Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2129/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2789/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Weitergewährung von Rente über den 31. März 2003 hinaus.
Der am 1969 in der Türkei geborene und seit September 1977 in Deutschland lebende Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert und war bis 11. Januar 1994, zuletzt als Maschinenarbeiter, versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos und bezog Sozialleistungen. Vom 7. April 2001 bis 31. März 2003 gewährte ihm die Beklagte - ausgehend von einem Versicherungsfall vom 15. Oktober 1999 - eine bis 31. März 2003 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Rentenbescheid vom 20. Juli 2001). Die Rentengewährung erfolgte im Wesentlichen aufgrund eines Heilverfahren-Entlassungs-Berichtes des Dr. K. (stationäre Behandlung vom 15. März bis 6. April 2001; Diagnose: schizotype Störung, im Zeitpunkt der Entlassung Erforderlichkeit eines geSch. ten Arbeitsplatzes sowie drei- bis sechsstündige Leistungsfähigkeit und günstige Prognose zur Verbesserung des Leistungsvermögens).
Auf den Weitergewährungsantrag vom Dezember 2002 holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten des Dr. D. ein, der eine Dysthymia diagnostizierte und unter Mitberücksichtigung der - näher dargelegten - Angaben zum Tagesablauf leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und Schichtarbeit für vollschichtig zumutbar erachtete. Eine Integration ins Erwerbsleben erscheine dringend wünschenswert.
Mit Bescheid vom 20. März 2003 lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Rente ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2003).
Deswegen hat der Kläger am 29. August 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und u.a. geltend gemacht, er leide seit Jahren an Depressionen. Sein Zustand habe sich eher verschlechtert.
Das SG hat den Allgemeinmediziner K. (Diagnose: Depression, allergische Reaktion, BWS-Syndrom, Hypertonie, Sensibilisierungsstörung, Borreliose, Darmerkrankung und Hypersomnie), Dr. K. , Innere, Allgemein- und Psychosomatische Medizin, Rheumatologie (Diagnose: Depression mit Angstzuständen, chronische Müdigkeit, generalisierte Tendomyalgie, Cervikal- und Lumbalsyndrom, allergische Rhinitis, chronische Sinusitis, Laktoseintoleranz, Osteoporose und Lyme-Borreliose) und Dr. Sch. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie (Diagnose: schwere endoreaktive Depression) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Außerdem hat das SG ein Sachverständigengutachten des Nervenarztes Dr. J. vom 30. März 2004 und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten der Dr. K. vom 25. Oktober 2004 sowie - auf eine von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme von Dr. B. - deren ergänzende Stellungnahme vom 5. Mai 2005 eingeholt. Dr. J. ist mit der Diagnose neurotische Depression mit Neigung zur Somatisierung zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne ab April 2003 leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Tätigkeiten unter Zeitdruck und mit Zwangshaltungen vollschichtig verrichten. Früher beschriebene psychotische Symptome seien jetzt nicht nachzuvollziehen. Dr. K. hat eine Depression, ein inkomplettes Fibromyalgiesyndrom, eine Lyme-Borreliose, eine Osteopenie, eine atopische Diathese, eine Migräne, eine rezidivierende Lumboischialgie bei Spondylarthrose sowie eine Laktoseintoleranz diagnostiziert. Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen seien nur noch zwei bis maximal drei Stunden täglich bei stündlich einer Pause von zehn Minuten zumutbar. Zwar liege die maßgebliche Erkrankung auf nervenfachärztlichem Gebiet, doch dürften physische Äquivalente nicht unberücksichtigt bleiben. Eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben sei auch durch entsprechende Maßnahmen nicht mehr zu erreichen. Ihre Einschätzung beruhe auch darauf, dass sie die subjektiven Angaben des Klägers, die dieser seit mehreren Jahren konstant vortrage, glaube.
Mit Urteil vom 8. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen sowohl der §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) als auch in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) für die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da der Kläger ihm zumutbare berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung aller gutachterlicher Äußerungen mit - näher beschriebenen - qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne.
Gegen das ihm am 10. Juni 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Juli 2005 Berufung eingelegt. Es bestehe u. a. eine Depression mit erheblichem Krankheitswert. Die Beurteilung seines Leistungsvermögens könne im Jahr 2004/2005 keine andere sein, als im Jahr 2000. Er sei nicht in der Lage, mehr als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konzentriert zu arbeiten. Er habe es mehrmals vergeblich versucht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. Juni 2005 sowie den Bescheid vom 20. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2003 aufzuheben und die Beklage zu verurteilen, ihm über den 31. März 2003 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43,44 SGB VI a.F. und im Übrigen auch die §§ 43, 240 SGB VI n.F. - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats im strittigen Zeitraum, also jedenfalls ab Ende der Zeitrente nicht außerstande, einer zumutbaren Erwerbstätigkeit vollschichtig nachzugehen. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten des Dr. J. und dem Gutachten des Dr. D ... Dr. J. hat die zunächst in den Vordergrund gestellte psychische Erkrankung unter Mitberücksichtigung der Befunderhebungen der behandelnden Ärzte gewürdigt und angemessen berücksichtigt. Der Senat sieht keine Veranlassung hiervon aufgrund der Äußerungen der behandelnden Ärzte, insbesondere der Dr. K. abzuweichen. Soweit diese, neben der Diagnose einer inkompletten Fibromyalgie und damit verbundener Störungen mit Hinweis auf nervenärztliche Befunde, eine wesentliche qualitative und insbesondere auch quantitative Leistungsminderung annimmt, fehlt es an einer gegenüber dem Sachverständigengutachten des Nervenarztes Dr. J. überzeugenden Begründung. Zunächst ist festzustellen, dass es für die Beurteilung des Leistungsvermögens nicht auf die einzelnen Diagnosen, sondern auf die festzustellenden funktionellen Einschränkungen ankommt. Wie Dr. K. auch in ihrer ergänzenden Stellungnahme zum Ausdruck gebracht hat, liegt der Schwerpunkt auf nervenfachärztlichem Gebiet, also nicht ihrem eigenen Fachgebiet und beruht ganz wesentlich auch darauf, dass sie die subjektiven Angaben des Klägers, wie sie sie über mehrere Jahre konstant vorgetragen sieht, "glaubt". Ungeachtet dessen, dass die wesentliche Erkrankung nicht auf ihrem Fachgebiet liegt, fehlt es insoweit - anders als bei den Vorgutachten - an einer detaillierten Anamnese zum Tagesablauf und einer kritischen Hinterfragung, so dass ihre Einschätzung nicht überzeugt. Hierauf hat zu Recht auch Dr. B. hingewiesen. Insbesondere ist eine wesentliche Leistungseinschränkung nicht mit den gegenüber Dr. D. und Dr. J. gemachten Angaben zum Tagesablauf zu vereinbaren. So gab der Kläger gegenüber Dr. D. an, er versorge sein sechs Monate altes Kind, stehe im übrigen morgens um 6:00 Uhr auf, mache das Morgengebet, trinke Kaffee, schaue sich die Nachrichten an, kümmere sich dann darum, ob er Termine habe und lege sich andernfalls wieder ins Bett. Er stehe erst um 12:00 Uhr wieder auf und lege sich nach einer Stunde wieder hin. Freunde und Bekannte besuche er durchaus und er habe auch Hobbys, zum Beispiel Basteln und Fahrrad reparieren. Außerdem gab er an, im Haushalt zu helfen, insbesondere Staub zu saugen, Fenster zu putzen und Einzukaufen. Auch fahre er Auto. Zutreffend hat Dr. D. diese Beschwerdeschilderung als "blass" bezeichnet und selbst keinen wesentlichen Interessenverlust feststellen können. Auch gegenüber Dr. J. hat der Kläger angegeben, sein Tag sei ausgefüllt und er habe immer etwas zu tun, sei bei den Ämtern, beim Rechtsanwalt, helfe Freuden als Dolmetscher und passe auf das Kind auf. Im Sommer fahre er Fahrrad und er fahre auch Auto. Außerdem interessiere er sich für Sport im Fernsehen, insbesondere Fußball. Desgleichen hat er eingeräumt, er fahre immer wieder mal zu Verwandten nach München oder Stuttgart und wolle im Sommer in die Türkei zur Hochzeit seiner Schwester fahren. Wenn er zu Hause sei, bekomme er viel Besuch und er gehe auch Freunde oder Verwandte besuchen und häufig in einen türkischen Sportverein, um Fußball zu sehen oder sich mit Freunden zu treffen. All dies ist mit einer wesentlichen Rückzugshaltung und Leistungseinschränkung nicht zu vereinbaren. Auch sind keine Erkrankungen belegt, die den behaupteten Zwang, sich immer wieder hinzulegen, begründen würden.
Soweit der Kläger geltend macht, hinsichtlich seinen psychischen Erkrankung sei seit Jahren keine Besserung eingetreten, findet dies keine Stütze durch die von Dr. D. und Dr. J. erhobenen Befunde und zwar insofern, als sich jedenfalls zum Zeitpunkt deren Untersuchung eine erhebliche Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet, die das quantitative Leistungsvermögen einschränkt, nicht ergeben hat. Die Entwöhnung vom Arbeitsprozess und die daraus resultierenden Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden bzw. sich einzugliedern, stellen keine einen Rentenanspruch begründende Erkrankung dar. Soweit der Kläger auf sonstige im Gutachten von Dr. K. aufgeführte Erkrankungen verweist, deren Ursachen ungeklärt seien, hat selbst Dr. K. diese Erkrankungen nicht als im Vordergrund stehend und wesentlich erachtet. Der Senat vermag hierin auch keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht oder in wesentlicher qualitativer Hinsicht zu erkennen. Dies gilt um so mehr im Hinblick auf die von Dr. J. geschilderten Aktivitäten und die Tatsache, dass er bei seiner zwei- bis dreistündigen Untersuchung keine Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsstörungen festgestellt hat. Wenn der Kläger meint, die Dauer der Untersuchung sei einem normalen Arbeitstag nicht vergleichbar, überzeugt dies nicht, denn auch aufgrund des Verhaltens in einer zwei- bis dreistündigen Untersuchung, die durchaus als sehr umfangreich zu bezeichnen ist, lassen sich Schlussfolgerungen auf das Konzentrations- und Durchhaltevermögen auch für einen längeren Zeitraum ziehen, wie dies Dr. J. getan hat. Hierbei ist nicht in Abrede zu stellen, dass zunächst eine schnellere Ermüdung eintreten wird, wenn der Kläger tatsächlich eine Arbeit aufnehmen sollte, nachdem er über Jahre einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist. Auch belegt weder die Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers nur halbtags arbeitet, noch dass er den Bruder des Kleinkindes zu dessen Versorgung heranziehen könne, eine bei ihm vorliegende Leistungseinschränkung. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus den zuletzt vorgelegten Äußerungen der behandelnden Ärzte. Diese bestätigen lediglich einen jedenfalls schon seit Beginn des hier strittigen Zeitraumes vorbestehenden Zustand und ihre frühere Leistungseinschätzung. Hierzu hat sich indes schon Dr. J. geäußert und eine überzeugende Beurteilung vorgenommen.
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, ein weiteres Sachverständigengutachten bei Dr. R. einzuholen. Soweit der Kläger den entsprechenden Antrag damit begründet, diese sei spezialisiert auf Rheumatologie, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. K. ebenfalls das Gebiet der Rheumatologie als ihr Fachgebiet aufführt und schon aus diesem Grund ein Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG verbraucht ist. Auf entsprechenden richterlichen Hinweis hat der Kläger diesen Antrag auch nicht mehr wiederholt.
Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Deswegen ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Weitergewährung von Rente über den 31. März 2003 hinaus.
Der am 1969 in der Türkei geborene und seit September 1977 in Deutschland lebende Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert und war bis 11. Januar 1994, zuletzt als Maschinenarbeiter, versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos und bezog Sozialleistungen. Vom 7. April 2001 bis 31. März 2003 gewährte ihm die Beklagte - ausgehend von einem Versicherungsfall vom 15. Oktober 1999 - eine bis 31. März 2003 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Rentenbescheid vom 20. Juli 2001). Die Rentengewährung erfolgte im Wesentlichen aufgrund eines Heilverfahren-Entlassungs-Berichtes des Dr. K. (stationäre Behandlung vom 15. März bis 6. April 2001; Diagnose: schizotype Störung, im Zeitpunkt der Entlassung Erforderlichkeit eines geSch. ten Arbeitsplatzes sowie drei- bis sechsstündige Leistungsfähigkeit und günstige Prognose zur Verbesserung des Leistungsvermögens).
Auf den Weitergewährungsantrag vom Dezember 2002 holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten des Dr. D. ein, der eine Dysthymia diagnostizierte und unter Mitberücksichtigung der - näher dargelegten - Angaben zum Tagesablauf leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und Schichtarbeit für vollschichtig zumutbar erachtete. Eine Integration ins Erwerbsleben erscheine dringend wünschenswert.
Mit Bescheid vom 20. März 2003 lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Rente ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2003).
Deswegen hat der Kläger am 29. August 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und u.a. geltend gemacht, er leide seit Jahren an Depressionen. Sein Zustand habe sich eher verschlechtert.
Das SG hat den Allgemeinmediziner K. (Diagnose: Depression, allergische Reaktion, BWS-Syndrom, Hypertonie, Sensibilisierungsstörung, Borreliose, Darmerkrankung und Hypersomnie), Dr. K. , Innere, Allgemein- und Psychosomatische Medizin, Rheumatologie (Diagnose: Depression mit Angstzuständen, chronische Müdigkeit, generalisierte Tendomyalgie, Cervikal- und Lumbalsyndrom, allergische Rhinitis, chronische Sinusitis, Laktoseintoleranz, Osteoporose und Lyme-Borreliose) und Dr. Sch. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie (Diagnose: schwere endoreaktive Depression) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Außerdem hat das SG ein Sachverständigengutachten des Nervenarztes Dr. J. vom 30. März 2004 und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten der Dr. K. vom 25. Oktober 2004 sowie - auf eine von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme von Dr. B. - deren ergänzende Stellungnahme vom 5. Mai 2005 eingeholt. Dr. J. ist mit der Diagnose neurotische Depression mit Neigung zur Somatisierung zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne ab April 2003 leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Tätigkeiten unter Zeitdruck und mit Zwangshaltungen vollschichtig verrichten. Früher beschriebene psychotische Symptome seien jetzt nicht nachzuvollziehen. Dr. K. hat eine Depression, ein inkomplettes Fibromyalgiesyndrom, eine Lyme-Borreliose, eine Osteopenie, eine atopische Diathese, eine Migräne, eine rezidivierende Lumboischialgie bei Spondylarthrose sowie eine Laktoseintoleranz diagnostiziert. Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen seien nur noch zwei bis maximal drei Stunden täglich bei stündlich einer Pause von zehn Minuten zumutbar. Zwar liege die maßgebliche Erkrankung auf nervenfachärztlichem Gebiet, doch dürften physische Äquivalente nicht unberücksichtigt bleiben. Eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben sei auch durch entsprechende Maßnahmen nicht mehr zu erreichen. Ihre Einschätzung beruhe auch darauf, dass sie die subjektiven Angaben des Klägers, die dieser seit mehreren Jahren konstant vortrage, glaube.
Mit Urteil vom 8. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen sowohl der §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) als auch in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) für die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da der Kläger ihm zumutbare berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung aller gutachterlicher Äußerungen mit - näher beschriebenen - qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne.
Gegen das ihm am 10. Juni 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Juli 2005 Berufung eingelegt. Es bestehe u. a. eine Depression mit erheblichem Krankheitswert. Die Beurteilung seines Leistungsvermögens könne im Jahr 2004/2005 keine andere sein, als im Jahr 2000. Er sei nicht in der Lage, mehr als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konzentriert zu arbeiten. Er habe es mehrmals vergeblich versucht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. Juni 2005 sowie den Bescheid vom 20. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2003 aufzuheben und die Beklage zu verurteilen, ihm über den 31. März 2003 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43,44 SGB VI a.F. und im Übrigen auch die §§ 43, 240 SGB VI n.F. - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats im strittigen Zeitraum, also jedenfalls ab Ende der Zeitrente nicht außerstande, einer zumutbaren Erwerbstätigkeit vollschichtig nachzugehen. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten des Dr. J. und dem Gutachten des Dr. D ... Dr. J. hat die zunächst in den Vordergrund gestellte psychische Erkrankung unter Mitberücksichtigung der Befunderhebungen der behandelnden Ärzte gewürdigt und angemessen berücksichtigt. Der Senat sieht keine Veranlassung hiervon aufgrund der Äußerungen der behandelnden Ärzte, insbesondere der Dr. K. abzuweichen. Soweit diese, neben der Diagnose einer inkompletten Fibromyalgie und damit verbundener Störungen mit Hinweis auf nervenärztliche Befunde, eine wesentliche qualitative und insbesondere auch quantitative Leistungsminderung annimmt, fehlt es an einer gegenüber dem Sachverständigengutachten des Nervenarztes Dr. J. überzeugenden Begründung. Zunächst ist festzustellen, dass es für die Beurteilung des Leistungsvermögens nicht auf die einzelnen Diagnosen, sondern auf die festzustellenden funktionellen Einschränkungen ankommt. Wie Dr. K. auch in ihrer ergänzenden Stellungnahme zum Ausdruck gebracht hat, liegt der Schwerpunkt auf nervenfachärztlichem Gebiet, also nicht ihrem eigenen Fachgebiet und beruht ganz wesentlich auch darauf, dass sie die subjektiven Angaben des Klägers, wie sie sie über mehrere Jahre konstant vorgetragen sieht, "glaubt". Ungeachtet dessen, dass die wesentliche Erkrankung nicht auf ihrem Fachgebiet liegt, fehlt es insoweit - anders als bei den Vorgutachten - an einer detaillierten Anamnese zum Tagesablauf und einer kritischen Hinterfragung, so dass ihre Einschätzung nicht überzeugt. Hierauf hat zu Recht auch Dr. B. hingewiesen. Insbesondere ist eine wesentliche Leistungseinschränkung nicht mit den gegenüber Dr. D. und Dr. J. gemachten Angaben zum Tagesablauf zu vereinbaren. So gab der Kläger gegenüber Dr. D. an, er versorge sein sechs Monate altes Kind, stehe im übrigen morgens um 6:00 Uhr auf, mache das Morgengebet, trinke Kaffee, schaue sich die Nachrichten an, kümmere sich dann darum, ob er Termine habe und lege sich andernfalls wieder ins Bett. Er stehe erst um 12:00 Uhr wieder auf und lege sich nach einer Stunde wieder hin. Freunde und Bekannte besuche er durchaus und er habe auch Hobbys, zum Beispiel Basteln und Fahrrad reparieren. Außerdem gab er an, im Haushalt zu helfen, insbesondere Staub zu saugen, Fenster zu putzen und Einzukaufen. Auch fahre er Auto. Zutreffend hat Dr. D. diese Beschwerdeschilderung als "blass" bezeichnet und selbst keinen wesentlichen Interessenverlust feststellen können. Auch gegenüber Dr. J. hat der Kläger angegeben, sein Tag sei ausgefüllt und er habe immer etwas zu tun, sei bei den Ämtern, beim Rechtsanwalt, helfe Freuden als Dolmetscher und passe auf das Kind auf. Im Sommer fahre er Fahrrad und er fahre auch Auto. Außerdem interessiere er sich für Sport im Fernsehen, insbesondere Fußball. Desgleichen hat er eingeräumt, er fahre immer wieder mal zu Verwandten nach München oder Stuttgart und wolle im Sommer in die Türkei zur Hochzeit seiner Schwester fahren. Wenn er zu Hause sei, bekomme er viel Besuch und er gehe auch Freunde oder Verwandte besuchen und häufig in einen türkischen Sportverein, um Fußball zu sehen oder sich mit Freunden zu treffen. All dies ist mit einer wesentlichen Rückzugshaltung und Leistungseinschränkung nicht zu vereinbaren. Auch sind keine Erkrankungen belegt, die den behaupteten Zwang, sich immer wieder hinzulegen, begründen würden.
Soweit der Kläger geltend macht, hinsichtlich seinen psychischen Erkrankung sei seit Jahren keine Besserung eingetreten, findet dies keine Stütze durch die von Dr. D. und Dr. J. erhobenen Befunde und zwar insofern, als sich jedenfalls zum Zeitpunkt deren Untersuchung eine erhebliche Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet, die das quantitative Leistungsvermögen einschränkt, nicht ergeben hat. Die Entwöhnung vom Arbeitsprozess und die daraus resultierenden Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden bzw. sich einzugliedern, stellen keine einen Rentenanspruch begründende Erkrankung dar. Soweit der Kläger auf sonstige im Gutachten von Dr. K. aufgeführte Erkrankungen verweist, deren Ursachen ungeklärt seien, hat selbst Dr. K. diese Erkrankungen nicht als im Vordergrund stehend und wesentlich erachtet. Der Senat vermag hierin auch keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht oder in wesentlicher qualitativer Hinsicht zu erkennen. Dies gilt um so mehr im Hinblick auf die von Dr. J. geschilderten Aktivitäten und die Tatsache, dass er bei seiner zwei- bis dreistündigen Untersuchung keine Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsstörungen festgestellt hat. Wenn der Kläger meint, die Dauer der Untersuchung sei einem normalen Arbeitstag nicht vergleichbar, überzeugt dies nicht, denn auch aufgrund des Verhaltens in einer zwei- bis dreistündigen Untersuchung, die durchaus als sehr umfangreich zu bezeichnen ist, lassen sich Schlussfolgerungen auf das Konzentrations- und Durchhaltevermögen auch für einen längeren Zeitraum ziehen, wie dies Dr. J. getan hat. Hierbei ist nicht in Abrede zu stellen, dass zunächst eine schnellere Ermüdung eintreten wird, wenn der Kläger tatsächlich eine Arbeit aufnehmen sollte, nachdem er über Jahre einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist. Auch belegt weder die Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers nur halbtags arbeitet, noch dass er den Bruder des Kleinkindes zu dessen Versorgung heranziehen könne, eine bei ihm vorliegende Leistungseinschränkung. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus den zuletzt vorgelegten Äußerungen der behandelnden Ärzte. Diese bestätigen lediglich einen jedenfalls schon seit Beginn des hier strittigen Zeitraumes vorbestehenden Zustand und ihre frühere Leistungseinschätzung. Hierzu hat sich indes schon Dr. J. geäußert und eine überzeugende Beurteilung vorgenommen.
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, ein weiteres Sachverständigengutachten bei Dr. R. einzuholen. Soweit der Kläger den entsprechenden Antrag damit begründet, diese sei spezialisiert auf Rheumatologie, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. K. ebenfalls das Gebiet der Rheumatologie als ihr Fachgebiet aufführt und schon aus diesem Grund ein Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG verbraucht ist. Auf entsprechenden richterlichen Hinweis hat der Kläger diesen Antrag auch nicht mehr wiederholt.
Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Deswegen ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved