L 3 AL 566/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 566/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Wiederaufnahmeklage des Klägers wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt derzeit beim erkennenden Senat in insgesamt sechs Verfahren - L 3 AL 566/00, L 3 AL 278/01, L 3 AL 3178/03, L 3 AL 3205/03, L 3 AL 3206/03 sowie L 3 AL 4390/05 - sozialgerichtlichen Rechtsschutz gegen die Beklagte. Im vorliegenden Rechtsstreit erstrebt er die Wiederaufnahme des durch Urteil des Senats vom 05.11.1997 abgeschlossenen Verfahrens L 3 Ar 1479/94.

Der im Jahre 1961 geborene Kläger war nach Abschluss einer Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (FH) vom 01.11.1988 bis zum 31.12.1989 als Vertragsassistent bei der Firma L. GmbH in Freiburg mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von rund DM 4.200,00 beschäftigt. Anschließend übte er bis zum 31.03.1991 eine Tätigkeit als Projektkaufmann bei der Firma A. GmbH in Konstanz aus und erzielte dabei ein monatliches Bruttoeinkommen von DM 5.933,00.

Ab dem 01.04.1991 bezog der Kläger zunächst Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von wöchentlich DM 1.370,00. Seinen nach Erschöpfung dieses Anspruchs gestellten Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe lehnte die Beklagte wegen zu berücksichtigenden Vermögens für die Zeit vom 11.04.1992 bis zum 18.12.1992 ab. Im Anschluss daran bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von - DM 1.430,00 ab dem 19.12.1992 (Bewilligungsbescheid vom 08.04.1993), - DM 1.520,00 ab dem 01.04.1993 (Bewilligungsbescheid vom 05.05.1993, Anrechnungs-Änderungsbescheid vom 16.08.1993 und Anpassungsbescheid vom 03.01.1994), - DM 1.160,00 ab dem 01.04.1994 (der Höhe nach vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 25.03.1994 in der Gestalt des die Leistungshöhe endgültig festsetzenden Bemessungs-Änderungsbescheides vom 05.04.1994, Bewilligungsbescheid vom 21.09.1994, Anpassungsbescheid vom 16.01.1995 und Bewilligungsbescheid vom 23.03.1995), - DM 1.190,00 ab dem 01.04.1995 (Bewilligungsbescheid vom 19.05.1995 und Anpassungsbescheid vom 15.01.1996), - DM 1.220,00 ab dem 01.04.1996 (Bewilligungsbescheid vom 09.05.1996), - DM 1.180,00 ab dem 01.07.1996 (Dynamisierungsbescheid vom 15.07.1996, Anpassungsbescheid vom 13.01.1997 und Bewilligungsbescheid vom 16.04.1997), - DM 1.160,00 ab dem 01.07.1997 (Dynamisierungsbescheid vom 14.07.1997, Anpassungsbescheid vom 02.01.1998 und Bewilligungsbescheid vom 23.03.1998), - DM 1.140,00 ab dem 31.07.1998 (Dynamisierungsbescheid vom 28.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1998 sowie Anpassungsbescheid vom 04.01.1999 und Bewilligungsbescheid vom 12.03.1999), - DM 1.120,00 ab dem 05.09.1999 (Bewilligungsbescheid vom 06.07.1999, Anpassungsbescheid vom 03.01.2000 und Bewilligungsbescheid vom 07.03.2000) sowie schließlich - DM 1.100,00 ab dem 01.07.2000 (Dynamisierungsbescheid vom 26.07.2000) bis zur Einstellung der Leistungen zum 31.07.2000.

Gegen den das gerundete wöchentliche Bruttoarbeitsentgelt für die Zeit ab dem 01.04.1994 auf DM 1.160,00 herabsetzenden Bemessungs-Änderungsbescheid vom 05.04.1994 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er im wesentlichen vor, die Herabbemessung sei angesichts tariflicher Lohnerhöhungen und von seiner Seite erfolgter Weiterqualifizierungen nicht gerechtfertigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.1994 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die hiergegen beim Sozialgericht Konstanz erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil vom 10.08.1995 - S 5 Ar 1479/94 -).

Durch (rechtskräfiges) Urteil des erkennenden Senats vom 05.11.1997 - L 3 Ar 3287/95 – wurde die Berufung des Klägers zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommene Einstufung des Klägers sei angesichts der Dauer seiner Arbeitslosigkeit, seiner nur geringen Berufserfahrung und seiner schon durch die Vielzahl der fehlgeschlagenen Bewerbungen belegten schlechten Arbeitsmarktchancen nicht zu beanstanden. Auch sei bei der im April 1994 vorzunehmenden fiktiven Bemessung des Arbeitsentgelts die weitere Qualifikation des Klägers als Diplom-Verwaltungswissenschaftler nicht zu berücksichtigen gewesen, da er die entsprechende Prüfung erst im Dezember 1995 abgelegt habe.

Am 02.02.2000 hat der Kläger gegen das Urteil des Senats vom 05.11.1997 Wiederaufnahmeklage erhoben. Zur Begründung hat er unter Vorlage verschiedener Unterlagen im wesentlichen geltend gemacht, die nunmehr aufgefundenen Schriftstücke belegten nicht nur fehlerhafte Vermittlungsbemühungen der Beklagten, sondern auch seine bereits frühzeitig bestehende überregionale Mobilität sowie die Erheblichkeit lediglich begonnener Ausbildungen für die Vermittlungschancen. Es sei nicht auszuschließen, dass die angegriffene Entscheidung des Senats bei Kenntnis all dieser Umstände günstiger ausgefallen wäre.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 05.11.1997 - L 3 Ar 3287/95 - und das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 10.08.1995 - S 5 Ar 1479/94 -aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 05. 04.1994 und 21.09.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.1994 sowie der Bescheide vom 16.01.1995, 23.03.1995, 19.05.1995, 15.01.1996, 09.05.1996, 15.07.1996, 13.01.1997, 16.04.1997 und 14.07.1997 zu verurteilen, ihm ab dem 01.04.1994 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von mindestens DM 1.600,00 wöchentlich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der vom Kläger geltend gemachte Restitutionsgrund des Auffindens einer Urkunde liege nicht vor. Im übrigen sei die angegriffene Entscheidung in der Sache nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des vorliegenden sowie der eingangs angeführten weiteren beim Senat anhängigen Verfahren, die beigezogenen Akten des vorangegangenen sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem Senat - L 3 Ar 3287/95 - und dem Sozialgericht Konstanz - S 5 Ar 1479/94 - sowie die gleichfalls beigezogenen Leistungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Landessozialgericht ist gem. § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 584 Abs. 1 2. Alt. Zivilprozessordnung (ZPO) zur Entscheidung über die Wiederaufnahmeklage des Klägers ausschließlich zuständig, da es das angegriffene Urteil erlassen hat. Es entscheidet dabei im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) durch den Berichterstatter allein (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).

Die Wiederaufnahmeklage hat keinen Erfolg. Denn ein insoweit allein in Betracht kommender und vom Kläger auch geltend gemachter Restitutionsgrund nach § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. den §§ 578 Abs. 1, 580 Nr. 7 b ZPO liegt - unabhängig von der Frage, ob es sich bei den vom Kläger vorgelegten Unterlagen um im vorliegenden Verfahren beachtliche Urkunden handelt - nicht vor.

Dies gilt zunächst mit Blick auf den vom Kläger zum Beweis fehlerhafter Vermittlungsbemühungen der Beklagten bei Klageerhebung vorgelegten BewA-Ausdruck über die ihm in den Jahren 19991 bis 1994 unterbreiteten Vermittlungsvorschläge und die im weiteren Verlauf des Verfahrens eingereichten Unterlagen betreffend seine Einstufung in die Berufsklasse 8813 (anstelle der Berufsklasse 8812).

Zum einen ist ein Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7 b ZPO im Hinblick darauf zu verneinen, dass der Inhalt der vorgelegten Unterlagen bereits im Vorprozess bekannt und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig war (vgl. hierzu Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rdnr. 25 zu § 580). So ergab sich die Berufsklassenzahl 8813 nicht nur aus den Leistungsakten der Beklagten, die dem Senat im Verfahren L 3 Ar 3287/95 vorlagen. Vielmehr war sie auch in verschiedenen, dem Senat von der Beklagten übersandten Unterlagen aufgeführt. So ergibt sie sich nicht nur aus dem bei den Akten L 3 Ar 3287/95 befindlichen und dem Kläger ausweislich seines seinerzeit gestellten Berufungsantrages bekannten Bewilligungsbescheid vom 15.07.1996, sondern auch aus dem bereits im damaligen Verfahren mit Schriftsatz der Beklagten vom 24.09.1996 vorgelegten und den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandten BewA-Ausdruck über die Vermittlungsbemühungen während des hier maßgeblichen Zeitraums. Nachdem dieser mit dem vom Kläger im Rahmen seiner Wiederaufnahmeklage vorgelegten Ausdruck inhaltlich übereinstimmt, ergibt sich auch insoweit kein Restitutionsgrund.

Zum anderen fehlt es an der erforderlichen Eignung dieser Schriftstücke für eine dem Kläger günstigere Entscheidung des Senats im Verfahren L 3 Ar 3287/95 (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, Rdnr. 5 d zu § 179). Hierfür ist es nämlich nötig, dass eine die Vorentscheidung tragende Tatsachenfeststellung bei Verwendung der Urkunde günstiger ausgefallen wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.06.1994 - 10 S 1538/93 - DVBl 1994, 1258 f. = VBlBW 1995, 10 ff. = NVwZ 1995, 1006 ff.; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, Rdnr. 18 zu § 580). Die Frage, ob die Vermittlungsbemühungen der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht ausreichend waren, war aber für die im genannten Urteil vom 05.11.1997 getroffene Entscheidung unerheblich. Vielmehr hat der Senat für die fiktive Bemessung auf die Dauer der Arbeitslosigkeit des Klägers, seine nur geringe Berufserfahrung und die schon durch die Vielzahl seiner fehlgeschlagenen Bewerbungen belegten schlechten Arbeitsmarktchancen abgehoben. Wie auch immer geartete Vermittlungsbemühungen der Beklagten hat das Gericht dabei auch nicht ansatzweise unterstellt. Soweit der Kläger mit den in den vorgelegten Unterlagen enthaltenen Tatsachen nicht für das Urteil vom 05.11.1997 entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen angreift, sondern lediglich eine abweichende Rechtsauffassung für möglich hält, lässt sich hieraus die Kausalität der Unterlagen für eine günstigere Entscheidung nicht ableiten (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.06.1994, a. a. O.).

Gleiches gilt mit Blick auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen über seine bundesweiten Bemühungen um Arbeit. Denn auch diese waren allen Beteiligten sowie dem Senat im Verfahren L 3 Ar 3287/95 bekannt und für die gerichtliche Entscheidung unerheblich.

Was schließlich die vom Kläger eingereichten Unterlagen betreffend die nach seiner Auffassung schon durch die nur begonnene Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswissenschaftler verbesserten Vermittlungschancen betrifft, greift er damit (ebenfalls) nicht für das Urteil vom 05.11.1997 entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen, sondern allein die Rechtsauffassung des Gerichts zur Erheblichkeit der Ausbildungsaufnahme für die Herabbemessung an und fehlt es mithin auch insoweit an der erforderlichen Eignung (Kausalität) für eine ihm günstigere Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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