L 8 AS 368/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 151/06 ER-B
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 368/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat auch die außergerichtlichten Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) streitig.

Die am 1962 geborene Antragstellerin zu 1 bewohnt seit 01.08.2003 zusammen mit ihrer am 1994 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 2, eine 61m2 große Zwei-Zimmer-Wohnung in E ... Nach dem Mietvertrag beträgt die Kaltmiete 520 EUR, wovon 70 EUR auf zwei Tiefgaragenstellplätze entfallen. Für die Betriebskosten sind Vorausleistungen in Höhe von monatlich 110 EUR zu entrichten. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende.

Für die Zeit vom 01.04.2005 bis 30.06.2005 wurden bei den Antragstellern bei der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II Kosten der Unterkunft und Heizung (abzüglich Wasserkosten) in Höhe von monatlich 617 EUR berücksichtigt. Im Bewilligungsbescheid vom 15.12.2004 wurde darauf hingewiesen, dass die Unterkunftskosten den angemessenen Umfang überstiegen. Sie könnten längstens für die Dauer von sechs Monaten in der nachgewiesenen tatsächlichen Höhe anerkannt werden. Danach könne nur noch einen Bedarf in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Ab 01.07.2005 berücksichtige der Antragsgegner für Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch 404 EUR monatlich - Mietkosten 520 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale 56 EUR abzüglich 220,80 EUR Angemessenheit zuzüglich 48,80 Heizungskosten, wobei überschießendes Einkommen der Antragstellerin zu 2 angerechnet wurde - (Bescheide vom 05.07.2005 und vom 22.11.2005). Gegen diese Bescheide legten die Antragsteller Widerspruch ein.

Am 23.11.2005 beantragten die Antragsteller beim Sozialgericht Mannheim (SG), den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung wie bisher zu bewilligen. Sie trugen zur Begründung in nichtöffentlicher Sitzung des SG am 08.12.2005 im Wesentlichen vor, sie, die Antragstellerin zu 1, habe sich seit Januar 2005 erfolglos um eine neue Wohnung gekümmert. Da ihr niemand gesagt habe, dass sie hierüber Nachweise zu führen habe, habe sie Nachweise nicht aufbewahrt. Eine Wohnungssuche über das Internet sei ihr mangels Internetanschlusses nicht möglich. Eine Maklergebühr könne sie nicht entrichten. Teilweise habe es sich um Wohnungen gehandelt, die sie sofort hätte beziehen müssen. Die Kündigungsfrist ihrer Wohnung betrage jedoch drei Monate. Ihr sei es nicht möglich, für drei Monate doppelte Miete zu bezahlen.

Der Antragsgegner trat dem Antrag entgegen. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund seien nicht glaubhaft gemacht.

Mit Beschluss vom 15.12.2005 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, ab 01.12.2005 vorläufig bis zum 31.03.2006 als Bedarf für Unterkunft und Heizung 617,- EUR zu berücksichtigen. Zur Begründung hat das SG u.a. ausgeführt, die von den Antragstellern bewohnte Wohnung sei zwar von der Größe her angemessen, nicht aber in Bezug auf den Mietpreis (Kaltmiete monatlich 520,- EUR). Jedoch ergebe sich der Anspruch der Antragstellerin auf einen Betrag von monatlich 617,- EUR vorläufig noch aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Bis Ende Dezember 2005 sei es der Antragstellerin zu 1. weder möglich noch zumutbar gewesen, die Mietaufwendungen, insbesondere durch einen Wohnungswechsel zu senken, weil sie keinen angemessenen Wohnraum gefunden habe, obwohl sie sich hierum bemüht habe. Da die Antragstellerin frühestens mit einer Frist von drei Monaten kündigen könne, müssten die tatsächlichen Kosten bis einschließlich 31.03.2005 berücksichtigt werden.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner mit einem am 13.01.2006 beim SG eingegangenen Schriftsatz vom 11.01.2006 Beschwerde eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, da keine entsprechenden Vollstreckungsmaßnahmen durch den Vermieter drohten, liege ein Anordnungsgrund nicht vor. Es fehle auch an einem Anordnungsanspruch. Die Antragsteller bewohnten eine unangemessene Wohnung. Ihnen sei möglich und zumutbar gewesen, ihre Mietaufwendungen, insbesondere durch einen Wohnungswechsel, rechtzeitig zu senken. Die Wohnungssuche habe sich auf das gesamte Kreisgebiet zu erstrecken. Ernsthafte und ausreichende, über einen längeren Zeitraum andauernde rechtzeitige Bemühungen der Antragsteller seien entgegen der Ansicht des SG nicht dargetan. Es sei Sache der Antragsteller, substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft ihnen nicht zugänglich sei. Dies hätten die Antragsteller nachzuweisen. Entgegen der Ansicht des SG sei es nicht Sache des Antragsgegners, den Antragstellern Wohnraum anzubieten. Im Rhein-Neckar-Kreis seien Wohnungen vorhanden, die den Angemessenheitskriterien entsprächen. Die für die Unterkunftskosten zugrunde gelegten Quadratmeterpreise seien entgegen der Ansicht des SG angemessen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Dezember 2005 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller abzulehnen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 17.01.2006 hat das SG der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Baden-Württemberg am 24.01.2006 mit Akten zur Entscheidung vorgelegt.

Der außerdem vom Antragsgegner gestellte Antrag, den Vollzug des angefochtenen Beschlusses des SG einstweiligen auszusetzen, ist durch Beschluss vom 26.01.2006 (L 8 AS 403/06 ER) abgelehnt worden.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie auf ein Band Akten des Antragsgegners verwiesen.

II.

Die gemäß den §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Antragsteller haben auch nach Auffassung des Senats für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.03.2006 Anspruch auf vorläufige Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 617,00 EUR. Der angefochtene Beschluss des SG ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).

Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236,1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).

Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236,1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845,847).

Ein Anordnungsanspruch ist auch nach der Ansicht des Senats bei den Antragstellern gegeben.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten diese Leistungen als Sozialgeld (§ 28 Abs. 1 SGB II). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden, wenn wie hier eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II nicht besteht, von den Kreisen und den kreisfreien Städten (kommunale Träger) erbracht (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).

Was unter angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher geregelt. Nach der Rechtsprechung des Senates (Beschluss vom 25.01.2006 - L 8 AS 4296/05 ER-B) sind zur Bestimmung der Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Wohnung nach § 22 SGB II bzw. § 29 SGB XII die vom Bundesverwaltungsgericht zum Bundessozialhilferecht entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Danach sind bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen für eine Unterkunft die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die sozialhilferechtlich maßgebliche Mietpreisspanne zu ermitteln ist (BVerwGE 97, 110, 112; 101, 194, 197 f). Erscheinen dem kommunalen Träger die Unterkunftskosten im Einzelfall als zu hoch, darf er die Angemessenheitsprüfung nicht darauf beschränken, ausgehend vom Bedarf des Hilfebedürftigen mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse zu bestimmen, welcher Kostenaufwand für die Unterkunft an sich (abstrakt) angemessen wäre. Da der Hilfebedürftige einen Anspruch auf Deckung seines Unterkunftsbedarfs hat, muss sich die Angemessenheitsprüfung in einem solchen Fall auch auf die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist also die vom Hilfebedürftigen bewohnte Unterkunft die in dem maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare, sind die Aufwendungen für diese Wohnung angemessen und deshalb gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Leistungsträger (zunächst) zu übernehmen (BVerwG Urteil vom 28.04.2005 NVwZ 2005, 1197 RdNr. 11). In welcher genauen Höhe Aufwendungen für eine Unterkunft nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Mietpreissituation auf dem für die Angemessenheitsprüfung maßgeblichen regionalen Wohnungsmarkt, angemessen sind, bemisst sich anhand einer einzelfallbezogenen Bewertung der für den jeweiligen örtlichen Wohnungsmarkt zur Verfügung stehenden Informationen (BVerwG Urteil vom 31.08.2004 NJW 2005, 310 RdNr. 16).

Der Senat stimmt dem SG darin zu, dass die von den Antragstellern bewohnte Wohnung von der Größe her angemessen ist, nicht aber in Bezug auf den Mietpreis (Kaltmiete monatlich 520 EUR). Dies steht dem Vorliegen eines Anordnungsanspruches aber nicht entgegen. Es kommt deshalb auf die vom Antragsgegner zur Angemessenheit des Mietpreises der von den Antragstellern bewohnten Wohnung jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren nicht relevant an. Denn im vorliegenden Verfahren lässt sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ohne Weiteres feststellen, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt den Antragstellern eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich war. Erst ab diesem Zeitpunkt dürfte von unangemessen hohen Unterkunftskosten auszugehen sein. Die Antragstellerin zu 1. hat in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG am 08.12.2005 ausgeführt, sie habe sich seit Januar 2005 ohne Erfolg um eine neue Wohnung bemüht. Diese Angaben sind nicht offensichtlich unglaubhaft bzw. etwa dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner den Antragstellern eine angemessene und zumutbare Wohnung angeboten bzw. vermittelt hätte, die die Antragsteller ausgeschlagen haben. In Bezug auf die Frage, ob eine zumutbare Unterkunftsalternative vorhanden ist, muss auch berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin zu 1. ein minderjähriges, schulpflichtiges Kind (die Antragstellerin zu 2.) zu betreuen hat. Da die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht (Art 6 Abs. 1 GG) und jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat (Art 6 Abs. 4 GG), kommt den Belangen der Antragsteller ein deutliches Übergewicht zu gegenüber dem Interesse des Antragsgegners, das Risiko einer Überzahlung möglichst zu vermeiden, zumal die Antragstellerin zu 1. nach dem Vortrag des Antragsgegners im Übrigen die Absicht geäußert hat, zum 01.04.2006 aus der bisherigen Wohnung auszuziehen.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners besteht auch ein Anordnungsgrund, wie das SG im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat. Ohne die vorläufige Leistung der Unterkunftskosten stünden den Antragstellern die zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes notwendigen Mittel nicht zur Verfügung. Die Antragsteller müssen sich vom Antragsgegner auch nicht darauf verweisen lassen, den Mietzins nicht in voller Höhe zu begleichen, mithin gegen ihre mietvertraglichen Pflichten - vorsätzlich - zu verstoßen. Etwas anderes mag dann gelten, wenn Hilfebedürftige Wohnraum naher Angehöriger oder naher Bekannter bewohnen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie - etwa zur Unterstützung des Hilfebedürftigen - wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses nicht mit einer Räumungsklage reagieren werden. Eine solche Situation ist bei den Antragstellern aber nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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