L 1 U 752/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 388/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 752/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für Folgen eines versicherten Unfalls am 31.10.2002 Verletztenrente zusteht.

Der 1943 geborene Kläger war während seiner Tätigkeit als Maurerpolier am 31.10.2002 beim Begehen eines Montagegerüstes um einen Aufzugsschacht auf eine nicht ausreichend befestigte Bohle getreten, die nach unten nachgab. Hierbei stürzte der Kläger mit rechts abgewinkeltem Arm nach rechts gegen die Aufzugsschachtaußenwand. Am Samstag, den 02.11.2002 suchte der Kläger die chirurgische Abteilung des Krankenhauses Bad W. auf, wo Dr. G. als Befund eine leichte Schwellung sowie Druckschmerz und Bewegungsschmerzen in der rechten Schulter mit schmerzbedingt eingeschränkter Motorik, aber unauffälliger D/S (Dehnung/Streckung) erhob und eine Prellung der rechten Schulter diagnostizierte. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde nicht bescheinigt (Durchgangsarztsbericht von Dr. G. vom 04.11.2002).

Am 20.01.2003 suchte der Kläger den Orthopäden Dr. K. auf, der eine multidirektionale Instabilität des rechten Schultergelenks fand und auf Grund der von ihm veranlassten Kernspintomografie am 31.01.2003 bei Privatdozent Dr. Dr. J. eine Rotatorenmanschettenruptur mit Abriss der Supraspinatussehne, einen älteren vollständigen Abriss des Subscapilarissehne sowie eine Luxation der langen Bicepssehne nach medial diagnostizierte (Zwischenbericht von Dr. K. vom 06.02.2003). Bei der Vorstellung des Klägers am 05.03.2003 in der Ambulanz der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. diagnostizierte Prof. Dr. W. keine wesentliche Minderung der Schultermuskulatur, eine freie passive Beweglichkeit und eine geringgradige Impingementsymptomatik. Unter der Diagnose eines Rotatorenmanschettendefekts mit der Läsion der Supraspinatussehne sowie dem aus der Kernspintomografie sich ergebenden Verdacht auf Labrumläsion der rechten Schulter wurde mit dem Kläger eine stationäre Aufnahme zur Durchführung einer diagnostischen Arthroskopie mit ggf. Rekonstruktion der Rotatorenmanschette sowie, falls indiziert, die Durchführung einer Labrumrefixation verabredet (Zwischenbericht von Prof. Dr. W. vom 10.03.2003).

Der Kläger befand sich vom 18.03.2003 bis 27.03.2003 in stationärer Behandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in T ... Am 19.03.2003 wurde die Arthroskopie durchgeführt. Nach Prof. Dr. W. fanden sich degenerative Veränderungen der gesamten Rotatorenmanschettenhaube, ein Längseinriss im Muskelbauch bei intaktem Ansatz im Bereich der Supraspinatussehne mit Kontinuitätsunterbrechung und Durchtritt des Humeruskopfes bei insgesamt ausgedünnter Manschette. Eine arthroskopische Refixation sei nicht möglich gewesen, weshalb ein offenes Repair mit Rekonstruktion der Rotatorenmanschette unter additiver Muskellappenplastik habe vorgenommen werden müssen. Auf Grund des arthroskopisch verifizierten degenerativen Vorschadens sei das Heilverfahren zu Lasten der Beklagten am 19.03.2003 abzuschließen und weitere Behandlungskosten gingen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse (Befund- und Entlassungsbericht von Prof. Dr. W. vom 27.03.2003).

Am 02.04.2003 wurde der Kläger unter der Diagnose eines Infekts der rechten Schulter nach Supraspinatussehnennaht erneut stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik aufgenommen und stationär bis 26.04.2003 behandelt. Operationsrevisionen an der rechten Schulter wurden am 02., 04. und 07.04.2003 bei protrahiertem Verlauf und ausgedehnter Infektsituationen durchgeführt (Arztbericht von Dr. H. vom 26.04.2003).

Arbeitsunfähigkeit bestand ab 19.02.2003 (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 06.03.2003) bis 10.04.2003 (Klägerangabe vom 15.04.2003).

Mit Bescheid vom 17.06.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als Folge des Versicherungsfalls am 31.10.2002 wurde eine folgenlos verheilte Prellung an der rechten Schulter anerkannt mit unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 19.03.2003. Nicht als Folgen wurden anerkannt eine ausgedehnte Rotatorenmanschettenruptur mit degenerativen Veränderungen der gesamten Rotatorenmanschettenhaube, ein weitgehender Abriss der Supraspinatussehne, ein vollständiger Abriss der Subscapilarissehne mit fettig degeneriertem Muskelbauch, ein Erguss im Schleimbeutel subacromialis und subdeltoidea, Gelenkerguss und Verrenkung der langen Bicepssehne und mäßige ACG-Arthrose (Schultereckgelenk-Arthrose).

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, es werde ausdrücklich bestritten, dass bereits Vorschäden vorhanden gewesen seien. Er habe bis zum Unfall keine Schulterbeschwerden gehabt. Bei der Untersuchung im Krankenhaus Bad W. am 02.11.2002 sei das Ausmaß der Verletzung zu diesem Zeitpunkt nicht richtig erkannt worden. Prof. Dr. W. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, der postoperative Infekt nach der Rotatorenmanschettenrekonstruktion am 19.03.2003 sei Folge eines nicht unfallbedingten degenerativen Schadens und daher nicht Folge des Unfalls vom 31.10.2002. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und stellte fest, dass der postoperative Infekt im rechten Schultergelenk mit dem weiteren aufgetretenen Gesundheitsschaden nicht Folge des Unfalls sei. Folgen eines Versicherungsfalles könnten auch Gesundheitsschäden sein, die infolge der zur Aufklärung des Sachverhalts angeordneten Untersuchung aufgetreten seien. Der postoperative Infekt sei nach der Stellungnahme von Prof. Dr. W. jedoch nicht Unfallfolge.

Der Kläger hat beim Sozialgericht Konstanz (SG) am 26.02.2004 Klage erhoben und u. a. den vorläufigen Bericht über die stationäre Behandlung vom 02.04. bis 26.04.2003 von Dr. H. vom 26.04.2003 sowie die Operationsberichte vom 02., 04. und 07.04.2003 vorgelegt. Er hat ausgeführt, die Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 31.10.2003 stehe im Widerspruch zu den Ausführungen seines Entlassungsberichts vom 27.3.2003, wonach die Arthroskopie auch zur Feststellung von Unfallfolgen durchgeführt worden sei.

Das SG hat von Amts wegen das Gutachten vor Dr. H. vom 12.10.2004 eingeholt. Der Sachverständige hat auf Grund der Angaben des Klägers, kniend zur Seite weggeglitten zu sein und zunächst den abgespreizten Ellenbogen und dann den Oberarm angestoßen zu haben, geringe auf die Schulter einwirkende Impulskräfte angenommen. Unterstelle man andererseits, dass der Unfall sämtliche Schäden in der rechten Schulter hervorgerufen habe, hätte die aktive Schulterbeweglichkeit am Unfalltag weitgehend aufgehoben sein müssen. Dass mit einer derart gravierenden Verletzung noch mehr als zwei Monate weitergearbeitet worden sei, lasse sich dann nicht plausibel erklären. Sowohl der Unfallhergang als auch der zeitliche Ablauf sprächen gegen einen Zusammenhang der Sturzverletzung und der Schädigung der Rotatorenmanschette. Der Verletzungshergang sei auch nicht in der Lage gewesen, die Sehne oder den Muskel subscapilaris zu schädigen. Eine fettige Degeneration weise auf einen länger bestehenden Vorschaden hin, der sich nicht innerhalb von zwei Monaten einstelle. Die beschriebene Ergussbildung können traumatisch oder degenerativ bedingt sein. Die Luxation der langen Bicepssehne spreche ebenfalls für einen degenerativen Schaden, ebenso wie die Auftreibung des Schultereckgelenks. Der Abriss der Supraspinatussehne vom Tuberculum majus mit Retraktion um 4 cm könne nach dem Zeitablauf sowohl traumatisch wie auch degenerativ bedingt sein. Aus der Kernspintomografie seien keine degenerativen zusätzlichen Beeinträchtigungen, aber auch keine unfallabhängigen Zusatzverletzungen zu ersehen. Die Schädigung am ventralen Labrum mit begleitenden Knorpelveränderungen könne nicht innerhalb von zwei Monaten nach einem Unfall entstanden sein, bei dem beschriebenen Mechanismus könne auch allenfalls der kopfnahe Anteil des Labrums abscheren. In Abwägung der Argumente spreche gegen einen Unfallzusammenhang das Lebensalter des Klägers, der ungeeignete Sturzmechanismus, ein Arztbesuch deutlich nach 24 Stunden, die Kernspintomografie mit der unfallvorbestehenden Degeneration von Teilen der Rotatorenmanschette und der Operationsbefund. Für einen Zusammenhang sprächen allenfalls ein sofort aufgetretener Schmerz, ein Arztbesuch innerhalb von drei Tagen und das leere Vorerkrankungsverzeichnis. Eine mittelbare Unfallfolge sei die Komplikation aus der Arthroskopie am 19.03.2003 nicht. Die im klinischen Sprachgebrauch als diagnostische Arthroskopie bezeichnete Maßnahme hätte allein zur Aufklärung der Genese keinen Sinn ergeben. Es mache aber Sinn, im Rahmen der Arthroskopie zu klären, zum einen wie groß das Ausmaß der Schäden definitiv sei, und zum anderen, ob die Rekonstruktion bzw. Sanierung auf arthroskopisch-endoskopischen Weg erfolgen könne oder ob ein offener Eingriff durch welchen Zugang und mit welchen Mitteln notwendig sei. Die Arthroskopie habe deshalb nicht im Zusammenhang mit dem Unfall gestanden.

Auf Einwand des Klägers, Dr. H. gehe von einem nicht zutreffenden Unfallhergang aus, da er - der Kläger - gestanden sei und nicht gekniet habe, hat Dr. H. ergänzend ausgeführt, die Annahme des Unfallhergangs beruhe auf den Angaben des Klägers am Untersuchungstag, eine grundlegende Änderung der Gesamtbeurteilung erfolge jedoch auch dann nicht, wenn von den jetzigen Angaben des Klägers ausgegangen würde (Stellungnahme von Dr. H. vom 21.12.2004).

Auf Antrag des Klägers ist nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten von Privatdozent (PD) Dr. Dr. S. vom 09.08.2005 eingeholt worden. Darin hat der Sachverständige den unfallbedingten Zusammenhang der Schultererkrankung verneint. Der vom Kläger bei der Untersuchung geschilderte Unfallhergang, mit der Schulter gegen die Wand angestoßen zu sein, sei nicht geeignet gewesen, den Schaden der Rotatorenmanschette herbeizuführen. Auch das Verhalten des Klägers, der weitergearbeitet habe, sowie die geklagte Schmerzsymptomatik und die Funktionsbeeinträchtigungen nach dem Unfall sprächen nicht für einen unfallbedingten Abriss der Supraspinatussehne. Eine Pseudoparalyse habe unfallnah nicht vorgelegen. Auch der Kernspintomografiebefund drei Monate nach dem Unfall weise einen ausgedehnten Vorschaden der Rotatorenmanschette auf. Die Arthroskopie am 19.03.2003 sei in erster Hinsicht zur Rekonstruktion des bekannten Rotatorenmanschettenschadens durchgeführt worden und nicht ausschließlich zur Erkennung des Schadens. Zwar werde mit der Arthroskopie zunächst untersucht, welcher Schaden bestehe und wie er operativ anzugehen sei, aber man könne in diesem Zusammenhang nicht von einer diagnostische Arthroskopie sprechen. Mit der Arthroskopie habe nicht die Ursache eines Schadens, sondern nur der Umfang des Schadens festgestellt werden sollen.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat sich das SG auf die Gutachten von Dr. H. und PD Dr. Dr. S. gestützt. Beide Sachverständige hätten außerdem überzeugend dargelegt, dass die Arthroskopie durchgeführt worden sei, um zunächst das Schadensausmaß abzuklären, um im Anschluss über die Art des Eingriffs zu entscheiden. Die Arthroskopie wäre auch dann durchgeführt worden, wenn vor dem Eingriff bereits festgestanden hätte, ob die Genese traumatischer oder degenerativer Art sei.

Gegen den dem Klägervertreter am 23.01.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.02.2006 Berufung eingelegt und zur Begründung erneut darauf hingewiesen, beide Sachverständige seien von einem unzutreffenden Unfallhergang ausgegangen. Er sei stehend in den Aufzug gegangen und wegen der nicht befestigten Gerüstbohle in den Aufzug gestürzt. Die Impulskräfte seien noch stärker ausgeprägt gewesen, als von den Sachverständigen angenommen worden sei, da er beim Gehen abgestürzt sei. Auch die im Rahmen der Arthroskopie aufgetretene Infektion der rechten Schulter sei als mittelbare Unfallfolge anzusehen. Die Arthroskopie sei erfolgt zur Feststellung von Art, Umfang und Ausmaß der vorliegenden Unfallfolgen. Dies ergebe sich auch aus den Ausführungen von PD Dr. Dr. S., der einräume, dass mit einer Arthroskopie auch der Umfang eines Schadens festgestellt werde und erforderlichenfalls die Frage des Vorliegens entsprechender Unfallfolgen neu definiert werden müsse.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19.01.2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 30.01.2004 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, als weitere Folgen des Unfalls vom 31.10.2002 Defekte der Rotatorenmanschette und einen postoperativen Infekt des rechten Schultergelenks anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH zu gewähren, hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Die Sachverständigen Dr. H. und PD Dr. Dr. S. hätten übereinstimmend dargelegt, dass die erhobenen Befunde eine traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette nicht belegten. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sei bei ihm auch keine rein diagnostische Arthroskopie durchgeführt worden.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Akten und die beim Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen und auf Gewährung von Verletztenrente.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - SGB - VII). Mit der Formulierung "infolge eines Versicherungsfalls" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.

Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht. Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.

Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausallehre von der wesentlichen Bedingung (BSGE 61, 127 , 129) sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG SozR 3 2200 § 548 Nr. 13). Haben mehrere Bedingungen gemeinsam zu einem Erfolg geführt, sind sie rechtlich nur dann wesentliche Bedingungen und damit Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges in gleichem Maße wesentlich sind. Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 05.08.1993 - 2 RU 34/92 -, veröffentlicht in juris, m.H. auf BSGE 12, 242 , 245/246 m.w.N.). Welcher Umstand als wesentlich angesehen werden muss, ist durch eine wertende Betrachtung aller in Frage kommenden Umstände zu ermitteln. Die einzelnen Bedingungen müssen gegeneinander abgewogen werden; ob eine von ihnen wesentlich den Erfolg mitbewirkt hat, ist anhand ihrer Qualität zu entscheiden. Auf eine zeitliche Reihenfolge oder die Quantität kommt es nicht an; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 mwN). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier des § 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003, SozR 4-2200 § 589 Nr. 1; 2200 § 548 Nr. 96 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen gelangte der Senat ebenso wie das SG nicht zu der Überzeugung, dass außer der von der Beklagten festgestellten Unfallfolge einer Schulterprellung die diagnostizierten Läsionen der Sehnen der Rotatorenmanschette auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Dies haben die gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. und PD Dr. Dr. S. überzeugend ausgeführt. Sie haben ihre Beurteilung nachvollziehbar auf den röntgenologischen Befund und den Operationsbefund, die aufgrund der von den Sachverständigen näher beschriebenen Degenerationserscheinungen eine deutliche unfallvorbestehende Schädigung großer Teile der Rotatorenmanschette ergaben, sowie auf die aufgetretene Erstsymptomatik und den weiteren Verlauf der Schultergelenkserkrankung gestützt, wie oben im Tatbestand dargelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers haben sie dem Umstand, dass er nach seinen Angaben vor dem Unfall keine Schulterbeschwerden gehabt habe, keine Bedeutung beigemessen, da bei langsam fortschreitender Degeneration Funktionsausfälle zunächst durch andere Gewebestrukturen kompensiert werden. Die gegen einen Unfallzusammenhang sprechenden Umstände sind nach der ergänzenden Äußerung von Dr. H. so gewichtig, dass es auf den genauen Unfallhergang für seine Beurteilung nicht ankommt. Außerdem hat PD Dr. Dr. S. beim Kläger den Unfallhergang erneut erfragt und dessen Angaben, während eines Kontrollgangs in einem Aufzugsschacht auf eine nicht befestigte Gerüstdiele getreten zu sein, seiner Bewertung zugrunde gelegt. Er hat diesen Unfallablauf als nicht geeignet für eine Verletzung der Rotatorenmanschette angesehen, weil eine außergewöhnliche Krafteinwirkung auf die Rotatorenmanschette nicht vorgelegen hat. Diese vom Sachverständigen unter Bezugnahme auf die unfallmedizinische Literatur begründete Bewertung ist für den Senat überzeugend. Entgegen dem Einwand des Klägers ging der Sachverständige nicht von einer knienden Haltung aus, als es zu dem Sturz kam. Sonstige Einwände gegen den angenommenen Unfallablauf hat der Kläger nicht erhoben, sondern nur seine eigene, laienhafte, damit nicht überzeugende Bewertung der Stärke der Krafteinwirkung derjenigen des Sachverständigen entgegengehalten.

Auch die aus der Arthroskopie vom 19.03.2003 resultierenden Gesundheitsstörungen sind zur Überzeugung des Senats nicht als mittelbare Unfallfolgen festzustellen.

Das Bundessozialgericht hat sowohl für das Gebiet der Kriegsopferversorgung als auch für das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung entschieden, dass durch ärztliche Eingriffe hervorgerufene Gesundheitsstörungen mittelbare Schädigungs- und Unfallfolgen sein können (vgl BSGE 17, 60 , 62; 46, 283, 284; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 59; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 13). Dabei hat das BSG jedoch stets auf die wesentliche sachliche oder kausale Verbindung zwischen dem Arbeitsunfall und dem zur geltend gemachten Gesundheitsstörung führenden ärztlichen Eingriff abgestellt (vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 13). Eine mittelbare Unfallfolge hat es für gegeben erachtet, wenn der Eingriff dazu gedient hat, Art, Umfang und Ausmaß von Unfallfolgen festzustellen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 59). Erleidet demnach ein Verletzter bei einem ärztlichen Eingriff zur Klärung des Ausmaßes der durch einen Arbeitsunfall verursachten Folgen Gesundheitsstörungen, so sind diese als mittelbare Unfallfolgen zu entschädigen, auch wenn dieser Eingriff objektiv zur Feststellung weiterer Unfallfolgen nicht geführt hat (BSG aaO).

Dies gilt ebenfalls für die Folgen - schuldhafter oder schuldloser - objektiv fehlerhafter diagnostischer Maßnahmen einschließlich der zugrundeliegenden Indikationsstellung oder fehlerhafter Behandlungen ( BSGE 46, 283 , 284; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 13; KassKomm-Ricke § 555 RVO RdNr 3; teilweise aA Benz BG 1989, 614, 619 ff). Die rechtlich wesentliche sachliche oder kausale Verknüpfung zwischen dem Arbeitsunfall und dem Zweck des zur Gesundheitsstörung führenden ärztlichen Eingriffs kann bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht schon deswegen außerhalb des in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Risikos liegen, weil Behandlungspersonen als Dritte beteiligt sind (vgl. Benz aaO S 619). Dies gilt nicht nur für ärztliche Maßnahmen des Durchgangsarztes, sondern ebenfalls mindestens für das nachfolgende berufsgenossenschaftliche Heilverfahren. Es kann sich daher, auch nach dem Schutzzweck der anzuwendenden Norm (vgl. BSGE 38, 127 , 129), nicht um ein unversichertes privates Risiko handeln, wenn der aufgrund eines Arbeitsunfalls körperlich schädigende diagnostische oder therapeutische Eingriff ärztlich nicht indiziert ist und/oder der Gesundheitsschaden auf einen Kunstfehler zurückzuführen ist (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteil vom 05.08.1993 - 2 RU 34/92 -, veröffentlicht in juris).

Der Zweck des zur Gesundheitsstörung führenden ärztlichen Eingriffs ergibt sich aus der Handlungstendenz des Arztes und den sie bestätigenden objektiven Umständen des Falles. Erst dann kann wertend entschieden werden, ob ein durch einen Kunstfehler hervorgerufener Gesundheitsschaden als mittelbare Unfallfolge vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst wird. Wird anlässlich einer zur Erkennung von Unfallfolgen durchgeführten Operation ein - eindeutig abgrenzbarer - zusätzlicher ärztlicher Eingriff zur Behebung eines unfallunabhängigen Leidens vorgenommen, so können die aus diesem Eingriff resultierenden Gesundheitsstörungen dem Arbeitsunfall zwar nicht zugeordnet werden. Ist die ärztliche Handlungstendenz jedoch durchgängig darauf gerichtet, Unfallfolgen zu behandeln, und sind die Diagnose oder die Behandlung fehlerhaft, so sind auftretende Komplikationen oder Gesundheitsschäden in der Regel vom Risikobereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst und als mittelbare Unfallfolgen zu entschädigen (vgl. BSG, Urteil vom 05.08.1993, a.a.O.).

In Anwendung dieser Maßstäbe kam auch der Senat zu der Überzeugung, dass die Arthroskopie am 19.03.2003 in keinem wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stand. Nach der wesentlichen Handlungstendenz des Operateurs diente der arthroskopische Eingriff nicht der Feststellung von Art, Umfang und Ausmaß von Unfallfolgen.

Ausweislich des Arztbriefes von Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., vom 10.03.2003 war die Durchführung einer diagnostischen Arthroskopie mit ggf. Rekonstruktion der Rotatorenmanschette sowie, falls indiziert, die Durchführung einer Labrumrefixation geplant. Dieser Eingriff diente allein der Abklärung der gebotenen Therapie von nicht unfallbedingten Schäden der Rotatorenmanschette. Der Sachverständige Dr. H. hat für den Senat überzeugend ausgeführt, dass bereits die Auswertung des kernspintomographischen Befunds eine ausgedehnte, unfallvorbestehende, degenerative Schädigung der Rotatorenmanschette ergibt, jedenfalls soweit Subscapularissehne und -muskel oder die Bizepssehne betroffen sind. Lediglich für den Riss der Supraspinatussehne sind dem röntgenologischen Befund keine eindeutigen Hinweise zu entnehmen. Andererseits waren die der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vorgelegten Befunde hinsichtlich der Erstsymptomatik und des Krankheitsverlaufs, die letztlich die Sachverständigen und auch Prof. Dr. W. zur Beurteilung des fehlenden Unfallzusammenhangs des gesamten Rotatorenmanschettendefekts veranlassten, der Klinik bereits vor Durchführung der Arthroskopie bekannt. Aus dem Arztbrief von Prof. Dr. W. vom 10.03.2003 ergibt sich, dass der Befund der Kernspintomographie vom 31.01.2003 zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorlag. Prof. Dr. W. beschreibt den Defekt der Rotatorenmanschette mit Läsionen im Bereich der Supraspinatussehne und Subscapilarissehne ausdrücklich und äußert außerdem den nach eigener Bewertung aufgekommenen Verdacht auf einen Labrumabriss. Im Befund- und Entlassungsbericht vom 24.03.2003 wird der fragliche Labrumabriss aus der bildgebenden Diagnostik mit diskreten Zeichen einer fettigen Degeneration beschrieben. Nach den Erläuterungen von Dr. H. ist eine fettige Degeneration ein Hinweis auf eine schon längere, hier unfallvorbestehende degenerative Schädigung. Fraglich und einer weiteren Aufklärung noch zugänglich hätte daher nur die Schädigung der Supraspinatussehne sein können, die aber nach Dr. H. und PD Dr. Dr. S. auf Grund der deutlichen, umfangreichen anderen Vorschäden sowie der bis dahin bekannten Symptomatik und des Verlaufs zur näheren Aufklärung nicht eines arthroskopischen Eingriffs bedurft hätte. Demnach ist nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. H. die Zielrichtung der Arthroskopie gewesen, das Ausmaß der nicht unfallbedingten Schäden der Rotatorenmanschette und das therapeutische Vorgehen zu klären. wie dies im Arztbrief vom 10.03.2003 auch als Möglichkeit angekündigt worden war. Danach sollte bei sich bietender Gelegenheit zugleich auch die Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette und die Labrumrefixation vorgenommen werden.

Eine entgegenstehende Zielrichtung ist den Arztbriefen von Prof. Dr. W. vom 10.03. und 27.03.2003 nicht zu entnehmen. Soweit im Arztbrief vom 27.03.2003 von einem arthroskopisch verifizierten degenerativen Vorschaden gesprochen wird, handelt es sich um die Feststellung eines beiläufigen Ergebnisses der Arthroskopie, die aber nicht alleiniges oder gleichwertiges Ziel der durchgeführten Arthroskopie war. Die Handlungstendenz war überwiegend auf die Aufklärung der therapeutischen Möglichkeiten hinsichtlich der unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen gerichtet. Eine Arthroskopie zur Feststellung von Unfallfolgen war nach der medizinischen Ausgangslage - wie die gerichtlichen Sachverständigen ausgeführt haben - nicht indiziert, eine solche Feststellung wurde allenfalls als nicht handlungsbestimmender Nebeneffekt getroffen.

Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat nicht gedrängt, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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