Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1846/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 713/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Januar 2005 aufgehoben, soweit der Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 09. Mai 2001 und des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2001 verurteilt worden ist, zu Gunsten der Klägerin das Vorliegen einer Behinderung mit einem GdB von mehr als 40 sowie einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") festzustellen. Die Klage der Klägerin wird insoweit abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderte sowie einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr.
Mit Bescheid vom 15.09.1999 stellte der Beklagte zu Gunsten der im Jahre 1945 geborenen Klägerin das Vorliegen eines Wirbelsäulensyndroms und einer Bandscheibenoperation als Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz mit einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 20 seit dem 10.05.1999 fest.
Am 26.01.2001 beantragte die Klägerin die Feststellung eines höheren GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G". Dabei gab sie unter Vorlage entsprechender ärztlicher Unterlagen an, sie leide zwischenzeitlich an einem Wurzelreizsyndrom, Adipositas, Hyperlipoproteinämie, Struma diffusa, Asthma bronchiale und einem Harnwegsinfekt.
Nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Orthopäden Dr. L. und Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 09.05.2001 einen GdB von 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33 b Einkommensteuergesetz seit dem 26.01.2001 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eines Bandscheibenschadens fest. Die darüber hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen Adipositas, Hyperlipoproteinämie, Struma, Harnwegsinfekt und Asthma bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Die Schwerbehinderteneigenschaft liege mithin nicht vor.
Den von der Klägerin mit der Begründung, der Zustand ihrer Lendenwirbelsäule erfordere eine Operation, erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2001 zurück. Der GdB sei mit 30 zutreffend bemessen. Angesichts der danach fehlenden Schwerbehinderteneigenschaft komme auch die Feststellung des Merkzeichens "G" nicht in Betracht.
Am 20.09.2001 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Zur Begründung ihres weiterverfolgten Begehrens hat sie unter Vorlage von Arztberichten im wesentlichen auf seit Jahren bestehende Wirbelsäulebeschwerden sowie die durch ihre zweite und dritte Bandscheibenoperation am 11.09.2001 und am 20.09.2001 herbeigeführte teilweise Versteifung ihrer Wirbelsäule verwiesen und eine durch Koordinationsschwierigkeiten bedingte Fallneigung nebst verminderter Gehfähigkeit geltend gemacht.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Internisten Dr. T. vom 24.01.2002 samt Ergänzung durch dessen Praxiskollegen Dr. R. vom 29.07.2004 und des Orthopäden Dr. L. vom 04.02.2002 eingeholt.
Dr. T. hat ausgeführt, von internistischer Seite liege keine Minderung der Erwerbsfähigkeit vor. Maßgeblich seien die Wirbelsäulebeschwerden der Klägerin. Insoweit sei nicht absehbar, ob durch die im September 2001 erfolgte Operationen eine Besserung herbeigeführt werde. Die Klägerin berichtet noch immer über erhebliche Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule mit Ausstrahlung in das rechte, aber auch in das linke Bein. Längeres Gehen ohne Stock sei ihr nicht möglich. Die krankengymnastischen Übungsbehandlung sei noch nicht abgeschlossen. Dr. R. hat ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine erhebliche Einschränkung des Gehvermögens. Da sie die Stellung ihres Beines im Raum nicht kontrollieren könne, komme es immer wieder zu Stürzen. Zwei Kilometer in ebenem Gelände könne sie nicht in 30 bis 40 Minuten zurücklegen.
Dr. L. hat mitgeteilt, er habe die Klägerin zuletzt am 09.05.2001 behandelt und dabei ein Postnukleotomiesyndrom mit sensibler Wurzelreizung L 5 rechts mit Gefügestörung L 4/5 diagnostiziert. Nach der Versteifungsoperation habe er die Klägerin nicht mehr gesehen. Für die Zeit von der Erstkonsultation am 21.11.2000 bis zu einem halben Jahr nach der Versteifungsoperation bewerte er den GdB mit 50.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus den Entlassungsbericht der Klinik vom 03.04.2002 über eine in der Zeit vom 08.02.2002 bis zum 08.02.2002 durchgeführte stationäre Heilmaßnahme beigezogen. Danach ist die Klägerin mit den Diagnosen chronisches Lumbalsyndrom, Zustand nach dorsoventraler Spondylodese L 4 bis S 1 am 11.09.2001 bzw. 20.09.2001 wegen Postlaminektomiesyndrom L 4/5, Zustand nach Bandscheibenoperation L 5/S 1 rechts im Februar 1999, Hypercholesterinämie und Struma diffusa als arbeitsunfähig entlassen worden. Eine endgültige Beurteilung des Leistungsbildes sei noch nicht möglich. Wegen der anhaltenden Schmerzsymptomatik werde eine neurologische Untersuchung empfohlen.
Nach Vorlage eines im parallelen Rentenverfahren der Klägerin eingeholten orthopädischen Gutachtens des Chefarztes der Rehabilitationsklinik Saulgau, Dr. med. Dipl. Ing S., vom 23.02.2003 und des daraufhin ergangenen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2001 gewährenden Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 04.04.2003 hat das Sozialgericht ein Gutachten des Orthopäden Dr. H. eingeholt.
Der Sachverständige hat unter dem 19.03.2004 ausgeführt, bei der Klägerin bestünden ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in beide Beine und Gefühlsstörungen in beiden Oberschenkeln bei Zustand nach knöcherner Dekompression der Nervenwurzel L 5 rechts und Bandscheibenoperation L 5/S 1 sowie Versteifungsoperation L 4 bis S 1, rezidivierende, einschießende, ätiologisch nicht ganz klare Schwächen in beiden Beinen mit Sturzneigung sowie eine diskrete, mäßig schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk nach Fraktur mit Defektheilung (1995). Der Wirbelsäulenschaden mit besonders schweren, seit der Versteifungsoperation im September 2001 verschlimmerten Auswirkungen (Postdiskotomiesyndrom L 5/S 1 mit ausgeprägten Vernarbungen der Nervenwurzel L 5 rechts und Versteifung der Wirbelsegmente L 4/L 5 und L 5/S 1) sei für die Zeit ab Januar 2001 mit einem Teil-GdB von 50 zu bewerten. Die Versteifung der beiden unteren Lumbalsegmente sei - funktionell betrachtet - durchaus vergleichbar mit einer Versteifung beispielsweise großer Teile der Brustwirbelsäule im Rahmen einer Skolioseoperation. Für die Bewegungseinschränkung des Handgelenks sei ein Teil-GdB von 10 angemessen. Den Gesamt-GdB seit Januar 2001 schätzte er auf 50. Aufgrund der Einschränkung des Gehvermögens durch ausstrahlende Schmerzen in beide Beine sowie anfallsartigem Schwächengefühl mit dokumentierter Sturzneigung gehe er nicht davon aus, dass die Klägerin zwei Kilometer in 30 bis 40 Minuten üblicherweise zurücklegen könne, auch wenn das einschließende Schwächengefühl nicht durch schwerwiegende neurologische Schäden objektiviert werden könne.
Auf vom Beklagten unter Hinweis auf eine Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes gegen diese Einschätzung erhobenen Einwendungen hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.08.2004 an seiner Einschätzung fest gehalten und im Wesentlichen ausgeführt, bei der unteren Lendenwirbelsäule handle es sich um das Fundament der gesamten Wirbelsäule, so dass sich eine durch die Versteifung der unteren Wirbelsäule herbeigeführte Störung, anderes als bei einer Versteifung der Brustwirbelsäule, zwangsläufig in allen übrigen Wirbelsäuleabschnitten fortsetze. Daher sei die - formal sehr kurze - Versteifungsstrecke im Falle der Klägerin durchaus gleichzusetzen mit der Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule in höheren Segmenten. Im übrigen sei die Sturzneigung bei einer Festlegung des GdB mit zu berücksichtigen, ohne dass es auf die Frage ihres Ursprungs ankomme.
Mit Urteil vom 25.01.2005 hat das Sozialgericht den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 09.05.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2001 verurteilt, bei der Klägerin ab dem 26.01.2001 das Vorliegen einer Behinderung mit einem GdB von 50 sowie eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit Straßenverkehr (Merkzeichen "G") festzustellen. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. im wesentlichen ausgeführt, es sei nachvollziehbar, die bei der Klägerin vorliegende Versteifung zweier Segmente der Lendenwirbelsäule mit der Versteifung größerer Teile in höheren Segmenten gleichzusetzen. Selbst wenn dies für sich genommen noch nicht der "Versteifung großer Teile der Wirbelsäule" im Sinne eines Wirbelsäulenschadens mit besonders schweren Auswirkungen (Teil-GdB 50 bis 70 nach Nr. 26.18, Seite 116 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit in sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 [AHP]) entspreche, sei bei der Klägerin jedenfalls ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die vorliegende Sturzneigung. Angesichts der danach bestehenden Schwerbehinderteneigenschaft und der durch die Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen bzw. der Lendenwirbelsäule bedingten Einschränkung der Gehfähigkeit seien schließlich auch die Voraussetzungen für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erfüllt.
Am 22.02.2005 hat der Beklagte Berufung eingelegt und unter Hinweis auf eine Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes vom 08.02.2005 vorgetragen, die Versteifung der beiden unteren Lumbalsegmente L 4/L 5 und L 5/S 1 verursache keine besonders schweren Auswirkungen wie bei der Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule im Sinne der AHP. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständige Dr. H. sei allenfalls mäßiggradig eingeschränkt und verglichen mit den aus dem Rentegutachten vom 23.02.2003 ersichtlichen Untersuchungsergebnissen sogar gebessert gewesen. Allein mit den anamnestisch "ab und zu" angegebenen Stürzen lasse sich das Merkzeichen "G" nicht begründen.
Der Senat hat das Gutachten des Chefarztes der Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie der B. Klinik in R., Priv.-Doz. Dr. B., vom 26.07.2005 eingeholt. Darin ist ausgeführt, die Klägerin leide an einem chronischen nozizeptiven Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Lumboischialgien bei Zustand nach Bandscheibenoperation im Jahre 1999 und Reoperation mit Spondylodese (Versteifung) der Wirbelsegmente L 4/5 und S 1 sowie an einem kontinuierlichen Analgetikagebrauch zeitweise hoch potenter Opioide. Die neurologische Untersuchung sei bis auf die Angabe einer Hypästhesie/Hypalgesie im Bereich der Oberschenkelaußenseite und Unterschenkelvorderseite, rechts etwas ausgeprägter als links, unauffällig gewesen. Die Muskeleigenreflexe seien ebenso wie die Motorik regelrecht. Umschriebene Paresen lägen nicht vor. Zwar bestehe eine Diskrepanz zwischen den angegebenen Beschwerden und dem klinisch-neurologisch zu erhebenden Befund. Indes machten die sozio-biografische Entwicklung und die mehrfach durchgeführten Operationen der Lendenwirbelsäule die von der Klägerin geschilderten Schmerzen glaubhaft. Auszugehen sei von einem mittelschweren chronifizierten Schmerzsyndrom nach mehrfacher Operation im Bereich der Lendenwirbelsäule ("failed back surgery", Postnukleotomie bzw. Postlaminektomie-Syndrom). Die außergewöhnlich starken Schmerzen, die zeitweise eine hoch potente Opioidmedikation erforderlich machten, sowie die Versteifung der unteren Lendenwirbelkörpersegmente mit dem Kreuzbein rechtfertigten nach seiner Einschätzung seit dem Jahre 2001 einen GdB von 40, der nach den AHP einer mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkung in zwei Wirbelsäuleabschnitten entspreche. Die Voraussetzungen für einen GdB von 50 sehe er nicht als erfüllt an. Darüber hinaus sei die Gehfähigkeit der Klägerin hinsichtlich längerer Wegstrecken eingeschränkt. Zwar bestehe auf kurzen Strecken ein weitgehend normales Gangbild. Angesichts der belastungsabhängig massiv zunehmenden Beschwerden könnten nach seiner Einschätzung allerdings ortsübliche Strecken von zwei Kilometern nicht in einer halben Stunde zurückgelegt werden.
Nachdem sein Ärztlicher Dienst mitgeteilt hatte, der durch den Sachverständigen erfolgten Beurteilung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin mit einem GdB von 40 könne zugestimmt werden, hat der Beklagte ein entsprechendes Vergleichsangebot unterbreitet. Zugleich hat er mitgeteilt, das Merkzeichen "G" könne auch bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der Nr. 30 der AHP erst ab einem Gesamt-GdB von 50 in einem Ausweis bestätigt werden. Dieses Vergleichsangebot hat die Klägerin abgelehnt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor, sie habe Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "G". Dessen Voraussetzungen seien sowohl von Dr. H. als auch von Priv.-Doz. Dr. B. bejaht worden. Soweit die Zuerkennung dieses Merkzeichens einen GdB von 50 voraussetze, zeige dies, dass eine Bemessung des Gesamt-GdB mit 40 nicht ausreichend sei. Unter Berücksichtigung der von Dr. H., nicht aber von Priv.-Doz. Dr. B. in seine Einschätzung einbezogenen Sturzneigung sowie der durch das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" belegten schwerwiegenden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit sei ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten (ein Band) sowie die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Konstanz (zwei Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 seit dem 26.01.2001 nebst entsprechender Abänderung der angegriffenen Bescheide des Beklagten, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen ist. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beklagten zur Feststellung eines darüber hinausgehenden GdB von 50 sowie des Vorliegens einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") verurteilt und den Bescheid vom 09.05.2001 sowie den Widerspruchsbescheid vom 30.08.2001 (auch) insoweit aufgehoben. Hinsichtlich dieses Entscheidungsausspruchs ist das Urteil des Sozialgerichts daher aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.
Was zunächst den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB betrifft, hat das Sozialgericht die erforderlichen Voraussetzungen sowie die bei der Bemessung des GdB zu beachtenden Maßstäbe im Urteil vom 25.01.2005 zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
In Anwendung dieser Grundsätze ist der Gesamt-GdB vorliegend mit 40 zu bemessen. Der Senat folgt dabei der überzeugenden Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. B. im Gutachten vom 26.07.2005.
Ausgehend von der bei der Klägerin vorliegenden Versteifung der Wirbelsegmente L 4/L 5 und L 5/S 1 sowie angesichts des bestehenden chronischen Schmerzsyndroms im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Lumboischialgien ist der Bemessung des GdB ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) bis schweren (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägt Wirbelsäulensyndrome) funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten i. S. der Nr. 26.18, Seite 116 der AHP und mithin ein Einzel-GdB von 30 bis 40 zu Grunde zu legen.
Mangels objektivierbarer schwerwiegender und anhaltender neurologischer Schäden (vgl. hierzu bereits das Gutachten von Dr. H. vom 19.03.2004) und angesichts des vom Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. B. im Gutachten vom 26.07.2005 nachvollziehbar als mittelschwer eingeschätzten chronifizierten Schmerzsyndroms scheidet eine Einstufung der in Rede stehenden Funktionsbeeinträchtigung als Wirbelsäulenschaden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäuleabschnitte umfasst [z. B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70 Grad nach Cobb]) und einem GdB von 50 bis 70 i. S. der Nr. 26.18, Seite 116 der AHP aus. Der Auffassung von Dr. H., eine durch die Versteifung der unteren Wirbelsäule herbeigeführte Störung sei mit der Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule in höheren Segmenten gleichzusetzen, vermag der Senat - ebenso wie der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. B. - schon deshalb nicht zu folgen, weil die Störung ausweislich der sowohl von Dr. H. als auch von Priv.-Doz. Dr. B. berichteten Untersuchungsbefunde die Gehfähigkeit der Klägerin jedenfalls auf kurzen Strecken nicht erheblich einschränkt.
Im danach maßgeblichen GdB-Rahmen von 30 bis 40 sind die von der Wirbelsäule ausgehenden Funktionsstörungen der Klägerin einschließlich der bezogen auf die Zeit zwischen dem Jahresbeginn 2002 und dem Sommer 2004 - glaubhaft - berichteten Sturzneigung der Klägerin (vgl. hierzu den Entlassungsbericht der Klinik vom 03.04.2002, die Gutachten von Dr. med. Dipl. Ing S. vom 23.02.2003 und von Dr. H. vom 19.03.2004, die ärztliche Bescheinigung von Dr. T. vom 27.11.2003 sowie die im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens gefertigten Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.01.2003, 17.07.2003, 05.12.2003 und vom 05.07.2004), deren Ursache allerdings nicht geklärt und die ausweislich des Schriftsatzes ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.09.2005 zwischenzeitlich abgeklungen ist, mit einem GdB von 40 angemessen bewertet.
Zwar ist das mittelschwere chronifizierte Schmerzsyndrom für sich genommen noch nicht als schwere funktionelle Auswirkung des Wirbelsäulenschadens anzusehen. Indes lässt die sowohl von Dr. H. als auch von Priv.-Doz. Dr. B. mitgeteilte erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin auf Kurzstrecken überschreitenden Wegen die Einstufung als schwerwiegend und damit die Annahme eines GdB von 40 zu. Eine weitere Höherbemessung ist insbesondere nicht dadurch veranlasst, dass Dr. H. und Priv.-Doz. Dr. B. nachvollziehbar eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und damit die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" bejaht haben. Denn diese Voraussetzungen können nach Nr. 30 Abs. 2, Seite 138 der AHP auch bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein. Schließlich umfasst die Bewertung angesichts der bereits in die Beurteilung einbezogenen Einschränkung der Gehfähigkeit auch die angeführte und zwischenzeitlich abgeklungene Sturzneigung, der auch im Falle einer eigenständigen Bemessung mit einem - in entsprechender Anwendung der Nr. 26.9., Seite 76 und der Nr. 26.5., Seite 60 der AHP - anzusetzenden GdB von 20 keine den GdB von 40 insgesamt erhöhende Wirkung zukäme. Für eine vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 14.09.2005 angeregte Einholung eines Obergutachtens besteht angesichts der lediglich aufgeworfenen - ohne weiteres vom Gericht zu beantwortenden - Bewertungsfragen kein Anlass.
Nachdem weitere hier erhebliche Funktionsstörungen nicht vorliegen, ist der Klägerin zwar im Ergebnis im Ergebnis ein Gesamt-GdB von 40 zuzuerkennen, besteht aber kein Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, also eines GdB von wenigstens 50 (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX).
Mangels Vorliegens der Schwerbehinderteneigenschaft kommt die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht in Betracht (vgl. Kossens/ von der Heide/Maaß, SGB IX, 2. Aufl. 2006, Rdnr. 33 zu § 69, Rdnr. 9 zu § 145 m. w. N.). Denn nach § 69 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) treffen die Versorgungsämter nur die erforderlichen Feststellungen über neben der Behinderung an sich vorliegende gesundheitliche Merkmale, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind. Nachdem die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr gem. § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX neben der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr die Schwerbehinderteneigenschaft voraussetzt, ist die Feststellung des in Rede stehenden gesundheitlichen Merkmals aber dann nicht erforderlich, wenn es - wie hier mit einem GdB von 40 - an der Schwerbehinderteneigenschaft fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt den jeweiligen Verfahrenserfolg der Beteiligten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderte sowie einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr.
Mit Bescheid vom 15.09.1999 stellte der Beklagte zu Gunsten der im Jahre 1945 geborenen Klägerin das Vorliegen eines Wirbelsäulensyndroms und einer Bandscheibenoperation als Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz mit einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 20 seit dem 10.05.1999 fest.
Am 26.01.2001 beantragte die Klägerin die Feststellung eines höheren GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G". Dabei gab sie unter Vorlage entsprechender ärztlicher Unterlagen an, sie leide zwischenzeitlich an einem Wurzelreizsyndrom, Adipositas, Hyperlipoproteinämie, Struma diffusa, Asthma bronchiale und einem Harnwegsinfekt.
Nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Orthopäden Dr. L. und Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 09.05.2001 einen GdB von 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33 b Einkommensteuergesetz seit dem 26.01.2001 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eines Bandscheibenschadens fest. Die darüber hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen Adipositas, Hyperlipoproteinämie, Struma, Harnwegsinfekt und Asthma bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Die Schwerbehinderteneigenschaft liege mithin nicht vor.
Den von der Klägerin mit der Begründung, der Zustand ihrer Lendenwirbelsäule erfordere eine Operation, erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2001 zurück. Der GdB sei mit 30 zutreffend bemessen. Angesichts der danach fehlenden Schwerbehinderteneigenschaft komme auch die Feststellung des Merkzeichens "G" nicht in Betracht.
Am 20.09.2001 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Zur Begründung ihres weiterverfolgten Begehrens hat sie unter Vorlage von Arztberichten im wesentlichen auf seit Jahren bestehende Wirbelsäulebeschwerden sowie die durch ihre zweite und dritte Bandscheibenoperation am 11.09.2001 und am 20.09.2001 herbeigeführte teilweise Versteifung ihrer Wirbelsäule verwiesen und eine durch Koordinationsschwierigkeiten bedingte Fallneigung nebst verminderter Gehfähigkeit geltend gemacht.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Internisten Dr. T. vom 24.01.2002 samt Ergänzung durch dessen Praxiskollegen Dr. R. vom 29.07.2004 und des Orthopäden Dr. L. vom 04.02.2002 eingeholt.
Dr. T. hat ausgeführt, von internistischer Seite liege keine Minderung der Erwerbsfähigkeit vor. Maßgeblich seien die Wirbelsäulebeschwerden der Klägerin. Insoweit sei nicht absehbar, ob durch die im September 2001 erfolgte Operationen eine Besserung herbeigeführt werde. Die Klägerin berichtet noch immer über erhebliche Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule mit Ausstrahlung in das rechte, aber auch in das linke Bein. Längeres Gehen ohne Stock sei ihr nicht möglich. Die krankengymnastischen Übungsbehandlung sei noch nicht abgeschlossen. Dr. R. hat ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine erhebliche Einschränkung des Gehvermögens. Da sie die Stellung ihres Beines im Raum nicht kontrollieren könne, komme es immer wieder zu Stürzen. Zwei Kilometer in ebenem Gelände könne sie nicht in 30 bis 40 Minuten zurücklegen.
Dr. L. hat mitgeteilt, er habe die Klägerin zuletzt am 09.05.2001 behandelt und dabei ein Postnukleotomiesyndrom mit sensibler Wurzelreizung L 5 rechts mit Gefügestörung L 4/5 diagnostiziert. Nach der Versteifungsoperation habe er die Klägerin nicht mehr gesehen. Für die Zeit von der Erstkonsultation am 21.11.2000 bis zu einem halben Jahr nach der Versteifungsoperation bewerte er den GdB mit 50.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus den Entlassungsbericht der Klinik vom 03.04.2002 über eine in der Zeit vom 08.02.2002 bis zum 08.02.2002 durchgeführte stationäre Heilmaßnahme beigezogen. Danach ist die Klägerin mit den Diagnosen chronisches Lumbalsyndrom, Zustand nach dorsoventraler Spondylodese L 4 bis S 1 am 11.09.2001 bzw. 20.09.2001 wegen Postlaminektomiesyndrom L 4/5, Zustand nach Bandscheibenoperation L 5/S 1 rechts im Februar 1999, Hypercholesterinämie und Struma diffusa als arbeitsunfähig entlassen worden. Eine endgültige Beurteilung des Leistungsbildes sei noch nicht möglich. Wegen der anhaltenden Schmerzsymptomatik werde eine neurologische Untersuchung empfohlen.
Nach Vorlage eines im parallelen Rentenverfahren der Klägerin eingeholten orthopädischen Gutachtens des Chefarztes der Rehabilitationsklinik Saulgau, Dr. med. Dipl. Ing S., vom 23.02.2003 und des daraufhin ergangenen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2001 gewährenden Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 04.04.2003 hat das Sozialgericht ein Gutachten des Orthopäden Dr. H. eingeholt.
Der Sachverständige hat unter dem 19.03.2004 ausgeführt, bei der Klägerin bestünden ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in beide Beine und Gefühlsstörungen in beiden Oberschenkeln bei Zustand nach knöcherner Dekompression der Nervenwurzel L 5 rechts und Bandscheibenoperation L 5/S 1 sowie Versteifungsoperation L 4 bis S 1, rezidivierende, einschießende, ätiologisch nicht ganz klare Schwächen in beiden Beinen mit Sturzneigung sowie eine diskrete, mäßig schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk nach Fraktur mit Defektheilung (1995). Der Wirbelsäulenschaden mit besonders schweren, seit der Versteifungsoperation im September 2001 verschlimmerten Auswirkungen (Postdiskotomiesyndrom L 5/S 1 mit ausgeprägten Vernarbungen der Nervenwurzel L 5 rechts und Versteifung der Wirbelsegmente L 4/L 5 und L 5/S 1) sei für die Zeit ab Januar 2001 mit einem Teil-GdB von 50 zu bewerten. Die Versteifung der beiden unteren Lumbalsegmente sei - funktionell betrachtet - durchaus vergleichbar mit einer Versteifung beispielsweise großer Teile der Brustwirbelsäule im Rahmen einer Skolioseoperation. Für die Bewegungseinschränkung des Handgelenks sei ein Teil-GdB von 10 angemessen. Den Gesamt-GdB seit Januar 2001 schätzte er auf 50. Aufgrund der Einschränkung des Gehvermögens durch ausstrahlende Schmerzen in beide Beine sowie anfallsartigem Schwächengefühl mit dokumentierter Sturzneigung gehe er nicht davon aus, dass die Klägerin zwei Kilometer in 30 bis 40 Minuten üblicherweise zurücklegen könne, auch wenn das einschließende Schwächengefühl nicht durch schwerwiegende neurologische Schäden objektiviert werden könne.
Auf vom Beklagten unter Hinweis auf eine Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes gegen diese Einschätzung erhobenen Einwendungen hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.08.2004 an seiner Einschätzung fest gehalten und im Wesentlichen ausgeführt, bei der unteren Lendenwirbelsäule handle es sich um das Fundament der gesamten Wirbelsäule, so dass sich eine durch die Versteifung der unteren Wirbelsäule herbeigeführte Störung, anderes als bei einer Versteifung der Brustwirbelsäule, zwangsläufig in allen übrigen Wirbelsäuleabschnitten fortsetze. Daher sei die - formal sehr kurze - Versteifungsstrecke im Falle der Klägerin durchaus gleichzusetzen mit der Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule in höheren Segmenten. Im übrigen sei die Sturzneigung bei einer Festlegung des GdB mit zu berücksichtigen, ohne dass es auf die Frage ihres Ursprungs ankomme.
Mit Urteil vom 25.01.2005 hat das Sozialgericht den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 09.05.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2001 verurteilt, bei der Klägerin ab dem 26.01.2001 das Vorliegen einer Behinderung mit einem GdB von 50 sowie eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit Straßenverkehr (Merkzeichen "G") festzustellen. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. im wesentlichen ausgeführt, es sei nachvollziehbar, die bei der Klägerin vorliegende Versteifung zweier Segmente der Lendenwirbelsäule mit der Versteifung größerer Teile in höheren Segmenten gleichzusetzen. Selbst wenn dies für sich genommen noch nicht der "Versteifung großer Teile der Wirbelsäule" im Sinne eines Wirbelsäulenschadens mit besonders schweren Auswirkungen (Teil-GdB 50 bis 70 nach Nr. 26.18, Seite 116 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit in sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 [AHP]) entspreche, sei bei der Klägerin jedenfalls ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die vorliegende Sturzneigung. Angesichts der danach bestehenden Schwerbehinderteneigenschaft und der durch die Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen bzw. der Lendenwirbelsäule bedingten Einschränkung der Gehfähigkeit seien schließlich auch die Voraussetzungen für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erfüllt.
Am 22.02.2005 hat der Beklagte Berufung eingelegt und unter Hinweis auf eine Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes vom 08.02.2005 vorgetragen, die Versteifung der beiden unteren Lumbalsegmente L 4/L 5 und L 5/S 1 verursache keine besonders schweren Auswirkungen wie bei der Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule im Sinne der AHP. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständige Dr. H. sei allenfalls mäßiggradig eingeschränkt und verglichen mit den aus dem Rentegutachten vom 23.02.2003 ersichtlichen Untersuchungsergebnissen sogar gebessert gewesen. Allein mit den anamnestisch "ab und zu" angegebenen Stürzen lasse sich das Merkzeichen "G" nicht begründen.
Der Senat hat das Gutachten des Chefarztes der Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie der B. Klinik in R., Priv.-Doz. Dr. B., vom 26.07.2005 eingeholt. Darin ist ausgeführt, die Klägerin leide an einem chronischen nozizeptiven Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Lumboischialgien bei Zustand nach Bandscheibenoperation im Jahre 1999 und Reoperation mit Spondylodese (Versteifung) der Wirbelsegmente L 4/5 und S 1 sowie an einem kontinuierlichen Analgetikagebrauch zeitweise hoch potenter Opioide. Die neurologische Untersuchung sei bis auf die Angabe einer Hypästhesie/Hypalgesie im Bereich der Oberschenkelaußenseite und Unterschenkelvorderseite, rechts etwas ausgeprägter als links, unauffällig gewesen. Die Muskeleigenreflexe seien ebenso wie die Motorik regelrecht. Umschriebene Paresen lägen nicht vor. Zwar bestehe eine Diskrepanz zwischen den angegebenen Beschwerden und dem klinisch-neurologisch zu erhebenden Befund. Indes machten die sozio-biografische Entwicklung und die mehrfach durchgeführten Operationen der Lendenwirbelsäule die von der Klägerin geschilderten Schmerzen glaubhaft. Auszugehen sei von einem mittelschweren chronifizierten Schmerzsyndrom nach mehrfacher Operation im Bereich der Lendenwirbelsäule ("failed back surgery", Postnukleotomie bzw. Postlaminektomie-Syndrom). Die außergewöhnlich starken Schmerzen, die zeitweise eine hoch potente Opioidmedikation erforderlich machten, sowie die Versteifung der unteren Lendenwirbelkörpersegmente mit dem Kreuzbein rechtfertigten nach seiner Einschätzung seit dem Jahre 2001 einen GdB von 40, der nach den AHP einer mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkung in zwei Wirbelsäuleabschnitten entspreche. Die Voraussetzungen für einen GdB von 50 sehe er nicht als erfüllt an. Darüber hinaus sei die Gehfähigkeit der Klägerin hinsichtlich längerer Wegstrecken eingeschränkt. Zwar bestehe auf kurzen Strecken ein weitgehend normales Gangbild. Angesichts der belastungsabhängig massiv zunehmenden Beschwerden könnten nach seiner Einschätzung allerdings ortsübliche Strecken von zwei Kilometern nicht in einer halben Stunde zurückgelegt werden.
Nachdem sein Ärztlicher Dienst mitgeteilt hatte, der durch den Sachverständigen erfolgten Beurteilung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin mit einem GdB von 40 könne zugestimmt werden, hat der Beklagte ein entsprechendes Vergleichsangebot unterbreitet. Zugleich hat er mitgeteilt, das Merkzeichen "G" könne auch bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der Nr. 30 der AHP erst ab einem Gesamt-GdB von 50 in einem Ausweis bestätigt werden. Dieses Vergleichsangebot hat die Klägerin abgelehnt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor, sie habe Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "G". Dessen Voraussetzungen seien sowohl von Dr. H. als auch von Priv.-Doz. Dr. B. bejaht worden. Soweit die Zuerkennung dieses Merkzeichens einen GdB von 50 voraussetze, zeige dies, dass eine Bemessung des Gesamt-GdB mit 40 nicht ausreichend sei. Unter Berücksichtigung der von Dr. H., nicht aber von Priv.-Doz. Dr. B. in seine Einschätzung einbezogenen Sturzneigung sowie der durch das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" belegten schwerwiegenden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit sei ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten (ein Band) sowie die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Konstanz (zwei Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 seit dem 26.01.2001 nebst entsprechender Abänderung der angegriffenen Bescheide des Beklagten, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen ist. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beklagten zur Feststellung eines darüber hinausgehenden GdB von 50 sowie des Vorliegens einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") verurteilt und den Bescheid vom 09.05.2001 sowie den Widerspruchsbescheid vom 30.08.2001 (auch) insoweit aufgehoben. Hinsichtlich dieses Entscheidungsausspruchs ist das Urteil des Sozialgerichts daher aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.
Was zunächst den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB betrifft, hat das Sozialgericht die erforderlichen Voraussetzungen sowie die bei der Bemessung des GdB zu beachtenden Maßstäbe im Urteil vom 25.01.2005 zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
In Anwendung dieser Grundsätze ist der Gesamt-GdB vorliegend mit 40 zu bemessen. Der Senat folgt dabei der überzeugenden Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. B. im Gutachten vom 26.07.2005.
Ausgehend von der bei der Klägerin vorliegenden Versteifung der Wirbelsegmente L 4/L 5 und L 5/S 1 sowie angesichts des bestehenden chronischen Schmerzsyndroms im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Lumboischialgien ist der Bemessung des GdB ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) bis schweren (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägt Wirbelsäulensyndrome) funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten i. S. der Nr. 26.18, Seite 116 der AHP und mithin ein Einzel-GdB von 30 bis 40 zu Grunde zu legen.
Mangels objektivierbarer schwerwiegender und anhaltender neurologischer Schäden (vgl. hierzu bereits das Gutachten von Dr. H. vom 19.03.2004) und angesichts des vom Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. B. im Gutachten vom 26.07.2005 nachvollziehbar als mittelschwer eingeschätzten chronifizierten Schmerzsyndroms scheidet eine Einstufung der in Rede stehenden Funktionsbeeinträchtigung als Wirbelsäulenschaden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäuleabschnitte umfasst [z. B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70 Grad nach Cobb]) und einem GdB von 50 bis 70 i. S. der Nr. 26.18, Seite 116 der AHP aus. Der Auffassung von Dr. H., eine durch die Versteifung der unteren Wirbelsäule herbeigeführte Störung sei mit der Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule in höheren Segmenten gleichzusetzen, vermag der Senat - ebenso wie der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. B. - schon deshalb nicht zu folgen, weil die Störung ausweislich der sowohl von Dr. H. als auch von Priv.-Doz. Dr. B. berichteten Untersuchungsbefunde die Gehfähigkeit der Klägerin jedenfalls auf kurzen Strecken nicht erheblich einschränkt.
Im danach maßgeblichen GdB-Rahmen von 30 bis 40 sind die von der Wirbelsäule ausgehenden Funktionsstörungen der Klägerin einschließlich der bezogen auf die Zeit zwischen dem Jahresbeginn 2002 und dem Sommer 2004 - glaubhaft - berichteten Sturzneigung der Klägerin (vgl. hierzu den Entlassungsbericht der Klinik vom 03.04.2002, die Gutachten von Dr. med. Dipl. Ing S. vom 23.02.2003 und von Dr. H. vom 19.03.2004, die ärztliche Bescheinigung von Dr. T. vom 27.11.2003 sowie die im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens gefertigten Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.01.2003, 17.07.2003, 05.12.2003 und vom 05.07.2004), deren Ursache allerdings nicht geklärt und die ausweislich des Schriftsatzes ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.09.2005 zwischenzeitlich abgeklungen ist, mit einem GdB von 40 angemessen bewertet.
Zwar ist das mittelschwere chronifizierte Schmerzsyndrom für sich genommen noch nicht als schwere funktionelle Auswirkung des Wirbelsäulenschadens anzusehen. Indes lässt die sowohl von Dr. H. als auch von Priv.-Doz. Dr. B. mitgeteilte erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin auf Kurzstrecken überschreitenden Wegen die Einstufung als schwerwiegend und damit die Annahme eines GdB von 40 zu. Eine weitere Höherbemessung ist insbesondere nicht dadurch veranlasst, dass Dr. H. und Priv.-Doz. Dr. B. nachvollziehbar eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und damit die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" bejaht haben. Denn diese Voraussetzungen können nach Nr. 30 Abs. 2, Seite 138 der AHP auch bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein. Schließlich umfasst die Bewertung angesichts der bereits in die Beurteilung einbezogenen Einschränkung der Gehfähigkeit auch die angeführte und zwischenzeitlich abgeklungene Sturzneigung, der auch im Falle einer eigenständigen Bemessung mit einem - in entsprechender Anwendung der Nr. 26.9., Seite 76 und der Nr. 26.5., Seite 60 der AHP - anzusetzenden GdB von 20 keine den GdB von 40 insgesamt erhöhende Wirkung zukäme. Für eine vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 14.09.2005 angeregte Einholung eines Obergutachtens besteht angesichts der lediglich aufgeworfenen - ohne weiteres vom Gericht zu beantwortenden - Bewertungsfragen kein Anlass.
Nachdem weitere hier erhebliche Funktionsstörungen nicht vorliegen, ist der Klägerin zwar im Ergebnis im Ergebnis ein Gesamt-GdB von 40 zuzuerkennen, besteht aber kein Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, also eines GdB von wenigstens 50 (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX).
Mangels Vorliegens der Schwerbehinderteneigenschaft kommt die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht in Betracht (vgl. Kossens/ von der Heide/Maaß, SGB IX, 2. Aufl. 2006, Rdnr. 33 zu § 69, Rdnr. 9 zu § 145 m. w. N.). Denn nach § 69 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) treffen die Versorgungsämter nur die erforderlichen Feststellungen über neben der Behinderung an sich vorliegende gesundheitliche Merkmale, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind. Nachdem die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr gem. § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX neben der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr die Schwerbehinderteneigenschaft voraussetzt, ist die Feststellung des in Rede stehenden gesundheitlichen Merkmals aber dann nicht erforderlich, wenn es - wie hier mit einem GdB von 40 - an der Schwerbehinderteneigenschaft fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt den jeweiligen Verfahrenserfolg der Beteiligten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved