Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 946/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1804/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in einer Nichtvertragsklinik streitig.
Der 1950 geborene Kläger, der unter Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule litt und sich deshalb seit dem Jahr 2002 in Behandlung befand, ist bei der Beklagten krankenversichert.
Im September 2002 konsultierte er u.a. erstmals Dr. C., der ihn zunächst erfolglos konservativ behandelte, worauf der Kläger am 22.01.2003 mit dem Wunsch einer operativen Sanierung in der Privatklinik Dr. C. vorstellig wurde.
Am 25.03.2003 suchte er außerdem die Sprechstunde der Orthopädischen Klinik M.-H. auf. Dort wurde zur Behandlung der Osteochondrose C5/6 und C6/7 zunächst eine Infiltrationstherapie für sinnvoll erachtet. In Abhängigkeit vom Verlauf sollte gegebenenfalls ein operatives Vorgehen im Sinne einer Spondylodese und Dekompression diskutiert werden. Nach seinen Angaben wurde der Kläger hierfür auf eine Warteliste gesetzt. Die Wartezeit sollte ca. vier Monate betragen.
Am 06.04.2003 begab sich der Kläger dann jedoch in die Privatklinik Dr. C. und wurde zur Durchführung einer Operation stationär aufgenommen. Am 07.04.2003 wurden CT’s gefertigt und der Kläger im Hinblick auf eine Operation aufgeklärt. Am 08.04.2003 erfolgte die Sanierung der Etage HWK 6/7 mittels einer Bryan Cervical Disc. Am 10.04.2003 wurde die Etage HWK 5/6 ebenfalls mittels einer Bryan Cervical Disc saniert. Der stationäre Aufenthalt dauerte bis zum 15.04.2003. Hierfür wurden dem Kläger, der am 06.04.2003 mit der Privatklinik Dr. C. GmbH einen privaten Behandlungsvertrag abgeschlossen hatte, Beträge in Höhe von 12.280,48 EUR für die Behandlung und 9.915,- EUR für den stationären Aufenthalt in Rechnung gestellt.
Am 22.04.2003 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten nach der Möglichkeit einer Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme, worauf ihm mündlich mitgeteilt wurde, dass eine Kostenübernahme abgelehnt werde, da die Behandlung in einer Privatklinik erfolgt sei.
Am 25.06.2003 beantragte der Kläger unter Vorlage der Rechnungen bei der Beklagten schriftlich die Kostenerstattung bzw. -übernahme. Zur Begründung wies er darauf hin, sein Gesundheitszustand habe sich Ende März/Anfang April 2003 erheblich verschlechtert, weshalb er sich kurzfristig zu der von Dr. C. angeratenen Operation entschlossen habe. Die Möglichkeit, sich in der Orthopädischen Klinik in M.-H. operieren zu lassen, habe er nicht gesehen, da dies dort erst nach Ablauf der Wartezeit möglich gewesen wäre. Da der Eingriff auf jeden Fall hätte erfolgen müssen, sollten ihm zumindest Kosten in der Höhe, die in einem zugelassenen Krankenhaus angefallen wären, erstattet werden. Insoweit bitte er auch zu berücksichtigen, dass eine Rehabilitationsmaßnahme nicht notwendig sei.
Die Beklagte wandte sich hierauf zunächst an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Für diesen äußerte sich Dr. S. dahingehend, dass beim Kläger eine baldige Operation indiziert gewesen sei. Alle gängigen und anerkannten Operationsmethoden an der Halswirbelsäule könnten aber in der Neurochirurgie des K.-Hospitals in S. ausgeführt werden. Dort hätte man den Kläger, wenn dies medizinisch erforderlich gewesen wäre, auch notfallmäßig operieren können.
Mit Bescheid vom 11.07.2003 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Aus sozialmedizinischer Sicht sei zwar eine baldige Operation indiziert gewesen, ein Notfall habe jedoch nicht vorgelegen. Der Kläger hätte durchaus noch die Möglichkeit gehabt, sich die Genehmigung zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Zudem wäre die Behandlung in der Neurochirurgie des K.-Hospitals in S. möglich gewesen. Dort hätte eine Notfallbehandlung, wenn sie denn medizinisch notwendig gewesen wäre, erfolgen können. Eine Erstattung auf Basis eines Vertragskrankenhauses sei nur in sogenannten Notfällen möglich.
Im Rahmen des hiergegen erhobenen Widerspruchs wies der Kläger darauf hin, dass im K.-Hospital in S. die bei ihm notwendige medizinisch erforderliche und nachhaltige Behandlung nicht hätte erbracht werden können. Es bestünden auch Zweifel daran, ob überhaupt eine notfallmäßige Aufnahme unter Wahrung der Behandlungsqualität im K.-Hospital möglich gewesen wäre. Außerdem hätte nach einer notfallmäßigen Aufnahme eine entsprechende Nachbehandlung erfolgen müssen und insofern wären Folgekosten entstanden. Durch die ganzheitliche Behandlung in der Privatklinik Dr. C. wären solche nicht entstanden. Darüber hinaus erscheine es fraglich, ob das Sach- und Dienstleistungsprinzip gewährleistet sei, wenn die erforderliche Behandlung in einem Vertragskrankenhaus erst nach einer viermonatigen Wartezeit möglich gewesen wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Privatklinik Dres. C. GmbH, Stuttgart, sei eine nicht zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassene Privatklinik, die der Kläger ohne Rückfrage oder Abstimmung mit ihr auf eigene Initiative aufgesucht habe. Nach dem Gesetz bestehe jedoch nur ein Anspruch auf Leistungen in einem Krankenhaus, das zur Behandlung von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen sei. Auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) scheide aus. Eine solche komme nur in Betracht, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft habe. Beide Fallkonstellationen lägen nicht vor.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er wiederholte im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und wies noch einmal darauf hin, dass es sich bei der stationären Behandlung um eine unaufschiebbare Leistung nach § 13 Abs. 3 SGB V gehandelt habe. An der Möglichkeit einer Behandlung im K.-Hospital in S. bestünden Zweifel. Ergänzend legte der Kläger noch die Zahlungserinnerung für die ihm in Rechnung gestellten Anästhesieleistungen in Höhe von 3.676,20 EUR vor.
Das SG hörte Dr. C. als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete über die Behandlung des Klägers zwischen dem 26.09.2002 und 03.09.2003 und insbesondere über die im April 2003 durchgeführten Operationen. Er legte den vom Kläger unterschriebenen privaten Behandlungsvertrag vor und wies darauf hin, dass die Alternativbehandlung bei einer 3-Etagen-Degeneration, die auch in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt werden könne, eine 3-Etagen-Spondylodese sei.
Mit Urteil vom 30.01.2006, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 09.03.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V scheitere zum einen daran, dass der Kläger vor dem stationären Aufenthalt in der Klinik Dr. C. nicht die Beklagte aufgesucht habe und deshalb die ihm entstandenen Kosten nicht ursächlich auf eine Ablehnung durch die Beklagte zurückzuführen seien und zum anderen daran, dass die Leistung nicht unaufschiebbar gewesen sei. Letzteres ergebe sich daraus, dass der Kläger bereits am 06.04.2003 in die Klinik Dr. C. aufgenommen worden sei und erst am 08.04. bzw. 10.04.2003 operiert worden sei. Abgesehen davon handele es sich bei der Klinik Dr. C. um eine Privatklinik, die nicht zugelassen sei. Ein Notfall liege nicht vor. Darüber hinaus hätte der Leistungserbringer im Falle eines Notfalls mit der Krankenkasse direkt abzurechnen. Ein Vergütungsanspruch gegenüber dem Versicherten stünde dem Leistungserbringer in diesem Fall nicht zu. Auch ein Systemversagen sei zu verneinen. Es hätten ausreichend andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden.
Hiergegen richtet sich die am 10.04.2006, einem Montag, eingelegte Berufung des Klägers. Er ist weiter der Ansicht, dass er davon habe ausgehen können, dass es sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt habe, nachdem der behandelnde Arzt eine kurzfristige stationäre Operation für erforderlich erachtet habe. Auf das K.-Hospital könne er nicht verwiesen werden, da dieses nur die gängigen und anerkannten Operationsmethoden an der Halswirbelsäule ausführen könne und diese Behandlungsmethoden nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Technik und Wissenschaft unter Berücksichtigung der Forschung entsprechen würden. Die von Dr. C. durchgeführte Behandlung werde auch von der Orthopädischen Klinik M.-H., die ein Vertragskrankenhaus sei, angeboten und gehöre daher zum Sachleistungsangebot der Beklagten. Es sei aber nicht denkbar, dass sich die Ärzte des K.-Hospitals entschlossen hätten, ihn vom K.-Hospital in die Spezialklinik nach M.-H. zu verbringen. Ein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V scheitere auch nicht daran, dass die Privatklinik Dr. C. nicht zugelassen sei, denn diese Norm betreffe gerade die Fälle der Inanspruchnahme einer Leistung außerhalb des Sachleistungssystems. Der Auffassung, dass bei einem Notfall nur der Leistungserbringer einen Anspruch gegen die Beklagte geltend machen könne, sei bei Vorliegen eines privaten Behandlungsvertrags nicht zu folgen. Es bestehe damit auch ein Leistungsverhältnis zwischen dem Patienten und dem Leistungserbringer. Zumindest bestehe in diesem Fall für den Versicherungsnehmer die Möglichkeit, von der Versicherung die Freistellung von Zahlungsverpflichtungen zu verlangen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2006 sowie den Bescheid vom 11. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der stationären Behandlung bei Dr. C. in der Zeit vom 06.04. bis 15.04.2003 auf Basis und in Höhe der bei einem Vertragskrankenhaus angefallenen Kosten zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die von Dr. C. durchgeführte Operation auch in der Orthopädischen Klinik in M. durchgeführt werde. Insoweit sind den Beteiligten die im Verfahren L 11 KR 2491/04 getätigten Ermittlungen zur Verfügung gestellt worden.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme. Ihnen wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten, die im Verfahren L 11 KR 2491/04 eingeholten Auskünfte und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihm anlässlich seines stationären Aufenthalts in der Privatklinik Dr. C. entstandenen Kosten, auch nicht in Höhe der bei einem Vertragskrankenhaus angefallenen Kosten.
Das SG hat unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt sind. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Ergänzend weist der Senat noch einmal darauf hin, dass die stationäre Behandlung des Klägers ab 06.04.2003 in der Klinik Dr. C. nicht unaufschiebbar war. Insbesondere waren die Kriterien für einen Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht gegeben. Der Begriff des Notfalls im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist nicht gleichzusetzen mit dem medizinischen Notfallbegriff. Ein Notfall im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt beziehungsweise Krankenhaus nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Dies ist vor allem der Fall, wenn ohne eine sofortige Behandlung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer Gefahren für Leib oder Leben entstehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden (vgl KassKomm-Höfler, § 13 SGB V Rdnr. 33 m.w.N.; KassKomm-Hess § 76 SGB V, Rdnr. 12). Das Bundessozialgericht hat den "dringenden Fall" u.a. beispielhaft dahin umschrieben, dass z.B. ein schwerer Unfall vorliegt, der die "sofortige" Krankenhausaufnahme erfordert (vgl. BSG Beschluss vom 21.02.2006 -B 1 KR 96/05 B - m.w.N.). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers und des Dr. C. sowie den Unterlagen über den stationären Aufenthalt und insbesondere aus dem Behandlungsgeschehen. Danach hatte sich präoperativ der Zustand des Klägers nach seinem Vortrag zwar verschlechtert. Nervenschädigungen in Form von Inkontinenz oder Lähmungen, die - wie dem Kläger bekannt war - eine baldige Operation erfordert hätten, um bleibende Schädigungen zu verhindern, waren jedoch nicht aufgetreten. Besonders deutlich zeigt sich die fehlende Notwendigkeit einer sofortigen Operation aber darin, dass der Kläger, als er sich am 06.04.2003 in der Klinik vorstellte, nicht sofort operiert wurde. Vielmehr bestand noch Zeit, die Aufnahmemodalitäten (privater Behandlungsvertrag) und Voruntersuchungen (CT, Aufklärung) durchzuführen. Die Operationen erfolgten erst am 08. und 10.04.2003.
Ein Anspruch kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemmangels in Betracht. Für einen Versorgungsnotstand, der es rechtfertigen würde, die Beklagte zur Erstattung der Behandlungskosten in einer Nichtvertragsklinik zu verpflichten, besteht kein Anhalt, nachdem nicht nur in der Klinik in M.-H., sondern auch zumindest in der Orthopädischen Klinik in M. im April 2003 diese Operationsmethode angewandt wurde.
Die geltend gemachte Kostenerstattung kann der Kläger auch nicht aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V herleiten. Die von ihm in Anspruch genommene Leistung gehörte von vornherein nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen zu gewähren haben und damit am Wirtschaftlichkeitsgebot zu messen sind. Auch der Umstand, dass die Beklagte an sich verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger bei Bedarf eine entsprechende Operation in einer Vertragseinrichtung zur Verfügung zu stellen, begründet keinen Anspruch auf Erstattung der nunmehr geltend gemachten Kosten. Der Kläger hat sich aus freien Stücken außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung begeben. Dies hat er auch gewusst. Für derartige Behandlungen hat die Krankenkasse selbst dann nicht einzustehen, wenn hierdurch keine höheren Kosten als im Rahmen des gesetzlichen Leistungssystems entstanden sind.
Da das SG nach alledem die Klage zu Recht abgewiesen hat, konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in einer Nichtvertragsklinik streitig.
Der 1950 geborene Kläger, der unter Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule litt und sich deshalb seit dem Jahr 2002 in Behandlung befand, ist bei der Beklagten krankenversichert.
Im September 2002 konsultierte er u.a. erstmals Dr. C., der ihn zunächst erfolglos konservativ behandelte, worauf der Kläger am 22.01.2003 mit dem Wunsch einer operativen Sanierung in der Privatklinik Dr. C. vorstellig wurde.
Am 25.03.2003 suchte er außerdem die Sprechstunde der Orthopädischen Klinik M.-H. auf. Dort wurde zur Behandlung der Osteochondrose C5/6 und C6/7 zunächst eine Infiltrationstherapie für sinnvoll erachtet. In Abhängigkeit vom Verlauf sollte gegebenenfalls ein operatives Vorgehen im Sinne einer Spondylodese und Dekompression diskutiert werden. Nach seinen Angaben wurde der Kläger hierfür auf eine Warteliste gesetzt. Die Wartezeit sollte ca. vier Monate betragen.
Am 06.04.2003 begab sich der Kläger dann jedoch in die Privatklinik Dr. C. und wurde zur Durchführung einer Operation stationär aufgenommen. Am 07.04.2003 wurden CT’s gefertigt und der Kläger im Hinblick auf eine Operation aufgeklärt. Am 08.04.2003 erfolgte die Sanierung der Etage HWK 6/7 mittels einer Bryan Cervical Disc. Am 10.04.2003 wurde die Etage HWK 5/6 ebenfalls mittels einer Bryan Cervical Disc saniert. Der stationäre Aufenthalt dauerte bis zum 15.04.2003. Hierfür wurden dem Kläger, der am 06.04.2003 mit der Privatklinik Dr. C. GmbH einen privaten Behandlungsvertrag abgeschlossen hatte, Beträge in Höhe von 12.280,48 EUR für die Behandlung und 9.915,- EUR für den stationären Aufenthalt in Rechnung gestellt.
Am 22.04.2003 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten nach der Möglichkeit einer Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme, worauf ihm mündlich mitgeteilt wurde, dass eine Kostenübernahme abgelehnt werde, da die Behandlung in einer Privatklinik erfolgt sei.
Am 25.06.2003 beantragte der Kläger unter Vorlage der Rechnungen bei der Beklagten schriftlich die Kostenerstattung bzw. -übernahme. Zur Begründung wies er darauf hin, sein Gesundheitszustand habe sich Ende März/Anfang April 2003 erheblich verschlechtert, weshalb er sich kurzfristig zu der von Dr. C. angeratenen Operation entschlossen habe. Die Möglichkeit, sich in der Orthopädischen Klinik in M.-H. operieren zu lassen, habe er nicht gesehen, da dies dort erst nach Ablauf der Wartezeit möglich gewesen wäre. Da der Eingriff auf jeden Fall hätte erfolgen müssen, sollten ihm zumindest Kosten in der Höhe, die in einem zugelassenen Krankenhaus angefallen wären, erstattet werden. Insoweit bitte er auch zu berücksichtigen, dass eine Rehabilitationsmaßnahme nicht notwendig sei.
Die Beklagte wandte sich hierauf zunächst an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Für diesen äußerte sich Dr. S. dahingehend, dass beim Kläger eine baldige Operation indiziert gewesen sei. Alle gängigen und anerkannten Operationsmethoden an der Halswirbelsäule könnten aber in der Neurochirurgie des K.-Hospitals in S. ausgeführt werden. Dort hätte man den Kläger, wenn dies medizinisch erforderlich gewesen wäre, auch notfallmäßig operieren können.
Mit Bescheid vom 11.07.2003 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Aus sozialmedizinischer Sicht sei zwar eine baldige Operation indiziert gewesen, ein Notfall habe jedoch nicht vorgelegen. Der Kläger hätte durchaus noch die Möglichkeit gehabt, sich die Genehmigung zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Zudem wäre die Behandlung in der Neurochirurgie des K.-Hospitals in S. möglich gewesen. Dort hätte eine Notfallbehandlung, wenn sie denn medizinisch notwendig gewesen wäre, erfolgen können. Eine Erstattung auf Basis eines Vertragskrankenhauses sei nur in sogenannten Notfällen möglich.
Im Rahmen des hiergegen erhobenen Widerspruchs wies der Kläger darauf hin, dass im K.-Hospital in S. die bei ihm notwendige medizinisch erforderliche und nachhaltige Behandlung nicht hätte erbracht werden können. Es bestünden auch Zweifel daran, ob überhaupt eine notfallmäßige Aufnahme unter Wahrung der Behandlungsqualität im K.-Hospital möglich gewesen wäre. Außerdem hätte nach einer notfallmäßigen Aufnahme eine entsprechende Nachbehandlung erfolgen müssen und insofern wären Folgekosten entstanden. Durch die ganzheitliche Behandlung in der Privatklinik Dr. C. wären solche nicht entstanden. Darüber hinaus erscheine es fraglich, ob das Sach- und Dienstleistungsprinzip gewährleistet sei, wenn die erforderliche Behandlung in einem Vertragskrankenhaus erst nach einer viermonatigen Wartezeit möglich gewesen wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Privatklinik Dres. C. GmbH, Stuttgart, sei eine nicht zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassene Privatklinik, die der Kläger ohne Rückfrage oder Abstimmung mit ihr auf eigene Initiative aufgesucht habe. Nach dem Gesetz bestehe jedoch nur ein Anspruch auf Leistungen in einem Krankenhaus, das zur Behandlung von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen sei. Auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) scheide aus. Eine solche komme nur in Betracht, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft habe. Beide Fallkonstellationen lägen nicht vor.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er wiederholte im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und wies noch einmal darauf hin, dass es sich bei der stationären Behandlung um eine unaufschiebbare Leistung nach § 13 Abs. 3 SGB V gehandelt habe. An der Möglichkeit einer Behandlung im K.-Hospital in S. bestünden Zweifel. Ergänzend legte der Kläger noch die Zahlungserinnerung für die ihm in Rechnung gestellten Anästhesieleistungen in Höhe von 3.676,20 EUR vor.
Das SG hörte Dr. C. als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete über die Behandlung des Klägers zwischen dem 26.09.2002 und 03.09.2003 und insbesondere über die im April 2003 durchgeführten Operationen. Er legte den vom Kläger unterschriebenen privaten Behandlungsvertrag vor und wies darauf hin, dass die Alternativbehandlung bei einer 3-Etagen-Degeneration, die auch in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt werden könne, eine 3-Etagen-Spondylodese sei.
Mit Urteil vom 30.01.2006, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 09.03.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V scheitere zum einen daran, dass der Kläger vor dem stationären Aufenthalt in der Klinik Dr. C. nicht die Beklagte aufgesucht habe und deshalb die ihm entstandenen Kosten nicht ursächlich auf eine Ablehnung durch die Beklagte zurückzuführen seien und zum anderen daran, dass die Leistung nicht unaufschiebbar gewesen sei. Letzteres ergebe sich daraus, dass der Kläger bereits am 06.04.2003 in die Klinik Dr. C. aufgenommen worden sei und erst am 08.04. bzw. 10.04.2003 operiert worden sei. Abgesehen davon handele es sich bei der Klinik Dr. C. um eine Privatklinik, die nicht zugelassen sei. Ein Notfall liege nicht vor. Darüber hinaus hätte der Leistungserbringer im Falle eines Notfalls mit der Krankenkasse direkt abzurechnen. Ein Vergütungsanspruch gegenüber dem Versicherten stünde dem Leistungserbringer in diesem Fall nicht zu. Auch ein Systemversagen sei zu verneinen. Es hätten ausreichend andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden.
Hiergegen richtet sich die am 10.04.2006, einem Montag, eingelegte Berufung des Klägers. Er ist weiter der Ansicht, dass er davon habe ausgehen können, dass es sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt habe, nachdem der behandelnde Arzt eine kurzfristige stationäre Operation für erforderlich erachtet habe. Auf das K.-Hospital könne er nicht verwiesen werden, da dieses nur die gängigen und anerkannten Operationsmethoden an der Halswirbelsäule ausführen könne und diese Behandlungsmethoden nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Technik und Wissenschaft unter Berücksichtigung der Forschung entsprechen würden. Die von Dr. C. durchgeführte Behandlung werde auch von der Orthopädischen Klinik M.-H., die ein Vertragskrankenhaus sei, angeboten und gehöre daher zum Sachleistungsangebot der Beklagten. Es sei aber nicht denkbar, dass sich die Ärzte des K.-Hospitals entschlossen hätten, ihn vom K.-Hospital in die Spezialklinik nach M.-H. zu verbringen. Ein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V scheitere auch nicht daran, dass die Privatklinik Dr. C. nicht zugelassen sei, denn diese Norm betreffe gerade die Fälle der Inanspruchnahme einer Leistung außerhalb des Sachleistungssystems. Der Auffassung, dass bei einem Notfall nur der Leistungserbringer einen Anspruch gegen die Beklagte geltend machen könne, sei bei Vorliegen eines privaten Behandlungsvertrags nicht zu folgen. Es bestehe damit auch ein Leistungsverhältnis zwischen dem Patienten und dem Leistungserbringer. Zumindest bestehe in diesem Fall für den Versicherungsnehmer die Möglichkeit, von der Versicherung die Freistellung von Zahlungsverpflichtungen zu verlangen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2006 sowie den Bescheid vom 11. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der stationären Behandlung bei Dr. C. in der Zeit vom 06.04. bis 15.04.2003 auf Basis und in Höhe der bei einem Vertragskrankenhaus angefallenen Kosten zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die von Dr. C. durchgeführte Operation auch in der Orthopädischen Klinik in M. durchgeführt werde. Insoweit sind den Beteiligten die im Verfahren L 11 KR 2491/04 getätigten Ermittlungen zur Verfügung gestellt worden.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme. Ihnen wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten, die im Verfahren L 11 KR 2491/04 eingeholten Auskünfte und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihm anlässlich seines stationären Aufenthalts in der Privatklinik Dr. C. entstandenen Kosten, auch nicht in Höhe der bei einem Vertragskrankenhaus angefallenen Kosten.
Das SG hat unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt sind. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Ergänzend weist der Senat noch einmal darauf hin, dass die stationäre Behandlung des Klägers ab 06.04.2003 in der Klinik Dr. C. nicht unaufschiebbar war. Insbesondere waren die Kriterien für einen Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht gegeben. Der Begriff des Notfalls im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist nicht gleichzusetzen mit dem medizinischen Notfallbegriff. Ein Notfall im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt beziehungsweise Krankenhaus nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Dies ist vor allem der Fall, wenn ohne eine sofortige Behandlung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer Gefahren für Leib oder Leben entstehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden (vgl KassKomm-Höfler, § 13 SGB V Rdnr. 33 m.w.N.; KassKomm-Hess § 76 SGB V, Rdnr. 12). Das Bundessozialgericht hat den "dringenden Fall" u.a. beispielhaft dahin umschrieben, dass z.B. ein schwerer Unfall vorliegt, der die "sofortige" Krankenhausaufnahme erfordert (vgl. BSG Beschluss vom 21.02.2006 -B 1 KR 96/05 B - m.w.N.). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers und des Dr. C. sowie den Unterlagen über den stationären Aufenthalt und insbesondere aus dem Behandlungsgeschehen. Danach hatte sich präoperativ der Zustand des Klägers nach seinem Vortrag zwar verschlechtert. Nervenschädigungen in Form von Inkontinenz oder Lähmungen, die - wie dem Kläger bekannt war - eine baldige Operation erfordert hätten, um bleibende Schädigungen zu verhindern, waren jedoch nicht aufgetreten. Besonders deutlich zeigt sich die fehlende Notwendigkeit einer sofortigen Operation aber darin, dass der Kläger, als er sich am 06.04.2003 in der Klinik vorstellte, nicht sofort operiert wurde. Vielmehr bestand noch Zeit, die Aufnahmemodalitäten (privater Behandlungsvertrag) und Voruntersuchungen (CT, Aufklärung) durchzuführen. Die Operationen erfolgten erst am 08. und 10.04.2003.
Ein Anspruch kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemmangels in Betracht. Für einen Versorgungsnotstand, der es rechtfertigen würde, die Beklagte zur Erstattung der Behandlungskosten in einer Nichtvertragsklinik zu verpflichten, besteht kein Anhalt, nachdem nicht nur in der Klinik in M.-H., sondern auch zumindest in der Orthopädischen Klinik in M. im April 2003 diese Operationsmethode angewandt wurde.
Die geltend gemachte Kostenerstattung kann der Kläger auch nicht aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V herleiten. Die von ihm in Anspruch genommene Leistung gehörte von vornherein nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen zu gewähren haben und damit am Wirtschaftlichkeitsgebot zu messen sind. Auch der Umstand, dass die Beklagte an sich verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger bei Bedarf eine entsprechende Operation in einer Vertragseinrichtung zur Verfügung zu stellen, begründet keinen Anspruch auf Erstattung der nunmehr geltend gemachten Kosten. Der Kläger hat sich aus freien Stücken außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung begeben. Dies hat er auch gewusst. Für derartige Behandlungen hat die Krankenkasse selbst dann nicht einzustehen, wenn hierdurch keine höheren Kosten als im Rahmen des gesetzlichen Leistungssystems entstanden sind.
Da das SG nach alledem die Klage zu Recht abgewiesen hat, konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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