L 6 U 1444/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1331/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1444/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente über den 15. Februar 2000 hinaus.

Der 1961 geborene Kläger erlitt am 15. Februar 1999 einen Arbeitsunfall, als er rückwärts in eine ca. 2 m tiefe Grube stürzte. Im Durchgangsarztbericht vom 15. Februar 1999 führte Prof. Dr. V., H.-Klinikum GmbH, S., als Diagnosen eine Schädelprellung mit lateraler Kieferhöhlenfraktur rechts und Beteiligung der lateralen Orbitawand, eine Halswirbelsäulen (HWS)- Distorsion und eine Prellung des rechten Unterschenkels mit oberflächlicher Schürfung prätibial auf. Der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg Dr. S. berichtete in seinem Befundbericht vom 6. März 1999 über laterale Mittelgesichtsfrakturen rechts mit Jochbein- und Jochbogenfraktur, eine Orbitabodenfraktur, eine infraorbitalen Mehrfragmentfraktur, eine Alveolarfortsatzfraktur regio 16-18 sowie eine Lockerung der Zähne 12, 13, 16, 17, 18. Der Kläger habe am 5. März 1999 - so der beigefügte Arztbrief Dr. S.s vom 6. März 1999 - noch über eine Überempfindlichkeit der traumatisierten Zähne, Kopfschmerzen, Sehstörungen und eine Hypästhesie der Wange rechts geklagt. Prof. Dr. V. berichtete unter dem 2. März 1999 ergänzend, ein durchgeführtes Schädel-CT habe eine komplexe laterale Mittelgesichtsfraktur gezeigt. An der HWS hätten sich keine Auffälligkeiten gefunden. Dr. N., Chefarzt der Neurologischen Klinik des Klinikums H. GmbH berichtete unter dem 31. März 1999, dass sich der Kläger am 30. März 1999 wegen massiver Kopfschmerzen, Schwindel, rezidivierender Übelkeit und Erbrechen einmalig vorgestellt habe. Unter dem 27. April 1999 berichtete er über vom Kläger fortbestehend geklagte stechende, vom Nacken über den Hinterkopf aufsteigende Schmerzen sowie ein rezidivierendes Schwindelgefühl. Die Freundin des Klägers habe über eine ausgeprägte Unruhe, eine latente Aggression und Ungeduld berichtet. Als Diagnosen führte er einen Zustand nach Commotio cerebri und nach HWS-Distorsion mit beginnendem neurasthenischem Psychosyndrom auf sowie einen Zustand nach Oberkieferfraktur rechts. Mit Arztbrief vom 2. Juni 1999 berichtete Dr. N. über rezidivierende Stürze nach Schwindel und empfahl bei deutlich depressiver Stimmungslage einen stationären Klinkaufenthalt (dieser erfolgte in der Zeit vom 7. bis 18. sowie 21. bis 25. Juni 1999). Im Entlassbericht vom 30. Juni 1999 wurde ausgeführt, dass beim Kläger eine posttraumatische psychische Belastungsreaktion vorliege. Eine Psychotherapie sollte durchgeführt werden.

Im Auftrag der Beklagten erstellte am 23. September 1999 der Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. K. ein Gutachten. Darin führte er zusammenfassend aus, dass der Unfall vom 15. Februar 1999 auf seinem Fachgebiet keine Schäden zurückgelassen habe. Die beginnende Hörstörung rechts sei unfallunabhängig, wegen schwankender Angaben des Klägers und des Verdachts der Aggravation in ihrem Ausmaß aber nicht exakt zu bestimmen.

Nach teilstationärer Rehabilitationsmaßnahme vom 2. September bis 7. Oktober 1999 berichtete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S., Kliniken S., unter dem 20. Oktober 1999, dass sich während des Aufenthalts ein durchaus widersprüchliches Bild geboten habe. Der Kläger sei zeitweise einerseits vor Gesundheit geradezu strotzend gewesen, habe andererseits aber zeitweise auch ein Bild schwerer Hinfälligkeit geboten, verhaftet dem Unfall und den Unfallfolgen. In diagnostischer Hinsicht wurde von einer Anpassungsstörung gesprochen, die auf Symptomebene wesentlich von einer somatoformen Symptombildung geprägt werde, dynamisch von Angst und Zügen einer phobischen Vermeidungshaltung in Gang gehalten werde und in deren Kontext auch die Migräne-Symptomatik zu verstehen sei. Eine posttraumatische Belastungsstörung im engeren Sinn liege nicht vor, auch wenn einzelne Züge einer posttraumatischen Angstentwicklung bestünden. Bezogen auf den letzten Arbeitsplatz und die darauf - aufgrund des Unfallgeschehens - bezogenen Ängste liege weiterhin Arbeitsunfähigkeit vor. Abgesehen davon seien aber keine schwerwiegenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit zu erwarten, so dass auch nicht mit dauerhaften Einschränkungen oder einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zu rechnen sei. Die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens werde aber ebenso angeraten wie die Einschaltung eines Berufshelfers.

Das neurologisch-psychiatrische Gutachten erstattete unter dem 21. Dezember 1999 Dr. N ... Dieser diagnostizierte eine Anpassungsstörung. Das vom Kläger beschriebene komplexe Beschwerdebild sei als Symptomatik einer depressiv-neuroasthenischen Fehlverarbeitung zu sehen, die langsam in eine unfallbedingte Anpassungsstörung mit phobischer Vermeidungshaltung und somatoformer Symptombildung münde. Diese Reaktion sei bedingt als Unfallfolge anzusehen (Unfall als Auslöser), die beim Kläger zu beobachtende psychodynamische Entwicklung allerdings als unfallunabhängig. Für den neuroasthenischen Symptomkomplex ohne funktionelles Defizit werde eine MdE um 20 v.H. für die Dauer von 6 Monaten geschätzt.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab, da die noch vorliegenden Beschwerden (gelegentlicher Schwindel, Sehstörungen und verminderte Belastbarkeit) nicht unfallbedingt seien. "Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit" werde bis 16. Januar 2000 anerkannt.

Den dagegen gerichteten Widerspruch, zu dem der Kläger das Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 31. März 2000 vorlegte, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2000 zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 4. Juli 2000 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Er legte die Schreiben Dr. H.s vom 14. Juni 2000 vor. Dieses beauftragte den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 21. Dezember 2000 führte er aus, beim Kläger bestehe ein Gesichtsschmerzsyndrom mit somatoformer Überlagerung und eine im Abklingen befindliche Anpassungsstörung. Die nach dem Bericht der Kliniken S. ursprünglich anzunehmende MdE um 30 v.H. habe sich bei der Untersuchung durch Dr. N. bereits auf 20 v.H. für weitere 6 Monate reduziert. Jetzt sei nur noch eine MdE um 10 v.H. anzunehmen, wobei die Gesichtsschmerzproblematik aus seiner Sicht noch nicht ausreichend medizinisch abgeklärt sei.

Prof. Dr. S., Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Gesichtschirurgie, führt in seinem Gutachten vom 29. Juni 2001 aus, dass von kieferchirurgischer Seite keine feststellbaren Unfallfolgen vorliegen würden.

Der Kläger legte ergänzend einen Arztbrief des Hausarztes Dr. H. vom 14. Juni 2000 vor, in welchem dieser über bereits vor dem Unfall bestehende Kopfschmerzen, Verstimmung und Schlafstörungen berichtete, andererseits aber auch über eine Verschlechterung des Gesundheitszustands nach dem Unfall.

Nachdem der Kläger den Einwand erhoben hatte, dass sich die Anpassungsstörung nicht im Abklingen befinde und die Beklagte die von Dr. H. gestellte Diagnose nicht übernommen hatte, erstattete dieser im Auftrag des SG die ergänzende Stellungnahme vom 10. Mai 2002. Darin führte er aus, dass er den Einwänden der Beklagten nicht folgen könne. Dass beim Kläger allerdings schon - wie von Dr. H. berichtet - vor dem Unfall Beschwerden bestanden hätten, sei ein völlig neuer Aspekt, der für die Zusammenhangsbeurteilung wesentlich sei. Deshalb werde insoweit weitere Sachverhaltsaufklärung angeraten. Der Kläger legte daraufhin die Stellungnahme von Dr. H. vom 19. Juli 2002 vor, in welcher dieser ausführte, dass es sich vor dem Unfall um bloße Bagatellerkrankungen gehandelt habe. Die von ihm beschriebenen Schlafstörungen könnten durch die Psoriasis vulgaris und das Hämorrhoidalleiden erklärt werden, da beide Erkrankungen einen heftigen Juckreiz auslösten und dadurch auch den Schlaf störten. Dieser Umstand habe auch zu einer leichten depressiven Verstimmung geführt.

Im Auftrag des SG erstattete Dr. K., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, unter dem 9. März 2003 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten. Dieser führte aus, es liege eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion als Unfallfolge vor. Eine MdE um 30 v.H. werde für 6 Monate nach dem Unfallereignis, für weitere 6 Monate eine MdE um 20 v.H. und bis Februar 2001 eine MdE um 10 v.H. angenommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. Januar 2004 erkannte die Beklagte eine Angststörung mit depressiver Reaktion als Unfallfolge an. Das Anerkenntnis nahm der Kläger an. Das SG verurteilte die Beklagte daraufhin im übrigen unter Abänderung des Bescheids vom 27. Januar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2000, wegen des Unfalls vom 15. Februar 1999 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. vom 17. Januar 2000 bis 15. Februar 2000 zu gewähren. Mit Berichtigungsbeschluss vom 3. März 2000 wurde der Tenor um die Abweisung der Klage im übrigen ergänzt. Zur Begründung seiner Entscheidung stützte sich das SG auf die übereinstimmenden Diagnosen von Dr. N., Dr. H. und Dr. K., auf letzteren auch bezüglich der Feststellung der MdE. Eine traumatische Belastungsstörung liege nicht vor.

Gegen das am 11. März 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. April 2004 Berufung eingelegt und ausgeführt, dass über den von Dr. K. beschriebenen Zeitraum hinaus psychische Belastungen als Unfallfolgen bestünden. Im übrigen sei den neurologischen Folgen des Unfalls, insbesondere den Gesichtsschmerzen, zu wenig Beachtung geschenkt worden.

Im Auftrag des Gerichts hat unter dem 30. Mai 2005 der Arzt für Neurologie und Psychiatrie PD Dr. B., ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstattet. Dieser diagnostizierte eine laterale Kieferhöhlenfraktur sowie eine laterale Orbitawandfraktur rechts, reponiert und osteosynthetisch versorgt nach Arbeitsunfall am 15. Februar 1999, eine Schädelprellung sowie eine leichte Anpassungsstörung. Die MdE belaufe sich auf 10 v.H. Auf ergänzende Nachfrage nach Vorhalten des Klägers hat PD Dr. B. unter dem 30. Juni 2005 ausgeführt, beim Kläger liege definitiv keine Trigeminusneuralgie rechts vor, die noch von der Universitätsklinik F. unter dem 22. Dezember 2004 als Verdachtsdiagnose geäußert worden sei. Die von ihm erwähnte Hypästhesie im Versorgungsgebiet des Nervus infraorbitalis rechts sei Ausdruck einer allenfalls leichten Läsion des Teilastes des Nervus infraorbitalis. Dieser Befund stehe in keinem Zusammenhang mit einer Trigeminusneuralgie. Es handle sich um eine nur geringgradige Sensibilitätsstörung im rechten Mittelgesicht, die zu keiner Funktionsbeeinträchtigung und keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit führe.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist Prof. Dr. S., Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde mit der Erstellung eines Gutachtens auf mund-kiefer-gesichtschirurgischem Fachgebiet beauftragt worden. Im Gutachten vom 10. Oktober 2005, das von ihm und Dr. W. unterschrieben worden ist, wird ausgeführt, dass auf kieferchirurgischem Fachgebiet keine feststellbaren Gesundheitsstörungen mehr vorliegen würden, die auf den Unfall vom 15. Februar 1999 zurückzuführen seien. Der Kläger hat darauf eingewandt, dass die Untersuchung nicht durch Prof. Dr. S. erfolgt sei, sondern nur durch Dr. W ... Prof. Dr. S. bestätigte unter dem 9. Januar 2006, dass er aus terminlichen Gründen den Kläger nicht habe selbst untersuchen können. Dr. W. habe die Untersuchungsergebnisse allerdings ausführlich mit ihm besprochen. Das Gericht hat daraufhin Prof. Dr. S. beauftragt, den Kläger persönlich zu untersuchen und die Beurteilung möglicher Unfallfolgen aufgrund eigener Anschauung abzugeben.

Prof. Dr. S. hat daraufhin mit Schreiben vom 21. April 2006 mitgeteilt, dass der Kläger von ihm am 20. Februar 2006 untersucht worden sei. An den Feststellungen im Gutachten vom 10. Oktober 2005 ergäben sich keine Abweichungen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Januar 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 15. Februar 2000 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Verletztenrente über den 15. Februar 2000 hinaus zu.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wobei die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII). Dabei richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Nach dem Ergebnis der umfassenden medizinischen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass beim Kläger bis auf die von der Beklagten anerkannte Angststörung mit depressiver Reaktion nach dem 15. Februar 2000 keine Unfallfolgen verblieben sind, die eine MdE um wenigstens 20 v.H. begründen könnten. PD Dr. B. hat in Übereinstimmung mit Dr. N. und Dr. H. schlüssig und aus den anamnestischen Angaben des Kläger sowie den von ihm durchgeführten Untersuchungen keine weiteren Unfallfolgen diagnostizieren können, so dass auch an der vom SG getroffenen Feststellung, dass eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. nur bis 15. Februar 2000 vorliegt, keine Zweifel bestehen. Soweit von Klägerseite vorgebracht worden ist, PD Dr. B. habe unbeachtet gelassen, dass bei ihm auch der Verdacht auf eine Trigeminusneuralgie bestehe, die eine höhere MdE rechtfertigen könne, hat PD Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar dargestellt, dass eine Trigeminusneuralgie bei Kläger nicht besteht und sich die vom Universitätsklinikum Freiburg im Dezember 2004 formulierte Verdachtsdiagnose nicht bewahrheitet hat. PD Dr. B. hat darüber hinaus, dem Senat nachvollziehbar, ausgeführt, dass bereits an der gestellten Verdachtsdiagnose erhebliche Zweifel bestehen, da die vom Kläger dort geschilderten Beschwerden und der erhobene Befund nicht in Übereinstimmung gestanden haben und bereits aus diesem Grund die (Verdachts-)Diagnose einer Trigeminusneuralgie nicht zu rechtfertigen war.

Bei einer Trigeminusneuralgie handelt es sich um ein neurologisches Krankheitsbild, das sich in streng einseitigen heftigsten Schmerzattacken im Gesicht und Stirnbereich äußert und wenige Sekunden bis maximal 2 Minuten anhalten kann. Ausgelöst werden diese Schmerzattacken meist über bestimmte Triggerfaktoren. Der Schmerz tritt regelmäßig plötzlich auf, ist von scharfem, oberflächlichem und stechendem bzw. brennenden Charakter mit massivster Intensität. Zwischen den Schmerzepisoden besteht regelmäßig komplette Beschwerdefreiheit, ein neurologisches Defizit kann bei der klinischen Untersuchung regelmäßig nie gefunden werden. Da bei einer Mittelgesichtsfraktur, wie sie sich beim streitgegenständlichen Unfall ereignet hat, aber der Nervus trigeminus in seinem gesamten Verlauf nicht beeinträchtigt werden kann, kann eine entsprechende Neuralgie dieses Nervs beim Kläger schon deshalb ausgeschlossen werden. Bei einer Mittelgesichtsfraktur kann es maximal zu einer Beeinträchtigung eines peripheren Astes des Nervus maxillaris, insbesondere zu einer Beeinträchtigung des Nervus infraorbitalis kommen, ohne dass aber davon ausgehend eine Trigeminusneuralgie entstehen kann. PD Dr. B. hat weiter darauf hingewiesen, dass die am 2. Dezember 2003 und 22. Dezember 2004 von Prof. Dr. S. mitgeteilten Befunde inkonsistent waren und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Zweipunkt-Diskriminierung im gesamten Gesicht (und damit auch auf der unverletzten linken Seite) nach Angaben des Klägers völlig aufgehoben war, von einer bewussten Falschangabe des Klägers bei der Untersuchung auszugehen ist. Denn eine vollständige Aufhebung der Zweipunkt-Diskriminierung im gesamten Gesicht ist mit dem beim Kläger bestehenden Verletzungs- und Frakturmuster unter keinen Umständen vereinbar. Nicht zuletzt spricht gegen das Vorliegen einer Trigeminusneuralgie auch der Umstand, dass durch den Kläger, worauf PD Dr. B. zu Recht hingewiesen hat, diesbezüglich keinerlei medikamentöse Therapieversuche unternommen werden, obwohl eine Trigeminusneuralgie - liegt sie denn vor - bei den meisten Betroffenen auf diesem Wege gut zu therapieren ist.

Soweit der Kläger Unfallfolgen auf mund-, kiefer-, gesichtchirurgischem Fachgebiet beklagt, hat Prof. Dr. S. mit Dr. W. in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2005 sowie dem ergänzenden Gutachten vom 21. April 2006 für den Senat ebenfalls schlüssig Unfallfolgen verneint.

Anlass zu weiteren Beweiserhebungen von Amts wegen kann der Senat deshalb nicht erkennen.

Da nach alldem keine Unfallfolgen verblieben sind, die eine MdE um 20 v.H. über den 15. Februar 2000 hinaus begründen können, bestehen an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidungen keine Zweifel.

Deshalb war die Berufung zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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