Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 2997/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 953/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der am geborene Kläger absolvierte von August 1977 bis Januar 1981 eine Lehre als Maschinenschlosser. Nach seinem Zivildienst arbeitete er vom 1.06.1982 bis 30.09.2002 bei der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft als Schlosser. Nach dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen wurde ihm im Oktober 2001 ein Defibrillator implantiert. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Er darf insbesondere nicht mehr im Bereich starker Magnetfelder arbeiten.
Am 11.03.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und wies auf bei ihm vorliegenden Herz-Rhythmus-Störungen hin.
Am 3.5.2002 erstattete der Facharzt für Innere Medizin Dr. E. im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Er diagnostizierte im Wesentlichen Herz-Rhythmus-Störungen, Übergewicht, arterielle Hypertonie, ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom bei nasaler CPAP-Behandlung, ein diätetisch eingestelltes Zuckerleiden, eine Fettstoffwechselstörung und HWS-Beschwerden. Der Kläger sei weiterhin in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Zeitdruck, Nachtschicht sowie die Einwirkung starker Magnetfelder sollten gemieden werden, ebenso Tätigkeiten mit Klettern und Steigen auf Strommasten. Die Tätigkeit eines Maschinenschlossers sei je nach Arbeitsplatz auch weiterhin vollsichtig zumutbar.
Mit Bescheid vom 6.6.2002 und - nach Einholung ärztlicher Befundberichte - mit Widerspruchsbescheid vom 5.12.2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und keine Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger könne in seinem erlernten Beruf als Maschinenschlosser weiterhin mehr als sechs Stunden täglich tätig sein.
Dagegen hat der Kläger am 18.12.2002 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und vorgebracht, er könne in seinem erlernten Beruf als Maschinenschlosser nicht mehr tätig sein, weil es kaum Gerätschaften gebe, die von Maschinenschlossern zu bedienen seien, die nicht stärkere oder weniger starke Magnetfelder hätten. Bei allen von Elektromotoren getriebenen Geräten träten derartige Magnetfelder auf. Er hat Informationen zur Benutzung von Schweißgeräten bei implantiertem Defibrillator/AICD vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Internist Dr. A. hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne leichte Arbeiten acht Stunden täglich verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck, sowie Schichtarbeit seien nicht mehr zumutbar. Aufgrund des implantierten Defibrillators müsse die Einwirkung von starken Magnetfeldern unbedingt gemieden werden und es sei eine Belastung mit ausholenden Bewegungen insbesondere im linken Arm zu vermeiden. Außerdem könnten Über-Kopf-Arbeiten nicht mehr durchgeführt werden. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. hat von einer diskreten rein sensiblen Symptomatik im Bereich der Hände berichtet und eine vollsichtige Tätigkeit - unter Ausschluss von Arbeiten mit weit überdurchschnittlichen Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der Hände - für zumutbar gehalten.
Der Orthopäde Dr. G. hat eine Bandscheibenprotrusion der Halswirbelsäule mit Einengung C5/6 rechts sowie mittelschwere degenerative Veränderungen an Hals- und Brustwirbelsäule diagnostiziert. Leichte körperliche Tätigkeiten, kurzfristig auch mittelschwere, im Gehen, Sitzen und Stehen seien möglich. Gewichte könnten bis maximal 5 Kilogramm gehoben werden, ausnahmsweise kurzfristig bis zu 10 Kilogramm.
Am 22.08.2004 hat der Orthopäde Dr. V. im Auftrag des Sozialgerichts ein Gutachten erstattet. Er hat ein gelegentliches Cervico-Cephal-Syndrom, eine Dorsalgie, ein LWS-Syndrom, eine beginnende Gonarthrose links sowie ein Karpal-Tunnel-Syndrom beidseits diagnostiziert und hat mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter Ausschluss von Zwangshaltungen für Kopf und Arme, von Heben oder Tragen von Lasten mit mehr als 15 Kilogramm von Kälte, Zugluft und Nässe im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sowie unter Ausschluss von Akkord- und Fließbandarbeit sechs Stunden täglich für zumutbar gehalten.
Das Sozialgericht hat die berufskundliche Auskunft der damaligen Bundesanstalt für Arbeit vom 7.10.2003, die Auskunft der Betriebsärztin Dr. S.-M. der Firma J. D. eingeholt und in der mündlichen Verhandlung die Arbeitsberaterin der Agentur für Arbeit K., gehört.
Mit Urteil vom 29.10.2004 hat das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt, erst Recht nicht diese für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Kläger sei zwar als Facharbeiter anzusehen, könne aber auf den Beruf des Montageschlossers verwiesen werden, den er im zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne. Dieser Beruf sei dem Kläger auch gesundheitlich zumutbar.
Gegen das am 10.02.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8.03.2005 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht auf eine Tätigkeit als Montageschlosser verwiesen werden, ebenso wenig auf die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten als Medikamentenausfahrer, Telefonist, Registrator, Poststellenmitarbeiter, Einsatz im Großhandel bei der Warenausgabe und Beratungstätigkeiten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Oktober 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist den Kläger, den sie als Facharbeiter ansieht, auf die Tätigkeit eines Telefonisten, Medikamentenausfahrers, Registrators oder Poststellenmitarbeiter und legt Auszüge aus entsprechenden Urteilen verschiedener Landessozialgerichte vor. Außerdem legt sie Stellungnahmen ihres ärztlichen Dienstes vor.
Der Kläger legt noch den Schwerbehindertenbescheid mit einem Grad der Behinderung (GdB von 70 vor und verweist darauf, dass bei ihm eine Schmerzsymptomatik im Bereich beider Arme bestehe. Außerdem habe sich eine massive sekundäre herzphobische Störung entwickelt.
Der Senat hat die Auskunft der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft eingeholt sowie Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat auf seinem Fachgebiet das Vorliegen quantitativer Leistungseinschränkungen verneint, den Kläger allerdings aufgrund neuerdings aufgetretener herzphobischer Entwicklung für gegenwärtig arbeitsunfähig gehalten. Er hat ergänzend zahlreiche ärztliche Äußerungen vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit noch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend die Rechtsgrundlage für das streitige Begehren (§ 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - ) und die einschlägigen Grundsätze hierzu dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.
Von der Beklagten wird nicht bestritten, dass der Kläger als Facharbeiter anzusehen ist und nicht mehr in seinem ursprünglichen Beruf als Maschinenschlosser tätig sein kann. Hiervon ist auch der Senat aufgrund der nachgewiesenen beruflichen Qualifikation (über dreijährige Berufsausbildung zum Maschinenschlosser, Auskunft der Forschungsgemeinschaft für elektrische Anlagen und Stromwirtschaft), sowie der Ausführungen von Dr. A., Dr. V., Dr. B. sowie der behandelnden Ärzte in der Medizinischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum H. überzeugt.
Anders als das Sozialgericht hält der Senat auf Grund der Angaben der Sachverständigen K. die Verweisung auf die Tätigkeit eines Montageschlossers nicht für zulässig. Der Kläger kann jedoch auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle (Vergütungsgruppe BAT VIII) verwiesen werden. Er ist deshalb nicht berufsunfähig.
Der Mitarbeiter in der Poststelle wird im öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt. Es handelt sich damit nach dem Tarifvertrag jeweils um Tätigkeiten für Ange- lernte und damit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten (Urteil des BSG vom 27.11.1991 - 5 RJ 91/89 -). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Die Tätigkeit umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Damit wird eine regelmäßige - ohnehin im Verhältnis zu einem Medikamentenausfahrer nur kurzzeitige - Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeuges nicht notwendigerweise verlangt. Dass dem Kläger damit nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keinen Zweifel.
Die Arbeit als Mitarbeiter in der Poststelle entspricht damit dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers, wie dies insbesondere Dr. E., Dr. A., Dr. B. und Dr. V. und Dr. G. nachvollziehbar dargelegt haben. Danach kann er noch zumindest leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne Tragen von Lasten über 5 kg, ausnahmsweise zehn Kilogramm, unter Vermeidung von Arbeiten in Zwangshaltung und mit häufig bückender Körperhaltung ausüben. Weiter sollten Akkord- und Fließbandarbeit, Nachtschicht, Wechselschicht, starke Einflüsse von Kälte, Zugluft und Nässe, Arbeiten mit Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der Hände und Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie Über-Kopf-Arbeiten vermieden werden. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es nicht so, dass diese Tätigkeit in Schichtarbeit oder unter Zeitdruck verrichtet wird.
Die zwischenzeitlich beim Kläger aufgetretene herzphobische Entwicklung führt derzeit zu keiner anderen Beurteilung, insbesondere lässt sich aus dieser Diagnose keine wesentliche und dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustands ableiten. So sieht Dr. B. lediglich eine hierdurch bedingte Arbeitsunfähigkeit als gegeben an. Sollte sich durch die herzphobische Entwicklung wider Erwarten eine dauerhafte zusätzliche Beeinträchtigung ergeben, kann der Kläger jederzeit einen neuen Rentenantrag stellen. Die Einholung einer sachverständigen Zeugenaussage bei dem Psychotherapeuten E. hält der Senat nicht für erforderlich, da Dr. B. nicht nur Arzt für Neurologie und Psychiatrie sondern auch ein erfahrener Gutachter im sozialmedizinischen Bereich ist und er das Vorliegen dauerhafter qualitativer Leistungseinschränkungen verneint hat. Auch der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchen Tatsachen -abgesehen vom Stattfinden psychotherapeutischer Behandlung, was der Senat zugunsten des Klägers unterstellt - der Psychotherapeut E. befragt werden soll.
Im Schwerbehindertenbescheid vom 7.3.2006 sind zwar psychovegetative Störungen erwähnt, leistungsmindernde Einschränkungen ergeben sich allein hieraus jedoch nicht.
Die beim Kläger im Bereich beider Arme vorliegenden Engpasssyndrome führen - so Dr. B. - lediglich zu einer Beeinträchtigung der Feingeschicklichkeit im Bereich der Hände.
Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist der Kläger auch nach seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Zwar ist einzuräumen, dass der Beruf eines Maschinenschlossers im handwerklichen Bereich angesiedelt ist; das hindert eine Verweisung auf eine nicht artverwandte Tätigkeit jedoch dann nicht, wenn der Versicherte nach seinen durch Ausbildung beruflichen Werdegang und sonstige Betätigungen erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen zur vollwertigen Ausübung einer solchen Tätigkeit - nach einer zumutbaren betrieblichen Einweisungs- und Einarbeitungszeit von längstens drei Monaten - in der Lage ist (vgl. hierzu BSGE 44,288, 290 = SozR 2200 § 1246 Nr. 23; BSG, Urteil vom 08.09.1982 - 5 b RJ 36/82 -). Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist - wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Urteilen ergibt - eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig. Die für einen Mitarbeiter in der Poststelle erforderlichen organisatorischen Grundkenntnisse sind dem Kläger in seinem beruflichen Werdegang und den dort erworbenen Kenntnissen anzusinnen. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger die in dem Verweisungsberuf gestellten Anforderungen innerhalb einer nur kurzen Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig ausüben kann. So hat Dr. V. eine Tätigkeit mit üblicher durchschnittlicher geistiger Beanspruchung und Verantwortung für zumutbar gehalten.
Unerheblich ist, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trifft die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSGE 78, 207, 211 ff. = SozR - 2600 § 43 Nr. 13).
Nachdem schon die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht erfüllt sind, kann auch keine Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) gewährt werden.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der am geborene Kläger absolvierte von August 1977 bis Januar 1981 eine Lehre als Maschinenschlosser. Nach seinem Zivildienst arbeitete er vom 1.06.1982 bis 30.09.2002 bei der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft als Schlosser. Nach dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen wurde ihm im Oktober 2001 ein Defibrillator implantiert. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Er darf insbesondere nicht mehr im Bereich starker Magnetfelder arbeiten.
Am 11.03.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und wies auf bei ihm vorliegenden Herz-Rhythmus-Störungen hin.
Am 3.5.2002 erstattete der Facharzt für Innere Medizin Dr. E. im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Er diagnostizierte im Wesentlichen Herz-Rhythmus-Störungen, Übergewicht, arterielle Hypertonie, ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom bei nasaler CPAP-Behandlung, ein diätetisch eingestelltes Zuckerleiden, eine Fettstoffwechselstörung und HWS-Beschwerden. Der Kläger sei weiterhin in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Zeitdruck, Nachtschicht sowie die Einwirkung starker Magnetfelder sollten gemieden werden, ebenso Tätigkeiten mit Klettern und Steigen auf Strommasten. Die Tätigkeit eines Maschinenschlossers sei je nach Arbeitsplatz auch weiterhin vollsichtig zumutbar.
Mit Bescheid vom 6.6.2002 und - nach Einholung ärztlicher Befundberichte - mit Widerspruchsbescheid vom 5.12.2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und keine Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger könne in seinem erlernten Beruf als Maschinenschlosser weiterhin mehr als sechs Stunden täglich tätig sein.
Dagegen hat der Kläger am 18.12.2002 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und vorgebracht, er könne in seinem erlernten Beruf als Maschinenschlosser nicht mehr tätig sein, weil es kaum Gerätschaften gebe, die von Maschinenschlossern zu bedienen seien, die nicht stärkere oder weniger starke Magnetfelder hätten. Bei allen von Elektromotoren getriebenen Geräten träten derartige Magnetfelder auf. Er hat Informationen zur Benutzung von Schweißgeräten bei implantiertem Defibrillator/AICD vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Internist Dr. A. hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne leichte Arbeiten acht Stunden täglich verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck, sowie Schichtarbeit seien nicht mehr zumutbar. Aufgrund des implantierten Defibrillators müsse die Einwirkung von starken Magnetfeldern unbedingt gemieden werden und es sei eine Belastung mit ausholenden Bewegungen insbesondere im linken Arm zu vermeiden. Außerdem könnten Über-Kopf-Arbeiten nicht mehr durchgeführt werden. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. hat von einer diskreten rein sensiblen Symptomatik im Bereich der Hände berichtet und eine vollsichtige Tätigkeit - unter Ausschluss von Arbeiten mit weit überdurchschnittlichen Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der Hände - für zumutbar gehalten.
Der Orthopäde Dr. G. hat eine Bandscheibenprotrusion der Halswirbelsäule mit Einengung C5/6 rechts sowie mittelschwere degenerative Veränderungen an Hals- und Brustwirbelsäule diagnostiziert. Leichte körperliche Tätigkeiten, kurzfristig auch mittelschwere, im Gehen, Sitzen und Stehen seien möglich. Gewichte könnten bis maximal 5 Kilogramm gehoben werden, ausnahmsweise kurzfristig bis zu 10 Kilogramm.
Am 22.08.2004 hat der Orthopäde Dr. V. im Auftrag des Sozialgerichts ein Gutachten erstattet. Er hat ein gelegentliches Cervico-Cephal-Syndrom, eine Dorsalgie, ein LWS-Syndrom, eine beginnende Gonarthrose links sowie ein Karpal-Tunnel-Syndrom beidseits diagnostiziert und hat mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter Ausschluss von Zwangshaltungen für Kopf und Arme, von Heben oder Tragen von Lasten mit mehr als 15 Kilogramm von Kälte, Zugluft und Nässe im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sowie unter Ausschluss von Akkord- und Fließbandarbeit sechs Stunden täglich für zumutbar gehalten.
Das Sozialgericht hat die berufskundliche Auskunft der damaligen Bundesanstalt für Arbeit vom 7.10.2003, die Auskunft der Betriebsärztin Dr. S.-M. der Firma J. D. eingeholt und in der mündlichen Verhandlung die Arbeitsberaterin der Agentur für Arbeit K., gehört.
Mit Urteil vom 29.10.2004 hat das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt, erst Recht nicht diese für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Kläger sei zwar als Facharbeiter anzusehen, könne aber auf den Beruf des Montageschlossers verwiesen werden, den er im zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne. Dieser Beruf sei dem Kläger auch gesundheitlich zumutbar.
Gegen das am 10.02.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8.03.2005 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht auf eine Tätigkeit als Montageschlosser verwiesen werden, ebenso wenig auf die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten als Medikamentenausfahrer, Telefonist, Registrator, Poststellenmitarbeiter, Einsatz im Großhandel bei der Warenausgabe und Beratungstätigkeiten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Oktober 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist den Kläger, den sie als Facharbeiter ansieht, auf die Tätigkeit eines Telefonisten, Medikamentenausfahrers, Registrators oder Poststellenmitarbeiter und legt Auszüge aus entsprechenden Urteilen verschiedener Landessozialgerichte vor. Außerdem legt sie Stellungnahmen ihres ärztlichen Dienstes vor.
Der Kläger legt noch den Schwerbehindertenbescheid mit einem Grad der Behinderung (GdB von 70 vor und verweist darauf, dass bei ihm eine Schmerzsymptomatik im Bereich beider Arme bestehe. Außerdem habe sich eine massive sekundäre herzphobische Störung entwickelt.
Der Senat hat die Auskunft der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft eingeholt sowie Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat auf seinem Fachgebiet das Vorliegen quantitativer Leistungseinschränkungen verneint, den Kläger allerdings aufgrund neuerdings aufgetretener herzphobischer Entwicklung für gegenwärtig arbeitsunfähig gehalten. Er hat ergänzend zahlreiche ärztliche Äußerungen vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit noch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend die Rechtsgrundlage für das streitige Begehren (§ 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - ) und die einschlägigen Grundsätze hierzu dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.
Von der Beklagten wird nicht bestritten, dass der Kläger als Facharbeiter anzusehen ist und nicht mehr in seinem ursprünglichen Beruf als Maschinenschlosser tätig sein kann. Hiervon ist auch der Senat aufgrund der nachgewiesenen beruflichen Qualifikation (über dreijährige Berufsausbildung zum Maschinenschlosser, Auskunft der Forschungsgemeinschaft für elektrische Anlagen und Stromwirtschaft), sowie der Ausführungen von Dr. A., Dr. V., Dr. B. sowie der behandelnden Ärzte in der Medizinischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum H. überzeugt.
Anders als das Sozialgericht hält der Senat auf Grund der Angaben der Sachverständigen K. die Verweisung auf die Tätigkeit eines Montageschlossers nicht für zulässig. Der Kläger kann jedoch auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle (Vergütungsgruppe BAT VIII) verwiesen werden. Er ist deshalb nicht berufsunfähig.
Der Mitarbeiter in der Poststelle wird im öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt. Es handelt sich damit nach dem Tarifvertrag jeweils um Tätigkeiten für Ange- lernte und damit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten (Urteil des BSG vom 27.11.1991 - 5 RJ 91/89 -). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Die Tätigkeit umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Damit wird eine regelmäßige - ohnehin im Verhältnis zu einem Medikamentenausfahrer nur kurzzeitige - Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeuges nicht notwendigerweise verlangt. Dass dem Kläger damit nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keinen Zweifel.
Die Arbeit als Mitarbeiter in der Poststelle entspricht damit dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers, wie dies insbesondere Dr. E., Dr. A., Dr. B. und Dr. V. und Dr. G. nachvollziehbar dargelegt haben. Danach kann er noch zumindest leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne Tragen von Lasten über 5 kg, ausnahmsweise zehn Kilogramm, unter Vermeidung von Arbeiten in Zwangshaltung und mit häufig bückender Körperhaltung ausüben. Weiter sollten Akkord- und Fließbandarbeit, Nachtschicht, Wechselschicht, starke Einflüsse von Kälte, Zugluft und Nässe, Arbeiten mit Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der Hände und Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie Über-Kopf-Arbeiten vermieden werden. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es nicht so, dass diese Tätigkeit in Schichtarbeit oder unter Zeitdruck verrichtet wird.
Die zwischenzeitlich beim Kläger aufgetretene herzphobische Entwicklung führt derzeit zu keiner anderen Beurteilung, insbesondere lässt sich aus dieser Diagnose keine wesentliche und dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustands ableiten. So sieht Dr. B. lediglich eine hierdurch bedingte Arbeitsunfähigkeit als gegeben an. Sollte sich durch die herzphobische Entwicklung wider Erwarten eine dauerhafte zusätzliche Beeinträchtigung ergeben, kann der Kläger jederzeit einen neuen Rentenantrag stellen. Die Einholung einer sachverständigen Zeugenaussage bei dem Psychotherapeuten E. hält der Senat nicht für erforderlich, da Dr. B. nicht nur Arzt für Neurologie und Psychiatrie sondern auch ein erfahrener Gutachter im sozialmedizinischen Bereich ist und er das Vorliegen dauerhafter qualitativer Leistungseinschränkungen verneint hat. Auch der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchen Tatsachen -abgesehen vom Stattfinden psychotherapeutischer Behandlung, was der Senat zugunsten des Klägers unterstellt - der Psychotherapeut E. befragt werden soll.
Im Schwerbehindertenbescheid vom 7.3.2006 sind zwar psychovegetative Störungen erwähnt, leistungsmindernde Einschränkungen ergeben sich allein hieraus jedoch nicht.
Die beim Kläger im Bereich beider Arme vorliegenden Engpasssyndrome führen - so Dr. B. - lediglich zu einer Beeinträchtigung der Feingeschicklichkeit im Bereich der Hände.
Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist der Kläger auch nach seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Zwar ist einzuräumen, dass der Beruf eines Maschinenschlossers im handwerklichen Bereich angesiedelt ist; das hindert eine Verweisung auf eine nicht artverwandte Tätigkeit jedoch dann nicht, wenn der Versicherte nach seinen durch Ausbildung beruflichen Werdegang und sonstige Betätigungen erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen zur vollwertigen Ausübung einer solchen Tätigkeit - nach einer zumutbaren betrieblichen Einweisungs- und Einarbeitungszeit von längstens drei Monaten - in der Lage ist (vgl. hierzu BSGE 44,288, 290 = SozR 2200 § 1246 Nr. 23; BSG, Urteil vom 08.09.1982 - 5 b RJ 36/82 -). Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist - wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Urteilen ergibt - eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig. Die für einen Mitarbeiter in der Poststelle erforderlichen organisatorischen Grundkenntnisse sind dem Kläger in seinem beruflichen Werdegang und den dort erworbenen Kenntnissen anzusinnen. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger die in dem Verweisungsberuf gestellten Anforderungen innerhalb einer nur kurzen Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig ausüben kann. So hat Dr. V. eine Tätigkeit mit üblicher durchschnittlicher geistiger Beanspruchung und Verantwortung für zumutbar gehalten.
Unerheblich ist, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trifft die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSGE 78, 207, 211 ff. = SozR - 2600 § 43 Nr. 13).
Nachdem schon die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht erfüllt sind, kann auch keine Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) gewährt werden.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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