L 1 U 1915/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3134/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1915/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen der Folgen einer dem Grunde nach als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anerkannten Lärmschwerhörigkeit.

Der 1943 geborene Kläger übte seinen Angaben nach in seinem Heimatland Türkei keine Tätigkeit aus. In der Bundesrepublik Deutschland war er von 1972 bis 1976 als Maschinenarbeiter an Druckmaschinen zur Herstellung von Girlanden und von Oktober 1976 als Gießer an einer Gießmaschine beschäftigt. Der Beurteilungspegel betrug für die Tätigkeit als Maschinenarbeiter nach Messungen der für diesen Betrieb zuständigen Berufsgenossenschaft ca. 86 dB(A) (Stellungnahme vom 29. Oktober 1998). Der Technische Aufsichtsdienst der E.- und U.-Berufsgenossenschaft, eine der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) ermittelte für die Tätigkeit als Gießer eine durchschnittliche Lärmeinwirkung von 87 dB(A) bei einer Impulshaltigkeit von Ki = 2 dB(A). Da der Kläger seinen Angaben nach seit 1976 konsequent Gehörschutz benutzte, ging der Technische Aufsichtsdienst davon aus, dass die verbleibende Lärmeinwirkung unter dem Gehörschutz deutlich unter 85 dB(A) betragen habe (Stellungnahme vom 14. Juli 1999). Der Institut für Arbeits- und Sozialhygiene übersandte der Beklagten die Audiogramme, die seit 1977 bei Lärmvorsorgeuntersuchungen gefertigt worden waren.

Prof. Dr. L. fand bei seiner Untersuchung eine deutliche Ttieftonhörminderung und führte in seinem Gutachten vom 28. Juni 2000 aus, die beidseitige Hörminderung sei zu Ungunsten der linken Seite asymmetrisch. Die Lärmanamnese in Zeitdauer und Intensität sei durchaus geeignet, eine Schwerhörigkeit zu bedingen. Das Ausmaß der vorliegenden Hörstörung sei jedoch durch die Lärmexposition nicht erklärbar. In Anbetracht der Intensität sei ein Gehörschaden mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10% zu schätzen. Alle darüber hinausgehenden Hörverluste seien als nicht lärmbedingt anzusehen und mit einem schicksalhaften Krankheitsverlauf in Verbindung zu bringen. Die Staatliche Gewerbeärztin sprach sich für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV in nicht entschädigungspflichtigem Ausmaß aus (Gewerbeärztliche Feststellung vom 10. August 2000). In der von der Beklagten angeforderten Stellungnahme vom 9. Oktober 2000 vertrat Prof. Dr. R. die Auffassung, der Kläger leide mit überwiegender Wahrscheinlichkeit an einer im Wesentlichen lärmunabhängig entstandenen Schallempfindungsschwerhörigkeit beiderseits, in der eine geringe, das Sprachgehör noch nicht beeinträchtigende Lärmschwerhörigkeit nicht abgrenzbar aufgehe. Die berufliche Lärmeinwirkung stelle keine wesentliche Teilursache der nachgewiesenen Schwerhörigkeit dar.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) ab, weil der tonaudiometrische Befund (erheblicher Hörverlust in den tiefen Frequenzen) für eine Lärmschwerhörigkeit atypisch sei und auch nicht als hochtonbetont interpretiert werden könne. Der Kläger erhob Widerspruch.

In der daraufhin von der Beklagten angeforderten weiteren Stellungnahme nach Aktenlage vom 2. März 2001 blieb Prof. Dr. R. bei seiner Auffassung. Die Beklagte veranlasste die weitere Begutachtung durch Prof. Dr. H ... Im Gutachten vom 5. Dezember 2001 führte er aus, das gezeigte Schwerhörigkeitsbild (nach der Hörabstandprüfung, dem Hörschwellenaudiogramm und dem Sprachaudiogramm müsse von einer Taubheit ausgegangen werden) werde durch eine massive Aggravation des Klägers geprägt. Auf Grund der objektiven Hörverlustwerte ermittele sich ein prozentualer Hörverlust für das rechte Ohr von 40% und für das linke Ohr von 30%. Die gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit rechts und die geringgradige Schwerhörigkeit links könne vor allem unter Hinweis auf den Hörverlust im Tieftonbereich nicht im Rahmen der nur grenzwertig gehörschädigenden Lärmexposition gewertet werden. Auffällig sei die erhebliche Variabilität der verschiedenen Höruntersuchungen zwischen 1977 bis 1996. Die objektiven Befunde der heutigen Untersuchung ließen erkennen, dass die 1998 aufgezeigte Schwerhörigkeit heute nicht mehr in diesem Ausmaß nachweisbar sei. In einer von der Beklagten weiter angeforderten Stellungnahme nach Aktenlage vom 9. Juni 2003 vertrat Prof. Dr. P. die Auffassung, das Vorliegen einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit in geringem Ausmaß und ohne nachweisliche Verursachung einer MdE von wenigstens 10 vH sei wahrscheinlich. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV sei dem Grunde nach anzuerkennen. Nach dem Befund der Untersuchung am 6. Dezember 1979 sei davon auszugehen, dass an diesem Tag eine beginnende Lärmschädigung des Gehörs vorgelegen habe, der Lärm am Arbeitsplatz wahrscheinlich die wesentliche Ursache dieser Hörschädigung gewesen sei und damals eine messbare MdE nicht vorgelegen habe. Alle späteren Befunde zeigten zunehmende Hörverluste sowohl in den hohen Frequenzen um c5 als auch in den tiefen Frequenzen, sodass eine hinreichend sichere Abgrenzung zwischen den Folgen des Lärmschadens und einer mit Sicherheit vorhandenen lärmunabhängigen Schwerhörigkeitskomponente nicht mehr möglich sei.

Die Beklagte hob ihren Bescheid vom 12. Dezember 2000 auf und erkannte eine Schwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV dem Grunde nach und als Folge der Berufskrankheit eine noch nicht geringgradige Hochtonschwerhörigkeit beidseits an. Einen Anspruch auf Rente wegen der Berufskrankheit lehnte sie ab (Bescheid vom 23. Juli 2003). Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2004). Wegen des nicht eindeutig ausreichenden Sprachverständnisses seien im Wesentlichen die tonaudiometrischen Befunde bewertet worden. Aus den noch objektiv verwertbaren Hörprüfungen ergebe sich, dass am 6. Dezember 1979 eine beginnende Hochtonschwerhörigkeit beiderseits vorgelegen habe und der Lärm am Arbeitsplatz wahrscheinlich die wesentliche Ursache dieser Hörstörung gewesen sei, eine messbare MdE zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen habe.

Der Kläger hat am 2. September 2004 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Durch den Hörverlust im mittleren Frequenzbereich und Tieftonbereich beiderseits sei seine Hörfähigkeit so eingeschränkt, dass eine MdE in rentenberechtigendem Grade vorliege.

Das Sozialgericht hat die HNO-Ärzte Dr. P. und Dr. G. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. P., der die Lärmvorsorgeuntersuchungen durchgeführt hat, hat die Diagnose einer Schwerhörigkeit gestellt und weiter angegeben, ob und in welchem Ausmaß es durch Einwirkung von Lärm am Arbeitsplatz tatsächlich zur Hörverschlechterung gekommen sei, könne er nicht einschätzen (Schreiben vom 18. Oktober 2004). Dr. G. hat die Diagnose einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie einen Zustand nach endonasaler Nasennebenhöhlenoperation beidseits im November 1999 wegen chronisch polypöser Rhinosinusitis gestellt und weiter angegeben, im Vergleich zu der im April 1998 erfolgten Hörprüfung finde sich heute eine Verschlechterung der Innenohrschwerhörigkeit von durchschnittlich 20 dB im Hauptsprachbereich beidseits (Schreiben vom 19. November 2004).

Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Dr. von W. das HNO-ärztliche Gutachten vom 10. Mai 2005 erstattet. Es liege eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits vor. Auch wenn die verschiedenen Audiogramme einige Unstimmigkeiten aufwiesen, lasse sich jedoch als Grundtendenz eine beginnende Diskantschwerhörigkeit feststellen, die sich im Laufe der Jahre verstärkt und dann - immer unter Betonung der hohen frequenten Anteile - auch die tiefen und mittleren Frequenzen mit einbeziehe. Auch er gehe von einer überwiegend lärmunabhängigen Schwerhörigkeitskomponente aus. Die Lärmbelastung habe den eigentlichen schicksalhaften Verlauf einer degenerativer Innenohrerkrankung intensiviert. Ab der Meldung (12. Mai 1998) hat er die lärmbedingte MdE mit 10 vH, ab dem Audiogramme vom 30. Oktober 2001 mit 20 vH beziffert.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. März 2006). Der Kläger habe weder Anspruch auf Anerkennung auch der Hörverluste im mittleren Frequenzbereich und im Tieftonbereich beiderseits als (Folgen der) Berufskrankheit noch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Schwerhörigkeit. Diese bedinge keine MdE von mindestens 20 vH. Dies ergebe sich aus den schlüssigen und in sich stimmigen Ausführungen von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. P. sowie den damit im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzungen von Prof. Dr. L. und Prof. Dr. R ... Die von Dr. von W. vorgeschlagene Entschädigung ab dem 30. Oktober 2001 überzeuge nicht.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 13. März 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. April 2006 Berufung eingelegt. Er verweist auf das Gutachten des Dr. von W ...

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. März 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, auch den Hörverlust im mittleren Frequenzbereich und Tieftonbereich beiderseits als Folge der Berufskrankheit anzuerkennen und wegen deren Folgen ab dem 30. Oktober 2001 eine Rente nach einer MdE von 20 vH zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit er eine Rente ablehnt.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung -(SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen, u.a. als Rente. Nach § 56 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vH mindern. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen. Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV ist eine Lärmschwerhörigkeit.

Eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) ist dem Grunde nach mit dem Bescheid vom 23. Juli 2003 anerkannt. Aus dieser Anerkennung einer Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit dem Grunde nach folgt aber nicht, dass der gesamte Hörverlust Folge der Berufskrankheit ist. Erforderlich ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung. Zur Bejahung dieses ursächlichen Zusammenhangs ist die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. Eine Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne (conditio sine qua non) reicht nicht aus, um die geltend gemachte Gesundheitsstörung als Folge einer Berufskrankheit zu qualifizieren. Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nämlich nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit anerkannt wird, sondern nur derjenige, der "wesentlich" durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind. (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.).

Nicht der gesamte vorliegende Hörverlust ist durch die versicherte Tätigkeit verursacht. Denn nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen aller Gutachter besteht beim Kläger eine lärmunabhängige Ursache der Hörstörung. Die im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter, deren Stellungnahme der Senat urkundenbeweislich verwertet, haben eine Abgrenzung versucht. Sie sind zwar insoweit zum Teil zu unterschiedlichen Auffassungen gekommen. Prof. Dr. R. hielt eine Abgrenzung für nicht möglich und Prof. Dr. H. sah die gesamte Schwerhörigkeit als berufsunabhängig an. Prof. Dr. L. und Prof. Dr. P. hielten demgegenüber einen bestimmen Anteil durch den Lärm am Arbeitsplatz verursacht. Zu dieser Auffassung gelangte auch der nach § 109 SGG vom Sozialgericht gehörte Sachverständige Dr. von W ... Insbesondere die Auffassung von Prof. Dr. P. führte dann zur Anerkennung der Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit dem Grunde nach. Trotz der in Einzelheiten unterschiedlichen Auffassungen verneinen aber die Gutachter, die eine Teilursache durch die versicherte Tätigkeit annehmen, übereinstimmend eine rentenberechtigende MdE. Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 23. Juli 2003 eine noch nicht geringgradige Hochtonschwerhörigkeit beiderseits als Folge der Berufskrankheit anerkannte. Diese Folge bedingt keine MdE von - ein so genannter Tatbestand einer Stützrente ist nicht ersichtlich - wenigstens 20 vH. Eine geringgradige Schwerhörigkeit auf beiden Ohren ergibt nach Empfehlungen für die Begutachtung der beruflichen Lärmschwerhörigkeit - "Königsteiner Merkblatt" - (abgedruckt bei Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung), M 2301, S. 6 ff), nach dem sich im Wesentlichen die Bewertung der MdE von Hörverlusten richtet (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1982 - 2 RU 55/81 -), eine MdE von allenfalls 15 vH.

Der abweichenden Auffassung des Prof. Dr. von W. vermag auch der Senat nicht zu folgen. Seinem Gutachten lässt sich schon nicht entnehmen, wie hoch der prozentuale Hörverlust ist. Er begründete in seinem Gutachten auch nicht, welcher Anteil der Hörstörung auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sei. Bei der Einschätzung der MdE von 20 vH müsste unter Berücksichtigung der Tabelle zur Berechnung der MdE nach dem Königsteiner Merkblatt zumindest auf einem Ohr eine mittelgradige Schwerhörigkeit (Hörverlust von 40% bis 60%) durch die versicherte Tätigkeit verursacht sein. Geht man - mangels Angaben im Gutachten des Dr. W. - von dem von Prof. Dr. H. ermittelten Hörverlust von 40% für das rechte Ohr und 30% für das linke Ohr aus, wäre dies der weit überwiegende Teil des Hörverlustes. Ein solcher Hörverlust wäre aber im Hinblick auf die nur grenzwertige Lärmbelastung von 87 dB(A), die auf Grund des nach eigenen Angaben des Klägers konsequent getragenen Gehörschutzes noch geringer war, nicht nachvollziehbar, wie Prof. Dr. H. in seinem Gutachten ausführte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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