L 4 KR 38/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 160/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 38/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18. November 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte die Klägerin von Kosten in Höhe von 593,69 EUR für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in der Zeit vom 07.03.2001 bis 19.03.2001 freizustellen hat.

Die 1920 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie war wegen Implantation einer Hüftgelenksendoprothese vom 01.01.2001 bis 01.02.2001 in stationärer Krankenhausbehandlung. Vom 01.02.2001 bis 05.03.2001 wurde eine Anschlussheilbehandlung durchgeführt. Ab 05.03.2001 befand sich die Klägerin im privaten Seniorenwohnheim der G. GmbH H ... Nachdem die Pflegekasse der Beklagten die am 06.03.2001 beantragte Urlaubsverhinderungspflege abgelehnt hatte, weil Pflegebedürftigkeit nicht seit mindestens zwölf Monaten bestand, verordnete der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.H. am 09.03.2001 für die Zeit vom 07.03. bis 31.03.2001 häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege und Grundpflege). Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) stellte am 27.04.2001 fest, dass Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung ansich nötig seien, jedoch ein Krankenhausaufenthalt dadurch nicht vermieden werde. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.05.2001 die Kostenübernahme für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung ab. Hiergegen legten die Bevollmächtigten der Klägerin Widerspruch ein, der damit begründet wurde, die Leistungen seien verordnet worden. Außerdem sei die Kostenübernahme erst mit Schreiben vom 17.05.2001 abgelehnt worden. Nach erneuter Anhörung des MDK wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2002 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Pflegekasse der Beklagten habe für die Grundpflege ab 05.03.2001 bereits Pflegesachleistungen in Höhe von 750,00 DM bewilligt. Trotzdem seien von der G. GmbH Rechnungen eingereicht worden. Weil durch die Gewährung von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung Krankenhauspflege nicht vermieden worden sei, sei eine Kostenübernahme nicht möglich.

Hiergegen richtet sich die am 7. Mai 2002 beim Sozialgericht Nürnberg eingegangene Klage, die damit begründet wurde, Dr.H. als behandelnder Arzt habe die Leistungen verordnet, sie müssten somit von der Beklagten bezahlt werden. Außerdem sei die Leistungsablehnung erst am 17.05.2001 erfolgt, nach den Richtlinien seien die Krankenkassen verpflichtet, eine verordnete Leistung bis zur Ablehnung zu übernehmen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.11.2004 abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 37 Abs.1 SGB V lägen nicht vor. Krankenhausbehandlung sei durch die Maßnahme der Grundpflege nicht vermieden worden. Die Tatsache, dass Versicherte nicht in der Lage sind, sich selbst zu versorgen, rechtfertige alleine keine Krankenhausbehandlung. Da die Klägerin Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe I erhalte, hätte auch ein Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Satzungsleistung nicht beansprucht werden können. Schließlich bestehe auch kein Anspruch auf vorläufige Leistung nach den Krankenpflegerichtlinien. Da die Verordnung verspätet vorgelegt wurde, sei unerheblich, dass die Leistungsablehnung erst am 17.05.2001 erfolgt sei. Es könne auch offen bleiben, ob der Klägerin überhaupt Kosten entstanden seien, von denen sie freizustellen wäre.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgen die Bevollmächtigten der Klägerin deren Forderung auf Freistellung in Höhe von 593,69 EUR weiter. Weil die Beklagte eine Übernahme der Kosten abgelehnt habe, sei die Klägerin aufgrund des Pflegevertrages verpflichtet, die Kosten vorab zu übernehmen. Außerdem sei die Beklagte wegen verspäteter Ablehnung zur Kostenübernahme verpflichtet. Schließlich gelte eine Vergütung stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sei.

Der am 05.03.2001 zwischen der Klägerin und der G. GmbH geschlossene Pflegevertrag wird ebenso wie die Rechnung vom 25.05.2001 der G. GmbH über einen Rechnungsbetrag von 1.111,20 DM (= 593,69 EUR) vorgelegt. Dem ebenfalls aktenkundigen Leistungsnachweis entsprechend werden 24 Einsätze Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung berechnet.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.11.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 17.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von Kosten in Höhe von 593,69 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das Sozialgericht habe zutreffend einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung nach § 37 Abs.1 SGB V abgelehnt. Auch Ziffer 23 HKP-Richtlinie könne einen Vergütungsanspruch nicht auslösen, weil die Anspruchsvoraussetzung nicht gegeben sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - frist- und formgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich als unbegründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichet, die Klägerin von den ihr von der G. GmbH in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 593,69 EUR freizustellen. Als einzige Anspruchsgrundlage kommt § 13 Abs.3 SGB V in Betracht. Konnte danach eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherte für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Klägerin sind Kosten für häusliche Krankenpflege bis jetzt nicht entstanden, die G. GmbH hat zwar bereits am 15.05.2001 eine Rechnung ausgestellt, sie beabsichtigt aber offensichtlich nicht, den Betrag von der Klägerin zu fordern. Nach dem Behandlungsvertrag vom 05.03.2001 ist sie hierzu auch nicht berechtigt. Nach dem Pflegevertrag übernimmt die G. GmbH Grundpflege nach Absprache. Eine Absprache, aus der sich eine Zahlungsverpflichtung der Klägerin ergibt, ist nicht aktenkundig und wird durch das Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 09.11.2005 ausgeschlossen. Die vom Klägerbevollmächtigten behaupteten allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbar gilt, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, treffen möglicherweise im Verhältnis Krankenversicherung Leistungserbringer zu, rechtfertigen jedoch keine Zahlungsforderung des Leistungserbringers gegen den Versicherten. Die am 25.05.2001 erstellte Rechnung verpflichtet damit die Klägerin nicht zur Zahlung.

Die Beklagte ist auch nicht deshalb zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet, weil sie ihr eine Sachleistung zu Unrecht verweigert hat. Die Voraussetzungen des § 37 Abs.1 SGB V zur Gewährung häuslicher Krankenpflege, die auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorung umfasst (§ 37 Abs.1 Satz 2 SGB V) sind nicht gegeben. Im Falle der Klägerin war nämlich in der streitgegenständlichen Zeit Krankenhausbehandlung weder geboten, noch wurde sie durch die Gewährung häuslicher Krankenpflege vermieden oder verkürzt. Dies hat der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) überzeugend mit der Begründung abgelehnt, im Fall der Klägerin sei nach Entlassung aus der Anschlussheilbehandlung eine stationäre Behandlung dem Grunde nach nicht mehr erforderlich gewesen. Man könne auch nicht sagen, dass die Entlassung aus der Anschlussheilbehandlung vorzeitig erfolgt wäre. Wie die Beklagte auch im Widerspruchsbescheid ausführt, war die Klägerin laut Anschlussheilbehandlungsentlassungsbericht bei Entlassung annähernd schmerzfrei und habe mit Rollator an Gangstabilität gewonnen, die Gehstrecke habe sich ausgeweitet. Damit liegt die Notwendigkeit weiterer Krankenhausbehandlung nicht mehr vor.

Als Anspruchsgrundlage kommt auch § 37 Abs.2 SGB V nicht in Betracht. Selbst wenn bei der Beklagten eine Satzungsregelung existieren sollte, wonach Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung gewährt werden kann, kann diese Satzungsregelung wegen § 37 Abs.2 Satz 4 nicht zur Anwendung kommen, weil die Klägerin pflegebedürftig im Sinne des SGB XI war. Pflegestufe I war anerkannt.

Schließlich ist dem Sozialgericht dahingehend zuzustimmen, dass sich kein Anspruch aus Nr.29 der Richtlinien über häusliche Krankenpflege ergibt. Es handelt sich hierbei um die Regelung einer vorläufigen Zahlung, nicht um eine zusätzliche Anspruchsgrundlage neben § 37 SGB V.

Damit besteht unter keinem rechtlichen Aspekt Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Freistellung von Kosten.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.

Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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