L 7 AL 2546/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1733/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 2546/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der am 1944 geborene Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 25. März bis 31. Dezember 2004.

Der Kläger, der zuletzt als freier Versicherungsvertreter tätig war, bezog vom 15. August 2000 bis zum 3. Oktober 2002 von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg). Am 26. September 2002 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und bezog - im Anschluss an das Arbeitslosengeld - Krankengeld von seiner Krankenkasse (KKH).

Am 17. Februar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Alhi zum 25. März 2004, da sein Anspruch auf Krankengeld am 24. März 2004 auslaufe. Er sei jedoch weiterhin arbeitsunfähig krank geschrieben.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. März 2004 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Oktober 2002 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Für die Zeit ab dem 1. Mai 2004 wurden laufende Zahlungen in Höhe von 220,68 Euro monatlich festgesetzt; für die Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 30. April 2004 wurde eine Nachzahlung in Höhe von 4203,90 Euro festgesetzt, die vorbehaltlich der Befriedigung von Ersatzansprüchen anderer Stellen zunächst einbehalten wurde. Mit weiterem bestandskräftigem Bescheid vom 17. März 2004 bewilligte die BfA dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit befristet vom 1. April 2003 bis 31. März 2006. Für die Zeit ab dem 1. Mai 2004 wurden laufende Zahlungen in Höhe eines monatlichen Zahlbetrags von 438,90 Euro festgesetzt; für die Zeit vom 1. April 2003 bis 30. April 2004 wurde eine Nachzahlung in Höhe von 2849, 82 Euro festgesetzt, die vorbehaltlich der Befriedigung von Ersatzansprüchen anderer Stellen zunächst einbehalten wurde. Die Nachzahlungen wurden durch Schreiben der BfA an den Kläger vom 12. Mai 2004 - unter Verrechnung mit Ansprüchen der Krankenkasse für den Zeitraum 4. Oktober 2002 bis 25. Februar 2004 bzw. 1. April 2003 bis 24. März 2004 - abgerechnet und am 17. Mai 2004 an den Kläger geleistet.

In einem am 25. März 2004 nach Aktenlage erstellten Gutachten stellte die Arbeitsamtsärztin E. des Arbeitsamts B. fest, dass dem Kläger täglich leichte Arbeiten nur für drei bis unter sechs Stunden zumutbar seien. Mit einer kurzfristigen Verbesserung der Symptomatik sei nicht zu rechnen.

Mit Bescheid vom 19. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alhi ab mit der Begründung, dem Kläger sei für die Zeit vom 1. April 2003 bis 31. März 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden, da er außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Der Kläger sei damit nicht beschäftigungssuchend.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei gesundheitlich in der Lage, zu arbeiten. Eine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt sei für ihn auch therapeutisch notwendig. Er sei von der BfA zur Rentenantragstellung genötigt worden. Zudem sei ihm die "Rente wegen Erwerbsunfähigkeit" nur auf Zeit bewilligt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück mit der Begründung, der Kläger stehe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung und sei daher nicht arbeitslos. Er könne nur noch Beschäftigungen mit einem Umfang von unter 15 Stunden wöchentlich ausüben und stehe daher den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung. Auch ein Anspruch nach § 125 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) scheide aus. Zwar sei der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit gemindert. Der zuständige Rentenversicherungsträger habe jedoch mit Bescheid vom 17. März 2004 dem Kläger rückwirkend ab dem 1. April 2003 eine "Erwerbsunfähigkeitsrente" bewilligt. Damit lägen die Voraussetzungen des § 125 SGB III nicht vor.

Am 21. Juli 2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er könne nach den eigenen Feststellungen der Beklagten zwischen drei und sechs Stunden täglich, also mehr als 15 Stunden wöchentlich, arbeiten. Dies stimme mit der Entscheidung der BfA überein, wonach er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei bis unter sechs Stunden täglich arbeitsfähig sei und ihm deswegen eine arbeitsmarktbedingte Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden sei. Gegen die Regelung des § 142 Abs. l Nr. 3 SGB III, wonach der Anspruch auf Alg bei Rente wegen voller Erwerbsminderung ruhe, bestünden verfassungsrechtliche Bedenken. Er werde nämlich von Leistungen der Arbeitsagentur ausgeschlossen, obwohl er noch teilzeitarbeitsfähig sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in den angegriffenen Bescheiden zu Recht die Gewährung von Alhi abgelehnt. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Alhi im Zeitraum 25. März 2004 bis 31. Dezember 2004 zu, ohne dass zu entscheiden sei, ob dieser tatsächlich nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich habe arbeiten können und damit nicht mehr arbeitsfähig im Sinne von § 119 Abs. 3 Nr. l SGB III a. F. gewesen sei, da ein Anspruch auf Alhi nach § 198 Satz 2 Nr. 6 SGB III a. F. i.V.m. § 142 Abs. l Nr. 3 SGB III jedenfalls in dem genannten Zeitraum geruht habe. Dem Kläger sei (rückwirkend) ab dem 1. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der BfA zuerkannt worden. Für die Zeit ab 1. Januar 2005 bestehe der Anspruch auf Alhi schon deswegen nicht, weil mit dem Gesetz vom 23. Dezember 2003 (sog. Hartz IV-Gesetz), die Alhi abgeschafft worden sei. Die Stellung eines (neuen) Antrags auf das nachfolgende Arbeitslosengeld II bei der Beklagten bzw. beim Landkreis S. sei indessen weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nach § 198 Satz 2 Nr. 6 SGB III a. F. i.V.m. § 142 Abs. l Nr. 3 SGB III ruhe ein Anspruch auf Alhi für die Zeit, in der dem Arbeitslosen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden sei. Der Anspruch auf Alhi ruhe dabei in vollem Umfang, gleichgültig wie hoch die ruhensbegründende Leistung sei. Insbesondere trete das Ruhen auch bei arbeitsmarktabhängigen Renten wegen voller Erwerbsminderung ein, die Versicherte erhielten, deren Restleistungsvermögen auf weniger als sechs Stunden, aber mehr als drei Stunden täglich abgesunken sei. Der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente werde nämlich nicht allein vom Gesundheitszustand des Versicherten abhängig gemacht, sondern auch davon, ob er noch in der Lage sei, bei der konkreten Situation des (Teilzeit-) Arbeitsmarktes die ihm verbliebene Erwerbsfähigkeit zur Erzielung eines Erwerbseinkommens einzusetzen. Versicherte, die noch mindestens drei, aber nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiteten, das verbliebene Restleistungsvermögen wegen Arbeitslosigkeit aber nicht in Erwerbseinkommen umsetzen könnten, erhielten eine volle Erwerbsminderungsrente. Das Ruhen berechtige die Agentur für Arbeit zur Ablehnung eines Leistungsantrages. Sinn und Zweck der Regelung bestehe darin, die doppelte Sicherung des Lebensunterhalts durch öffentlich-rechtliche Leistungsträger zu vermeiden. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei dazu bestimmt, den Lebensunterhalt des Arbeitslosen zu decken.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bestünden nicht. Der Anspruch auf Alhi unterliege, da er nicht aus Beitrags-, sondern aus Steuermitteln finanziert werde, nach der Rechtsprechung nicht dem Bereich des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG. Das Bundessozialgericht (BSG) habe schon mehrfach entschieden, dass für Bezieher von Alhi zu beachten sei, dass die Alhi Elemente einer Fürsorgeleistung enthalte, so dass bei Fortfall dieses Anspruchs das dem gegebenenfalls sodann Bedürftigen zustehende Recht auf Sozialhilfeleistungen grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich gewährleiste. Wegen ihrer Zielsetzung, Doppelleistungen auszuschließen, verstoße die Ruhensvorschrift auch nicht gegen die nach Art. 3 Abs. l GG gewährleistete Gleichheit vor dem Gesetz. Zwar umfasse diese nicht nur die "Rechtsanwendungsgleichheit", sondern auch die "Rechtssetzungsgleichheit", aus der sich Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ergeben könnten. Diese bestehe indes gerade darin, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die der Gesetzgeber dieselbe Rechtsfolge knüpfe, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen wolle. Zudem seien Fragen der Kostenersparnis bei der differenzierenden Gestaltung von Sozialleistungen als sachgerechte und gewichtige Erwägungen zu berücksichtigen.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 23. Mai 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. Juni 2005 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt, die damit begründet wird, für die Zeit vom 25. März bis 30. April 2004 sei die Klage schon deshalb begründet, weil der Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung bei Rente wegen voller Erwerbsminderung gem. § 142 Abs. 2 Nr. 2 SGB III jedenfalls erst vom Beginn der laufenden Zahlung der Rente an ruhe. Ausweislich des Rentenbescheids vom 17. März 2004 werde die Rente aber laufend erst ab dem 1. Mai 2004 gezahlt.

Soweit das erstinstanzliche Gericht davon ausgehe, der Anspruch des Klägers auf Alhi ruhe ab dem 1. Mai 2004 mit Zahlung der laufenden Rente wegen voller Erwerbsminderung, sei daran festzuhalten, dass diese Regelung zu Lasten des Klägers das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG verletze. Es bestehe im vorliegenden Falle nämlich die Besonderheit, dass die Alhi des Klägers, der durchaus noch teilerwerbsfähig sei und die Vollrente nur wegen des verschlossenen Arbeitsmarkts zuerkannt bekommen habe, höher wäre als die Vollrente von 438,90 Euro monatlich. Das bedeute eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers als Erwerbsunfähigkeits-Vollrentner gegenüber einem Erwerbsunfähigkeits-Teilrentner. Für den Erwerbsunfähigkeits-Teilrentner gelte die Ruhensregelung nicht, so dass ein Teilrentner Alhi beziehen könne und allenfalls die Alhi und die Teilrente aufeinander angerechnet würden. Im Endeffekt bedeute dies, dass der Kläger finanziell wesentlich besser stehen würde, wenn er keine Vollrente bekommen hätte, sondern nur eine Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit, da er dann auch arbeitslosenhilfeberechtigt wäre und die Alhi höher wäre als die Vollrente. Der einzige Unterschied zwischen beiden Fallgestaltungen bestehe darin, dass im einen Fall der Arbeitsmarkt für Teilerwerbsfähige als verschlossen gelte, im anderen Falle nicht. Leider finde sich bezüglich der Regelung des § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III keine Regelung, die bestimme, dass der Anspruch nur bis zur Höhe der zuerkannten Leistung ruhe, wie dies etwa § 142 Abs. 2 Nr. 3 b SGB III für Altersrenten vorsehe. Dies verkenne das erstinstanzliche Gericht, wenn es sich für seine Entscheidung auf das Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003 ( Az: B 11 AL 25/03 R) berufe. In jenem Falle sei es eben das erklärte Ziel des Klägers gewesen, neben seinen Altersbezügen als Frühpensionär (Soldat) zusätzlich noch in voller Höhe Arbeitslosenunterstützung zu beziehen. Demgegenüber wolle der Kläger im Endeffekt nur soviel bekommen, wie er bezogen hätte, wenn er arbeitslosenhilfeberechtigt wäre. Entweder müsse § 142 SGB III verfassungskonform so ausgelegt werden, dass sich die Regelung des Abs. 2 Nr. 3 b auch auf Abs. 1 Nr. 3 beziehe oder die Norm verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG. Jedenfalls sei dem Kläger Alhi, ggf. unter Anrechnung seiner Rentenbezüge, für den beantragten Zeitraum zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2004 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 25. März 2004 bis 31. Dezember 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend und beruft sich auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes unter Zugrundelegung des streitigen Zeitraums für den Bezug von Alhi (25. März bis 31. Dezember 2004) weit mehr als 500.- Euro beträgt.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Alhi im genannten streitigen Anspruchszeitraum.

Das SG ist in seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass ein (möglicher) Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alhi - unabhängig vom Vorliegen der Arbeitsfähigkeit des Klägers - jedenfalls nach § 198 Satz 2 Nr. 6 SGB III i. V. m. 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (beide in der Fassung bis 31. Dezember 2004) wegen des Bezugs einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ruht.

Zu Unrecht rügt der Kläger unter Berufung auf § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III , ihm stehe jedenfalls für die Zeit vom 25. März bis 30. April 2004 ein Anspruch auf Alhi zu, da der Rentenbeginn zwar rückwirkend auf den 1. April 2003 festgelegt worden sei, die laufende Zahlung der Rente aber erst zum 1. Mai 2004 begonnen habe. Denn die in § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III beschriebene Sonderregelung, wonach der Anspruch auf Alg im Falle des § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung) erst vom Beginn der laufenden Zahlung der Rente – und nicht bereits ab dem im Bewilligungsbescheid festgelegten Rentenbeginn – ruht, findet gemäß §§ 198 Abs. 1 Nr. 6, 202 Abs. 2 SGB III in der genannten Fassung auf die Alhi keine Anwendung. Damit ruht der Anspruch auf Alhi bei rückwirkender Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend (vgl. Gagel, SGB III Arbeitsförderung, § 142 Randnrn. 35b, 49, 52) und damit vorliegend bereits ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginns (1. April 2003).

Die Rechtsfolge des Ruhens des Arbeitslosenhilfeanspruchs nach § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für die Zeit der Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung tritt unabhängig von der Höhe der Rentenleistung ein. Der Anspruch ruht damit grundsätzlich auch beim Bezug einer vom Arbeitsmarkt abhängigen Rente wegen voller Erwerbsminderung, die Versicherte erhalten, deren Restleistungsvermögen auf weniger als 6 Stunden, aber mehr als 3 Stunden täglich gesunken ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.09.2005 – L AL 98/05 - (juris), zum Alg).

Die vom Kläger gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung erhobenen Bedenken teilt der Senat nicht. Ein Gleichheitsverstoß nach Art. 3 GG folgt nicht daraus, dass ein Arbeitslosenhilfeanspruch des Klägers, der nach seinem Vorbringen noch teilerwerbsfähig ist, möglicherweise höher wäre als die bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung,. Insbesondere folgt kein verfassungswidriger Gleichheitsverstoß daraus, dass die Ruhensregelung des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III nach ihrem Wortlaut lediglich den Zuerkennung von Rente wegen voller Erwerbsminderung erfasst und nicht den von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (vgl. Gagel, a.a.O., § 142 Randnr. 29). Das SG hat im angegriffenen Gerichtsbescheid hierzu zutreffend die Rechtsprechung des BSG herangezogen, wonach der Anspruch auf Alhi nicht dem Schutz des Art. 14 GG unterfällt und die Ruhensvorschrift des § 142 SGB III wegen ihrer Zielsetzung, Doppelleistungen auszuschließen, nicht gegen die nach Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Gleichheit vor dem Gesetz verstößt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 11 AL 25/03 R -, SozR 4-4300 § 142 Nr. 2; vgl. auch Urteil vom 20. September 2001 - B 11 AL 35/01 R -, SozR 3-4300 § 142 Nr. 1). Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), wonach die Alhi, die nicht beitrags-, sondern steuerfinanziert ist, nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG fällt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. September 2005 - 1 BvR 1773/03 - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung von Alhi) und die Anordnung des vollständigen Ruhens des Anspruchs (auf Alg) weder gegen Art. 14 GG verstößt noch gegen Art. 3 GG (BVerfG, Urteile vom 15. Juni 1971 - 1 BvR 88, 496/69 - BVerfGE 31, 185, 189 und vom 11. März 1980 - 1 BvL 20/76, BVerfGE 53, 313, 331; vgl. dazu Gagel, a.a.O., § 142 Randnr. 15 m.w.N.).

Auch nach Auffassung des Senats greifen die vom Kläger gegen die Ruhensregelung des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III geltend gemachten rechtlichen Bedenken nicht durch. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der sozialen Sicherungssysteme bei der Ausformung sozialrechtlicher Positionen und beim Vergleich von Sachverhalten grundsätzlich ein weiter Bewertungs- und Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 98, 169, 204; vgl. auch BSG, Urteile vom 13. Dezember 2005 - B 1 KR 4/05 R - SozR 4-0000, zum Wegfall des Sterbegeldes in der Krankenversicherung zum 1. Januar 2004, und vom 7. November 1990 - 9b/7 RAr 112/89 - SozR 3-4100 § 104 Nr. 4). Hiervon ausgehend lässt sich nicht erkennen, dass dieser Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Ruhensvorschrift des § 142 SGB III überschritten worden wäre.

Soweit der Kläger für den Bereich der Rente wegen voller Erwerbsminderung eine der Altersrente vergleichbare Regelung vermisst, wonach der Anspruch nur bis zur Höhe der zuerkannten Leistung ruht (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b SGB III), so ist eine solche Differenzierung vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt. Abgesehen davon vermag der Umstand, dass der Gesetzgeber bei der Altersrente eine Regelung geschaffen hat, wonach der Anspruch (auf Alg) - allerdings nur während einer Beschäftigung und wenn die Leistung ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gewährt wird - lediglich bis zur Höhe der zuerkannten Leistungen ruht (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b SGB III ), schon deswegen keinen Gleichheitsverstoß zu Lasten des Klägers zu begründen, weil die Bestimmung des § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III nach §§ 198 Abs. 1 Nr. 6, 202 Abs. 2 SGB III in der genannten Fassung ebenfalls keine Anwendung auf die Alhi bis 31. Dezember 2004 findet (vgl. Gagel, a.a.O., § 142 Randnr. 57 m.w.N.) weshalb für die vom Kläger beanspruchte Leistung keine Ungleichbehandlung stattfindet.

Das Ruhen erfasst den Anspruch auf Alhi in vollem Umfang unabhängig von der Höhe der Rente. Damit kommt es für die Anwendung der Ruhensregelung nicht darauf an, ob die Altersrente den Lebensunterhalt des Klägers tatsächlich sicherstellt (so BSGE 60, 180 , 182 = SozR 1300 § 48 Nr. 26 zu § 142 Abs. 1 Nr. 4 SGB III (Altersrente); BSGE 73, 10 , 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr. 4).

Schließlich wurde dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung im streitigen Zeitraum auch zuerkannt i. S. v. § 142 Abs. 1 SGB III. Nach der Rechtsprechung des BSG begründet eine Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung das Ruhen eines Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur, wenn die Rente zur Zahlung zuerkannt ist, was nicht der Fall ist, wenn die Rente zwar bewilligt, aber zur Befriedigung von Ersatzansprüchen einbehalten wird (vgl. BSG, Urteile vom 20. September 2001 - B 11 AL 35/01 R = BSGE 89, 13-19 = SozR 3-4300 § 142 Nr. 1 und vom 12. Dezember 1991 - 7 RAr 24/91 = BSGE 70, 51 = SozR 3-4100 § 118 Nr. 3). Im vorliegenden Fall wurden die im Zusammenhang mit den Rentenbescheiden der BfA vom 12. März 2004 und 17. März 2004 festgesetzten Nachzahlungsbeträge zwar teilweise zur Befriedigung von Ersatzansprüchen der Krankenkasse des Klägers einbehalten, allerdings nicht für den hier relevanten Nachzahlungszeitraum 25. März - 30. April 2004. Dies belegen die vorgelegten Nachzahlungsabrechnungsschreiben der BfA vom 12. Mai 2004. Danach wurde die auf diesen Zeitraum entfallende Rentennachzahlung, die vorbehaltlich eines Erstattungsanspruchs zunächst einbehalten worden war, nachträglich durch Überweisung an den Kläger geleistet. Das Ruhen des Arbeitslosenhilfeanspruchs ist daher auch für diesen Zeitraum eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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