Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 EG 1458/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1397/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. November 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Erziehungsgeld (ErzG) im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) für die erste Hälfte des ersten Lebensjahres des am 22. September 2000 geborenen Kindes M ...
Die 1977 geborene Klägerin kroatischer Staatsangehörigkeit reiste am 22. Juni 2000 visumsfrei als Touristin in die Bundesrepublik Deutschland ein. Aufgrund der Geburt des Kindes konnte sie die Bundesrepublik Deutschland am 21. September 2000 nicht verlassen. Ihr wurde daher am 20. Oktober 2000 eine Duldungsfiktion, gültig bis zum 20. März 2001, ausgestellt. Am 16. März 2001 beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, die ihr am 11. April 2001 erteilt wurde. Ihr Ehemann S. R. war als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt.
Auf den Antrag der Klägerin vom 11. Januar 2001 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 08. Mai 2001 ErzG ab 11. April 2001 (Mitte des siebten Lebensmonats) in Höhe von insgesamt 3.091,00 DM. Zur Begründung führte sie aus, für den Anspruch eines Ausländers sei u. a. Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei. Ein Anspruch auf ErzG bestehe daher erst ab dem Datum der Erteilung der Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr Sohn besitze seit seiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit. Deswegen könne es nicht zu seinem Nachteil gereichen, dass seine Mutter erst nach der Geburt in den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis/Aufenthaltsberechtigung gelange. Sie legte hierzu eine Bescheinigung der Stadt G. vor, wonach sie aufgrund der Schwangerschaft und damit verbundener Komplikationen das Bundesgebiet nicht zum ausreisepflichtigen Zeitpunkt hätte verlassen können. Die ihr erteilte Aufenthaltsgenehmigung habe eine Gültigkeitsdauer bis 15. März 2002. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin habe für den streitigen Bezugszeitraum nicht den erforderlichen Aufenthaltsstatus. § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG enthalte eine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, mit der klargestellt worden sei, dass dem Erziehungsgeld gewährenden Leistungsträger nicht das Recht zustehe, selbst über die materielle Berechtigung des Ausländers zum Aufenthalt zu befinden. Die Entscheidung der Ausländerbehörde entfalte vielmehr Tatbestandswirkung. Das BErzGG biete auch keine gesetzliche Grundlage dafür, beim Fehlen der ausländerrechtlichen Voraussetzungen ErzG als Ermessensleistung zu gewähren. Die Klägerin erfülle daher erst seit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Voraussetzungen für den Bezug von ErzG, davor fehle es am erforderlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Insofern komme es auch nicht darauf an, ob ihr Aufenthalt vorher rechtmäßig gewesen sei. Im streitigen Bezugszeitraum habe ihr das zuständige Ausländeramt am 20. Oktober 2000 eine Bescheinigung nach § 69 Abs. 2 Ausländergesetz (AuslG) ausgestellt, wonach ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in dieser Zeit weiterhin nur als geduldet gelte. Eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis sei ihr erst am 11. April 2001 erteilt worden. Das BErzGG stelle auch nicht auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ab, sondern maßgeblich sei allein der formale Besitz der Aufenthaltserlaubnis, d.h. die Eintragung des Aufenthaltstitels in den Pass. Die Aufenthaltserlaubnis wirke nicht vor den Tag der Ausstellung zurück. Die Ausländerbehörden seien auch nicht arbeitsteilig in das Verfahren bei der Beklagten eingebunden, sodass ein etwaiges fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Ausländerbehörde der Beklagten nicht zurechenbar sei. Dass das Kind selbst die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, sei in diesem Zusammenhang nicht relevant. Der Anspruch folge schließlich auch nicht nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über soziale Sicherheit. Dieses sei für Kroatien durch ein neues Abkommen ersetzt worden, das jeweils in Art. 2 weder Kindergeld noch Bundeserziehungsgeld/Landeserziehungsgeld in den Anwendungsbereich einbeziehe.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, ihr Sohn besitze die deutsche Staatsangehörigkeit, so dass es eine offenkundige Selbstverständlichkeit sei, dass sich seine Mutter zusammen mit dem deutschen Kind im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Nachdem der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den insoweit einschlägigen Neuregelungen des Staatsangehörigkeitsrechtes versäumt habe, eine entsprechende Änderung des BErzGG vorzunehmen, sei dies nunmehr von der Rechtsprechung nachzuholen. Es müsse unerheblich bleiben, welche Staatsangehörigkeit die Mutter eines Kindes habe. Sie hat hierzu eine Bestätigung der Stadt G. vorgelegt, wonach M. R. die deutsche Staatsangehörigkeit bis zum Erreichen des 23. Lebensjahres kraft Gesetz erworben habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. November 2003, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 13. November 2003, hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides abgewiesen. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin den erforderlichen Aufenthaltstitel erst ab dem 11. April 2001 besitze und deswegen die Voraussetzungen erst ab diesem Zeitpunkt erfülle. Der aufenthaltsrechtliche Status entfalte insoweit Tatbestandswirkung. Für das Gericht sei nicht nachvollziehbar, inwieweit die Rechtsprechung ein Versäumnis des Gesetzgebers nachholen müsse, denn das Gericht sei ebenso wie die Beklagte an das vom Gesetzgeber definierte Recht in der Regel gebunden. Auf die Staatsangehörigkeit des anspruchsbegründenden Kindes komme es nicht an.
Ihre dagegen am 21. November 2003 eingelegte Berufung wurde mit Beschluss vom 24. Januar 2005 im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das § 1 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in der Fassung vom 23. Juni 1993 als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt hat, zum Ruhen gebracht (L 11 EG 4684/03).
Zur Begründung des wieder angerufenen Verfahrens trägt die Klägerin erneut vor, dass es nicht einzusehen sei, weshalb die Mutter eines deutschen Kindes, nur weil sie Ausländerin sei, nicht in gleicher Weise ErzG erhalten solle. Deutsche Kinder ausländischer Mütter seien keine Kinder zweiter Ordnung. Dies gelte um so mehr, als das ErzG letztlich dem Kind zugute käme.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. November 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2002 zu verurteilen, ihr Bundeserziehungsgeld im gesetzlichen Umfang für die Zeit vom 22. September 2000 bis 10. April 2001 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie verweist darauf, dass die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Juli 2004 (Az.: 1 BVR 2515/95) gesetzte Frist zu einer Neuregelung des BErzGG abgelaufen sei. Deswegen sei nunmehr das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden. Danach habe die Klägerin keinen Anspruch auf ErzG. Sie sei visumsfrei als Touristin in die Bundesrepublik eingereist, sodass ihr nur eine Duldungsfiktion erteilt worden wäre. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 11. April 2001 sei sie zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen, der nach dem nunmehr anwendbaren Recht Grundlage für den Bezug von BErzG sein könne.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG und damit insgesamt zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von ErzG auch für die erste Hälfte des ersten Lebensjahres ihres Kindes M ...
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf ErzG nach § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG in der ab dem 27. Juni 1993 geltenden Fassung sind in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten zutreffend dargestellt. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Nach Auffassung des Senats ist die Berufung unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten bereits aus den vom SG wie auch der Beklagten zutreffend und ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit verzichtet der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf eine erneute Darstellung der Entscheidungsgründe.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Klägerin ein Leistungsanspruch auch nicht nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 - 1 BvL 2515/95 - zusteht (SozR 4-7833 § 1 Nr. 4). In diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 aufgrund der darin enthaltenen Benachteiligung von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis für mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar erklärt. Eine Nichtigkeit der Norm wurde nicht ausgesprochen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen würden, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, weshalb nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht komme. Weiter hat das Bundesverfassungsgericht bestimmt, dass, wenn der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1. Januar 2006 durch eine Neuregelung ersetze, auf nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden sei.
Eine Neuregelung durch den Gesetzgeber bis zum 1. Januar 2006 ist nicht erfolgt. Nachdem der Gesetzgeber folglich nicht tätig geworden ist, ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auf - nicht abgeschlossene Verfahren - das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden (vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 2006 - L 11 EG 4/06). Diese Voraussetzung zur Anwendung des bis zum 26. Juni 1993 geltenden Rechts ist hier gegeben. Das Verfahren ist nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossen.
Die nach § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG erforderliche Voraussetzung, dass der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist, hat die Klägerin im streitigen Bezugszeitraum vom 22. September 2000 bis 10. April 2001 unstreitig nicht erfüllt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch aus der von ihr selbst vorgelegten Bestätigung der Stadt G., wonach ihr am 20. Oktober 2000 lediglich eine Duldungsfiktion nach § 69 Abs. 2 AuslG, gültig bis 20. März 2001, erteilt wurde. Somit war sie für den streitigen Zeitraum nicht im tatsächlichen Besitz einer notwendigen Aufenthaltsgenehmigung, die aber nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-1200 § 14 Nr. 24) durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes förmlich festgestellt sein muss. Dieser Entscheidung der Ausländerbehörde kommt für das Erziehungsgeldrecht Tatbestandswirkung zu (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 7). Die der Klägerin am 11. April 2001 erteilte Aufenthaltsberechtigung entfaltet auch keine rückwirkende Kraft (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12), so dass entgegen ihrem Vortrag auch nicht berücksichtigt werden muss, dass sie sich auch zuvor bereits rechtmäßig in Deutschland aufgehalten, lediglich aufgrund der verspäteten Antragstellung jetzt erst den Aufenthaltstitel habe.
Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob das anspruchsbegründende Kind M. bereits seit seiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Nach § 1 Abs. 1a BErzGG ist allein maßgebend, ob die Klägerin, also die Mutter, im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung ist.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Erziehungsgeld (ErzG) im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) für die erste Hälfte des ersten Lebensjahres des am 22. September 2000 geborenen Kindes M ...
Die 1977 geborene Klägerin kroatischer Staatsangehörigkeit reiste am 22. Juni 2000 visumsfrei als Touristin in die Bundesrepublik Deutschland ein. Aufgrund der Geburt des Kindes konnte sie die Bundesrepublik Deutschland am 21. September 2000 nicht verlassen. Ihr wurde daher am 20. Oktober 2000 eine Duldungsfiktion, gültig bis zum 20. März 2001, ausgestellt. Am 16. März 2001 beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, die ihr am 11. April 2001 erteilt wurde. Ihr Ehemann S. R. war als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt.
Auf den Antrag der Klägerin vom 11. Januar 2001 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 08. Mai 2001 ErzG ab 11. April 2001 (Mitte des siebten Lebensmonats) in Höhe von insgesamt 3.091,00 DM. Zur Begründung führte sie aus, für den Anspruch eines Ausländers sei u. a. Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei. Ein Anspruch auf ErzG bestehe daher erst ab dem Datum der Erteilung der Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr Sohn besitze seit seiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit. Deswegen könne es nicht zu seinem Nachteil gereichen, dass seine Mutter erst nach der Geburt in den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis/Aufenthaltsberechtigung gelange. Sie legte hierzu eine Bescheinigung der Stadt G. vor, wonach sie aufgrund der Schwangerschaft und damit verbundener Komplikationen das Bundesgebiet nicht zum ausreisepflichtigen Zeitpunkt hätte verlassen können. Die ihr erteilte Aufenthaltsgenehmigung habe eine Gültigkeitsdauer bis 15. März 2002. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin habe für den streitigen Bezugszeitraum nicht den erforderlichen Aufenthaltsstatus. § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG enthalte eine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, mit der klargestellt worden sei, dass dem Erziehungsgeld gewährenden Leistungsträger nicht das Recht zustehe, selbst über die materielle Berechtigung des Ausländers zum Aufenthalt zu befinden. Die Entscheidung der Ausländerbehörde entfalte vielmehr Tatbestandswirkung. Das BErzGG biete auch keine gesetzliche Grundlage dafür, beim Fehlen der ausländerrechtlichen Voraussetzungen ErzG als Ermessensleistung zu gewähren. Die Klägerin erfülle daher erst seit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Voraussetzungen für den Bezug von ErzG, davor fehle es am erforderlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Insofern komme es auch nicht darauf an, ob ihr Aufenthalt vorher rechtmäßig gewesen sei. Im streitigen Bezugszeitraum habe ihr das zuständige Ausländeramt am 20. Oktober 2000 eine Bescheinigung nach § 69 Abs. 2 Ausländergesetz (AuslG) ausgestellt, wonach ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in dieser Zeit weiterhin nur als geduldet gelte. Eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis sei ihr erst am 11. April 2001 erteilt worden. Das BErzGG stelle auch nicht auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ab, sondern maßgeblich sei allein der formale Besitz der Aufenthaltserlaubnis, d.h. die Eintragung des Aufenthaltstitels in den Pass. Die Aufenthaltserlaubnis wirke nicht vor den Tag der Ausstellung zurück. Die Ausländerbehörden seien auch nicht arbeitsteilig in das Verfahren bei der Beklagten eingebunden, sodass ein etwaiges fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Ausländerbehörde der Beklagten nicht zurechenbar sei. Dass das Kind selbst die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, sei in diesem Zusammenhang nicht relevant. Der Anspruch folge schließlich auch nicht nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über soziale Sicherheit. Dieses sei für Kroatien durch ein neues Abkommen ersetzt worden, das jeweils in Art. 2 weder Kindergeld noch Bundeserziehungsgeld/Landeserziehungsgeld in den Anwendungsbereich einbeziehe.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, ihr Sohn besitze die deutsche Staatsangehörigkeit, so dass es eine offenkundige Selbstverständlichkeit sei, dass sich seine Mutter zusammen mit dem deutschen Kind im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Nachdem der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den insoweit einschlägigen Neuregelungen des Staatsangehörigkeitsrechtes versäumt habe, eine entsprechende Änderung des BErzGG vorzunehmen, sei dies nunmehr von der Rechtsprechung nachzuholen. Es müsse unerheblich bleiben, welche Staatsangehörigkeit die Mutter eines Kindes habe. Sie hat hierzu eine Bestätigung der Stadt G. vorgelegt, wonach M. R. die deutsche Staatsangehörigkeit bis zum Erreichen des 23. Lebensjahres kraft Gesetz erworben habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. November 2003, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 13. November 2003, hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides abgewiesen. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin den erforderlichen Aufenthaltstitel erst ab dem 11. April 2001 besitze und deswegen die Voraussetzungen erst ab diesem Zeitpunkt erfülle. Der aufenthaltsrechtliche Status entfalte insoweit Tatbestandswirkung. Für das Gericht sei nicht nachvollziehbar, inwieweit die Rechtsprechung ein Versäumnis des Gesetzgebers nachholen müsse, denn das Gericht sei ebenso wie die Beklagte an das vom Gesetzgeber definierte Recht in der Regel gebunden. Auf die Staatsangehörigkeit des anspruchsbegründenden Kindes komme es nicht an.
Ihre dagegen am 21. November 2003 eingelegte Berufung wurde mit Beschluss vom 24. Januar 2005 im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das § 1 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in der Fassung vom 23. Juni 1993 als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt hat, zum Ruhen gebracht (L 11 EG 4684/03).
Zur Begründung des wieder angerufenen Verfahrens trägt die Klägerin erneut vor, dass es nicht einzusehen sei, weshalb die Mutter eines deutschen Kindes, nur weil sie Ausländerin sei, nicht in gleicher Weise ErzG erhalten solle. Deutsche Kinder ausländischer Mütter seien keine Kinder zweiter Ordnung. Dies gelte um so mehr, als das ErzG letztlich dem Kind zugute käme.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. November 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2002 zu verurteilen, ihr Bundeserziehungsgeld im gesetzlichen Umfang für die Zeit vom 22. September 2000 bis 10. April 2001 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie verweist darauf, dass die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Juli 2004 (Az.: 1 BVR 2515/95) gesetzte Frist zu einer Neuregelung des BErzGG abgelaufen sei. Deswegen sei nunmehr das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden. Danach habe die Klägerin keinen Anspruch auf ErzG. Sie sei visumsfrei als Touristin in die Bundesrepublik eingereist, sodass ihr nur eine Duldungsfiktion erteilt worden wäre. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 11. April 2001 sei sie zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen, der nach dem nunmehr anwendbaren Recht Grundlage für den Bezug von BErzG sein könne.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG und damit insgesamt zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von ErzG auch für die erste Hälfte des ersten Lebensjahres ihres Kindes M ...
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf ErzG nach § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG in der ab dem 27. Juni 1993 geltenden Fassung sind in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten zutreffend dargestellt. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Nach Auffassung des Senats ist die Berufung unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten bereits aus den vom SG wie auch der Beklagten zutreffend und ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit verzichtet der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf eine erneute Darstellung der Entscheidungsgründe.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Klägerin ein Leistungsanspruch auch nicht nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 - 1 BvL 2515/95 - zusteht (SozR 4-7833 § 1 Nr. 4). In diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 aufgrund der darin enthaltenen Benachteiligung von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis für mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar erklärt. Eine Nichtigkeit der Norm wurde nicht ausgesprochen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen würden, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, weshalb nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht komme. Weiter hat das Bundesverfassungsgericht bestimmt, dass, wenn der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1. Januar 2006 durch eine Neuregelung ersetze, auf nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden sei.
Eine Neuregelung durch den Gesetzgeber bis zum 1. Januar 2006 ist nicht erfolgt. Nachdem der Gesetzgeber folglich nicht tätig geworden ist, ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auf - nicht abgeschlossene Verfahren - das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden (vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 2006 - L 11 EG 4/06). Diese Voraussetzung zur Anwendung des bis zum 26. Juni 1993 geltenden Rechts ist hier gegeben. Das Verfahren ist nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossen.
Die nach § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG erforderliche Voraussetzung, dass der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist, hat die Klägerin im streitigen Bezugszeitraum vom 22. September 2000 bis 10. April 2001 unstreitig nicht erfüllt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch aus der von ihr selbst vorgelegten Bestätigung der Stadt G., wonach ihr am 20. Oktober 2000 lediglich eine Duldungsfiktion nach § 69 Abs. 2 AuslG, gültig bis 20. März 2001, erteilt wurde. Somit war sie für den streitigen Zeitraum nicht im tatsächlichen Besitz einer notwendigen Aufenthaltsgenehmigung, die aber nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-1200 § 14 Nr. 24) durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes förmlich festgestellt sein muss. Dieser Entscheidung der Ausländerbehörde kommt für das Erziehungsgeldrecht Tatbestandswirkung zu (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 7). Die der Klägerin am 11. April 2001 erteilte Aufenthaltsberechtigung entfaltet auch keine rückwirkende Kraft (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12), so dass entgegen ihrem Vortrag auch nicht berücksichtigt werden muss, dass sie sich auch zuvor bereits rechtmäßig in Deutschland aufgehalten, lediglich aufgrund der verspäteten Antragstellung jetzt erst den Aufenthaltstitel habe.
Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob das anspruchsbegründende Kind M. bereits seit seiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Nach § 1 Abs. 1a BErzGG ist allein maßgebend, ob die Klägerin, also die Mutter, im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung ist.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gegeben.
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