Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 7 KR 706/03
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 55/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Die Pflicht zur Information des Mitglieds über die mögliche Übernahme der Beiträge durch den Sozialhilfeträger (§ 191 Satz 2) durch die Krankenkasse in einem Bescheid, in dem auf das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft im Falle der fehlenden Beitragszahlung (§ 191 Satz 1 Nr 3 SGB V) hingewiesen wird, gilt erst ab dem 1.1.2004.
2) Die Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V treten auch ein, wenn der Beitragsbescheid der Höhe nach rechtswidrig ist, der Beitragsschuldner aber nicht einmal den Beitrag zahlt, den er nach seiner eigenen Auffassung schuldet.
3) Die Krankenkasse ist nicht in jedem Fall verpflichtet, von einer erteilten Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen.
2) Die Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V treten auch ein, wenn der Beitragsbescheid der Höhe nach rechtswidrig ist, der Beitragsschuldner aber nicht einmal den Beitrag zahlt, den er nach seiner eigenen Auffassung schuldet.
3) Die Krankenkasse ist nicht in jedem Fall verpflichtet, von einer erteilten Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.2.2005 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist im Berufungsverfahren noch, ob die Beklagte zu Recht die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der freiwilligen Krankenversicherung wegen Beitragsrückständen festgestellt hat.
Die Klägerin, die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer mit Kranken- und Altenpflege befassten GmbH ist, ist freiwilliges Mitglied bei der Beklagten, wobei sie hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung als hauptberuflich Selbstständige veranlagt wurde. Durch Bescheid vom 10.9.1999 stufte die Beklagte die Höhe ihres Beitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung auf der Grundlage der Mindestbemessung, ausgehend von beitragspflichtigen Monatseinnahmen von durchschnittlich 3.310, DM, ein. Mit Bescheid vom 25.9.2002 setzte die Beklagte den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ab dem 1.10.2002 auf 529,88 EUR (Höhe der Beitragsbemessungsgrenze) fest, da die Klägerin ihrer Nachweispflicht über niedrigere Einnahmen nicht nachgekommen sei.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 11.11.2002 erklärte ihr Ehemann fernmündlich: "Der Widerspruch habe aufschiebende Wirkung" Er beantrage "Beitragserstattung", ansonsten erfolge eine "Rückbelastung". Nach Angaben des Steuerberaters habe die Beklagte keinen Anspruch auf Vorlage eines Steuerbescheides. Mit Schreiben vom 11.11.2002 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe; die mit Bescheid vom 25.9.2002 festgestellten Beiträge seien daher zu entrichten, was ihrem Ehemann bereits telefonisch mitgeteilt worden sei.
Mit Bescheid vom 30.12.2002 setzte die Beklagte die Höhe der rückständigen Beiträge auf 595,71 EUR fest. In einem weiteren Bescheid vom 28.1.2003 (der Klägerin zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 29.1.2003) wurde die rückständige Beitragsschuld für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 31.12.2002 mit 1.179,72 EUR (Kranken- und Pflegeversicherung) festgestellt. Die Beklagte wies die Klägerin ferner auf § 191 Nr 3 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) hin, wonach die Mitgliedschaft freiwillig Versicherter unter bestimmten Voraussetzungen bei Zahlungsrückstand für zwei Kalendermonate ende. In diesem Bescheid heißt es fettgedruckt auf der Vorderseite: "Ihr Kranken- und Pflegeversicherungsschutz ist gefährdet." Außerdem ist festgehalten: "Die Beendigung kann nur vermieden werden, wenn zum Zeitpunkt der "letzten Zahlungsfrist" der gesamte Beitragsrückstand beglichen worden ist. Anderenfalls endet die Mitgliedschaft bei der DAK einschließlich sämtlicher Rechte mit dem Ende der Zahlungsfrist. Beachten Sie bitte, dass ein Kassenwechsel oder eine freiwillige Versicherung nach dem Ende der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr möglich ist, da aufgrund der nicht entrichteten, aber weiterhin geschuldeten Beiträge eine neue Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hergestellt werden kann, da diese durch § 191 Nr 3 SGB V sofort wieder zu beenden wäre." Als "letzte Zahlungsfrist" wurde der 15.2.2003 angegeben.
Am 29.1.2003 setzte sich der Ehemann der Klägerin mit der Beklagten telefonisch in Verbindung. Ausweislich des aktenkundigen Telefonvermerks beschimpfte er die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten. Mit Bescheid vom 17.2.2003 stellte die Beklagte das Ende der Mitgliedschaft der Klägerin zum 15.2.2003 fest und setzte die rückständigen Beiträge für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 15.2.2003 auf 2.139,62 EUR fest.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch beanstandete die Klägerin, die Beklagte habe von ihrer Befugnis zum Einzug der Beiträge mit Hilfe der von ihr erteilten Einzugsermächtigung keinen Gebrauch gemacht; diesem Schreiben legte sie einen Verrechnungsscheck in Höhe von 942,84 EUR bei. Mit Schreiben vom 19.3.2003 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, seitens ihres Ehemanns sei bei dem Telefongespräch am 11.11.2002 angekündigt worden, "dass einer Beitragsabbuchung der Beiträge in der neuen Einstufungshöhe widersprochen werden" würde, falls die Beiträge vom Konto abgebucht würden; daraufhin sei der Beitragseinzug mittels Lastschrift beendet worden. Durch die jetzt erfolgte Zahlung der Klägerin reduziere sich der Beitragsrückstand auf 1.196,78 EUR. Mit ihrem Schreiben vom 2.6.2003 reichte die Klägerin einen weiteren Verrechnungsscheck von 1.300 EUR bei der Beklagten ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13.8.2003 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 25.9.2002 und 17.2.2003 zurück. Zur Begründung hieß es: Die Klägerin könne nicht mit dem Vortrag durchdringen, sie, die Beklagte, sei gehalten gewesen, die Beiträge weiterhin von ihrem Konto abzuziehen. Denn der Ehemann der Klägerin habe bei dem Telefongespräch am 11.11.2002 angekündigt, dass im Falle weiterer Abbuchungen der Beiträge diese rückbelastet würden. Angesichts dieser Ankündigung wäre es geradezu absurd gewesen, wenn sie, die Beklagte, weiterhin von der Einzugsermächtigung Gebrauch gemacht hätte, dh die Nichteinlösung der Lastschriften riskiert und eine zusätzliche Belastung durch Bankspesen/Verwaltungskosten in Kauf genommen hätte.
Am 15.9.2003 hat die Klägerin Klage erhoben und ua geltend gemacht: Beitragsrückstände seien nur durch das provokante Verhalten der Beklagten entstanden. Es sei nicht ihr Verschulden, dass die Beklagte das Beitragseinzugsverfahren eingestellt habe und es daher zu Beitragsrückständen gekommen sei. In der maßgebenden Zeit, insbesondere im Dezember 2002 und im Januar 2003, sei sie schwer erkrankt gewesen, was die Beklagte gewusst habe. Gespräche zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann seien ihr, der Klägerin, nicht zuzurechnen. Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, dass Beiträge zur Pflegekasse nicht Gegenstand des Rechtsstreits seien.
Durch Urteil vom 21.2.2005 hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 25.9.2002, 30.12.2002, 28.1.2003 und 17.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.8.2003 insoweit hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung abgeändert, als die Beklagte für die Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung als beitragspflichtige Einnahmen einen höheren Betrag als 1/40 der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt hat; außerdem hat das SG die Beitragsbescheide vom 30.12.2002, 28.1.2003 und 17.2.2003 insoweit abgeändert, als es um Säumniszuschläge im Bescheid vom 30.12.2002 von 2,50 EUR, im Bescheid vom 28.1.2003 von 7,50 EUR und im Bescheid vom 17.2.2003 von 15, EUR geht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien insoweit zu beanstanden, als die Beklagte für die Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung als beitragspflichtige Einnahmen einen höheren Betrag als 1/40 der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt habe; diesbezüglich seien die Voraussetzungen des § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) für die Rücknahme der vorherigen, für die Klägerin günstigeren Beitragseinstufung nicht erfüllt. Das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin ergebe sich aus § 191 Nr 3 SGB V. Die Mitgliedschaft erlösche nach dieser Vorschrift unabhängig von einem Verschulden, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet worden seien. Die der Klägerin in dem Schreiben vom 28.1.2003 gesetzte Nachfrist sei so bemessen worden, dass sie zur Zahlung der rückständigen Beiträge noch eine reale, wenn auch knapp bemessene Chance geboten habe (Hinweis auf Bundessozialgericht BSG 27.1.2000 B 12 KR 21/99 B). Dem Umstand, dass der Beklagten eine Einziehungsermächtigung der Klägerin vorgelegen habe, von der sie keinen Gebrauch gemacht habe, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Die Kammer lasse offen, ob nicht zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der freiwilligen Krankenversicherung am 15.2.2003 der von der Beklagten mit Einstufungsbescheid vom 25.9.2002 festgesetzte monatliche Beitrag maßgebend gewesen sei. Dafür spreche jedenfalls, dass der gegen den Einstufungsbescheid vom 25.9.2002 eingelegte Widerspruch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine aufschiebende Wirkung gehabt habe. Aber selbst wenn man dies anders sehen würde, sei jedenfalls der monatliche Mindestbeitrag von der Klägerin geschuldet worden, den sie nach ihrer eigenen Auffassung geschuldet habe. Für die Zahlung habe der Versicherte Sorge zu tragen. Aus den Bescheiden vom 30.12.2002 und 28.1.2003 sei für die Klägerin deutlich erkennbar gewesen, dass die Beklagte von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch gemacht habe. Die Klägerin habe von Anfang Januar 2003 (vermutetes Eingangsdatum des Beitragsbescheides vom 30.12.2002) bis Mitte Februar 2003 die Möglichkeit gehabt, ihre Beitragsschuld anders als durch Bankeinzug zu begleichen. Auch die Erkrankung der Klägerin im Dezember 2002/Januar 2003 ändere daran nichts. Es sei nicht zu erkennen, dass die Erkrankung so schwer gewesen sei, dass die Klägerin die recht deutlich gehaltenen Hinweise nicht hätte verstehen können. Sofern sie die Sachlage nicht überblickt haben sollte, hätte sie die Beklagte zumindest darauf hinweisen müssen.
Gegen dieses ihr am 14.3.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 5.4.2005 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen geltend gemacht, sie sei Anfang 2003 nicht geschäftsfähig gewesen. Der Senat hat Auskünfte ihres behandelnden Arztes, des Allgemeinarztes Dr R , vom 2.1. und 31.1. 2006 erhalten sowie die Krankenunterlagen des S. V -Krankenhauses S über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30.12.2002 bis 2.1.2003 beigezogen. Anschließend hat er von Amts wegen ein Gutachten nach Aktenlage des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr S vom Mai 2006 eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, in der Zeit vom 29.1. bis 15.2.2003 hätten bei der Klägerin keinerlei Krankheiten vorgelegen, welche die Einsichtsfähigkeit in ihr eigenes Tun hätten mindern können.
Die Klägerin trägt vor: Die Erteilung einer Einzugsermächtigung bewirke nichts anderes, als dass die Verantwortung für die Zahlung der Beiträge vom Versicherten auf den Versicherungsträger übergehe. Selbst wenn man das Verhalten ihres Ehemannes am 11.11.2002 als Widerruf der Einzugsermächtigung werten sollte, könne ihr dieses nicht zugerechnet werden, da er weder eine Vollmacht besessen noch gesetzlich berechtigt gewesen sei, für sie, die Klägerin, zu handeln. Die Beklagte sei daher aufgrund der Einzugsermächtigung dazu verpflichtet gewesen, auf diese, auch auf die Gefahr einer Rückbuchung, zurückzugreifen. Anderenfalls hätte sie schon wegen der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass sie von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch machen und damit die Verantwortung für den Zahlungsvorgang wieder an die Klägerin zurückgegeben werde. Entgegen der Ansicht des SG sei aus den Bescheiden vom 30.12.2002 und 28.1.2003 nicht ersichtlich gewesen, dass die Beklagte die Einzugsermächtigung nicht mehr habe verwenden wollen. Außerdem habe es sich um rechtswidrige Beitragsbescheide gehandelt, die in Bezug auf das Ende der Mitgliedschaft bei der Beklagten keine Wirkung hätten entfalten können. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Stellungnahme von Dr K sei sie, die Klägerin, seinerzeit nicht in der Lage gewesen, die Bedeutung der Angelegenheit zu erkennen und ggf durch Einzahlung der Beiträge darauf zu reagieren. Die Nichtentrichtung der Beiträge könne daher nicht zum Ende der Mitgliedschaft führen (Hinweis auf Bundessozialgericht BSG 18.8.1992 12 RK 32/92). Ihr angeschlagener Gesundheitszustand sei der Beklagten bekannt gewesen. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte, entgegen ihrer sonstigen Praxis, schon bei einem erstmaligen Beitragsrückstand für zwei Monate, die "Gunst der Stunde" habe nutzen wollen, um die Mitgliedschaft zu beenden. Das Gutachten des Dr S sei wenig aussagekräftig. Dieser habe offenbar die Frage der Einsichtsfähigkeit in rechtliche Vorgänge mit einem Zustand der Bewusstlosigkeit gleichgesetzt. Wäre zum damaligen Zeitpunkt ein Betreuungsverfahren eingeleitet worden, hätte das zuständige Vormundschaftsgericht mit Sicherheit einen Betreuer zur Regelung der rechtlichen Angelegenheiten für sie eingesetzt. Nach einer Entscheidung des SG Frankfurt vom 31.5.2005 (S 30 KR 269/05 ER) sei der Hinweis nach § 191 SGB V unvollständig, wenn sich dieser nicht auf die Möglichkeit der Übernahme der Beitragsschulden durch den Sozialhilfeträger erstrecke.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Speyer vom 21.2.2005 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 17.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.8.2003 aufzuheben und festzustellen, dass sie auch über den 15.2.2003 hinaus freiwillig versichertes Mitglied bei der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Mit der Einzugsermächtigung, die ihr aufgrund abgelaufener Aufbewahrungsfrist nicht mehr vorliege, sei die Klägerin von ihrer Zahlungspflicht nicht befreit worden (Hinweis auf LSG Rheinland-Pfalz 31.7.1997 L 5 K 5/97). Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, nicht in der Lage gewesen zu sein, die Bedeutung des Bescheides vom 28.1.2003 zu erkennen bzw ihrer Zahlungsverpflichtung zeitgerecht nachzukommen. Abgesehen davon, dass sie lediglich vier Tage vom 30.12.2002 bis 2.1.2003 stationär behandelt worden sei, könne nach gängiger Rechtsprechung nicht jede Krankheit als Entschuldigung für ein Fristversäumnis angesehen werden. Selbst wenn der Beteiligte wegen Krankheit zeitweise im Bett bleiben müsse oder sich im Krankenhaus aufhalte, könne ihm zugemutet werden, die zur Fristwahrung notwendigen Schritte, ggf durch Beauftragung einer anderen Person, einzuleiten (Hinweis auf LSG Niedersachsen 9.2.1984 L 10 Lw 12/83). Im Übrigen lasse sich ihren Verwaltungsakten entnehmen, dass überwiegend der Ehemann der Klägerin wegen deren beitragsrechtlicher Angelegenheiten Kontakt mit ihr, der Beklagten, aufgenommen habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat hinsichtlich der allein noch umstrittenen Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung der Klägerin bei der Beklagten die Klage zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet wurden. Nach § 191 Satz 2 dieser Vorschrift in der ab dem 1.1.2004 geltenden Fassung ist das Mitglied insbesondere darauf hinzuweisen, dass nach dem Ende der Mitgliedschaft eine freiwillige Versicherung auch bei einer anderen Krankenkasse ausgeschlossen ist, sowie darauf, dass unter den Voraussetzungen des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen durch den Träger der Sozialhilfe möglich ist. § 191 Satz 2 SGB V, der für den vorliegenden Rechtsstreit noch nicht eingreift, stellt keine Neuregelung, sondern hinsichtlich des Hinweises auf den Ausschluss einer freiwilligen Versicherung auch bei einer anderen Krankenkasse eine gesetzliche Klarstellung bzw Konkretisierung des bereits zum 31.12.2003 geltenden Rechts dar (BT Drs 15/1525 S 137 zu Nr 135, abgedruckt bei Hauck/Noftz, SGB V, M 015 Seite 140; LSG Berlin 25.8.2004 L 9 KR 61/02, juris; Peters in Kasseler Kommentar, § 191 SGB V, Rz 12). Soweit es um den Hinweis auf die mögliche Übernahme der Beiträge durch den Sozialhilfeträger geht, sollte demgegenüber, wie aus der Gesetzesbegründung deutlich wird (BT Drs aaO), nicht die bisherige Rechtslage klargestellt, sondern eine zusätzliche Pflicht in das Gesetz aufgenommen werden. Davon, dass eine Pflicht zu diesem Hinweis vor dem 1.1.2004 nicht bestand, ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum alten, bis 31.12.2003 geltenden Recht, ohne dass dies weiter problematisiert wurde, ausgegangen (vgl zB BSG 27.1.2000 B 12 KR 21/99 B, juris; LSG Berlin, aaO). Der von der Klägerin zitierte Beschluss des SG Frankfurt/Main vom 31.5.2005 (S 30 KR 296/05 KR) betrifft die Rechtslage nach dem 31.12.2003. Unabhängig davon hatte die Beklagte im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte für eine etwaige Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin.
Der Hinweis auf die Folgen einer Nichtzahlung der Beiträge in dem Schreiben vom 28.1.2003, das die Klägerin am 29.1.2003 erhalten hat, entsprach den gegebenen Anforderungen. Die gesetzte Zahlungsfrist war ausreichend, um der Klägerin eine letzte Möglichkeit zur Begleichung des Beitragsrückstandes zu geben (vgl zu einer ähnlich langen Frist LSG Niedersachsen-Bremen 24.4.2002 L 4 KR 26/01, juris). Diese Frist hat die Klägerin nicht eingehalten.
Nach dem Wortlaut des § 191 Satz 3 ist nicht völlig eindeutig, ob es hinsichtlich der Nichtzahlung von Beiträgen auf die materiell-rechtlich korrekte Beitragshöhe ankommt, auf einen formal erhobenen Beitrag oder darauf, ob die Beitragshöhe durch bestandskräftigen Bescheid festgestellt ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern 30.1.2002 L 4 KR 6/01, juris Rz 47). Ob die Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V auch eintreten können, wenn der Beitrag formal zu hoch festgestellt wurde, der Betroffene aber den tatsächlich geschuldeten Beitrag entrichtet hat, kann jedoch offen bleiben. Denn bis zum Ende der Zahlungsfrist am 15.2.2003 ist bei der Beklagten keinerlei Zahlung hinsichtlich des ausstehenden Beitrages für die Zeit vom 1.11.2002 bis 31.12.2002 eingegangen. Der Eintritt der Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V kann nicht davon abhängen, ob die Beitragsforderung auf einem bereits bestandskräftigen Beitragsbescheid beruht. Zum einen ergeben sich hierfür aus dem Wortlaut des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V keine Anhaltspunkte. Zum anderen spricht auch der Zweck dieser Vorschrift gegen eine solche Betrachtungsweise, weil es der Beitragsschuldner ansonsten in der Hand hätte, durch die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Beitragsbescheide die Wirkungen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V zu verhindern.
Ohne Erfolg trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe es versäumt, von der ihr vorliegenden Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen. Die Einziehungsermächtigung, deren Zulässigkeit aus § 185 BGB abgeleitet wird, hat zur Folge, dass der Ermächtigte die Forderung im eigenen Namen geltend machen und Leistung an sich verlangen kann (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, § 398 Rz 29). Da sie nicht damit verbunden ist, dass die Forderung an Erfüllung statt abgetreten wird, ist derjenige, dem die Einziehungsermächtigung erteilt wird, dem Erteilenden gegenüber nicht unter allen Umständen verpflichtet, von ihr Gebrauch zu machen (vgl LSG Rheinland-Pfalz 31.7.1997 – L 5 KR 5/97). Dazu besteht Anlass, wenn damit zu rechnen ist, dass die Schuldnerbank nicht entsprechend der Ermächtigung zahlen wird. Zu einer solchen Sachlage kann es kommen, weil es keine Pflicht der Bank gibt, einen Widerspruch des Schuldners unbeachtet zu lassen (Sprau in Palandt, aaO, § 676f Rz 29). Die Krankenkasse kann ihrem freiwilligen Mitglied gegenüber allerdings nach dem auch innerhalb des Sozialrechtsverhältnis geltenden (vgl LSG Baden-Württemberg 28.2.2003 – L 4 KR 4878/01, juris) Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten sein, von der Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen, wenn anderenfalls die Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V drohen. Davon muss jedoch dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn die Krankenkasse konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Beitragsschuldner der Gutschrift durch die Bank widersprechen würde. So war es bei der Klägerin im Hinblick auf den Anruf deren Ehemanns am 11.11.2002. Bei dieser Sachlage verstieß die Beklagte, indem sie vom Gebrauchmachen von der Einzugsermächtigung absah, nicht gegen Treu und Glauben, unabhängig davon, ob der Ehemann der Klägerin von dieser ausdrücklich zu Erklärungen im Rechtsverkehr bevollmächtigt war. Im Übrigen musste die Klägerin aus dem Schreiben vom 11.11.2002 und dem Bescheid vom 28.1.2003 ersehen, dass die Beklagte die Einziehungsermächtigung nicht nutzen wollte. Bei dieser Sachlage durfte die Klägerin keinesfalls eine rechtzeitige Zahlung unterlassen.
Zugunsten der Klägerin können die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht angewandt werden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist seinem Wesen nach im vorliegenden Zusammenhang nicht anwendbar. Er bezweckt nicht die Rückgängigmachung jedweder Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns im Sinne der conditio sine qua non, sondern nur eine Naturalrestitution bei der Verletzung bestimmter Nebenpflichten des Versicherungsträgers, insbesondere von Aufklärungs- und Beratungspflichten (vgl Hauck in Hauck/Noftz, SGB I, K § 14 Rz 33 ff). Die Pflicht zur Festsetzung der zutreffenden Beitragshöhe ist aber keine Nebenpflicht im Rahmen der Befugnisse nach § 191 SGB V. Unabhängig davon war allein wesentliche Ursache im Sinne der sozialrechtlichen Kausalitätslehre für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V die Tatsache, dass die Klägerin nicht einmal den Beitrag rechtzeitig gezahlt hat, den sie auch nach ihrer eigenen Auffassung schuldete.
Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Vortrag durchzudringen, sie sei im maßgebenden Zeitraum wegen Krankheit außerstande gewesen, ihre Versicherungsangelegenheiten mit der Beklagten zu regeln. Die Anwendung des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V ist ausgeschlossen, wenn die Beitragszahlung infolge höherer Gewalt oder eines sonstigen unverschuldeten Zufalls, welcher der Ausführung des Zahlungsgeschäftes entgegenstand, unterblieben ist; ein unabwendbarer Zufall ist darin zu sehen, dass das betreffende Mitglied geschäftsunfähig und nicht in der Lage ist, Zahlungen zu bewirken (BSG 18.8.1992 12 RK 32/92, SozR 3 2200 § 314 Nr 1 zu § 314 Reichsversicherungsordnung RVO Vorgängervorschrift des § 191 SGB V; vgl LSG Mecklenburg-Vorpommern, aaO, juris Rz 58). Wenn der Betroffene jedoch im fraglichen Zeitraum einen Dritten etwa im Sinne einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht bevollmächtigt hat, geschäftliche Dinge für ihn zu regeln, muss er sich dessen Handeln bzw Nichthandeln in vollem Umfang zurechnen lassen (vgl LSG Mecklenburg-Vorpommern, aaO, juris Rz 59). Ferner muss es genügen, dass der Betroffene in der Lage war, eine geeignete Person zu bevollmächtigen.
Aus dem Gutachten von Dr S ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass bei der Klägerin eine krankheitsbedingte Einschränkung in der Fähigkeit der Regelung der versicherungsrechtlichen Beziehungen zur Beklagten im hier maßgebenden Zeitraum nicht vorlag. Zumindest war es ihr möglich und zumutbar, ihren Ehemann mit der Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten zu betrauen. Dieser hatte bereits zuvor die beitragsrechtlichen Angelegenheiten der Klägerin überwiegend geregelt (vgl die Telefongespräche am 11.11.2002 und 29.1.2003).
Bedenken an der Richtigkeit der Beurteilung von Dr S bestehen nicht. Entgegen der Annahme der Klägerin hat der Gutachter die Frage der Einsichtsfähigkeit in rechtliche Vorgänge nicht mit dem Zustand der Bewusstlosigkeit gleichgesetzt. Im Hinblick auf dieses Gutachten vermag sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die gegenteilige Beurteilung ihres behandelnden Arztes Dr K in dem Attest vom August 2005 zu stützen. Dr R hat lediglich Vermutungen geäußert, sodass aus dessen Auskünften ebenfalls kein Schluss auf eine wesentlich geminderte Fähigkeit zur Regelung der Versicherungsangelegenheiten mit der Beklagten möglich ist.
Ob die Beklagte in anderen Fällen nicht schon bei einem erstmaligen Beitragsrückstand von zwei Monaten die Feststellung der Beendigung der freiwilligen Versicherung vornimmt, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falls ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist im Berufungsverfahren noch, ob die Beklagte zu Recht die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der freiwilligen Krankenversicherung wegen Beitragsrückständen festgestellt hat.
Die Klägerin, die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer mit Kranken- und Altenpflege befassten GmbH ist, ist freiwilliges Mitglied bei der Beklagten, wobei sie hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung als hauptberuflich Selbstständige veranlagt wurde. Durch Bescheid vom 10.9.1999 stufte die Beklagte die Höhe ihres Beitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung auf der Grundlage der Mindestbemessung, ausgehend von beitragspflichtigen Monatseinnahmen von durchschnittlich 3.310, DM, ein. Mit Bescheid vom 25.9.2002 setzte die Beklagte den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ab dem 1.10.2002 auf 529,88 EUR (Höhe der Beitragsbemessungsgrenze) fest, da die Klägerin ihrer Nachweispflicht über niedrigere Einnahmen nicht nachgekommen sei.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 11.11.2002 erklärte ihr Ehemann fernmündlich: "Der Widerspruch habe aufschiebende Wirkung" Er beantrage "Beitragserstattung", ansonsten erfolge eine "Rückbelastung". Nach Angaben des Steuerberaters habe die Beklagte keinen Anspruch auf Vorlage eines Steuerbescheides. Mit Schreiben vom 11.11.2002 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe; die mit Bescheid vom 25.9.2002 festgestellten Beiträge seien daher zu entrichten, was ihrem Ehemann bereits telefonisch mitgeteilt worden sei.
Mit Bescheid vom 30.12.2002 setzte die Beklagte die Höhe der rückständigen Beiträge auf 595,71 EUR fest. In einem weiteren Bescheid vom 28.1.2003 (der Klägerin zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 29.1.2003) wurde die rückständige Beitragsschuld für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 31.12.2002 mit 1.179,72 EUR (Kranken- und Pflegeversicherung) festgestellt. Die Beklagte wies die Klägerin ferner auf § 191 Nr 3 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) hin, wonach die Mitgliedschaft freiwillig Versicherter unter bestimmten Voraussetzungen bei Zahlungsrückstand für zwei Kalendermonate ende. In diesem Bescheid heißt es fettgedruckt auf der Vorderseite: "Ihr Kranken- und Pflegeversicherungsschutz ist gefährdet." Außerdem ist festgehalten: "Die Beendigung kann nur vermieden werden, wenn zum Zeitpunkt der "letzten Zahlungsfrist" der gesamte Beitragsrückstand beglichen worden ist. Anderenfalls endet die Mitgliedschaft bei der DAK einschließlich sämtlicher Rechte mit dem Ende der Zahlungsfrist. Beachten Sie bitte, dass ein Kassenwechsel oder eine freiwillige Versicherung nach dem Ende der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr möglich ist, da aufgrund der nicht entrichteten, aber weiterhin geschuldeten Beiträge eine neue Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hergestellt werden kann, da diese durch § 191 Nr 3 SGB V sofort wieder zu beenden wäre." Als "letzte Zahlungsfrist" wurde der 15.2.2003 angegeben.
Am 29.1.2003 setzte sich der Ehemann der Klägerin mit der Beklagten telefonisch in Verbindung. Ausweislich des aktenkundigen Telefonvermerks beschimpfte er die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten. Mit Bescheid vom 17.2.2003 stellte die Beklagte das Ende der Mitgliedschaft der Klägerin zum 15.2.2003 fest und setzte die rückständigen Beiträge für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 15.2.2003 auf 2.139,62 EUR fest.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch beanstandete die Klägerin, die Beklagte habe von ihrer Befugnis zum Einzug der Beiträge mit Hilfe der von ihr erteilten Einzugsermächtigung keinen Gebrauch gemacht; diesem Schreiben legte sie einen Verrechnungsscheck in Höhe von 942,84 EUR bei. Mit Schreiben vom 19.3.2003 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, seitens ihres Ehemanns sei bei dem Telefongespräch am 11.11.2002 angekündigt worden, "dass einer Beitragsabbuchung der Beiträge in der neuen Einstufungshöhe widersprochen werden" würde, falls die Beiträge vom Konto abgebucht würden; daraufhin sei der Beitragseinzug mittels Lastschrift beendet worden. Durch die jetzt erfolgte Zahlung der Klägerin reduziere sich der Beitragsrückstand auf 1.196,78 EUR. Mit ihrem Schreiben vom 2.6.2003 reichte die Klägerin einen weiteren Verrechnungsscheck von 1.300 EUR bei der Beklagten ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13.8.2003 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 25.9.2002 und 17.2.2003 zurück. Zur Begründung hieß es: Die Klägerin könne nicht mit dem Vortrag durchdringen, sie, die Beklagte, sei gehalten gewesen, die Beiträge weiterhin von ihrem Konto abzuziehen. Denn der Ehemann der Klägerin habe bei dem Telefongespräch am 11.11.2002 angekündigt, dass im Falle weiterer Abbuchungen der Beiträge diese rückbelastet würden. Angesichts dieser Ankündigung wäre es geradezu absurd gewesen, wenn sie, die Beklagte, weiterhin von der Einzugsermächtigung Gebrauch gemacht hätte, dh die Nichteinlösung der Lastschriften riskiert und eine zusätzliche Belastung durch Bankspesen/Verwaltungskosten in Kauf genommen hätte.
Am 15.9.2003 hat die Klägerin Klage erhoben und ua geltend gemacht: Beitragsrückstände seien nur durch das provokante Verhalten der Beklagten entstanden. Es sei nicht ihr Verschulden, dass die Beklagte das Beitragseinzugsverfahren eingestellt habe und es daher zu Beitragsrückständen gekommen sei. In der maßgebenden Zeit, insbesondere im Dezember 2002 und im Januar 2003, sei sie schwer erkrankt gewesen, was die Beklagte gewusst habe. Gespräche zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann seien ihr, der Klägerin, nicht zuzurechnen. Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, dass Beiträge zur Pflegekasse nicht Gegenstand des Rechtsstreits seien.
Durch Urteil vom 21.2.2005 hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 25.9.2002, 30.12.2002, 28.1.2003 und 17.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.8.2003 insoweit hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung abgeändert, als die Beklagte für die Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung als beitragspflichtige Einnahmen einen höheren Betrag als 1/40 der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt hat; außerdem hat das SG die Beitragsbescheide vom 30.12.2002, 28.1.2003 und 17.2.2003 insoweit abgeändert, als es um Säumniszuschläge im Bescheid vom 30.12.2002 von 2,50 EUR, im Bescheid vom 28.1.2003 von 7,50 EUR und im Bescheid vom 17.2.2003 von 15, EUR geht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien insoweit zu beanstanden, als die Beklagte für die Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung als beitragspflichtige Einnahmen einen höheren Betrag als 1/40 der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt habe; diesbezüglich seien die Voraussetzungen des § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) für die Rücknahme der vorherigen, für die Klägerin günstigeren Beitragseinstufung nicht erfüllt. Das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin ergebe sich aus § 191 Nr 3 SGB V. Die Mitgliedschaft erlösche nach dieser Vorschrift unabhängig von einem Verschulden, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet worden seien. Die der Klägerin in dem Schreiben vom 28.1.2003 gesetzte Nachfrist sei so bemessen worden, dass sie zur Zahlung der rückständigen Beiträge noch eine reale, wenn auch knapp bemessene Chance geboten habe (Hinweis auf Bundessozialgericht BSG 27.1.2000 B 12 KR 21/99 B). Dem Umstand, dass der Beklagten eine Einziehungsermächtigung der Klägerin vorgelegen habe, von der sie keinen Gebrauch gemacht habe, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Die Kammer lasse offen, ob nicht zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der freiwilligen Krankenversicherung am 15.2.2003 der von der Beklagten mit Einstufungsbescheid vom 25.9.2002 festgesetzte monatliche Beitrag maßgebend gewesen sei. Dafür spreche jedenfalls, dass der gegen den Einstufungsbescheid vom 25.9.2002 eingelegte Widerspruch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine aufschiebende Wirkung gehabt habe. Aber selbst wenn man dies anders sehen würde, sei jedenfalls der monatliche Mindestbeitrag von der Klägerin geschuldet worden, den sie nach ihrer eigenen Auffassung geschuldet habe. Für die Zahlung habe der Versicherte Sorge zu tragen. Aus den Bescheiden vom 30.12.2002 und 28.1.2003 sei für die Klägerin deutlich erkennbar gewesen, dass die Beklagte von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch gemacht habe. Die Klägerin habe von Anfang Januar 2003 (vermutetes Eingangsdatum des Beitragsbescheides vom 30.12.2002) bis Mitte Februar 2003 die Möglichkeit gehabt, ihre Beitragsschuld anders als durch Bankeinzug zu begleichen. Auch die Erkrankung der Klägerin im Dezember 2002/Januar 2003 ändere daran nichts. Es sei nicht zu erkennen, dass die Erkrankung so schwer gewesen sei, dass die Klägerin die recht deutlich gehaltenen Hinweise nicht hätte verstehen können. Sofern sie die Sachlage nicht überblickt haben sollte, hätte sie die Beklagte zumindest darauf hinweisen müssen.
Gegen dieses ihr am 14.3.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 5.4.2005 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen geltend gemacht, sie sei Anfang 2003 nicht geschäftsfähig gewesen. Der Senat hat Auskünfte ihres behandelnden Arztes, des Allgemeinarztes Dr R , vom 2.1. und 31.1. 2006 erhalten sowie die Krankenunterlagen des S. V -Krankenhauses S über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30.12.2002 bis 2.1.2003 beigezogen. Anschließend hat er von Amts wegen ein Gutachten nach Aktenlage des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr S vom Mai 2006 eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, in der Zeit vom 29.1. bis 15.2.2003 hätten bei der Klägerin keinerlei Krankheiten vorgelegen, welche die Einsichtsfähigkeit in ihr eigenes Tun hätten mindern können.
Die Klägerin trägt vor: Die Erteilung einer Einzugsermächtigung bewirke nichts anderes, als dass die Verantwortung für die Zahlung der Beiträge vom Versicherten auf den Versicherungsträger übergehe. Selbst wenn man das Verhalten ihres Ehemannes am 11.11.2002 als Widerruf der Einzugsermächtigung werten sollte, könne ihr dieses nicht zugerechnet werden, da er weder eine Vollmacht besessen noch gesetzlich berechtigt gewesen sei, für sie, die Klägerin, zu handeln. Die Beklagte sei daher aufgrund der Einzugsermächtigung dazu verpflichtet gewesen, auf diese, auch auf die Gefahr einer Rückbuchung, zurückzugreifen. Anderenfalls hätte sie schon wegen der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass sie von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch machen und damit die Verantwortung für den Zahlungsvorgang wieder an die Klägerin zurückgegeben werde. Entgegen der Ansicht des SG sei aus den Bescheiden vom 30.12.2002 und 28.1.2003 nicht ersichtlich gewesen, dass die Beklagte die Einzugsermächtigung nicht mehr habe verwenden wollen. Außerdem habe es sich um rechtswidrige Beitragsbescheide gehandelt, die in Bezug auf das Ende der Mitgliedschaft bei der Beklagten keine Wirkung hätten entfalten können. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Stellungnahme von Dr K sei sie, die Klägerin, seinerzeit nicht in der Lage gewesen, die Bedeutung der Angelegenheit zu erkennen und ggf durch Einzahlung der Beiträge darauf zu reagieren. Die Nichtentrichtung der Beiträge könne daher nicht zum Ende der Mitgliedschaft führen (Hinweis auf Bundessozialgericht BSG 18.8.1992 12 RK 32/92). Ihr angeschlagener Gesundheitszustand sei der Beklagten bekannt gewesen. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte, entgegen ihrer sonstigen Praxis, schon bei einem erstmaligen Beitragsrückstand für zwei Monate, die "Gunst der Stunde" habe nutzen wollen, um die Mitgliedschaft zu beenden. Das Gutachten des Dr S sei wenig aussagekräftig. Dieser habe offenbar die Frage der Einsichtsfähigkeit in rechtliche Vorgänge mit einem Zustand der Bewusstlosigkeit gleichgesetzt. Wäre zum damaligen Zeitpunkt ein Betreuungsverfahren eingeleitet worden, hätte das zuständige Vormundschaftsgericht mit Sicherheit einen Betreuer zur Regelung der rechtlichen Angelegenheiten für sie eingesetzt. Nach einer Entscheidung des SG Frankfurt vom 31.5.2005 (S 30 KR 269/05 ER) sei der Hinweis nach § 191 SGB V unvollständig, wenn sich dieser nicht auf die Möglichkeit der Übernahme der Beitragsschulden durch den Sozialhilfeträger erstrecke.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Speyer vom 21.2.2005 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 17.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.8.2003 aufzuheben und festzustellen, dass sie auch über den 15.2.2003 hinaus freiwillig versichertes Mitglied bei der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Mit der Einzugsermächtigung, die ihr aufgrund abgelaufener Aufbewahrungsfrist nicht mehr vorliege, sei die Klägerin von ihrer Zahlungspflicht nicht befreit worden (Hinweis auf LSG Rheinland-Pfalz 31.7.1997 L 5 K 5/97). Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, nicht in der Lage gewesen zu sein, die Bedeutung des Bescheides vom 28.1.2003 zu erkennen bzw ihrer Zahlungsverpflichtung zeitgerecht nachzukommen. Abgesehen davon, dass sie lediglich vier Tage vom 30.12.2002 bis 2.1.2003 stationär behandelt worden sei, könne nach gängiger Rechtsprechung nicht jede Krankheit als Entschuldigung für ein Fristversäumnis angesehen werden. Selbst wenn der Beteiligte wegen Krankheit zeitweise im Bett bleiben müsse oder sich im Krankenhaus aufhalte, könne ihm zugemutet werden, die zur Fristwahrung notwendigen Schritte, ggf durch Beauftragung einer anderen Person, einzuleiten (Hinweis auf LSG Niedersachsen 9.2.1984 L 10 Lw 12/83). Im Übrigen lasse sich ihren Verwaltungsakten entnehmen, dass überwiegend der Ehemann der Klägerin wegen deren beitragsrechtlicher Angelegenheiten Kontakt mit ihr, der Beklagten, aufgenommen habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat hinsichtlich der allein noch umstrittenen Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung der Klägerin bei der Beklagten die Klage zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet wurden. Nach § 191 Satz 2 dieser Vorschrift in der ab dem 1.1.2004 geltenden Fassung ist das Mitglied insbesondere darauf hinzuweisen, dass nach dem Ende der Mitgliedschaft eine freiwillige Versicherung auch bei einer anderen Krankenkasse ausgeschlossen ist, sowie darauf, dass unter den Voraussetzungen des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen durch den Träger der Sozialhilfe möglich ist. § 191 Satz 2 SGB V, der für den vorliegenden Rechtsstreit noch nicht eingreift, stellt keine Neuregelung, sondern hinsichtlich des Hinweises auf den Ausschluss einer freiwilligen Versicherung auch bei einer anderen Krankenkasse eine gesetzliche Klarstellung bzw Konkretisierung des bereits zum 31.12.2003 geltenden Rechts dar (BT Drs 15/1525 S 137 zu Nr 135, abgedruckt bei Hauck/Noftz, SGB V, M 015 Seite 140; LSG Berlin 25.8.2004 L 9 KR 61/02, juris; Peters in Kasseler Kommentar, § 191 SGB V, Rz 12). Soweit es um den Hinweis auf die mögliche Übernahme der Beiträge durch den Sozialhilfeträger geht, sollte demgegenüber, wie aus der Gesetzesbegründung deutlich wird (BT Drs aaO), nicht die bisherige Rechtslage klargestellt, sondern eine zusätzliche Pflicht in das Gesetz aufgenommen werden. Davon, dass eine Pflicht zu diesem Hinweis vor dem 1.1.2004 nicht bestand, ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum alten, bis 31.12.2003 geltenden Recht, ohne dass dies weiter problematisiert wurde, ausgegangen (vgl zB BSG 27.1.2000 B 12 KR 21/99 B, juris; LSG Berlin, aaO). Der von der Klägerin zitierte Beschluss des SG Frankfurt/Main vom 31.5.2005 (S 30 KR 296/05 KR) betrifft die Rechtslage nach dem 31.12.2003. Unabhängig davon hatte die Beklagte im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte für eine etwaige Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin.
Der Hinweis auf die Folgen einer Nichtzahlung der Beiträge in dem Schreiben vom 28.1.2003, das die Klägerin am 29.1.2003 erhalten hat, entsprach den gegebenen Anforderungen. Die gesetzte Zahlungsfrist war ausreichend, um der Klägerin eine letzte Möglichkeit zur Begleichung des Beitragsrückstandes zu geben (vgl zu einer ähnlich langen Frist LSG Niedersachsen-Bremen 24.4.2002 L 4 KR 26/01, juris). Diese Frist hat die Klägerin nicht eingehalten.
Nach dem Wortlaut des § 191 Satz 3 ist nicht völlig eindeutig, ob es hinsichtlich der Nichtzahlung von Beiträgen auf die materiell-rechtlich korrekte Beitragshöhe ankommt, auf einen formal erhobenen Beitrag oder darauf, ob die Beitragshöhe durch bestandskräftigen Bescheid festgestellt ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern 30.1.2002 L 4 KR 6/01, juris Rz 47). Ob die Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V auch eintreten können, wenn der Beitrag formal zu hoch festgestellt wurde, der Betroffene aber den tatsächlich geschuldeten Beitrag entrichtet hat, kann jedoch offen bleiben. Denn bis zum Ende der Zahlungsfrist am 15.2.2003 ist bei der Beklagten keinerlei Zahlung hinsichtlich des ausstehenden Beitrages für die Zeit vom 1.11.2002 bis 31.12.2002 eingegangen. Der Eintritt der Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V kann nicht davon abhängen, ob die Beitragsforderung auf einem bereits bestandskräftigen Beitragsbescheid beruht. Zum einen ergeben sich hierfür aus dem Wortlaut des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V keine Anhaltspunkte. Zum anderen spricht auch der Zweck dieser Vorschrift gegen eine solche Betrachtungsweise, weil es der Beitragsschuldner ansonsten in der Hand hätte, durch die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Beitragsbescheide die Wirkungen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V zu verhindern.
Ohne Erfolg trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe es versäumt, von der ihr vorliegenden Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen. Die Einziehungsermächtigung, deren Zulässigkeit aus § 185 BGB abgeleitet wird, hat zur Folge, dass der Ermächtigte die Forderung im eigenen Namen geltend machen und Leistung an sich verlangen kann (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, § 398 Rz 29). Da sie nicht damit verbunden ist, dass die Forderung an Erfüllung statt abgetreten wird, ist derjenige, dem die Einziehungsermächtigung erteilt wird, dem Erteilenden gegenüber nicht unter allen Umständen verpflichtet, von ihr Gebrauch zu machen (vgl LSG Rheinland-Pfalz 31.7.1997 – L 5 KR 5/97). Dazu besteht Anlass, wenn damit zu rechnen ist, dass die Schuldnerbank nicht entsprechend der Ermächtigung zahlen wird. Zu einer solchen Sachlage kann es kommen, weil es keine Pflicht der Bank gibt, einen Widerspruch des Schuldners unbeachtet zu lassen (Sprau in Palandt, aaO, § 676f Rz 29). Die Krankenkasse kann ihrem freiwilligen Mitglied gegenüber allerdings nach dem auch innerhalb des Sozialrechtsverhältnis geltenden (vgl LSG Baden-Württemberg 28.2.2003 – L 4 KR 4878/01, juris) Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten sein, von der Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen, wenn anderenfalls die Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V drohen. Davon muss jedoch dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn die Krankenkasse konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Beitragsschuldner der Gutschrift durch die Bank widersprechen würde. So war es bei der Klägerin im Hinblick auf den Anruf deren Ehemanns am 11.11.2002. Bei dieser Sachlage verstieß die Beklagte, indem sie vom Gebrauchmachen von der Einzugsermächtigung absah, nicht gegen Treu und Glauben, unabhängig davon, ob der Ehemann der Klägerin von dieser ausdrücklich zu Erklärungen im Rechtsverkehr bevollmächtigt war. Im Übrigen musste die Klägerin aus dem Schreiben vom 11.11.2002 und dem Bescheid vom 28.1.2003 ersehen, dass die Beklagte die Einziehungsermächtigung nicht nutzen wollte. Bei dieser Sachlage durfte die Klägerin keinesfalls eine rechtzeitige Zahlung unterlassen.
Zugunsten der Klägerin können die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht angewandt werden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist seinem Wesen nach im vorliegenden Zusammenhang nicht anwendbar. Er bezweckt nicht die Rückgängigmachung jedweder Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns im Sinne der conditio sine qua non, sondern nur eine Naturalrestitution bei der Verletzung bestimmter Nebenpflichten des Versicherungsträgers, insbesondere von Aufklärungs- und Beratungspflichten (vgl Hauck in Hauck/Noftz, SGB I, K § 14 Rz 33 ff). Die Pflicht zur Festsetzung der zutreffenden Beitragshöhe ist aber keine Nebenpflicht im Rahmen der Befugnisse nach § 191 SGB V. Unabhängig davon war allein wesentliche Ursache im Sinne der sozialrechtlichen Kausalitätslehre für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V die Tatsache, dass die Klägerin nicht einmal den Beitrag rechtzeitig gezahlt hat, den sie auch nach ihrer eigenen Auffassung schuldete.
Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Vortrag durchzudringen, sie sei im maßgebenden Zeitraum wegen Krankheit außerstande gewesen, ihre Versicherungsangelegenheiten mit der Beklagten zu regeln. Die Anwendung des § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V ist ausgeschlossen, wenn die Beitragszahlung infolge höherer Gewalt oder eines sonstigen unverschuldeten Zufalls, welcher der Ausführung des Zahlungsgeschäftes entgegenstand, unterblieben ist; ein unabwendbarer Zufall ist darin zu sehen, dass das betreffende Mitglied geschäftsunfähig und nicht in der Lage ist, Zahlungen zu bewirken (BSG 18.8.1992 12 RK 32/92, SozR 3 2200 § 314 Nr 1 zu § 314 Reichsversicherungsordnung RVO Vorgängervorschrift des § 191 SGB V; vgl LSG Mecklenburg-Vorpommern, aaO, juris Rz 58). Wenn der Betroffene jedoch im fraglichen Zeitraum einen Dritten etwa im Sinne einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht bevollmächtigt hat, geschäftliche Dinge für ihn zu regeln, muss er sich dessen Handeln bzw Nichthandeln in vollem Umfang zurechnen lassen (vgl LSG Mecklenburg-Vorpommern, aaO, juris Rz 59). Ferner muss es genügen, dass der Betroffene in der Lage war, eine geeignete Person zu bevollmächtigen.
Aus dem Gutachten von Dr S ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass bei der Klägerin eine krankheitsbedingte Einschränkung in der Fähigkeit der Regelung der versicherungsrechtlichen Beziehungen zur Beklagten im hier maßgebenden Zeitraum nicht vorlag. Zumindest war es ihr möglich und zumutbar, ihren Ehemann mit der Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten zu betrauen. Dieser hatte bereits zuvor die beitragsrechtlichen Angelegenheiten der Klägerin überwiegend geregelt (vgl die Telefongespräche am 11.11.2002 und 29.1.2003).
Bedenken an der Richtigkeit der Beurteilung von Dr S bestehen nicht. Entgegen der Annahme der Klägerin hat der Gutachter die Frage der Einsichtsfähigkeit in rechtliche Vorgänge nicht mit dem Zustand der Bewusstlosigkeit gleichgesetzt. Im Hinblick auf dieses Gutachten vermag sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die gegenteilige Beurteilung ihres behandelnden Arztes Dr K in dem Attest vom August 2005 zu stützen. Dr R hat lediglich Vermutungen geäußert, sodass aus dessen Auskünften ebenfalls kein Schluss auf eine wesentlich geminderte Fähigkeit zur Regelung der Versicherungsangelegenheiten mit der Beklagten möglich ist.
Ob die Beklagte in anderen Fällen nicht schon bei einem erstmaligen Beitragsrückstand von zwei Monaten die Feststellung der Beendigung der freiwilligen Versicherung vornimmt, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falls ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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