Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 6 KN 124/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 KN 31/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Juli 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger der verstorbenen Versicherten J S V. von der Antragstellung im Januar 1997 bis zum Tod der V. 2005 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der Versicherung der V. bezieht.
Die 1962 geborene V. hat keine Berufsausbildung durchlaufen und arbeitete als Weichenreinigerin, Hilfskraft im Gartenbau und als Küchengehilfin. Seit 1996 war sie arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos.
Am 04. Januar 1997 beantragte die V. bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies damit, sie leide seit Januar 1993 an allergischen Ekzemen und einem Bluthochdruckleiden.
Die Beklagte ließ die V. durch ihren Sozialmedizinischen Dienst untersuchen, der zur Auffassung gelangte, sie könne noch vollschichtig als Bürohilfe oder Telefonistin arbeiten. Daraufhin bewilligte die Beklagte der V. Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 01. Juli 1997, lehnte mit Bescheid vom 20. Dezember 1997 jedoch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab: Die V. könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr sozial zumutbar seien, verrichten.
Den Widerspruch der V. hiergegen, mit dem dieses geltend machte, sie könne keinerlei Arbeiten durchführen, wies die Beklagte nach orthopädischer, internistischer und neurologischer Untersuchung zurück (Widerspruchsbescheid vom 04. September 2000).
Hiergegen hat sich die am 05. Oktober 2000 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet.
Die V. hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2000 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, da die V. sich weigere, an den vorgeschlagenen Reha Maßnahmen teilzunehmen, könne sie daher nach dem Grundsatz Reha vor Rente keine Leistungen beziehen.
Gegen dieses dem damaligen Prozessbevollmächtigten der V. am 01. August 2001 zugestellte Urteil hat sich die Berufung der V. vom 31. August 2001 gerichtet, die damit begründet worden ist, die Beklagte habe den Gesundheitszustand der V. unzutreffend eingeschätzt.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Juli 2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2000 zu verurteilen, dem Kläger aus der Versicherung der V. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und durch die Ermittlungen des Senats für bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der die V. behandelnden Ärzte beigezogen.
Die V. hat dann vom 24. Oktober 2002 bis zum 14. November 2002 eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der O Klinik B durchlaufen mit den Diagnosen
1. pseudoradikuläres lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderung und Fehlstatik 2. HWS Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Fehlstatik 3. arterielle Hypertonie 4. Somatisierungsstörung/chronische Schmerzstörung
und ist als vollschichtig einsatzfähig für leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten entlassen worden.
Mit Beweisanordnung vom 27. Juli 2004 hat der Senat den Internisten, Lungen- und Bronchialheilkundler, Allergologen und Pneumologen Dr. M zum Sachverständigen ernannt.
Dieser hat sein Gutachten am 09. November 2004 erstattet und über Zeichen einer mäßiggradigen Lungenüberblähung mit Diffusionsstörung bei chronisch stattgehabtem Nikotinmissbrauch und eine arterielle Hypertonie ohne Herzfunktionsstörung berichtet. Darüber hinaus liege eine Lichtallergie beziehungsweise ein Hautlupus im Bereich der Gesichtshaut, ein chronisches Lenden- und Halswirbelsäulenleiden und angegebene chronische Schmerzzustände in den Beinen und Gelenken vor. Die V. könne daher nur noch leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen, diese aber vollschichtig verrichten.
Mit Beweisanordnung vom 17. November 2004 hat der Senat auf orthopädischem Fachgebiet den Dr. J W zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 05. Mai 2005 erstattet. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet die Diagnosen gestellt:
- chronisches Lumbalsyndrom mit Bewegungseinschränkung bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L4/L5, - Wirbelkörper- und Bandscheibenverschleiß der mittleren Brustwirbelsäule, - Halswirbelsäulensyndrom mit Einstrahlung in Kopf und Arme ohne Bewegungseinschränkung und ohne Nachweis degenerativer Veränderung, - Knorpelschaden des rechten Knies mit Betonung der Kniescheibe.
Im Übrigen hat er über
- Depression, - Bluthochdruck ohne Organschäden, - Vergrößerung der Schilddrüse ohne negative Einwirkungen auf die Stoffwechsellage derzeit, - toxisches Kontaktekzem bei atopischer Hauterkrankung, - bronchiale Hyperreagibilität auf verschiedene Allergene, - Sehschwäche, - fibromyalgieartigen Symptomenkomplex mit den derzeitigen Symptomen der muskulären Kraftminderung und Abgeschlagenheit, der Depressionen und des multiplen Gelenkschmerzes
berichtet. Mit diesen Leiden könne die V. nur noch körperlich leichte Arbeiten verrichten und dies auch nur bis halbschichtig. Dies ergebe sich daraus, dass zwar die organisch fassbaren Funktionsstörungen leichte Tätigkeiten wie die einer Bürohilfskraft noch vollschichtig zuließen, allerdings reiche die Anforderung an die Zuverlässigkeit nicht aus, um mehr als vier Stunden in einer solchen Tätigkeit zu arbeiten. Andere leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen könne die V. bis zu sieben Stunden täglich ausüben, beispielsweise gelte dies für die Tätigkeit einer Telefonistin. Für den Medizinischen Dienst der Beklagten hat die Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. K dazu Stellung genommen und dargelegt, es sei zum einen nicht nachvollziehbar, warum die V. zum Beispiel als Telefonistin nur noch sieben Stunden täglich arbeitsfähig sein solle. Zum anderen stamme der Befund der Tendomyopathie, auf den Dr. W diese Beurteilung stütze, erst vom März 2003, so dass frühestens ab diesem Zeitpunkt von einem derartig eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen werden könne.
Die V. ist am 07. Juni 2005 verstorben; ihr Ehemann A S setzt den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolger fort.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung über die Berufung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Leistungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer sowie die Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Über sie konnte gemäß § 155 Sozialgerichtsgesetz SGG der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung (§ 124 SGG) entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die V. hatte bis zu ihrem Tode keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gegen die Beklagte, so dass an den Kläger eine derartige Leistung als Sonderrechtsnachfolger nicht gezahlt werden kann. Die angefochtenen Beschiede der Beklagten und das diese bestätigende Urteil des Sozialgerichts unterliegen demnach keiner Beanstandung.
Die V. konnte nicht mehr den Beruf einer Maschinenwerkerin ausüben, sie ist jedoch noch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens bis März 2003 vollschichtig einsatzfähig gewesen, die ihr sozial zumutbar sind, so dass Berufsunfähigkeit nicht vorgelegen hat.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Die V. hat ihr Berufsleben in verschiedenen ungelernten Tätigkeiten verbracht, so dass sie nach dem Dreistufenschema des Bundessozialgerichts (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132) auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist. Dort jedoch ist sie nach den Feststellungen aller Sachverständigen und der behandelnden Ärzten in der Reha Klinik für leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig einsatzfähig gewesen. Der Benennung eines Verweisungsberufes bedarf es nicht, da keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, die V. konnte jedoch den von der Beklagten benannten Beruf der Telefonistin vollschichtig ausüben. Dabei handelt es sich um eine leichte Tätigkeit in geschlossenen Räumen mit der Möglichkeit zum Wechsel der Haltungsarten und ohne besondere geistige Anstrengungen. Insofern besteht keine Veranlassung, an den Darlegungen aller Sachverständigen zu zweifeln. Der Parteivortrag der V. selbst und ihre Prozessbevollmächtigten kann demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung haben, da diese kein Beweismittel, sondern allenfalls Anregung zur weiteren Beweiserhebung sind, die erfolgt ist.
Stand der V. somit Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu, so kann sie auch keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beziehen, denn nach § 44 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben können. Bei dem bereit dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende Leistungseinschränkungen als bei der Berufsunfähigkeit erfordern, nicht vor.
Schließlich konnte der V. auch keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der Fassung des EM Reformgesetzes (SGB VI n. F.) gewährt werden, denn sie war noch nicht einmal teilweise erwerbsgemindert.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Auch wenn die von der Beklagten angezweifelten Feststellungen des Sachverständigen Dr. W, wonach die V. wegen einer Tendomyopathie nur noch sieben Stunden täglich als Telefonistin arbeiten könne, zugrunde gelegt werden, so steht zur Überzeugung des Senats auch dann fest, dass diese Voraussetzungen frühestens ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Diagnose Tendomyopathie als gesichert und somit anspruchsbegründend angesehen werden können. Dies jedoch ist erst im Jahr 2003 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt jedoch ist § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI anwendbar und die V. konnte auch nach den Feststellungen des Dr. W mehr als sechs nämlich sieben Stunden täglich als Telefonistin arbeiten. Daher liegen auch die Voraussetzungen für diese Leistung nicht vor.
Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger der verstorbenen Versicherten J S V. von der Antragstellung im Januar 1997 bis zum Tod der V. 2005 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der Versicherung der V. bezieht.
Die 1962 geborene V. hat keine Berufsausbildung durchlaufen und arbeitete als Weichenreinigerin, Hilfskraft im Gartenbau und als Küchengehilfin. Seit 1996 war sie arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos.
Am 04. Januar 1997 beantragte die V. bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies damit, sie leide seit Januar 1993 an allergischen Ekzemen und einem Bluthochdruckleiden.
Die Beklagte ließ die V. durch ihren Sozialmedizinischen Dienst untersuchen, der zur Auffassung gelangte, sie könne noch vollschichtig als Bürohilfe oder Telefonistin arbeiten. Daraufhin bewilligte die Beklagte der V. Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 01. Juli 1997, lehnte mit Bescheid vom 20. Dezember 1997 jedoch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab: Die V. könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr sozial zumutbar seien, verrichten.
Den Widerspruch der V. hiergegen, mit dem dieses geltend machte, sie könne keinerlei Arbeiten durchführen, wies die Beklagte nach orthopädischer, internistischer und neurologischer Untersuchung zurück (Widerspruchsbescheid vom 04. September 2000).
Hiergegen hat sich die am 05. Oktober 2000 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet.
Die V. hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2000 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, da die V. sich weigere, an den vorgeschlagenen Reha Maßnahmen teilzunehmen, könne sie daher nach dem Grundsatz Reha vor Rente keine Leistungen beziehen.
Gegen dieses dem damaligen Prozessbevollmächtigten der V. am 01. August 2001 zugestellte Urteil hat sich die Berufung der V. vom 31. August 2001 gerichtet, die damit begründet worden ist, die Beklagte habe den Gesundheitszustand der V. unzutreffend eingeschätzt.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Juli 2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2000 zu verurteilen, dem Kläger aus der Versicherung der V. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und durch die Ermittlungen des Senats für bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der die V. behandelnden Ärzte beigezogen.
Die V. hat dann vom 24. Oktober 2002 bis zum 14. November 2002 eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der O Klinik B durchlaufen mit den Diagnosen
1. pseudoradikuläres lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderung und Fehlstatik 2. HWS Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Fehlstatik 3. arterielle Hypertonie 4. Somatisierungsstörung/chronische Schmerzstörung
und ist als vollschichtig einsatzfähig für leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten entlassen worden.
Mit Beweisanordnung vom 27. Juli 2004 hat der Senat den Internisten, Lungen- und Bronchialheilkundler, Allergologen und Pneumologen Dr. M zum Sachverständigen ernannt.
Dieser hat sein Gutachten am 09. November 2004 erstattet und über Zeichen einer mäßiggradigen Lungenüberblähung mit Diffusionsstörung bei chronisch stattgehabtem Nikotinmissbrauch und eine arterielle Hypertonie ohne Herzfunktionsstörung berichtet. Darüber hinaus liege eine Lichtallergie beziehungsweise ein Hautlupus im Bereich der Gesichtshaut, ein chronisches Lenden- und Halswirbelsäulenleiden und angegebene chronische Schmerzzustände in den Beinen und Gelenken vor. Die V. könne daher nur noch leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen, diese aber vollschichtig verrichten.
Mit Beweisanordnung vom 17. November 2004 hat der Senat auf orthopädischem Fachgebiet den Dr. J W zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 05. Mai 2005 erstattet. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet die Diagnosen gestellt:
- chronisches Lumbalsyndrom mit Bewegungseinschränkung bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L4/L5, - Wirbelkörper- und Bandscheibenverschleiß der mittleren Brustwirbelsäule, - Halswirbelsäulensyndrom mit Einstrahlung in Kopf und Arme ohne Bewegungseinschränkung und ohne Nachweis degenerativer Veränderung, - Knorpelschaden des rechten Knies mit Betonung der Kniescheibe.
Im Übrigen hat er über
- Depression, - Bluthochdruck ohne Organschäden, - Vergrößerung der Schilddrüse ohne negative Einwirkungen auf die Stoffwechsellage derzeit, - toxisches Kontaktekzem bei atopischer Hauterkrankung, - bronchiale Hyperreagibilität auf verschiedene Allergene, - Sehschwäche, - fibromyalgieartigen Symptomenkomplex mit den derzeitigen Symptomen der muskulären Kraftminderung und Abgeschlagenheit, der Depressionen und des multiplen Gelenkschmerzes
berichtet. Mit diesen Leiden könne die V. nur noch körperlich leichte Arbeiten verrichten und dies auch nur bis halbschichtig. Dies ergebe sich daraus, dass zwar die organisch fassbaren Funktionsstörungen leichte Tätigkeiten wie die einer Bürohilfskraft noch vollschichtig zuließen, allerdings reiche die Anforderung an die Zuverlässigkeit nicht aus, um mehr als vier Stunden in einer solchen Tätigkeit zu arbeiten. Andere leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen könne die V. bis zu sieben Stunden täglich ausüben, beispielsweise gelte dies für die Tätigkeit einer Telefonistin. Für den Medizinischen Dienst der Beklagten hat die Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. K dazu Stellung genommen und dargelegt, es sei zum einen nicht nachvollziehbar, warum die V. zum Beispiel als Telefonistin nur noch sieben Stunden täglich arbeitsfähig sein solle. Zum anderen stamme der Befund der Tendomyopathie, auf den Dr. W diese Beurteilung stütze, erst vom März 2003, so dass frühestens ab diesem Zeitpunkt von einem derartig eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen werden könne.
Die V. ist am 07. Juni 2005 verstorben; ihr Ehemann A S setzt den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolger fort.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung über die Berufung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Leistungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer sowie die Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Über sie konnte gemäß § 155 Sozialgerichtsgesetz SGG der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung (§ 124 SGG) entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die V. hatte bis zu ihrem Tode keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gegen die Beklagte, so dass an den Kläger eine derartige Leistung als Sonderrechtsnachfolger nicht gezahlt werden kann. Die angefochtenen Beschiede der Beklagten und das diese bestätigende Urteil des Sozialgerichts unterliegen demnach keiner Beanstandung.
Die V. konnte nicht mehr den Beruf einer Maschinenwerkerin ausüben, sie ist jedoch noch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens bis März 2003 vollschichtig einsatzfähig gewesen, die ihr sozial zumutbar sind, so dass Berufsunfähigkeit nicht vorgelegen hat.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Die V. hat ihr Berufsleben in verschiedenen ungelernten Tätigkeiten verbracht, so dass sie nach dem Dreistufenschema des Bundessozialgerichts (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132) auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist. Dort jedoch ist sie nach den Feststellungen aller Sachverständigen und der behandelnden Ärzten in der Reha Klinik für leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig einsatzfähig gewesen. Der Benennung eines Verweisungsberufes bedarf es nicht, da keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, die V. konnte jedoch den von der Beklagten benannten Beruf der Telefonistin vollschichtig ausüben. Dabei handelt es sich um eine leichte Tätigkeit in geschlossenen Räumen mit der Möglichkeit zum Wechsel der Haltungsarten und ohne besondere geistige Anstrengungen. Insofern besteht keine Veranlassung, an den Darlegungen aller Sachverständigen zu zweifeln. Der Parteivortrag der V. selbst und ihre Prozessbevollmächtigten kann demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung haben, da diese kein Beweismittel, sondern allenfalls Anregung zur weiteren Beweiserhebung sind, die erfolgt ist.
Stand der V. somit Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu, so kann sie auch keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beziehen, denn nach § 44 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben können. Bei dem bereit dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende Leistungseinschränkungen als bei der Berufsunfähigkeit erfordern, nicht vor.
Schließlich konnte der V. auch keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der Fassung des EM Reformgesetzes (SGB VI n. F.) gewährt werden, denn sie war noch nicht einmal teilweise erwerbsgemindert.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Auch wenn die von der Beklagten angezweifelten Feststellungen des Sachverständigen Dr. W, wonach die V. wegen einer Tendomyopathie nur noch sieben Stunden täglich als Telefonistin arbeiten könne, zugrunde gelegt werden, so steht zur Überzeugung des Senats auch dann fest, dass diese Voraussetzungen frühestens ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Diagnose Tendomyopathie als gesichert und somit anspruchsbegründend angesehen werden können. Dies jedoch ist erst im Jahr 2003 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt jedoch ist § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI anwendbar und die V. konnte auch nach den Feststellungen des Dr. W mehr als sechs nämlich sieben Stunden täglich als Telefonistin arbeiten. Daher liegen auch die Voraussetzungen für diese Leistung nicht vor.
Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
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