L 4 KR 802/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 515/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 802/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Herausgabe von Akten und Daten streitig.

Der am 1936 geborene Kläger ist bei der AOK Baden-Württemberg, Bezirksdirektion Nürtingen-Kirchheim/Teck (AOK), krankenversichert. Nachdem sein behandelnder Arzt Dr. Z. Heilmittelverordnungen mehrfach mit dem Zusatz "nach Genehmigung von der Kasse" versehen hatte, veranlasste die AOK eine gutachtliche Stellungnahme bei dem Beklagten, die durch die ärztliche Mitarbeiterin Dr. R. von der Beratungsstelle der Beklagten in K./T. nach Aktenlage unter dem 20. Oktober 2003 erstellt wurde. Auf Wunsch des Klägers übersandte die AOK diesem ein Exemplar dieser Stellungnahme zur Kenntnis, schwärzte darin jedoch den Namen der Gutachterin sowie Anschrift und Telefonnummer der entsprechenden Beratungsstelle. Insoweit vertrat sie die Auffassung, diese Angaben seien für die sozialmedizinische Aussage und deren Bewertung durch den Kläger nicht von Belang. Deswegen erhob der Kläger am 17. November 2003 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart sowohl gegen die AOK als auch gegen den Beklagten des vorliegenden Verfahrens mit dem Begehren Klage (S 8 KR 6165/03), ihm eine ungeschwärzte Fassung der entsprechenden Stellungnahme auszuhändigen. Seine gegen das die Klage abweisende Urteil des SG eingelegte Berufung (L 4 KR 826/05) erklärte der Kläger in Übereinstimmung mit der AOK im Rahmen einer in dem weiteren Verfahren L 4 KR 1190/04 durchgeführten nichtöffentlichen Sitzung am 22. Juni 2005 für erledigt, nachdem er zuvor von dem Inhalt der geschwärzten Daten in Kenntnis gesetzt und ihm die Kopie einer ungeschwärzten Stellungnahme übersandt worden war.

Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Schriftsatz des Klägers vom 16. Januar 2004, mit dem er mit dem Begehren Klage erhob, den Beklagten zu verpflichten, ihm die im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens vom 20. Oktober 2003 angefertigten und über ihn geführten Akten auszuhändigen. Er machte geltend, hierauf einen Rechtsanspruch zu haben, insbesondere nach dem "Versicherungsvertragsgesetz, dem Datenrecht" und "dem Sachverständigenrecht". Der Beklagte habe auf seine Aufforderung, ihm die gesamten Akten und Daten herauszugeben, mit Schreiben vom 12. Januar 2004 zwar Akten ausgehändigt, nach deren Inhalt sowie dem entsprechenden Begleitschreiben seien die ausgehändigten Unterlagen jedoch unvollständig. Er habe einen Rechtsanspruch auf vollständige Herausgabe sämtlicher Akten und Daten. Der Beklagte trat der Klage mit dem Hinweis entgegen, dem Kläger mit Schreiben vom 12. Januar 2004 Auskunft gemäß § 83 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erteilt zu haben. Einen Anspruch auf Akten- bzw. Datenherausgabe kenne das SGB demgegenüber nicht. Den grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Akteneinsicht habe der Kläger ihr gegenüber nicht geltend gemacht. Sein Schreiben vom 27. Dezember 2003 sei zwar entsprechend ausgelegt worden, jedoch setze ein solcher Anspruch das Vorhandensein einer Akte im Sinne des § 25 SGB X voraus. Bis Dezember 2003 habe er jedoch keine Akte mit Unterlagen über den Kläger geführt, da dies im Hinblick auf das nur geringe Begutachtungsvolumen nicht erforderlich gewesen sei. Im Bedarfsfall habe er auf die Unterlagen der AOK zurückgreifen können. Erst die Prozessaktivitäten des Klägers seien Anlass gewesen, eine Akte anzulegen; in diese seien seine Klageschreiben etc. aufgenommen worden. Diese Akte könne auf einen entsprechenden Antrag in der Beratungsstelle eingesehen werden. Ausdrucke der in der EDV gespeicherten Daten seien dem Kläger bereits mit Schreiben vom 12. Januar 2004 übermittelt worden; mehr Informationen seien nicht vorhanden. Er legte Ausdrucke der auch dem Kläger zur Kenntnis gegebenen Daten vor. Mit Urteil vom 29. November 2004 wies das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Beklagte habe dem Anspruch des Klägers aus § 83 Abs.1 SGB X Rechnung getragen und überzeugend dargelegt, dass mit Ausnahme der über das vorliegende Verfahren angefertigten Prozessakte keine weiteren Daten gespeichert seien. Anhaltspunkte für die Richtigkeit der unbegründet gebliebenen Behauptung, die mitgeteilten Daten seien unvollständig, seien nicht vorhanden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Kläger am 04. Februar 2005 gegen Übergabe-Einschreiben mit Rückschein zugestellten Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 25. Februar 2005 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er nimmt Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht weiter geltend, die geschwärzten Informationen aus dem Gutachten vom 20. Oktober 2003 seien Beweis dafür, dass über ihn bei dem Beklagten weitere Daten und Akten vorhanden seien, deren Auskunft und Herausgabe verweigert werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm alle über seine Person vorhandenen Informationen, Akten und Daten in schriftlicher Form auszuhändigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und macht geltend, das SGB kenne keinen Anspruch auf Akten- bzw. Datenherausgabe an den Betroffenen. Dem Auskunftsanspruch gemäß § 83 Abs. 1 SGB X sei er mit Schreiben vom 12. Januar 2004 bereits nachgekommen. Soweit der Kläger aus der Schwärzung in der Stellungnahme vom 20. Oktober 2003 ableite, dass weitere Daten und Akten über ihn vorhanden seien, sei dies nicht nachvollziehbar.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akte des Verfahrens L 4 KR 826/05 sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Beklagten auf Herausgabe von Akten und Daten zu. Dies hat das SG zutreffend dargelegt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird. Soweit der Kläger gemäß § 83 Abs. 1 SGB X einen Anspruch auf Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten hat, hat der Beklagte dem entsprechenden Begehren mit Übersendung der entsprechenden Ausdrucke durch Schreiben vom 12. Januar 2004 Rechnung getragen. Anhaltspunkte dafür, dass beim Beklagten darüber hinausgehend weitere Daten gespeichert sind, über deren Inhalt bzw. Existenz der Kläger nicht informiert worden ist, hat das SG nicht gesehen und sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Soweit der Kläger mit seiner Berufungsbegründung auf die geschwärzten Informationen in dem Gutachten vom 20. Oktober 2003 Bezug nimmt, die bewiesen, dass weitere Daten und Akten vorhanden seien, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, weshalb hierdurch die Existenz weiterer Unterlagen belegt sein soll. Geschwärzt waren insoweit lediglich Name und Telefonnummer der Gutachterin sowie die Beratungsstelle, in der diese tätig ist. Ein Hinweis auf das Vorliegen weiterer den Kläger betreffende Unterlagen bzw. Daten lassen Name, Tätigkeitsort und Telefonnummer der seinerzeitigen Gutachterin jedoch nicht zu. Nachdem darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Beklagte entgegen seiner Darstellung über den Kläger - über die Prozessakten hinaus - Akten angelegt hat, besteht auch keine Grundlage für ein Recht auf Akteneinsicht. Der geltend gemachte Herausgabeanspruch scheitert bereits daran, dass entsprechende Akten nicht existieren, so dass offen bleiben kann, ob Versicherten ein derartiger Anspruch dem Grunde nach überhaupt zusteht.

Nach alledem konnte auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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