfin. für die Quartale 1/94 bis 2/95 7.950.236,40 Euro verlangt habe. Aber auch ein Gegenstandswert von 7.950.236,40 Euro wäre nicht zutreffend, denn es sei bereits dargelegt worden, dass der streitgegenständliche Rücknahmebescheid in der Summe einen Betrag in Höhe von 148.877.061,30 DM ausgemacht habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Bgin. es in der Hand gehabt habe, zusammen mit dem Rücknahmebescheid eine Neufestsetzung vorzunehmen und entsprechende Rückforderungen zu beziffern.
Die Bfin. hat mit Schriftsatz vom 1. April 2003 die Beschwerde weiter begründet. § 8 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 BRAGO kenne zwei Fallgruppen, nämlich den Fall, dass der Gegenstandswert sich zwar nicht aus der Kostenordnung ergebe, aber dennoch auf andere Weise feststehe (§ 8 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 Variante 1 BRAGO) und zum anderen den Fall, dass der Gegenstandswert nach "billigem Ermessen" zu bestimmen sei (§ 8 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 Variante 2 BRAGO). Der Gegenstandswert liege fest, wenn für den konkreten Fall zwar keine besonderen Wertvorschriften bestehen würden, der Gegenstandswert sich aber ohne weiteres aus seinem Begriff ableiten lasse. Dies sei der Fall, wenn es um eine bestimmte Summe gehe. Bei vorliegendem Sachverhalt liege nach diesem Maßstab der Gegenstandswert im Ergebnis fest. Die Anfechtungsklage gegen einen Rücknahmebescheid, der der Bfin. einen genau bezifferten Titel entziehe, besitze einen der Höhe nach genau bestimmten Gegenstandswert. Bei einer begehrten Aufhebung eines belastenden VA sei grundsätzlich die volle Höhe des angegriffenen Vergütungsanspruchs zugrundezulegen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass bei der Bestimmung des Gegenstandswertes nach Ermessen nach § 8 Abs.2 Satz 2 Variante 2 BRAGO nach ständiger Rechtsprechung die Vorschrift des § 13 GKG ergänzend heranzuziehen sei. Nach § 13 Abs.1 Satz 1 GKG sei der Gegenstandswert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache für den Kläger entspreche in der Regel seinem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen. Bei der Rücknahme eines Festsetzungsbescheides mit gleichzeitiger Ankündigung eines Rückforderungsbescheides ließen sich bei rein abstrakter Betrachtung grundsätzlich folgende Werte als Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Gegenstandswertes denken, nämlich die Höhe des Honorarbescheides, der durch die Rücknahmeentscheidung aufgehoben werde, die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Vergütung und die Höhe des der Rücknahmeentscheidung folgenden Rückforderungsbescheides. Nach Auffassung der Beschwerde sei allein die erste Sichtweise zutreffend. Über § 8 BRAGO sei der Begriff des Gegenstandswertes nach § 7 BRAGO auch im sozialgerichtlichen Verfahren heranzuziehen. Weder der Vergütunganspruch noch der potentielle Rückforderungsanspruch der Bgin. seien Gegenstand der Klage gewesen. Selbst wenn man ohne Heranziehung des § 13 Abs.2 GKG und des § 7 BRAGO auf das wirtschaftliche Interesse der Bfin. abstellen würde, wäre der Gegenstandswert nach der Höhe der ursprünglichen Vergütung zu bestimmen. Im Falle des Obsiegens in der Anfechtungsklage hätte die Bfin. ihren Titel in voller Höhe behalten. Nur mittelbar hätte dies zur Folge gehabt, dass sie auf diese Weise potentielle Rückforderungsbeträge in unbestimmter Höhe abgewehrt hätte. Der Honorarbescheid habe den Vergütungsanspruch der Bfin. konstitutiv festgesetzt.
Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Januar 2003 abzuändern und den Gegenstandswert auf 76.119.632,71 Euro festzusetzen.
Die Beschwerdegegnerin stellt sinngemäß den Antrag, die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin hat sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Dem Senat liegen die Akten des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 39 KA 670/00, die Beschwerdeakte mit dem Az.: L 12 B 73/03 KA sowie die erledigte Beschwerdeakte mit dem Az.: L 12 B 113/03 KA zur Entscheidung vor.
II.
Die nach den §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Bfin. ist nicht begründet. Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Januar 2003 den Gegenstandswert im Ergebnis zu Recht auf 4.338.600,89 Euro festgesetzt.
In den Verfahren vor den Gericht der Sozialgerichtsbarkeit aufgrund der Beziehungen von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Krankenkassen (Vertragsarztrecht) sowie öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern untereinander erhalten Rechtsanwälte anstelle der in § 116 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) grundsätzlich vorgesehenen Rahmengebühren Gebühren entsprechend dem Dritten Abschnitt der BRAGO (§ 116 Abs.2). Diese sind nach dem Gegenstandswert zu berechnen. Das Nähere regelt § 8 BRAGO. Eine Bestimmung aufgrund der für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften und eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften der Kostenordnung kommt hier nicht in Betracht, weil für das abgeschlossene Verfahren vor den Sozialgerichten vor dem 2. Januar 2002 von Streit- und Gegenstandswert abhängige Gerichtsgebühren nicht vorgesehen waren (§§ 183, 184 SGG in der bis zum 2. Januar 2002 geltenden Fassung vor dem Sechsten Gesetz zur Änderung des SGG vom 17. August 2001, BGBl S.21, 44 i.V.m. § 73 Gerichtskostengesetz - GKG -). Die in § 8 Abs.2 Satz 1 BRAGO genannten Vorschriften betreffen keinen dem Gegenstandswert des anhängigen Rechtsstreits ähnlichen Sachverhalt.
Entgegen der Auffassung der Bfin. steht der Gegenstandswert nicht im Sinne von § 8 Abs.2 Satz 2 1. Alternative BRAGO fest. Die Bfin. verkennt, dass mit den aufgehobenen Honorarbescheiden für die Quartal 1/94 bis 2/95 nicht ihr Honorar, sondern das Honorar der Gemeinschaftspraxis Dr.S. und Kollegen festgesetzt wurde, wobei nach den Feststellungen im Bescheid der Gemeinschaftspraxis Dr.S. in diesen Quartalen 19 Vertragsärzte angehörten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass vor der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff.) zur Rechts- und Prozessfähigkeit der Gesellschaft Bürgerlichen Rechs in der Form der Außengesellschaft die Honorarbescheide allen Mitgliedern der Gemeinschaftspraxis bekanntzugeben waren. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass der Bfin. durch die Rücknahme der Honorarbescheide für die Gemeinschaftspraxis Dr.S. und Kollegen in den Quartalen 1/94 bis 2/95 ein genau bezifferter Vergütungsanspruch entzogen wurde. Der Gegenstandswert ist deshalb hier nach § 8 Abs.2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen und unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen der Bfin. an der gerichtlichen Entscheidung festzustellen. Hierzu ist ergänzend auch § 13 GKG heranzuziehen. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist es nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden, wenn das Sozialgericht den Gegenstandswert auf 4.338.600,89 Euro festgesetzt hat. Zwar ging es in dem zugrundeliegenden Rechtsstreit nach dem Klageantrag um die Aufhebung des Rücknahmebescheides hinsichtlich der Quartale 1/94 bis 2/95. Da aber - wie ausgeführt - die Honorarbescheide eine Gemeinschaftspraxis betrafen und hinsichtlich des Vergütungsanspruchs der Bfin. eine besondere Vereinbarung mit Dr.S. bestand, die ihren Vergütungsanspruch auf 1 % des Jahresgewinns, höchstens 84.000,00 DM begrenzte und diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 84.000,00 DM selbst für den Fall garantierte, dass der rechnerische Anteil am Gewinn unter 84.000,00 DM p.a. sinken sollte, verliert die Bfin. durch die Aufhebung der Honorarbescheide zunächst nur vorübergehend die Grundlage für einen Honoraranspruch in Höhe von 126.000,00 DM, der auch bei tatsächlich erfolgter Neufestsetzung des Honorars und Rückforderung einer Summe in Höhe von 15.549.310,87 DM für die Quartale 1/94 bis 2/95 gemäß Bescheid vom 5. Juni 2000 diesen Vergütungsanspruch nicht in Frage gestellt hätte. Die eigentliche Gefahr für die Bfin. bestand demgegenüber allein in der nach Rücknahme der Honorarbescheide für die Quartale 1/94 bis 2/95 drohenden Rückforderung des nach Auffassung der Bgin. rechtswidrig erlangten Vergütungsanspruches der Gemeinschaftspraxis, für den die Klägerin im Außenverhältnis nach § 421 BGB von der Bgin. voll in Anspruch genommen werden konnte und in der Folge auch wurde. Da die Bgin. in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2000 bereits klargestellt hatte, dass bei der vorzunehmenden Neufestsetzung der Honorare sich eine Honorarrückforderung mindestens in Höhe von 4.338.600,89 Euro ergibt, war es vertretbar, dass das Sozialgericht diesen Betrag im Rahmen der Ermessenausübung als Gegenstandswert festgesetzt hat.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs.1 SGG. Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 183 SGG a.F.) und ist endgültig (§ 177 SGG).
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