L 6 R 228/03.Ko

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 228/03.Ko
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
Ein vom gerichtlichen Sachverständigen zugezogener Übersetzer ist nicht als sein Gehilfe anzusehen. Denn nach dieser vom Kostensenat zwischenzeitlich aufgegebenen Rechtsauffassung würde der Gehilfe Risiken tragen müssen, die sich aus einer „ Abwicklung im Dreieck“ ergeben können. Es liegt daher auch im Interesse gerichtlich bestellter Sachverständiger, wenn hinzugezogenen Dritten ein Direktanspruch gegen die Staatskasse zugebilligt wird. Eine Übersetzung aus dem Deutschen ins Arabische ( hier: Vorladungsschreiben zur Untersuchung) bietet für einen Übersetzer für Arabisch keine besondere Schwierigkeit. Es liegt in der Risikosphäre des Übersetzers, ob er regelmäßig wiederkehrende Vorgänge als Musterübersetzungen aufhebt oder abspeichert bzw. diese unterlässt.
I. Die Entschädigung für die Rechnung vom 02.04.2004 - Ub 8594/04 - wird auf 45,24 EUR festgesetzt.
II. Die Entschädigung für die Rechnung vom 25.05.2004 - Ub 8633/04 - wird auf 45,24 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

In der Rentenversicherungsstreitsache L 6 R 228/03 des T. H. hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. med. B. K. den Antragsteller mit Nachricht vom 29.03.2004 ersucht, ein Ladungsschreiben für die am 29.04.2004 vorgesehene Untersuchung des Klägers in das Arabische zu übersetzen. Nachdem der Kläger am 29.04.2004 nicht erschienen ist, hat sich Dr. med. B. K. am 10.05.2004 erneut an den Antragsteller mit der Bitte gewandt, ein weiteres Ladungsschreiben in das Arabische zu übersetzen, diesmal mit dem neuen Untersuchungstermin 20.09.2004, 15.00 Uhr.

Hierfür hat der Antragsteller mit Rechnung vom 02.04.2004 - Ub 8594/04 und mit weiterer Rechnung vom 25.05.2004 - Ub 8633/04 jeweils 104,05 EUR in Rechnung gestellt.

Nachdem der zuständige Kostensachbearbeiter am 30.06.2004 lediglich 45,24 EUR hinsichtlich der erstgenannten Rechnung festgesetzt und angewiesen hat, hat der Antragsteller zwei Anträge auf richterliche Festsetzung betreffend beider Übersetzungen gestellt.

Auf Nachfrage des Kostenbeamten des Bayer. Landessozialgerichts vom 22.02.2005 mit der Bitte um nähere Sachverhaltsschilderung hat der Antragsteller am 16.03.2005 mitgeteilt, der Antrag auf gerichtliche Festsetzung seiner Entschädigung werde aufrechterhalten. Seine Rechnung vom 25.05.2004 - Ub 8633/04, welche auf Wunsch von Dr. med. B. K. auch direkt an das Bayer. Landessozialgericht gestellt worden sei, sei bis zum heutigen Tage nicht beglichen worden.

Eine nochmalige Nachfrage des Kostenbeamten des Bayer. Landessozialgerichts vom 24.03.2005 blieb unbeantwortet, ebenso die Nachricht des 15. Senats vom 01.04.2005 samt Erinnerungen vom 07.12.2005 und 19.04.2006.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die Entschädigung für die Rechnungen vom 02.04.2004 - Ub 8594/04 und 25.05.2004 - Ub 8633/04 auf jeweils 104,05 EUR = gesamt 208,10 EUR festzusetzen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß, lediglich die erste Rechnung vom 02.04.2004 - Ub 8594/04 mit 45,24 EUR zu entschädigen.

Von Seiten des Senats wurden die Rentenstreitakten und die Kostenakten beigezogen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der dem Antragsteller für die Übersetzungen der Ladungen zum 29.04.2004 und 20.09.2004 zustehenden Entschädigung ist nach § 16 Abs.1 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) zulässig. Danach wird die Entschädigung auf Antrag durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt. Auch wenn nach dem Wortlaut nur der Zeuge oder der Sachverständige sowie der Vertreter der Staatskasse antragsberechtigt sind, gelten nach § 17 Abs.1 die Vorschriften des ZSEG für Übersetzer sinngemäß, soweit nicht in § 17 Abs.3 und Abs.4 ZSEG Abweichendes geregelt ist (§ 17 Abs.2 2. Halbsatz ZSEG).

Der Antragsteller hat einen eigenen Anspruch gegen die Staatskasse. Denn er ist von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. B. K. im Einvernehmen mit dem BayLSG als Übersetzer zugezogen worden. - Vor allem ist der Antragsteller nicht als Gehilfe des gerichtlich bestellten Sachverständigen anzusehen. Denn nach dieser zwischenzeitlich aufgegebenen Rechtsauffassung würde der Antragsteller Risiken tragen müssen, die sich aus einer "Abwicklung im Dreieck" ergeben können. - Es liegt auch im Interesse gerichtlich bestellter Sachverständiger, wenn hinzugezogenen Dritten (hier: dem Antragsteller) ein Direktanspruch gegen die Staatskasse zugebilligt wird.

In der Sache ist daran festzuhalten, dass in ständiger Praxis der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich von dem Mindestzeilensatz von 1,00 EUR nach § 17 ZSEG auszugehen ist. Bei Erschwernis können zusätzlich 0,38 EUR je Zeile zusätzlich gewährt werden. Die Übersetzung einer seltenen Fremdsprache kann eine solche Erschwernis darstellen. - Das Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) hat bereits mit Beschluss vom 09.10.1996 - L 5 Ar 45/94.KO in der Angelegenheit eines Dolmetschers ausgesprochen, dass das Arabische einem beeidigten Dolmetscher für arabisch grundsätzlich keine besondere Schwierigkeit bietet, weshalb dessen Stundensatz nicht zu erhöhen ist. - Entsprechendes gilt für Übersetzungsleistungen wie im vorliegenden Fall mit der Folge, dass eine Erschwernis im Sinne von § 17 Abs.3 ZSEG nicht vorliegt.

Die Rechnung vom 02.04.2004 - Ub 8594/04 ist daher nicht mit 104,05 EUR, sondern mit 45,24 EUR zu entschädigen gewesen. - Die diesbezügliche Zahlung ist nach Aktenlage bereits erfolgt.

Auch wenn der Antragsteller die wiederholten Nachfragen des Kostenbeamten des BayLSG bzw. des Senats hinsichtlich der zweiten Rechnung vom 25.05.2004 - Ub 8633/04 nicht ausreichend beantwortet hat, kann nach Aktenlage rückgeschlossen werden (vgl. vor allem Nachricht von Dr. med. B. K. vom 10.05.2004), dass es sich um einen wiederholenden Vorgang gehandelt hat: Erneute Ausfertigung des Ladungsschreibens in arabisch mit neuem Untersuchungstermin 20.09.2004, 15.00 Uhr.

Unabhängig davon, ob der Antragsteller den vorangegangenen Übersetzungsvorgang abgespeichert hat oder nicht, steht ihm auch für die überneute Übersetzung des zweiten Ladungsschreibens die nämliche Entschädigung in Höhe von 45,24 EUR zu. Denn es liegt in der Risikosphäre des Antragstellers, ob er regelmäßig wiederkehrende Vorgänge als Musterübersetzungen aufhebt oder abspeichert bzw. dies unterlässt. - Jedenfalls gereicht es der Staatskasse nicht zum Vorteil, wenn der Antragsteller hier auf die frühere Übersetzung zurückgegriffen haben sollte.

Dieser Beschluss ist endgültig (§ 16 Abs.2 Satz 4 ZSEG, § 177 SGG); er ergeht kostenfrei (§ 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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