Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 02596/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 3020/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2000 und der Bescheid vom 29. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1998 abgeändert. Die Beklagte wird ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, dem Kläger aufgrund eines Versicherungsfalles vom Juli 2005 ab 1. August 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der im September 1964 geborene Kläger, der seit dem 13. Lebensjahr an einem insulinpflichtigen Diabetes Typ 1 leidet, erlernte von 1981 bis Juli 1983 den Beruf des Kfz.-Mechanikers, übte diesen aber nicht aus und war nach Abschluss der Lehre teilweise arbeitslos bzw. als Hilfsarbeiter im Metallbereich beschäftigt. Im November 1983 erlitt der Kläger einen Motorradunfall und zog sich dabei unter anderem einen Bruch des rechten Unterschenkels zu. Nach Komplikationen und einer Wundheilungsstörung gewährte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 28.01.1985 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit bis 31.03.1986. Diese Rente wurde durch Bescheid vom 02.10.1986 bis zum 31.08.1987 weiter gewährt.
Ein Weitergewährungsantrag vom Juni 1987 wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 14.10.1987 abgelehnt. Während des anschließenden Widerspruchsverfahrens und des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) S 13 J 873/88 bewilligte die Beklagte als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahmen zunächst eine Arbeitserprobungs- und Berufsfindungsmaßnahme und danach eine Vorschulung, die im Mai 1989 begonnen, nach einem Monat jedoch aus disziplinarischen Gründen abgebrochen wurde. Das SG wies die Klage nach medizinischer Sachaufklärung durch Urteil vom 15.03.1989 ab, die dagegen eingelegte Berufung im Verfahren L 2 J 1096/89 wurde durch Urteil vom 10.10.1990 zurückgewiesen. Der Kläger sei nach den umfangreichen ärztlichen Feststellungen zusammenschauend wieder in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten in wechselnder Köperhaltung zu verrichten. Er sei damit über den 31.08.1987 hinaus nicht mehr erwerbs- oder berufsunfähig.
Auch in der Folgezeit war der Kläger arbeitsunfähig krank oder arbeitslos. Von März 1994 bis April 1996 erfolgte eine Vorschulung und eine Umschulung zum Industriemechaniker, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig abgebrochen wurde. Danach war der Kläger wieder arbeitsunfähig krank und ab Januar 1997 arbeitslos.
Im Februar 1997 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Der Kläger wurde daraufhin in der Zeit vom 24. bis 26.11.1997 auf der Klinischen Beobachtungsstation in K. mehrfach begutachtet, und zwar internistisch, orthopädisch und neurologisch-psychiatrisch. Das zusammenfassende Gutachten von Dr. von M. vom 23.01.1998 erbrachte einen Diabetes mellitus Typ 1, schlecht eingestellt, eine diabetische Polyneuropathie, eine Normvariante der Persönlichkeit mit latenter Aggressivität und Soziopathie, eine distale Humerusfraktion rechts mit endgradiger Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und des Ellenbogengelenks, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei statischer Skoliose mit endgradiger Bewegungseinschränkung der LWS, eine leichte Beinverkürzung nach Unterschenkelfraktur rechts mit leichter Muskelminderung und trophischer Hautstörung sowie eine Rot-Grün-Sehschwäche. Der Kläger wurde noch für fähig gehalten, leichte Arbeiten zu ebener Erde, ohne überwiegend einseitige Köperhaltung, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr sowie ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten regelmäßig ganztags zu verrichten.
Durch Bescheid vom 29.01.1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab und wies den am 06.03.1998 eingelegten Widerspruch nach Einholung eines ärztlichen Berichts von Dr. K. und eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 16.03.1998 (vollschichtig, leichte körperliche Arbeiten) durch Widerspruchsbescheid vom 03.08.1998 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 27.08.1998 beim SG Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat von den behandelnden Ärzten Dr. L. und Dr. S. schriftliche Zeugenauskünfte eingeholt.
Sodann hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. eingeholt. In diesem Gutachten vom 06.08.1999 ist eine diabetische Polyneuropathie ohne funktionelles Defizit und eine Normvariante der Persönlichkeit diagnostiziert und der Kläger für fähig gehalten worden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten, teilweise bis mittelschwere Arbeiten, ohne Stress, ohne Wechselschicht und ohne übermäßige geistige Beanspruchung und ohne wesentlichen Publikumsverkehr vollschichtig auszuführen.
Ein internistisches Gutachten hat unter dem 10.08.1999 Dr. A. erstattet. Er hat auf seinem Fachgebiet einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ Ia festgestellt, ferner eine Polyneuropathie ohne funktionelles Defizit, ein Übergewicht von 6 kg, eine hyperchrome Anämie bei Verdacht auf nutritiv-toxische Genese sowie einen Nikotionabusus. Unter Mitberücksichtigung der nichtinternistischen Diagnosen, auch der orthopädischen Diagnosen ergebe sich keine schwerwiegende Beeinträchtigung des beruflichen Leistungsvermögens. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten. Dauerndes und überwiegendes Stehen, Gehen und Sitzen oder häufigen Bücken sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen seien zu vermeiden, für Akkord-, Fließband-, Schicht-, und Nachtarbeit sei der Kläger nicht geeignet, auch Arbeiten im Freien, unter Nässe, Kälte, Wärme, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, unter starker Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens seien zu vermeiden. Mittelschwere oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, insbesondere mit Publikumsverkehr, seien aufgrund der Persönlichkeitsstruktur nicht zu leisten. Wegen des insulinpflichtigen Diabetes mellitus solle dem Kläger die Möglichkeit gegeben werden, Blutzuckermessungen am Arbeitsplatz selbst durchzuführen und entsprechende Pausen für die Zwischenmahlzeiten einlegen zu können. Fußwege von 1.500 bis 2.000 Meter seien zumutbar, die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht eingeschränkt.
Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.4.2000 durch Urteil vom selben Tag abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der keinen Berufsschutz genießende und damit breit verweisbare Kläger die ihm somit noch zumutbaren - unbenannten - leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Gefolgt werde den eingeholten Gutachten. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen dieses am 21.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.07.2000 Berufung eingelegt. Dieses Berufungsverfahren (L 3 RJ 2839/00) ist im Hinblick auf ein im Verfahren S 5 Kr 3194/98 beim SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Sachverständigengutachten zum Ruhen gebracht worden.
Im Juli 2001 hat der Kläger das Verfahren wiederangerufen und das für das SG in der genannten Streitsache eingeholte Gutachten der Internistin Dr. F. vom 25.01.2001 vorgelegt.
Diese diagnostiziert beim Kläger einen insulinbehandelten Diabetes mellitus Typ 1, ferner eine leichte bis mäßige diabetische Polyneuropthie, eine diabetische Nephropathie im Stadium III, einen Niktionabusus und einen Zustand nach supracondylärer Humerusschaftfraktur rechts mit residualer Muskelverschmächtigung und endgradiger Bewegungseinschränkung, eine endgradige Schulterpartialsteife, ein chronisch redizdivierendes Lumbalsyndrom, eine Halswirbelsäulensyndrom, einen Zustand nach Tibiafraktur rechts mit Muskelverschmächtigung und Beinverkürzung im Unterschenkel um 2 cm, Hinweise auf eine leichte Coxarthrose sowie eine psychiatrisch attestierte Normvariante der Persönlichkeit. Vollschichtige Leistungsfähigkeit sei gegeben für annährend ausschließlich sitzende Tätigkeiten, bei denen die Arme nicht wiederholt über die Horizontale gehoben werden müssten. Die Tätigkeit solle nicht unter erhöhtem Zeitdruck abverlangt werden und nur unter Einhaltung betriebsüblicher Pausen zur Therapie der Stoffwechselerkrankung.
Ferner hat der Kläger am 18.03.2003 einen Kurzarztbrief der Diabetes Klinik Bad vom 30.10.2002 vorgelegt. Er ist dort vom 10. bis 30.10.2002 stationär in Behandlung gewesen wegen stark schwankender Blutzuckerstoffwechsellage. Es ist ein Therapieplan erarbeitet und der Kläger in der Blutzuckerselbstkontrolle geschult worden.
Der Senat hat nach zwischenzeitlicher Durchführung einer mündlichen Verhandlung den behandelnden Allgemeinmediziner Dr. E. als sachverständigen Zeugen befragt, der in seinem Bericht vom 07.05.2003 auf früher zu erwartende diabetische Spätfolgen bei schlechter Einstellung hinweist.
Sodann hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des internistischen Sachverständigengutachtens von Dr. Be. vom 14.01.2005. Dieser diagnostiziert einen Diabetes mellitus Typ 1, eine beginnende diabetische Nephropathie, eine diabetische nichtproliferative Retinopathie, eine diabetische Neuropathie mit zusätzlichem Verdacht auf autonome Neuropathie, eine Fettleber, ein Supraspinatussyndrom links, ein Ekzem unklarer Genese der gesamten Haut, eine Beinverkürzung rechts bei Zustand nach Unterschenkelfraktur, einen chronischen Nikotinabusus, einen chronischen Alkoholabusus sowie eine endogene Depression. Hinsichtlich der diabetischen Retinopathie stellt der Sachverständige keine wesentliche Einschränkung der Sehtüchtigkeit fest. Gravierende psychische Störungen lägen dem Anschein nach nicht vor. Der Kläger benötige regelmäßige Blutzuckerkontrollen mindestens viermal täglich und es müssten ihm auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Möglichkeiten zur Einnahme von regelmäßigen und diabetikergerechten Mahlzeiten eingeräumt werden. Daher seien Schicht- und Akkordarbeiten ausgeschlossen. Zu vermeiden seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten. Ungeeignet seien ferner Berufe, die einen Gleichgewichtssinn abverlangten, Arbeiten in Fahrzeugen oder an Maschinen sowie einseitige körperliche Tätigkeiten. Die Prognose sei schlecht.
Anschließend hat der Senat nochmals Dr. E. befragt, der in seiner Auskunft vom 02.03.2005 über eine zuletzt im November 2003 durchgeführte Behandlung berichtet. Der vom Senat ebenfalls befragte Allgemeinmediziner Möbius hält in seiner Auskunft vom 21.03.2005 die Leistungsfähigkeit des Klägers als in erster Linie durch die Sehstörung und die gestörte soziale Integration (nur Arbeiten ohne Vorgesetzten) eingeschränkt. Hinsichtlich der Sehschärfe wird ferner über eine im März 2005 durchgeführte Augenoperation mit komplikationslosem Verlauf berichtet. Eine abschließende Beurteilung der Augensituation sei nicht möglich.
Bezüglich letzterem hat der Senat den Augenarzt Dr. O. als sachverständigen Zeugen befragt, der unter Berücksichtigung der zuletzt im April 2005 durchgeführten Untersuchung von einer funktionellen Einäugigkeit mit einer Sehschärfe rechts von 0,8 berichtet und Tätigkeiten ohne das Erfordernis räumlichen Sehens für vollschichtig zumutbar erachtet. Der vom Senat des weiteren befragte Augenarzt Dr. U. teilt unter dem 21.07.2005 eine Verminderung der Sehschärfe rechts auf 0,1 mit. Links betrage die Sehschärfe 1/50. Dr. U. teilt auf eine entsprechende Anfrage des Senats mit Schreiben vom 01.03.2006 mit, dass bei der Grunderkrankung des Klägers auch eine kurzfristige Verschlechterung möglich sei. Unter dem 2.8.2006 gibt er die Sehschärfe rechts mit 1/50 und links mit 0,2/50 an. Der Kläger benötige für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine Begleitperson.
Das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebene Teilanerkenntnis, wonach dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom Juli 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer gewährt werde, hat der Kläger nicht angenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1998 zu verurteilen, ihm Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen drei Bände Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der genannten Vorakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, und in der Sache teilweise begründet.
Der Kläger hat entsprechend dem von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnis auf Grund eines im Juli 2005 eingetretenen Leistungsfalls ab dem 1.8.2005 Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Denn seit dem 20.7.2005 (Untersuchung durch Dr. U.) besteht bei dem Kläger nachweislich nahezu Blindheit, die die volle Erwerbsminderung begründet. Dem hat die Beklagte durch das in der mündlichen Verhandlung abgegebene Teilanerkenntnis Rechnung getragen und war - nachdem der Kläger dieses Teilanerkenntnis nicht angenommen hat - entsprechend zu verurteilen.
Bis zum Zeitpunkt der nachweisbaren erheblichen Verschlechterung der Sehleistung des Klägers besteht dagegen kein Rentenanspruch. Insoweit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Das SG hat bereits unter zutreffender Zugrundelegung der maßgebenden Rechtsvorschriften und in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise zutreffend festgestellt, dass der Kläger keinen Berufsschutz als Kfz.-Mechaniker genießen kann, weil er den erlernten Beruf vor der Erfüllung der Wartezeit wieder aufgegeben hat. Der Kläger ist also, was das SG ebenfalls zutreffend begründet hat, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und konnte nach den vom SG durchgeführten medizinischen Ermittlungen bis dato noch leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, die nicht schwerwiegend oder spezifisch sind, vollschichtig verrichten. Das SG hat damit auf der Grundlage der bis dahin durchgeführten Ermittlungen zutreffend einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint. Der Senat nimmt auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und der streitgegenständlichen Bescheide Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Das im (wiederangerufenen) Berufungsverfahren vorgelegte Gutachten von Frau Dr. F. vom 25.1.2001 ist ebenfalls nicht geeignet, einen früheren Rentenanspruch zu begründen. Die Gutachterin kommt zusammenfassend zu der Einschätzung, es sei noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit gegeben für annähernd ausschließlich sitzende Tätigkeiten, bei denen die Arme nicht wiederholt über die Horizontale gehoben werden müssten. Die Tätigkeit solle nicht unter erhöhtem Zeitdruck abverlangt werden, betriebsübliche Pausen zur Therapie der Stoffwechselerkrankung seien einzuhalten. Bei diesem Gutachtensergebnis ist eine über die Leistungsbeurteilung durch die vom SG gehörten gerichtlichen Sachverständigen hinausgehende Leistungseinschränkung nicht ersichtlich.
Auch das vom Senat eingeholte internistische Sachverständigengutachten gelangt zu keiner wesentlich anderen Einschätzung. Bei damals noch nur unwesentlich eingeschränkter Sehfähigkeit bedingten die übrigen Befunde lediglich qualitative Leistungseinschränkungen.
Abgesehen davon, dass der Kläger die Durchführung weiterer Begutachtungen generell abgelehnt hat, hat der Senat nach nochmaliger Überprüfung die von ihm zunächst angedachte Einholung eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens (vgl. Blatt 147/149 und 162 der LSG-Akte) nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr hält der Senat die beim Kläger bestehenden psychischen Auffälligkeiten vor dem Hintergrund des hier in Betracht kommenden Tätigkeitsbereichs für die Zeit vor dem von ihm angenommenen Rentenbeginn für hinreichend abgeklärt.
Dass beim Kläger eine Normvariante der Persönlichkeit mit aggressiven Zügen und sozialen Anpassungsstörungen besteht, wurde bereits anlässlich der Begutachtungen im Rentenverfahren und im Klageverfahren festgestellt und in ihren Auswirkungen auf das berufliche Restleistungsvermögen des Klägers entsprechend gewürdigt. Dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Be. lässt sich in diesem Zusammenhang jedenfalls entnehmen, dass keine gravierenden psychischen Befunde festzustellen waren. Die bereits vorbeschriebene latente Aggressivität ist auch anlässlich dieser Begutachtung wieder festgestellt, Hinweise für sonstige Erkrankungen aus dem psychiatrischen Formenkreis sind jedoch verneint worden. Aus dem Bericht des Allgemeinmediziners Möbius ergibt sich - insoweit in Übereinstimmung mit den sonstigen Befunden - wiederum die gestörte soziale Integration (mit dem hieraus nachvollziehbar abgeleiteten Erfordernis von Arbeiten ohne Vorgesetzten).
Wesentliche und rentenrechtlich relevante Einschränkungen lassen sich hieraus zur Überzeugung des Senats nicht ableiten, zumal Anpassungsstörungen in der Regel nicht zu einer dauerhaften zeitlichen Leistungseinschränkung führen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, Seite 40 und 44).
In qualitativer Hinsicht ausgeschlossen waren nach den im Verfahren getroffenen Feststellungen allerdings geistig anspruchsvolle Tätigkeiten, solche mit wesentlichem Publikumsverkehr (Dr. B.) und solche Tätigkeiten, bei denen das Erfordernis eines engmaschigen Kontaktes mit und der Überwachung bzw. Anleitung durch einen Vorgesetzten besteht.
Ausgehend von einer bis Juli 2005 gegebenen nur funktionellen Einäugigkeit kam insoweit z.B. die Verweisungstätigkeit eines Pförtners in Betracht, im Rahmen derer die bei dem Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen Berücksichtigung fanden.
Entsprechende Tätigkeiten sind im Lohngruppenverzeichnis i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 11 vom 22.3.1991 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II der Lohngruppe 2 (Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist - Ziff. 1.9) zugeordnet.
Zum Beispiel ein Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Der Kläger konnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für Personen, deren Hebe- und Tragefähigkeit eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -, gestützt auf entsprechende berufskundliche Feststellungen des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg). Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss.
Nach Auffassung des Senats zeichnet sich eine Pförtnertätigkeit in aller Regel gerade dadurch aus, dass sie allein bzw. nicht in Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen und insbesondere nicht in enger Vorgesetztenbindung ausgeführt wird.
Arbeitsplätze als Pförtner waren und sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern wurden und werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt waren, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden konnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -). Ebenso ist nicht festzustellen, ob der Kläger aus der genannten Verweisungstätigkeit die "erforderliche Lohnhälfte" seines bisherigen Bruttoeinkommens erzielen konnte, denn nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist davon auszugehen, dass Versicherte, die - wie der Kläger- eine ihnen zumutbare Verweisungstätigkeit vollschichtig und regelmäßig verrichten können, damit auch in der Lage sind, die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 60 und BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 -).
Der Umstand, dass der Kläger aufgrund seiner Diabeteserkrankung Pausen zur Blutzuckermessung und zur Einnahme von Zwischenmahlzeiten benötigt, führt nicht zur Rentenberechtigung.
Denn solche Arbeitsunterbrechungen überschreiten nach Auffassung des Senats insgesamt nicht den Rahmen der von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern zugestandenen persönlichen "Verteilzeiten" (zusätzliche Arbeitsunterbrechungen). Solche zusätzliche Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung für Erholung und persönliche Bedürfnisse über die Arbeitszeitregelungen hinaus sind in betriebsüblichen Arbeitszeitregelungen nach Maßgabe tarifvertraglicher Vereinbarungen vorgesehen (vgl. hierzu und für den Fall der Erforderlichkeit, jederzeit und kurzfristig kleine Pausen von nicht mehr als 5 bis 7 Minuten z. B. zur Einnahme einer kleinen Zwischenmahlzeit bzw. einer Blutzuckerselbstmessung bei diabetischer Stoffwechsellage einzulegen, Urteil des erkennenden Senats vom 05.07.2000 - L 3 RJ 847/99 -). Die Verteilzeiten sind erfahrungsgemäß mit 10 bis 12% der Arbeitszeit zu veranschlagen (für einen Erfahrungswert für die persönlichen Verteilzeiten in Höhe von 10% der Arbeitszeit: Handbuch des BMI für Personalbedarfsermittlung, 2. Auflage, 1997). Ausgehend von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem Anteil persönlicher Verteilzeiten in Höhe von 10% errechnen sich damit insgesamt Verteilzeiten von 48 Minuten pro Arbeitstag (40: 5 x 60 x 10%).
Mangels Nachweises einer über eine funktionelle Einäugigkeit hinausgehenden Sehbehinderung waren für die Zeit bis Juli 2005 auch die Voraussetzungen für die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes unter dem Gesichtspunkt mangelnder Wegefähigkeit nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für zu Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der im September 1964 geborene Kläger, der seit dem 13. Lebensjahr an einem insulinpflichtigen Diabetes Typ 1 leidet, erlernte von 1981 bis Juli 1983 den Beruf des Kfz.-Mechanikers, übte diesen aber nicht aus und war nach Abschluss der Lehre teilweise arbeitslos bzw. als Hilfsarbeiter im Metallbereich beschäftigt. Im November 1983 erlitt der Kläger einen Motorradunfall und zog sich dabei unter anderem einen Bruch des rechten Unterschenkels zu. Nach Komplikationen und einer Wundheilungsstörung gewährte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 28.01.1985 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit bis 31.03.1986. Diese Rente wurde durch Bescheid vom 02.10.1986 bis zum 31.08.1987 weiter gewährt.
Ein Weitergewährungsantrag vom Juni 1987 wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 14.10.1987 abgelehnt. Während des anschließenden Widerspruchsverfahrens und des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) S 13 J 873/88 bewilligte die Beklagte als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahmen zunächst eine Arbeitserprobungs- und Berufsfindungsmaßnahme und danach eine Vorschulung, die im Mai 1989 begonnen, nach einem Monat jedoch aus disziplinarischen Gründen abgebrochen wurde. Das SG wies die Klage nach medizinischer Sachaufklärung durch Urteil vom 15.03.1989 ab, die dagegen eingelegte Berufung im Verfahren L 2 J 1096/89 wurde durch Urteil vom 10.10.1990 zurückgewiesen. Der Kläger sei nach den umfangreichen ärztlichen Feststellungen zusammenschauend wieder in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten in wechselnder Köperhaltung zu verrichten. Er sei damit über den 31.08.1987 hinaus nicht mehr erwerbs- oder berufsunfähig.
Auch in der Folgezeit war der Kläger arbeitsunfähig krank oder arbeitslos. Von März 1994 bis April 1996 erfolgte eine Vorschulung und eine Umschulung zum Industriemechaniker, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig abgebrochen wurde. Danach war der Kläger wieder arbeitsunfähig krank und ab Januar 1997 arbeitslos.
Im Februar 1997 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Der Kläger wurde daraufhin in der Zeit vom 24. bis 26.11.1997 auf der Klinischen Beobachtungsstation in K. mehrfach begutachtet, und zwar internistisch, orthopädisch und neurologisch-psychiatrisch. Das zusammenfassende Gutachten von Dr. von M. vom 23.01.1998 erbrachte einen Diabetes mellitus Typ 1, schlecht eingestellt, eine diabetische Polyneuropathie, eine Normvariante der Persönlichkeit mit latenter Aggressivität und Soziopathie, eine distale Humerusfraktion rechts mit endgradiger Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und des Ellenbogengelenks, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei statischer Skoliose mit endgradiger Bewegungseinschränkung der LWS, eine leichte Beinverkürzung nach Unterschenkelfraktur rechts mit leichter Muskelminderung und trophischer Hautstörung sowie eine Rot-Grün-Sehschwäche. Der Kläger wurde noch für fähig gehalten, leichte Arbeiten zu ebener Erde, ohne überwiegend einseitige Köperhaltung, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr sowie ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten regelmäßig ganztags zu verrichten.
Durch Bescheid vom 29.01.1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab und wies den am 06.03.1998 eingelegten Widerspruch nach Einholung eines ärztlichen Berichts von Dr. K. und eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 16.03.1998 (vollschichtig, leichte körperliche Arbeiten) durch Widerspruchsbescheid vom 03.08.1998 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 27.08.1998 beim SG Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat von den behandelnden Ärzten Dr. L. und Dr. S. schriftliche Zeugenauskünfte eingeholt.
Sodann hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. eingeholt. In diesem Gutachten vom 06.08.1999 ist eine diabetische Polyneuropathie ohne funktionelles Defizit und eine Normvariante der Persönlichkeit diagnostiziert und der Kläger für fähig gehalten worden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten, teilweise bis mittelschwere Arbeiten, ohne Stress, ohne Wechselschicht und ohne übermäßige geistige Beanspruchung und ohne wesentlichen Publikumsverkehr vollschichtig auszuführen.
Ein internistisches Gutachten hat unter dem 10.08.1999 Dr. A. erstattet. Er hat auf seinem Fachgebiet einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ Ia festgestellt, ferner eine Polyneuropathie ohne funktionelles Defizit, ein Übergewicht von 6 kg, eine hyperchrome Anämie bei Verdacht auf nutritiv-toxische Genese sowie einen Nikotionabusus. Unter Mitberücksichtigung der nichtinternistischen Diagnosen, auch der orthopädischen Diagnosen ergebe sich keine schwerwiegende Beeinträchtigung des beruflichen Leistungsvermögens. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten. Dauerndes und überwiegendes Stehen, Gehen und Sitzen oder häufigen Bücken sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen seien zu vermeiden, für Akkord-, Fließband-, Schicht-, und Nachtarbeit sei der Kläger nicht geeignet, auch Arbeiten im Freien, unter Nässe, Kälte, Wärme, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, unter starker Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens seien zu vermeiden. Mittelschwere oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, insbesondere mit Publikumsverkehr, seien aufgrund der Persönlichkeitsstruktur nicht zu leisten. Wegen des insulinpflichtigen Diabetes mellitus solle dem Kläger die Möglichkeit gegeben werden, Blutzuckermessungen am Arbeitsplatz selbst durchzuführen und entsprechende Pausen für die Zwischenmahlzeiten einlegen zu können. Fußwege von 1.500 bis 2.000 Meter seien zumutbar, die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht eingeschränkt.
Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.4.2000 durch Urteil vom selben Tag abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der keinen Berufsschutz genießende und damit breit verweisbare Kläger die ihm somit noch zumutbaren - unbenannten - leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Gefolgt werde den eingeholten Gutachten. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen dieses am 21.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.07.2000 Berufung eingelegt. Dieses Berufungsverfahren (L 3 RJ 2839/00) ist im Hinblick auf ein im Verfahren S 5 Kr 3194/98 beim SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Sachverständigengutachten zum Ruhen gebracht worden.
Im Juli 2001 hat der Kläger das Verfahren wiederangerufen und das für das SG in der genannten Streitsache eingeholte Gutachten der Internistin Dr. F. vom 25.01.2001 vorgelegt.
Diese diagnostiziert beim Kläger einen insulinbehandelten Diabetes mellitus Typ 1, ferner eine leichte bis mäßige diabetische Polyneuropthie, eine diabetische Nephropathie im Stadium III, einen Niktionabusus und einen Zustand nach supracondylärer Humerusschaftfraktur rechts mit residualer Muskelverschmächtigung und endgradiger Bewegungseinschränkung, eine endgradige Schulterpartialsteife, ein chronisch redizdivierendes Lumbalsyndrom, eine Halswirbelsäulensyndrom, einen Zustand nach Tibiafraktur rechts mit Muskelverschmächtigung und Beinverkürzung im Unterschenkel um 2 cm, Hinweise auf eine leichte Coxarthrose sowie eine psychiatrisch attestierte Normvariante der Persönlichkeit. Vollschichtige Leistungsfähigkeit sei gegeben für annährend ausschließlich sitzende Tätigkeiten, bei denen die Arme nicht wiederholt über die Horizontale gehoben werden müssten. Die Tätigkeit solle nicht unter erhöhtem Zeitdruck abverlangt werden und nur unter Einhaltung betriebsüblicher Pausen zur Therapie der Stoffwechselerkrankung.
Ferner hat der Kläger am 18.03.2003 einen Kurzarztbrief der Diabetes Klinik Bad vom 30.10.2002 vorgelegt. Er ist dort vom 10. bis 30.10.2002 stationär in Behandlung gewesen wegen stark schwankender Blutzuckerstoffwechsellage. Es ist ein Therapieplan erarbeitet und der Kläger in der Blutzuckerselbstkontrolle geschult worden.
Der Senat hat nach zwischenzeitlicher Durchführung einer mündlichen Verhandlung den behandelnden Allgemeinmediziner Dr. E. als sachverständigen Zeugen befragt, der in seinem Bericht vom 07.05.2003 auf früher zu erwartende diabetische Spätfolgen bei schlechter Einstellung hinweist.
Sodann hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des internistischen Sachverständigengutachtens von Dr. Be. vom 14.01.2005. Dieser diagnostiziert einen Diabetes mellitus Typ 1, eine beginnende diabetische Nephropathie, eine diabetische nichtproliferative Retinopathie, eine diabetische Neuropathie mit zusätzlichem Verdacht auf autonome Neuropathie, eine Fettleber, ein Supraspinatussyndrom links, ein Ekzem unklarer Genese der gesamten Haut, eine Beinverkürzung rechts bei Zustand nach Unterschenkelfraktur, einen chronischen Nikotinabusus, einen chronischen Alkoholabusus sowie eine endogene Depression. Hinsichtlich der diabetischen Retinopathie stellt der Sachverständige keine wesentliche Einschränkung der Sehtüchtigkeit fest. Gravierende psychische Störungen lägen dem Anschein nach nicht vor. Der Kläger benötige regelmäßige Blutzuckerkontrollen mindestens viermal täglich und es müssten ihm auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Möglichkeiten zur Einnahme von regelmäßigen und diabetikergerechten Mahlzeiten eingeräumt werden. Daher seien Schicht- und Akkordarbeiten ausgeschlossen. Zu vermeiden seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten. Ungeeignet seien ferner Berufe, die einen Gleichgewichtssinn abverlangten, Arbeiten in Fahrzeugen oder an Maschinen sowie einseitige körperliche Tätigkeiten. Die Prognose sei schlecht.
Anschließend hat der Senat nochmals Dr. E. befragt, der in seiner Auskunft vom 02.03.2005 über eine zuletzt im November 2003 durchgeführte Behandlung berichtet. Der vom Senat ebenfalls befragte Allgemeinmediziner Möbius hält in seiner Auskunft vom 21.03.2005 die Leistungsfähigkeit des Klägers als in erster Linie durch die Sehstörung und die gestörte soziale Integration (nur Arbeiten ohne Vorgesetzten) eingeschränkt. Hinsichtlich der Sehschärfe wird ferner über eine im März 2005 durchgeführte Augenoperation mit komplikationslosem Verlauf berichtet. Eine abschließende Beurteilung der Augensituation sei nicht möglich.
Bezüglich letzterem hat der Senat den Augenarzt Dr. O. als sachverständigen Zeugen befragt, der unter Berücksichtigung der zuletzt im April 2005 durchgeführten Untersuchung von einer funktionellen Einäugigkeit mit einer Sehschärfe rechts von 0,8 berichtet und Tätigkeiten ohne das Erfordernis räumlichen Sehens für vollschichtig zumutbar erachtet. Der vom Senat des weiteren befragte Augenarzt Dr. U. teilt unter dem 21.07.2005 eine Verminderung der Sehschärfe rechts auf 0,1 mit. Links betrage die Sehschärfe 1/50. Dr. U. teilt auf eine entsprechende Anfrage des Senats mit Schreiben vom 01.03.2006 mit, dass bei der Grunderkrankung des Klägers auch eine kurzfristige Verschlechterung möglich sei. Unter dem 2.8.2006 gibt er die Sehschärfe rechts mit 1/50 und links mit 0,2/50 an. Der Kläger benötige für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine Begleitperson.
Das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebene Teilanerkenntnis, wonach dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom Juli 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer gewährt werde, hat der Kläger nicht angenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1998 zu verurteilen, ihm Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen drei Bände Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der genannten Vorakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, und in der Sache teilweise begründet.
Der Kläger hat entsprechend dem von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnis auf Grund eines im Juli 2005 eingetretenen Leistungsfalls ab dem 1.8.2005 Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Denn seit dem 20.7.2005 (Untersuchung durch Dr. U.) besteht bei dem Kläger nachweislich nahezu Blindheit, die die volle Erwerbsminderung begründet. Dem hat die Beklagte durch das in der mündlichen Verhandlung abgegebene Teilanerkenntnis Rechnung getragen und war - nachdem der Kläger dieses Teilanerkenntnis nicht angenommen hat - entsprechend zu verurteilen.
Bis zum Zeitpunkt der nachweisbaren erheblichen Verschlechterung der Sehleistung des Klägers besteht dagegen kein Rentenanspruch. Insoweit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Das SG hat bereits unter zutreffender Zugrundelegung der maßgebenden Rechtsvorschriften und in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise zutreffend festgestellt, dass der Kläger keinen Berufsschutz als Kfz.-Mechaniker genießen kann, weil er den erlernten Beruf vor der Erfüllung der Wartezeit wieder aufgegeben hat. Der Kläger ist also, was das SG ebenfalls zutreffend begründet hat, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und konnte nach den vom SG durchgeführten medizinischen Ermittlungen bis dato noch leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, die nicht schwerwiegend oder spezifisch sind, vollschichtig verrichten. Das SG hat damit auf der Grundlage der bis dahin durchgeführten Ermittlungen zutreffend einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint. Der Senat nimmt auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und der streitgegenständlichen Bescheide Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Das im (wiederangerufenen) Berufungsverfahren vorgelegte Gutachten von Frau Dr. F. vom 25.1.2001 ist ebenfalls nicht geeignet, einen früheren Rentenanspruch zu begründen. Die Gutachterin kommt zusammenfassend zu der Einschätzung, es sei noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit gegeben für annähernd ausschließlich sitzende Tätigkeiten, bei denen die Arme nicht wiederholt über die Horizontale gehoben werden müssten. Die Tätigkeit solle nicht unter erhöhtem Zeitdruck abverlangt werden, betriebsübliche Pausen zur Therapie der Stoffwechselerkrankung seien einzuhalten. Bei diesem Gutachtensergebnis ist eine über die Leistungsbeurteilung durch die vom SG gehörten gerichtlichen Sachverständigen hinausgehende Leistungseinschränkung nicht ersichtlich.
Auch das vom Senat eingeholte internistische Sachverständigengutachten gelangt zu keiner wesentlich anderen Einschätzung. Bei damals noch nur unwesentlich eingeschränkter Sehfähigkeit bedingten die übrigen Befunde lediglich qualitative Leistungseinschränkungen.
Abgesehen davon, dass der Kläger die Durchführung weiterer Begutachtungen generell abgelehnt hat, hat der Senat nach nochmaliger Überprüfung die von ihm zunächst angedachte Einholung eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens (vgl. Blatt 147/149 und 162 der LSG-Akte) nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr hält der Senat die beim Kläger bestehenden psychischen Auffälligkeiten vor dem Hintergrund des hier in Betracht kommenden Tätigkeitsbereichs für die Zeit vor dem von ihm angenommenen Rentenbeginn für hinreichend abgeklärt.
Dass beim Kläger eine Normvariante der Persönlichkeit mit aggressiven Zügen und sozialen Anpassungsstörungen besteht, wurde bereits anlässlich der Begutachtungen im Rentenverfahren und im Klageverfahren festgestellt und in ihren Auswirkungen auf das berufliche Restleistungsvermögen des Klägers entsprechend gewürdigt. Dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Be. lässt sich in diesem Zusammenhang jedenfalls entnehmen, dass keine gravierenden psychischen Befunde festzustellen waren. Die bereits vorbeschriebene latente Aggressivität ist auch anlässlich dieser Begutachtung wieder festgestellt, Hinweise für sonstige Erkrankungen aus dem psychiatrischen Formenkreis sind jedoch verneint worden. Aus dem Bericht des Allgemeinmediziners Möbius ergibt sich - insoweit in Übereinstimmung mit den sonstigen Befunden - wiederum die gestörte soziale Integration (mit dem hieraus nachvollziehbar abgeleiteten Erfordernis von Arbeiten ohne Vorgesetzten).
Wesentliche und rentenrechtlich relevante Einschränkungen lassen sich hieraus zur Überzeugung des Senats nicht ableiten, zumal Anpassungsstörungen in der Regel nicht zu einer dauerhaften zeitlichen Leistungseinschränkung führen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, Seite 40 und 44).
In qualitativer Hinsicht ausgeschlossen waren nach den im Verfahren getroffenen Feststellungen allerdings geistig anspruchsvolle Tätigkeiten, solche mit wesentlichem Publikumsverkehr (Dr. B.) und solche Tätigkeiten, bei denen das Erfordernis eines engmaschigen Kontaktes mit und der Überwachung bzw. Anleitung durch einen Vorgesetzten besteht.
Ausgehend von einer bis Juli 2005 gegebenen nur funktionellen Einäugigkeit kam insoweit z.B. die Verweisungstätigkeit eines Pförtners in Betracht, im Rahmen derer die bei dem Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen Berücksichtigung fanden.
Entsprechende Tätigkeiten sind im Lohngruppenverzeichnis i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 11 vom 22.3.1991 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II der Lohngruppe 2 (Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist - Ziff. 1.9) zugeordnet.
Zum Beispiel ein Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Der Kläger konnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für Personen, deren Hebe- und Tragefähigkeit eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -, gestützt auf entsprechende berufskundliche Feststellungen des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg). Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss.
Nach Auffassung des Senats zeichnet sich eine Pförtnertätigkeit in aller Regel gerade dadurch aus, dass sie allein bzw. nicht in Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen und insbesondere nicht in enger Vorgesetztenbindung ausgeführt wird.
Arbeitsplätze als Pförtner waren und sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern wurden und werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt waren, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden konnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -). Ebenso ist nicht festzustellen, ob der Kläger aus der genannten Verweisungstätigkeit die "erforderliche Lohnhälfte" seines bisherigen Bruttoeinkommens erzielen konnte, denn nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist davon auszugehen, dass Versicherte, die - wie der Kläger- eine ihnen zumutbare Verweisungstätigkeit vollschichtig und regelmäßig verrichten können, damit auch in der Lage sind, die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 60 und BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 -).
Der Umstand, dass der Kläger aufgrund seiner Diabeteserkrankung Pausen zur Blutzuckermessung und zur Einnahme von Zwischenmahlzeiten benötigt, führt nicht zur Rentenberechtigung.
Denn solche Arbeitsunterbrechungen überschreiten nach Auffassung des Senats insgesamt nicht den Rahmen der von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern zugestandenen persönlichen "Verteilzeiten" (zusätzliche Arbeitsunterbrechungen). Solche zusätzliche Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung für Erholung und persönliche Bedürfnisse über die Arbeitszeitregelungen hinaus sind in betriebsüblichen Arbeitszeitregelungen nach Maßgabe tarifvertraglicher Vereinbarungen vorgesehen (vgl. hierzu und für den Fall der Erforderlichkeit, jederzeit und kurzfristig kleine Pausen von nicht mehr als 5 bis 7 Minuten z. B. zur Einnahme einer kleinen Zwischenmahlzeit bzw. einer Blutzuckerselbstmessung bei diabetischer Stoffwechsellage einzulegen, Urteil des erkennenden Senats vom 05.07.2000 - L 3 RJ 847/99 -). Die Verteilzeiten sind erfahrungsgemäß mit 10 bis 12% der Arbeitszeit zu veranschlagen (für einen Erfahrungswert für die persönlichen Verteilzeiten in Höhe von 10% der Arbeitszeit: Handbuch des BMI für Personalbedarfsermittlung, 2. Auflage, 1997). Ausgehend von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem Anteil persönlicher Verteilzeiten in Höhe von 10% errechnen sich damit insgesamt Verteilzeiten von 48 Minuten pro Arbeitstag (40: 5 x 60 x 10%).
Mangels Nachweises einer über eine funktionelle Einäugigkeit hinausgehenden Sehbehinderung waren für die Zeit bis Juli 2005 auch die Voraussetzungen für die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes unter dem Gesichtspunkt mangelnder Wegefähigkeit nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für zu Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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