L 11 AS 100/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 423/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 100/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.11.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft.

Der 1943 geborene, geschiedene Kläger gab im Rahmen seines Antrags auf Bewilligung von Alg II vom 07.04.2005 an, mit der 1943 geborenen, ebenfalls geschiedenen M. S. (i.F. S) in einer 100 qm großen Vierzimmerwohnung zu wohnen (Miete inkl. Nebenkosten und Heizung 580,32 EUR; 14). Als Mieter sei er seit 1973 im Mietvertrag eingetragen. Zur Untervermietung bedarf es lt. § 8 Ziff 2 des Mietvertrages einer ausdrücklichen Erlaubnis des Vermieters. S beziehe Einkommen in Höhe von 1.581,77 EUR monatlich und zahle aufgrund eines mit dem Kläger am 01.04.2005 schriftlich geschlossenen Untermietvertrages 220,00 EUR Miete und 45,00 EUR Nebenkosten monatlich. Es erfolge eine strikte Trennung zwischen dem Einkommen und Konten der beiden. Eine Kündigung drohe, er sei mit der Miete in Verzug. Im Fragebogen nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gab der Antragsteller u.a. einen S gehörenden Pkw sowie deren Girokontostand an. Die Bezeichnung der S als Lebenspartnerin bzw die Angabe, es bestehe eine eheähnliche Gemeinschaft, wurde wieder gestrichen.

Bei einem Hausbesuch am 25.07.2005 wurde der Mitarbeiter der Beklagten vom Kläger in ein Zimmer, das mit Esstisch, Stühlen und Schlafcouch sowie Vitrine ausgestattet war, geführt. Dieses Zimmer hatte nach Angaben des Klägers S angemietet. S gab an, ihre Kleidung habe sie im Keller und in dem vom Kläger genutzten (ehemaligen) Schlafzimmer gelagert. Seit 2002 wohne sie mit in der Wohnung. Der Kläger erklärte, er stelle Schuldscheine aus, damit sie derzeit vorläufig die gesamte Miete bezahle.

Mit Bescheid vom 18.08.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg II ab. Es bestehe eine eheähnliche Gemeinschaft. Im Rahmen dieser Bedarfsgemeinschaft sei das Einkommen der S zu berücksichtigen, so dass keine Hilfebedürftigkeit bestehe. Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe bei Antragsabgabe den Begriff "Lebenspartner" falsch verstanden. Die Wohnung habe er nach Auszug seiner Ehefrau allein nicht mehr finanzieren können und daher S aufgenommen, die seit 2002 ihren Mietanteil auf sein Konto überweise. Der Vermieter habe wegen rückständiger Miete bereits mit Kündigung gedroht. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2005 zurück. Es sei Sache des Hilfesuchenden, plausible Gründe darzulegen, die die Wohngemeinschaft als reine Zweckgemeinschaft ausweisen würde.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Im April 2002 sei S eingezogen und habe ein Zimmer fest bewohnt, die übrigen Räume aber mitbenutzt. Da sie keine Schränke mitgebracht habe, habe er angeboten, einen von ihr angeschafften Schrank im Keller und einen weiteren Schrank in einem anderen Zimmer aufzustellen. Mit dem Begriff "Lebenspartner" habe er "Mitbewohnerin" gemeint. Zu der Miete zahle S noch weitere 45,00 EUR Heizkosten, also insgesamt 310,00 EUR monatlich. Er und S hätten sich in einem Singleclub kennengelernt. Mit Urteil vom 10.11.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Dies ergebe sich aus der Art des Kennenlernens, der Art der Möblierung des Zimmers von S, der Lagerung von Kleidung und der gemeinsamen Nutzung der Wohnung. Auch habe S in der Wohnung bis 31.03.2005 ohne Mietvertrag gewohnt, was für ein ausgesprochenes Vertrauensverhältnis spreche.

Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgetragen, er habe sich für S als Untermieterin entschieden, da er sie bereits gekannt habe. Beide würden das vorhandene große Wohnzimmer mitbenutzen. Mit der Miete in Höhe von 310,00 EUR monatlich zahle S auch anteilig anfallende Strom- und Telefonkosten. Ein schriftlicher Untermietvertrag sei wegen der Aufforderung der Beklagten geschlossen worden. Sowohl er als auch S hätten durch das gemeinsame Wohnen Aufwendungen für ihre jeweils viel zu großen Einzelwohnungen sparen wollen. Die Eintragungen im Fragebogen habe er erst bei Antragsabgabe gemacht und nach Hinweisen der Mitarbeiterin der Beklagten wieder gestrichen. Die Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft lägen nicht vor, S hätte vom SG gehört werden müssen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.11.2005 sowie den Bescheid vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 07.04.2005 ohne Berücksichtigung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Verfahren L 11 B 692/05 AS ER und L 11 B 725/05 AS PKH des BayLSG und S 19 AS 364/05 ER des SG - insbes. auf die Niederschrift zur erneuten Besichtigung am 24.01.2006 - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 SGB II. Das ist insbesondere auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs 3 Nr 3 Bust b SGB II).

Der Begriff der eheählichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Leistungsträger kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einräumt und dessen Auslegung durch den Leistungsträger der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Durch die leistungsrechtliche Gleichstellung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) und dem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) erfüllt der Gesetzgeber seine Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG), Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu unterstellen.

Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszulegen, weil sich eine gesetzliche Definition bislang nicht findet. Da mit In-Kraft-Treten des SGB II als Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) die bisherige Arbeitslosenhilfe, zuletzt geregelt im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), und die bisherige Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in eine Grundsicherung für Arbeitsuchende für den in § 7 SGB II beschriebenen Personenkreis zusammengeführt worden ist (dazu BT-Drs. 15/1516 S 41 ff), bezieht der Senat in die Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft die bisherig Rechtsprechung zum Arbeitslosenversicherungsrecht und zum Sozialhilferecht ein.

Eheähnlich ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (so insbesondere BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/264 zum früheren § 137 Abs 2a AFG und vom 04.12.2004 NJW 2005, 462; BSG vom 24.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BVerwG vom 17.05.1995 BVerwGE 98, 195 zum früheren § 122 BSHG in st.Rspr). Der Senat hält zudem bei verfassungsgemäßer Auslegung der Vorschrift eine eheähnliche Gemeinschaft auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern für möglich (BayLSG vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609), aber eine Berücksichtigung als eheähnliche Gemeinschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht zwingend für geboten (BayLSG vom 10.10.2005 Az: L 10 AS 22/05 mwN).

Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG NRW vom 21.04.2005, Breith 2005, 788 und vom selben Tag Az: L 9 B 4/05 SO ER)- Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des BSG eine Orientierung an den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG vom 29.04.1998 SozR 4100 § 119 Nr 15). Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG NRW vom 21.04.2005 aaO; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNr 27; BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15, BayLSG vom 19.10.2005 Az: L 10 AL 352/04). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft (zum Fall des mehrmaligen gemeinsamen Umziehens LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER), der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt (ebenso SächsLSG vom 28.05.2005 Az: L 3 B 269/05 AS ER; so schon VGH BW vom 14.04.1997 VBlBW 1998, 31) oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt (BVerwG vom 20.11.1984 BVerwGE 70, 278), zu berücksichtigen sein.

Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfG vom 02.09.2004 FamRZ 2004, 1950; so schon BSG vom 24.03.1988 BSGE 63, 12) genügt. So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft führen wird.

Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg vom 12.01.2006 L 7 AS 5532/05 ER-B), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus.

Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 unter Hinweis auf BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/268). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG vom 17.04.1992 BVerfGE 87, 234) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein.

Der Leistungsträger hat unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Amtsermittlung (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen solcher Hinweistatsachen aufzuklären. Er darf sich insbesondere nicht auf die bloßen Erklärungen des Erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners stützen, kann aber deren Angaben - etwa im Antragsformular oder zu den o.a. Wohnverhältnissen - heranziehen. Die Grenzen seiner Aufklärungspflicht finden sich dort, wo es ihm schlechterdings nicht mehr möglich ist, einen entsprechenden Nachweis beizubringen (so schon NdsOVG vom 26.01.1998 FEVS 48, 545). Andererseits kann gegen die Ermittlung der Indizien nicht eingewandt werden, dies führe zu einer verfassungsmäßigen Überlastung der Leistungsträger (vgl dazu: BSG vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26).

Anhand der so ermittelten Hinweistatsachen hat der Leistungsträger zu prüfen, ob die o.a. Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Alle von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft müssen gegeben sein. Der Leistungsträger hat im Rahmen einer Gesamtschau der für und auch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung seine Entscheidung zu treffen (vgl zum Ganzen: von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 5.Aufl, § 20 RdNr 7 mwN). Er wird dabei zu beachten haben, dass den Hinweistatsachen in der Regel unterschiedliches Gewicht zukommt. Besonderes Augenmerk hat der Leistungsträger auf etwaige Angaben, Umstände und Verhaltensweisen zu legen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder dessen Partner erst im Hinblick auf den erhofften Leistungsbezug ändert oder ausgestaltet.

Der Begriff der Hinweistatsache zeigt letztlich auch, dass nicht sämtliche Indizien umfassend nachgewiesen sein müssen, dass das Fehlen einzelner Indizien nicht zwangsläufig der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft entgegensteht. Liegen nach einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 SGB X) hinreichende Indizien vor, die das Vorhandensein aller von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft belegen, so ist es Sache des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenleben dementgegen als reine Zweckgemeinschaft erscheinen lassen (so schon Beschluss des Senats vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609).

Finden sich bei erschöpfender Sachverhaltsaufklärung keine solchen Hinweistatsachen, kann vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgegangen werden. Das ergibt sich aus der materiellen Beweislastverteilung, die hier den Leistungsträger trifft (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 103 RdNr 19a), die allerdings erst zur Anwendung kommt, wenn die verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind (BSG vom 29.06.1967 BSGE 27, 40). Ob im Einzelfall hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn in der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegende Tatsachen nicht feststellbar sind, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht kennt und nicht kennen muss, so dass er letztlich gehindert ist, sich über diese bedeutsamen Tatsachen im Bewilligungszeitraum zeitnah ein zutreffendes Bild zu machen (s. dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER unter Hinweis auf BSG vom 26.11.1992 Breithaupt 1993, 770), kann in dem hier zu entscheidenden Fall dahinstehen.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Gemeinschaft zwischen dem Kläger und S ist auf Dauer angelegt. Sie besteht bereits seit April 2002, also bereits mehr als 3 Jahre. Innerhalb der Wohnung haben die beiden Bewohner keine abgegrenzten räumlichen Bereiche allein für sich zur Verfügung. Vielmehr werden sowohl das Wohnzimmer als auch das Büro/Arbeitszimmer gemeinsam genutzt. Auch in den dem Kläger zur Verfügung stehenden Zimmern hat bzw hatte S nach den Angaben des Klägers eine Zutrittsmöglichkeit, denn dort befand sich ein Teil ihrer Kleidung. Bei dem der S zur Verfügung stehenden Zimmer handelt es sich nicht um eine eindeutig abgegrenzte Privatsphäre. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger beim ersten Hausbesuch den Mitarbeiter der Beklagten sofort in dieses Zimmer führte, obwohl S dort zunächst nicht anwesend war. Dieses Zimmer befindet sich auf der dem Wohnungseingang abgewandten Seite der Wohnung. Es ist deshalb für den Senat nicht verständlich, wenn ein Besucher nicht in den für den Kläger reservierten Wohnraum, das Büro oder das Wohnzimmer, das nach Angaben des Klägers bei Besuchen genutzt werden sollte, geführt wird. Selbst der Computer des Klägers im Arbeitszimmer kann von S für private Korrespondenz mitbenutzt werden. Auch der Art der Gestaltung des Mietverhältnisses sind zusätzliche Hinweise auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu entnehmen. S wohnte seit April 2002 ohne jeglichen Untermietvertrag beim Kläger und überwies auf dessen Konto einen Teil der Miete. Ein Untermietvertrag wurde erst zum 01.04.2005 schriftlich abgeschlossen. Dies zeigt, dass zumindest für die vorangegangene Zeit eine bloß auf Vertrauen beruhende Mietzahlung durch S erfolgte und nach außen hin nicht der Schein einer Untervermietung gesetzt wurde. Der nachträgliche Abschluss eines Untermietvertrages kann daher an den zunächst vorliegenden Tatsachen nichts ändern und bei der vorzunehmenden Beweiswürdigung allenfalls eingeschränkte Bedeutung erlangen. Eine Vertrauensgemeinschaft, bei der die Partner für einander einstehen, ergibt sich aber auch insbesondere daraus, dass S während des finanziellen Engpasses des Klägers dessen Anteil an der Miete diesem zur Verfügung stellte. Die entsprechenden Beträge wurden dabei lediglich - wie vom Kläger angegeben - im Rahmen einer Aufstellung festgehalten. In dieser Aufstellung ist vermerkt, dass eine Rückzahlung erst dann ratenweise zu erfolgen habe, wenn der Kläger wieder über Einkommen verfüge. Hieraus wird für den Senat deutlich, dass S für den Kläger mit einstehen will, solange sich dieser in einer finanziellen Notsituation befindet. Ein außenstehender Dritter gewährt kein Darlehen, dessen Rückzahlung allein davon abhängt, dass der Darlehensnehmer wieder Einkommen erzielen wird, erst recht nicht, wenn - wie hier - auf absehbare Zeit nicht mit einem entsprechenden Einkommen zu rechnen ist.

Zudem ist aus dem Verhalten des Klägers bei der Antragsabgabe ein Hinweis auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu entnehmen. Der Kläger hat zunächst das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft angegeben, als er den Antrag zusammen mit einer Mitarbeiterin der Beklagten ausfüllte. Nach entsprechender Aufklärung über die Bedeutung einer eheähnlichen Gemeinschaft hat er diese Angabe wieder streichen lassen. Es ist für den Senat jedoch nicht nachvollziehbar, dass er im Fragebogen zur Feststellung der Unterkunftskosten selbst das Wort "Lebenspartner" bei der Frage nach dem Verwandtschaftsverhältnis einträgt und Angaben bezüglich des zu berücksichtigtenden Vermögens machen konnte, die allein S betreffen. So hat er bei zu berücksichtigenden Vermögen das Kfz der S und deren Girokontostand angegeben, was bei dem behaupteten Untermietverhältnis schon mangels Kenntnis der Daten nicht möglich gewesen wäre. Sollte der Kläger von vornherein nicht vom Vorliegen einer "Lebensgemeinschaft" mit S ausgegangen sein, so ist es nicht erklärlich, dass er bei Antragsabgabe deren Kontostand angeben kann. Nachdem der Kläger und S auch gemeinsam Hausveranstaltungen sowie auch weiterhin den Singleclub besuchen, treten sie auch nach außen hin als eheähnliche Gemeinschaft in Erscheinung.

Aufgrund einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Hinweistatsachen ist somit davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Das Einkommen der S ist somit im Rahmen des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. Der Kläger ist aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens der S nicht hilfebedürftig.

Weitere Zeugen waren nicht zu vernehmen, denn ein getrenntes Wirtschaften sowie getrennte Konten werden vom Senat nicht in Abrede gestellt und eine zumindest - konkludent erteilte - Erlaubnis zur Untervermietung durch den Vermieter kann unterstellt werden. Selbst dann ist nämlich im Rahmen einer Gesamtwürdigung vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft noch auszugehen.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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