Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 17 RA 554/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 88/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13/4 R 435/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Dezember 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2002 abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 13. Juli 1989 vorgemerkten Ausbildungszeiten zu berechnen und zu bezahlen.
III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1938 geborene Kläger hat nach dem Versicherungsverlauf vom 13.07.1989 folgende Zeiten der Schulausbildung 13.08.54 bis 31.12.56 29 Monate Schulausbildung 01.01.57 bis 30.06.58 18 Monate Schulausbildung 01.07.58 bis 17.07.58 1 Monat begrenzten Schulausbildung 18.07.58 bis 31.07.58 begrenzten Schulausbildung 01.08.58 bis 30.09.58
sowie Hochschulausbildung 01.10.58 bis 30.06.63 60 Monate nachgewiesen.
Am 15.10.1963 nahm er eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf und entrichtete durchgehend Pflichtbeiträge. Im November 2001 beantragte der Kläger Altersrente nach Altersteilzeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Rente sollte am 01.03.2002 beginnen.
Mit Bescheid vom 14.01.2002 bewilligte die Beklagte Altersrente nach Altersteilzeitarbeit ab 01.03.2002 in Höhe von monatlich 1.730,32 Euro. In Anlage 2 zum Bescheid wurde ein Versicherungsverlauf übersandt. Dort sind die Zeiten 13.08.54 bis 31.07.55 und 01.08.55 bis 12.08.55 als Zeiten der Schulausbildung ohne Anrechnung und 01.08.63 bis 30.09.63 als Zeiten der Hochschulausbildung bei Überschreiten der Höchstdauer aufgeführt. In der Anlage 4 sind für 36 Monate Ausbildungszeit beitragsfreie Zeiten mit 2,25 Punkten, d.h. 0,0625 Entgeltpunkte mal 36 Monate bewertet. Bei der Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate wurden als beitragsfreie Zeiten, die nicht gleichzeitig Berücksichtigungszeiten sind, 96 Kalendermonate abgezogen.
Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Hinweise zur Berücksichtigung von Zeiten: Es wurden Zeiten zurückgelegt, die nach den bisherigen rentenrechtlichen Vorschriften berücksichtigt wurden. Diese Vorschriften sind zum Teil aufgehoben oder geändert worden. Insbesondere ist die Bewertung der Zeiten neu geregelt worden. Wir haben geprüft, in welchem Umfang die Zeiten nach den jetzt maßgebenden Vorschriften anzurechnen sind. Der Bescheid vom 13.07.1989 über die Feststellung dieser Zeiten wird nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI aufgehoben, soweit er nicht dem geltenden Recht entspricht. Die nach der Neuregelung zu berücksichtigenden Zeiten sind dem beiliegenden Versicherungsverlauf zu entnehmen."
Dagegen richtet sich der Widerspruch des Klägers. Er rügt, dass durch die Kürzung der Zeiten schulischer Ausbildung Art. 20 des Grundgesetzes verletzt werde. Ihm sei bei Eintritt in die Versicherung, d.h. bei Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung nach Abschluss des Hochschulstudiums 1963 per Gesetz verbindlich die Anerkennung von 108 Monaten schulische Ausbildung anerkannt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, die Rentenberechnung entspreche der geltenden Rechtslage und sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen seien Rentenauskünfte, wie in den Hinweisen vermerkt, grundsätzlich unverbindlich. Die Rentenanwartschaft werde jeweils nach den geltenden Bestimmungen errechnet und könne durch künftig wirksam werdende neue Rechtsvorschriften Änderungen erfahren.
Dagegen richtet sich die Klage, worin der Kläger einen Verstoß gegen die Verfassung rügt. Er ist der Meinung, rückwirkend dürfe die einmal zugesicherte Rechtsposition nicht geändert werden. 1963 sei ihm die Anrechnung seiner Ausbildungszeiten zugesichert worden. Dies sei noch im Bescheid vom 13.07.1989 bestätigt worden. Der Kläger zitierte zahlreiche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und stellte die Rechtsänderungen bei schulischen Ausbildungszeiten seit 1963 ausführlich dar. Im Vertrauen auf die spätere Altersversorgung habe er die Beiträge bezahlt. Es verstoße deshalb gegen Art. 3 und 20 des Grundgesetzes, wenn die Versorgung rückwirkend geändert werde. Dies gelte um so mehr, als die Rentenversicherung mit den Beitragsleistungen andere Leistungen finanziert hätte.
Die Beklagte hielt die Kürzung und geänderte Bewertung der Ausbildungszeiten für verfassungskonform. Die Änderungen seien mit dem RRG 92 (Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989, BGBl I S.2261) sowie dem WFG (Wachstum und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.09.1996, BGBl I S.1461) in Kraft getreten und das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mehrfach dazu Stellung genommen, dass diese Neuregelungen rechtens seien. Eine Beschwerde zur Heraufsetzung der Berücksichtigung der Ausbildungszeiten auf das 17. Lebensjahr sei vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden. Die Beklagte wies aber auf die anhängigen Revisionen beziehungsweise die beim BayLSG anhängige Berufung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und § 252 Abs. 4 SGB VI i.d.F. des WFG hin (B 4 RA 30/1 R und B 4 RA 14/02). Vorgelegt wurde außerdem eine Kopie aus der Drucksache 11/41 24 des Deutschen Bundestages zur Notwendigkeit der Reform und den Auswirkungen, sowie das Urteil des BSG vom 18.04.1996 (AZ 4 RA 36/94).
Mit Urteil vom 16.12.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab mit der Begründung, die Beklagte habe nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI die früheren Feststellungen aufheben dürfen und habe deshalb zu Recht das zur Zeit des Rentenbeginns geltende Recht angewandt. Die Berechnung der Altersrente sei nicht zu beanstanden und auch die jeweiligen Rechtsänderungen, die sich für den Kläger nachteilig auswirkten, seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dagegen richtet sich die Berufung, worin der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und rügt , dass sich das Sozialgericht mit seinen Argumenten nicht ausreichend auseinander gesetzt habe. Er sei durch die mehrfache Änderung der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten betroffen und diese rückwirkende Verschlechterung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Beklagte sei nicht berechtigt, rückwirkend seine bereits erworbenen Rechtspositionen zu kürzen, dies verstoße auch gegen Treu und Glauben. Der Kläger wandte sich an die Beklagte und wies auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.04.2004 (B 4 RA 36/02 R) sowie eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.08.2005 (L 13 R 4204/03) hin. Die Gerichte hätten in diesen Fällen entschieden, dass Versicherte, die einen Bescheid der BfA aus der Zeit vor 1999 haben, in dem zu berücksichtigende Schul- und Ausbildungszeiten verbindlich festgestellt wurden, im Rentenfall einen Anspruch auf die entsprechende Berücksichtigung dieser Zeiten haben. Er beantrage deshalb, entsprechend dem BSG-Urteil seine Rente unter Berücksichtigung von insgesamt 108 Monaten Anrechnungszeit für Schul- und Hochschulausbildung zu berechnen.
Der Kläger legte den Versicherungsverlauf vom 15.10.1984 und den Bescheid vom 13.07.1989 vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.12.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2002 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente unter Berücksichtigung der bisher anerkannten Schul- und Hochschulausbildungszeiten, das heißt im Umfang von 108 Monaten und mit einer Bewertung, die hundertprozentig der Gesamtleistungsbewertung entspricht, zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Änderung der Renten Gesetze dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des SG München und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig und erweist sich - teilweise - als begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist teilweise aufzuheben.
Das mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung und mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf Festsetzung eines höheren Wert des Rechts auf Altersrente unter Berücksichtigung von 108 statt 36 Kalendermonaten Ausbildung- Anrechnungszeiten ohne Begrenzung des Gesamtleistungswerts sowie mit der (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgte Begehren des Klägers auf Zahlung entsprechend höherer monatlicher Beträge hat teilweise Erfolg. Die Klage führt zur Verpflichtung der Beklagten, den Geldwert des Rechts des Klägers auf Altersrente ab 01.03.2002 unter Anrechnung der im Bescheid vom 13.07.1989 vorgemerkten Ausbildungszeiten neu festzustellen und entsprechend höhere Geldbeträge zu bezahlen beziehungsweise nachzuzahlen. Soweit der Kläger im Übrigen die Berücksichtigung der Ausbildungsanrechnungszeiten in einem "unbegrenzten" Gesamtleistungswert und insoweit die Zahlung entsprechend höherer monatlicher Beträge begehrt, ist die Berufung unbegründet. Das heißt, die Berufung kann keinen Erfolg haben, soweit der Kläger die Bewertung dieser Schul- und Hochschulausbildungszeiten rügt. Zu diesem Punkt hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass der Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung von Verfassungsgrundsätzen berechtigt war, die zwischenzeitlichen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen.
Soweit der Kläger die Berechnung seiner Rente auf der Basis der im Bescheid vom 13.07.1989 festgestellten Zeiten begehrt, hat die Berufung Erfolg, denn die Beklagte hat diesen Bescheid mit dem streitgegenständlichen Rentenbescheid nicht rechtswirksam aufgehoben. Sie bezieht sich zwar in ihrem "Hinweis zur Berücksichtigung von Zeiten" auf § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI als Rechtsgrundlage, sie hat es jedoch versäumt zu erläutern, welche Regelungen aufgehoben werden sollten, und die Auswirkungen dieser Änderung ist durch den Hinweis auf den Versicherungsverlauf nicht ausreichend deutlich dargelegt. Ob in früheren Vormerkungsbescheiden weitere verbindliche Regelungen getroffen worden sind, ist nicht Streitgegenstand und kann auch nicht festgestellt werden, da der Kläger keine weiteren Bescheide der Beklagten genannt und vorgelegt hat.
Die Beklagte hat mit Vormerkungsbescheid vom 13.07.1989 die Tatbestände von Ausbildungs- Anrechnungszeiten nach § 104 AVG a.F. festgestellt. Dies erfolgte für jeden Kalendermonat der Schul- beziehungsweise Hochschulausbildung mit Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger. Dieser Vormerkungsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (siehe Rechtsprechung des BSG zuletzt in den Urteilen vom 30.03.2004 , B 4 RA 46/02 R Rdnr. 28 m.w.N. sowie 4 RA 36/02 R Rdnr. 16), der im Interesse der Versicherten Klarheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten rentenversicherungsrechtlicher Relevanz schafft. Während die Versicherungszeiten verbindlich festgestellt sind, ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht Gegenstand eines Vormerkungsbescheides die abschließende Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung dieser Zeiten (so BSG a.a.O. Rdnr. 16 unter Hinweis auf den insoweit gleich lautenden jetzt geltenden § 149 Abs. 5 S. 1 SGB VI). Da der Vormerkungsbescheid vom 13.07.1989 nach § 77 SGG in der Sache für die Beteiligten bindend geworden ist, konnte der Kläger davon ausgehen und darauf vertrauen, dass dieser Verwaltungsakt Bestand hat, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Beklagte hat diesen Vormerkungsbescheid nicht rechtswirksam im streitgegenständlichen Rentenbescheid aufgehoben. Die Erklärung im streitgegenständlichen Rentenbescheid ist zwar eine Regelung, ihr Inhalt ist jedoch entgegen § 33 Abs. 1 SGB X nicht hinreichend bestimmt. Denn aus dem Verfügungssatz ergibt sich für den Adressaten nicht klar und unzweideutig, was die Beklagte geregelt hat. Er bestimmt nicht konkret, welche früheren Verwaltungsakte mit welchen Tatbeständen von Ausbildungsanrechnungszeiten ab wann und in welchem Umfang aufgehoben werden sollten (BSG am a.a.O. Rdnr. 19 bzw. 29; so auch BayLSG vom 10.08.2005 L 13 R 4204/03). Das Bayerische Landessozialgericht hat im Urteil vom 10.08.2005, wie auch der erkennende Senat, den hier gewählten Wortlaut im Bescheid als nicht ausreichend für eine zulässige Aufhebung der früheren Anerkennung von Schul-Hochschulausbildungszeiten angesehen. An einem die Vormerkungen insoweit aufhebenden Verwaltungsakt fehlt es, weil, wie ausgeführt, der Verwaltungsakt mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig war. Die von der Beklagten gewählte Formulierung bestimmte nicht konkret, welche früheren Verwaltungsakte mit welchen Tatbeständen von Ausbildungsanrechnungszeiten, ab wann und in welchem Umfang aufgehoben werden sollen. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen selbst den Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen und dem Adressaten bekannt zu geben (BSG Urteil vom 29.04.1997 AZ 4 RA 25/96 und 16.12.97 4 RA 56/96). Die Verwaltungsakte über die Tatbestände der Ausbildungsanrechnungszeit haben sich auch nicht ganz oder teilweise auf andere Weise unmittelbar "kraft Gesetzes " erledigt. Zwar wurde der Umfang der Ausbildungsanrechnungszeiten durch das RRG 1992 zum 01.01.1992 und ein weiteres Mal zum 01.01.1997 durch das WFG geändert, es handelte sich jedoch nicht um selbstvollziehende Gesetze, die bindende Verwaltungsakte außer Kraft setzen. Vielmehr bedurfte es eines aufhebenden Verwaltungsakts. Dies wird in § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI klar gestellt (vergleiche dazu BSG vom 30.03.2002 a.a.O.).
Es liegt auch keine Heilung der Mängel im Sinne von § 41 SGB X vor. Die Beklagte und das Sozialgericht haben der verbindlichen Vormerkung keine Beachtung geschenkt. Die Beklagte hat daher auch die unterbliebene Aufhebung nicht nachgeholt und dies, obwohl sie spätestens seit dem Schreiben des Klägers vom 09.11.2005 und dem dort enthaltenen Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG und den Vormerkungsbescheid vom 13.07.1989 dazu grundsätzlich Gelegenheit gehabt hätte. Deshalb ist vom Senat nicht darüber zu entscheiden, ob § 41 SGB X überhaupt anwendbar ist. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 41 SGB X aufgrund der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (wie es das BSG in den Urteilen vom 30.04.2004 andeutet a.a.O. Rdnr. 19 bzw. 29) entfällt oder ob es sich bei einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot überhaupt um einen Formfehler im Sinne § 41 SGB X handelt bzw. ob nicht bereits eine Regelung (Ausspruch bzw. Verfügungssatz) fehlt.
Die Bindung der Beklagten an die bisher anerkannte Dauer der Schul- und Hochschulausbildung hat auch zur Folge, dass die Beklagte bei der Berechnung der Altersrente ab 01.03.2002 die Rentenhöhe unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 13.07.1989 vorgemerkten Ausbildungszeiten neu festzustellen hat und entsprechend höhere Geldbeträge nachzahlen muss.
Denn durch die gekürzte Berücksichtigung der Ausbildungszeiten hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid eine zu geringe Summe der Entgeltpunkte (- EP -) in die so genannte Rentenformel (§ 64 SGB VI) eingestellt, weil sie die (Teil-) Rangstellenwerte für die Ausbildungsanrechnungszeiten entgegen §§ 66 Abs. 1, 71, 72 SGB VI unrichtig (zu niedrig) ermittelt und damit den Gesamtleistungswert aus beitragsfreien Zeiten, der sich aus dem Durchschnittswert an EP einer im belegungsfähigen Zeitraum entrichteten Beiträge (§ 72 Abs. 1 SGB VI) bei Rentenbeginn ergibt, unzutreffend gebildet hat. Sie hat nicht nur eine zu geringe (36 statt 108) Anzahl von Kalendermonaten als beitragsfreie Ausbildungsanrechnungszeiten zu Grunde gelegt, sondern hierdurch auch eine überhöhte Anzahl von belegbaren Kalendermonaten, die bei der Bestimmung des Rangstellenwertes für beitragsfreie Zeiten erheblich sind (§ 72 Abs. 1 und 3 SGB VI) fehlerhaft berücksichtigt. Denn hat ein Versicherter Tatbestände von "rentenrechtlichen" Zeiten erfüllt, erlangte er jeweils zeitgleich einen Rangstellenwert, dessen endgültige Höhe bei "beitragsfreien" Zeiten im Rahmen einer Gesamtleistungsbewertung von dem Verhältnis der in den übrigen Zeiten Versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen zum durchschnittlichen Arbeitsverdienst der kalenderjährlich zeitgleich versichert Gewesenen abhängig ist (§§ 63 Abs. 3, 71 Abs. 1 SGB VI vergleiche dazu auch BSG vom 30.03.2004 B 4 RA 36/02 R. Rdnr. 14 sowie BSG SozR 3-2600 § 71 Nr. 2 S. 16).
Soweit die Bewertung der schulischen Ausbildungszeiten, also Zuordnung von Entgeltpunkten und dabei die Begrenzung auf höchstens 0,0625 Entgeltpunkte, betroffen ist, ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig. Hier kann der Kläger keinen individuellen gegen die Beklagte gerichteten Vertrauensschutz durch eine bereits bindende Regelung in Anspruch nehmen. Denn es ist den Vormerkungsbescheiden gerade zu Eigen, dass über die Bewertung der entsprechenden Zeiten erst bei der Anspruchsverwirklichung, der Feststellung des Vollrechts, entschieden wird (vergleiche § 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI für die Zeit vor dem Inkrafttreten des SGB VI § 104 AVG). Deshalb ist bei der Bewertung der Zeiten das zum Zeitpunkt des Leistungsfalles geltende Recht (§ 300 Abs. 1 SGB VI) anzuwenden.
Die Beklagte hat daher zutreffend eine begrenzte Gesamtleistungsbewertung vorgenommenen. Dass die Änderungen der Rentenberechnungsvorschriften durch das Inkrafttreten des RRG zum 1.1. 92 nicht gegen Verfassungsbestimmungen verstoßen, haben das BSG und die Instanz-Gerichte bereits mehrfach entschieden (ausführlich zum Beispiel im Urteil vom 18.04.1994 RA 36/94 Rdnr. 23 ff., so auch die vom Kläger zitierte Entscheidung des BayLSG vom 10.08.2005). Das BSG hat dabei ausführlich dargestellt, dass zwar eine vermögenswerte Rechtsposition in Form einer Rentenanwartschaft zum 31.12. 91 bestand und dem Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG unterlag, dass jedoch trotz der Schlechterstellung durch das RRG 92 und auch die weitere Änderung durch das WFG vom Gesetzgeber eine zulässige Modifikation der Anwartschaft getroffen wurde und Inhalt und Schranken des Eigentums nicht verletzt sind. (BSG a.a.O. Rdnr. 33 ff.). Als weiterer Gesichtspunkt ist genannt, dass die Anrechnungszeiten, da ohne eigene Beitragsleistung erworben, überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen und Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge sind. Sie sind deswegen zwar Bestandteil der Rente und unterliegen dem Bestandschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz, trotzdem hat der Gesetzgeber einen besonders weiten Gestaltungsspielraum ob er diesen Ausgleich weiter gewähren oder bei einer angespannten finanziellen Lage kürzen will (BSG a.a.O. Rdnr. 43 so auch BSG vom 17.12.1997 13 RJ 97/96 Rdnr. 26). Das BSG hat in der gleichen Entscheidung auch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint, ebenso wie die Verletzung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG). Zwar begründe das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte Sozialordnung Sorge zu tragen, die Erfüllung dieser Verpflichtung obliege jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Hierzu wird im Übrigen auf die ausführlichen zutreffenden Darlegungen des Sozialgerichts Bezug genommen. (§ 153 Abs.2 SGG )
Durch die nochmalige Änderung der Bewertungen durch das WFG (Wachstum und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.9. 96 BGBl I S. 1461) ist der Kläger insofern nicht betroffen, da aufgrund der Entscheidung zum Bestandsschutz der vorgemerkten Ausbildungszeiten die Kürzung auf höchstens drei Jahre nicht wirksam wird.
Der angefochtene Bescheid ist daher zum Teil rechtswidrig und insoweit aufzuheben, als er die mit Bescheid vom 13.07.1989 vorgemerkten Anrechnungszeiten nicht berücksichtigt. Im Übrigen erging er zurecht, soweit die Bewertung der Ausbildungsanrechnungszeiten betroffen ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§§ 183, 193 SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, da der Senat sich in vollem Umfang der höchstrichterlichen Rechtsprechung anschließt und auch sonst keine Revisionsgründe erkennbar sind (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 13. Juli 1989 vorgemerkten Ausbildungszeiten zu berechnen und zu bezahlen.
III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1938 geborene Kläger hat nach dem Versicherungsverlauf vom 13.07.1989 folgende Zeiten der Schulausbildung 13.08.54 bis 31.12.56 29 Monate Schulausbildung 01.01.57 bis 30.06.58 18 Monate Schulausbildung 01.07.58 bis 17.07.58 1 Monat begrenzten Schulausbildung 18.07.58 bis 31.07.58 begrenzten Schulausbildung 01.08.58 bis 30.09.58
sowie Hochschulausbildung 01.10.58 bis 30.06.63 60 Monate nachgewiesen.
Am 15.10.1963 nahm er eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf und entrichtete durchgehend Pflichtbeiträge. Im November 2001 beantragte der Kläger Altersrente nach Altersteilzeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Rente sollte am 01.03.2002 beginnen.
Mit Bescheid vom 14.01.2002 bewilligte die Beklagte Altersrente nach Altersteilzeitarbeit ab 01.03.2002 in Höhe von monatlich 1.730,32 Euro. In Anlage 2 zum Bescheid wurde ein Versicherungsverlauf übersandt. Dort sind die Zeiten 13.08.54 bis 31.07.55 und 01.08.55 bis 12.08.55 als Zeiten der Schulausbildung ohne Anrechnung und 01.08.63 bis 30.09.63 als Zeiten der Hochschulausbildung bei Überschreiten der Höchstdauer aufgeführt. In der Anlage 4 sind für 36 Monate Ausbildungszeit beitragsfreie Zeiten mit 2,25 Punkten, d.h. 0,0625 Entgeltpunkte mal 36 Monate bewertet. Bei der Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate wurden als beitragsfreie Zeiten, die nicht gleichzeitig Berücksichtigungszeiten sind, 96 Kalendermonate abgezogen.
Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Hinweise zur Berücksichtigung von Zeiten: Es wurden Zeiten zurückgelegt, die nach den bisherigen rentenrechtlichen Vorschriften berücksichtigt wurden. Diese Vorschriften sind zum Teil aufgehoben oder geändert worden. Insbesondere ist die Bewertung der Zeiten neu geregelt worden. Wir haben geprüft, in welchem Umfang die Zeiten nach den jetzt maßgebenden Vorschriften anzurechnen sind. Der Bescheid vom 13.07.1989 über die Feststellung dieser Zeiten wird nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI aufgehoben, soweit er nicht dem geltenden Recht entspricht. Die nach der Neuregelung zu berücksichtigenden Zeiten sind dem beiliegenden Versicherungsverlauf zu entnehmen."
Dagegen richtet sich der Widerspruch des Klägers. Er rügt, dass durch die Kürzung der Zeiten schulischer Ausbildung Art. 20 des Grundgesetzes verletzt werde. Ihm sei bei Eintritt in die Versicherung, d.h. bei Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung nach Abschluss des Hochschulstudiums 1963 per Gesetz verbindlich die Anerkennung von 108 Monaten schulische Ausbildung anerkannt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, die Rentenberechnung entspreche der geltenden Rechtslage und sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen seien Rentenauskünfte, wie in den Hinweisen vermerkt, grundsätzlich unverbindlich. Die Rentenanwartschaft werde jeweils nach den geltenden Bestimmungen errechnet und könne durch künftig wirksam werdende neue Rechtsvorschriften Änderungen erfahren.
Dagegen richtet sich die Klage, worin der Kläger einen Verstoß gegen die Verfassung rügt. Er ist der Meinung, rückwirkend dürfe die einmal zugesicherte Rechtsposition nicht geändert werden. 1963 sei ihm die Anrechnung seiner Ausbildungszeiten zugesichert worden. Dies sei noch im Bescheid vom 13.07.1989 bestätigt worden. Der Kläger zitierte zahlreiche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und stellte die Rechtsänderungen bei schulischen Ausbildungszeiten seit 1963 ausführlich dar. Im Vertrauen auf die spätere Altersversorgung habe er die Beiträge bezahlt. Es verstoße deshalb gegen Art. 3 und 20 des Grundgesetzes, wenn die Versorgung rückwirkend geändert werde. Dies gelte um so mehr, als die Rentenversicherung mit den Beitragsleistungen andere Leistungen finanziert hätte.
Die Beklagte hielt die Kürzung und geänderte Bewertung der Ausbildungszeiten für verfassungskonform. Die Änderungen seien mit dem RRG 92 (Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989, BGBl I S.2261) sowie dem WFG (Wachstum und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.09.1996, BGBl I S.1461) in Kraft getreten und das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mehrfach dazu Stellung genommen, dass diese Neuregelungen rechtens seien. Eine Beschwerde zur Heraufsetzung der Berücksichtigung der Ausbildungszeiten auf das 17. Lebensjahr sei vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden. Die Beklagte wies aber auf die anhängigen Revisionen beziehungsweise die beim BayLSG anhängige Berufung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und § 252 Abs. 4 SGB VI i.d.F. des WFG hin (B 4 RA 30/1 R und B 4 RA 14/02). Vorgelegt wurde außerdem eine Kopie aus der Drucksache 11/41 24 des Deutschen Bundestages zur Notwendigkeit der Reform und den Auswirkungen, sowie das Urteil des BSG vom 18.04.1996 (AZ 4 RA 36/94).
Mit Urteil vom 16.12.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab mit der Begründung, die Beklagte habe nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI die früheren Feststellungen aufheben dürfen und habe deshalb zu Recht das zur Zeit des Rentenbeginns geltende Recht angewandt. Die Berechnung der Altersrente sei nicht zu beanstanden und auch die jeweiligen Rechtsänderungen, die sich für den Kläger nachteilig auswirkten, seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dagegen richtet sich die Berufung, worin der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und rügt , dass sich das Sozialgericht mit seinen Argumenten nicht ausreichend auseinander gesetzt habe. Er sei durch die mehrfache Änderung der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten betroffen und diese rückwirkende Verschlechterung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Beklagte sei nicht berechtigt, rückwirkend seine bereits erworbenen Rechtspositionen zu kürzen, dies verstoße auch gegen Treu und Glauben. Der Kläger wandte sich an die Beklagte und wies auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.04.2004 (B 4 RA 36/02 R) sowie eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.08.2005 (L 13 R 4204/03) hin. Die Gerichte hätten in diesen Fällen entschieden, dass Versicherte, die einen Bescheid der BfA aus der Zeit vor 1999 haben, in dem zu berücksichtigende Schul- und Ausbildungszeiten verbindlich festgestellt wurden, im Rentenfall einen Anspruch auf die entsprechende Berücksichtigung dieser Zeiten haben. Er beantrage deshalb, entsprechend dem BSG-Urteil seine Rente unter Berücksichtigung von insgesamt 108 Monaten Anrechnungszeit für Schul- und Hochschulausbildung zu berechnen.
Der Kläger legte den Versicherungsverlauf vom 15.10.1984 und den Bescheid vom 13.07.1989 vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.12.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2002 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente unter Berücksichtigung der bisher anerkannten Schul- und Hochschulausbildungszeiten, das heißt im Umfang von 108 Monaten und mit einer Bewertung, die hundertprozentig der Gesamtleistungsbewertung entspricht, zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Änderung der Renten Gesetze dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des SG München und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig und erweist sich - teilweise - als begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist teilweise aufzuheben.
Das mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung und mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf Festsetzung eines höheren Wert des Rechts auf Altersrente unter Berücksichtigung von 108 statt 36 Kalendermonaten Ausbildung- Anrechnungszeiten ohne Begrenzung des Gesamtleistungswerts sowie mit der (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgte Begehren des Klägers auf Zahlung entsprechend höherer monatlicher Beträge hat teilweise Erfolg. Die Klage führt zur Verpflichtung der Beklagten, den Geldwert des Rechts des Klägers auf Altersrente ab 01.03.2002 unter Anrechnung der im Bescheid vom 13.07.1989 vorgemerkten Ausbildungszeiten neu festzustellen und entsprechend höhere Geldbeträge zu bezahlen beziehungsweise nachzuzahlen. Soweit der Kläger im Übrigen die Berücksichtigung der Ausbildungsanrechnungszeiten in einem "unbegrenzten" Gesamtleistungswert und insoweit die Zahlung entsprechend höherer monatlicher Beträge begehrt, ist die Berufung unbegründet. Das heißt, die Berufung kann keinen Erfolg haben, soweit der Kläger die Bewertung dieser Schul- und Hochschulausbildungszeiten rügt. Zu diesem Punkt hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass der Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung von Verfassungsgrundsätzen berechtigt war, die zwischenzeitlichen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen.
Soweit der Kläger die Berechnung seiner Rente auf der Basis der im Bescheid vom 13.07.1989 festgestellten Zeiten begehrt, hat die Berufung Erfolg, denn die Beklagte hat diesen Bescheid mit dem streitgegenständlichen Rentenbescheid nicht rechtswirksam aufgehoben. Sie bezieht sich zwar in ihrem "Hinweis zur Berücksichtigung von Zeiten" auf § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI als Rechtsgrundlage, sie hat es jedoch versäumt zu erläutern, welche Regelungen aufgehoben werden sollten, und die Auswirkungen dieser Änderung ist durch den Hinweis auf den Versicherungsverlauf nicht ausreichend deutlich dargelegt. Ob in früheren Vormerkungsbescheiden weitere verbindliche Regelungen getroffen worden sind, ist nicht Streitgegenstand und kann auch nicht festgestellt werden, da der Kläger keine weiteren Bescheide der Beklagten genannt und vorgelegt hat.
Die Beklagte hat mit Vormerkungsbescheid vom 13.07.1989 die Tatbestände von Ausbildungs- Anrechnungszeiten nach § 104 AVG a.F. festgestellt. Dies erfolgte für jeden Kalendermonat der Schul- beziehungsweise Hochschulausbildung mit Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger. Dieser Vormerkungsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (siehe Rechtsprechung des BSG zuletzt in den Urteilen vom 30.03.2004 , B 4 RA 46/02 R Rdnr. 28 m.w.N. sowie 4 RA 36/02 R Rdnr. 16), der im Interesse der Versicherten Klarheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten rentenversicherungsrechtlicher Relevanz schafft. Während die Versicherungszeiten verbindlich festgestellt sind, ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht Gegenstand eines Vormerkungsbescheides die abschließende Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung dieser Zeiten (so BSG a.a.O. Rdnr. 16 unter Hinweis auf den insoweit gleich lautenden jetzt geltenden § 149 Abs. 5 S. 1 SGB VI). Da der Vormerkungsbescheid vom 13.07.1989 nach § 77 SGG in der Sache für die Beteiligten bindend geworden ist, konnte der Kläger davon ausgehen und darauf vertrauen, dass dieser Verwaltungsakt Bestand hat, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Beklagte hat diesen Vormerkungsbescheid nicht rechtswirksam im streitgegenständlichen Rentenbescheid aufgehoben. Die Erklärung im streitgegenständlichen Rentenbescheid ist zwar eine Regelung, ihr Inhalt ist jedoch entgegen § 33 Abs. 1 SGB X nicht hinreichend bestimmt. Denn aus dem Verfügungssatz ergibt sich für den Adressaten nicht klar und unzweideutig, was die Beklagte geregelt hat. Er bestimmt nicht konkret, welche früheren Verwaltungsakte mit welchen Tatbeständen von Ausbildungsanrechnungszeiten ab wann und in welchem Umfang aufgehoben werden sollten (BSG am a.a.O. Rdnr. 19 bzw. 29; so auch BayLSG vom 10.08.2005 L 13 R 4204/03). Das Bayerische Landessozialgericht hat im Urteil vom 10.08.2005, wie auch der erkennende Senat, den hier gewählten Wortlaut im Bescheid als nicht ausreichend für eine zulässige Aufhebung der früheren Anerkennung von Schul-Hochschulausbildungszeiten angesehen. An einem die Vormerkungen insoweit aufhebenden Verwaltungsakt fehlt es, weil, wie ausgeführt, der Verwaltungsakt mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig war. Die von der Beklagten gewählte Formulierung bestimmte nicht konkret, welche früheren Verwaltungsakte mit welchen Tatbeständen von Ausbildungsanrechnungszeiten, ab wann und in welchem Umfang aufgehoben werden sollen. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen selbst den Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen und dem Adressaten bekannt zu geben (BSG Urteil vom 29.04.1997 AZ 4 RA 25/96 und 16.12.97 4 RA 56/96). Die Verwaltungsakte über die Tatbestände der Ausbildungsanrechnungszeit haben sich auch nicht ganz oder teilweise auf andere Weise unmittelbar "kraft Gesetzes " erledigt. Zwar wurde der Umfang der Ausbildungsanrechnungszeiten durch das RRG 1992 zum 01.01.1992 und ein weiteres Mal zum 01.01.1997 durch das WFG geändert, es handelte sich jedoch nicht um selbstvollziehende Gesetze, die bindende Verwaltungsakte außer Kraft setzen. Vielmehr bedurfte es eines aufhebenden Verwaltungsakts. Dies wird in § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI klar gestellt (vergleiche dazu BSG vom 30.03.2002 a.a.O.).
Es liegt auch keine Heilung der Mängel im Sinne von § 41 SGB X vor. Die Beklagte und das Sozialgericht haben der verbindlichen Vormerkung keine Beachtung geschenkt. Die Beklagte hat daher auch die unterbliebene Aufhebung nicht nachgeholt und dies, obwohl sie spätestens seit dem Schreiben des Klägers vom 09.11.2005 und dem dort enthaltenen Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG und den Vormerkungsbescheid vom 13.07.1989 dazu grundsätzlich Gelegenheit gehabt hätte. Deshalb ist vom Senat nicht darüber zu entscheiden, ob § 41 SGB X überhaupt anwendbar ist. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 41 SGB X aufgrund der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (wie es das BSG in den Urteilen vom 30.04.2004 andeutet a.a.O. Rdnr. 19 bzw. 29) entfällt oder ob es sich bei einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot überhaupt um einen Formfehler im Sinne § 41 SGB X handelt bzw. ob nicht bereits eine Regelung (Ausspruch bzw. Verfügungssatz) fehlt.
Die Bindung der Beklagten an die bisher anerkannte Dauer der Schul- und Hochschulausbildung hat auch zur Folge, dass die Beklagte bei der Berechnung der Altersrente ab 01.03.2002 die Rentenhöhe unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 13.07.1989 vorgemerkten Ausbildungszeiten neu festzustellen hat und entsprechend höhere Geldbeträge nachzahlen muss.
Denn durch die gekürzte Berücksichtigung der Ausbildungszeiten hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid eine zu geringe Summe der Entgeltpunkte (- EP -) in die so genannte Rentenformel (§ 64 SGB VI) eingestellt, weil sie die (Teil-) Rangstellenwerte für die Ausbildungsanrechnungszeiten entgegen §§ 66 Abs. 1, 71, 72 SGB VI unrichtig (zu niedrig) ermittelt und damit den Gesamtleistungswert aus beitragsfreien Zeiten, der sich aus dem Durchschnittswert an EP einer im belegungsfähigen Zeitraum entrichteten Beiträge (§ 72 Abs. 1 SGB VI) bei Rentenbeginn ergibt, unzutreffend gebildet hat. Sie hat nicht nur eine zu geringe (36 statt 108) Anzahl von Kalendermonaten als beitragsfreie Ausbildungsanrechnungszeiten zu Grunde gelegt, sondern hierdurch auch eine überhöhte Anzahl von belegbaren Kalendermonaten, die bei der Bestimmung des Rangstellenwertes für beitragsfreie Zeiten erheblich sind (§ 72 Abs. 1 und 3 SGB VI) fehlerhaft berücksichtigt. Denn hat ein Versicherter Tatbestände von "rentenrechtlichen" Zeiten erfüllt, erlangte er jeweils zeitgleich einen Rangstellenwert, dessen endgültige Höhe bei "beitragsfreien" Zeiten im Rahmen einer Gesamtleistungsbewertung von dem Verhältnis der in den übrigen Zeiten Versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen zum durchschnittlichen Arbeitsverdienst der kalenderjährlich zeitgleich versichert Gewesenen abhängig ist (§§ 63 Abs. 3, 71 Abs. 1 SGB VI vergleiche dazu auch BSG vom 30.03.2004 B 4 RA 36/02 R. Rdnr. 14 sowie BSG SozR 3-2600 § 71 Nr. 2 S. 16).
Soweit die Bewertung der schulischen Ausbildungszeiten, also Zuordnung von Entgeltpunkten und dabei die Begrenzung auf höchstens 0,0625 Entgeltpunkte, betroffen ist, ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig. Hier kann der Kläger keinen individuellen gegen die Beklagte gerichteten Vertrauensschutz durch eine bereits bindende Regelung in Anspruch nehmen. Denn es ist den Vormerkungsbescheiden gerade zu Eigen, dass über die Bewertung der entsprechenden Zeiten erst bei der Anspruchsverwirklichung, der Feststellung des Vollrechts, entschieden wird (vergleiche § 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI für die Zeit vor dem Inkrafttreten des SGB VI § 104 AVG). Deshalb ist bei der Bewertung der Zeiten das zum Zeitpunkt des Leistungsfalles geltende Recht (§ 300 Abs. 1 SGB VI) anzuwenden.
Die Beklagte hat daher zutreffend eine begrenzte Gesamtleistungsbewertung vorgenommenen. Dass die Änderungen der Rentenberechnungsvorschriften durch das Inkrafttreten des RRG zum 1.1. 92 nicht gegen Verfassungsbestimmungen verstoßen, haben das BSG und die Instanz-Gerichte bereits mehrfach entschieden (ausführlich zum Beispiel im Urteil vom 18.04.1994 RA 36/94 Rdnr. 23 ff., so auch die vom Kläger zitierte Entscheidung des BayLSG vom 10.08.2005). Das BSG hat dabei ausführlich dargestellt, dass zwar eine vermögenswerte Rechtsposition in Form einer Rentenanwartschaft zum 31.12. 91 bestand und dem Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG unterlag, dass jedoch trotz der Schlechterstellung durch das RRG 92 und auch die weitere Änderung durch das WFG vom Gesetzgeber eine zulässige Modifikation der Anwartschaft getroffen wurde und Inhalt und Schranken des Eigentums nicht verletzt sind. (BSG a.a.O. Rdnr. 33 ff.). Als weiterer Gesichtspunkt ist genannt, dass die Anrechnungszeiten, da ohne eigene Beitragsleistung erworben, überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen und Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge sind. Sie sind deswegen zwar Bestandteil der Rente und unterliegen dem Bestandschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz, trotzdem hat der Gesetzgeber einen besonders weiten Gestaltungsspielraum ob er diesen Ausgleich weiter gewähren oder bei einer angespannten finanziellen Lage kürzen will (BSG a.a.O. Rdnr. 43 so auch BSG vom 17.12.1997 13 RJ 97/96 Rdnr. 26). Das BSG hat in der gleichen Entscheidung auch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint, ebenso wie die Verletzung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG). Zwar begründe das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte Sozialordnung Sorge zu tragen, die Erfüllung dieser Verpflichtung obliege jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Hierzu wird im Übrigen auf die ausführlichen zutreffenden Darlegungen des Sozialgerichts Bezug genommen. (§ 153 Abs.2 SGG )
Durch die nochmalige Änderung der Bewertungen durch das WFG (Wachstum und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.9. 96 BGBl I S. 1461) ist der Kläger insofern nicht betroffen, da aufgrund der Entscheidung zum Bestandsschutz der vorgemerkten Ausbildungszeiten die Kürzung auf höchstens drei Jahre nicht wirksam wird.
Der angefochtene Bescheid ist daher zum Teil rechtswidrig und insoweit aufzuheben, als er die mit Bescheid vom 13.07.1989 vorgemerkten Anrechnungszeiten nicht berücksichtigt. Im Übrigen erging er zurecht, soweit die Bewertung der Ausbildungsanrechnungszeiten betroffen ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§§ 183, 193 SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, da der Senat sich in vollem Umfang der höchstrichterlichen Rechtsprechung anschließt und auch sonst keine Revisionsgründe erkennbar sind (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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