Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 245/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 B 2/06 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Maßgebend für die Frage, ob und inwieweit die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses.
2.
Mit dem Wesen vertragsärztlicher Tätigkeit ist es nicht vereinbar, wenn einem Arzt auf der Basis eines Kooperationsvertrags mit einer Klinik einerseits Operationsräume zur Verfügung gestellt und die Mitbenutzung allgemeiner Einrichtungen der Klinik ermöglicht werden, er sich andererseits verpflichtet, jede Konkurrenz im ambulanten Bereich mit den bettenführenden Fachabteilungen der Klinik zu unterlassen.
3.
Mit dem Wesen vertragsärztlicher Tätigkeit ist es ferner nicht vereinbar, wenn ein erheblicher Teil der von der Praxis in Anspruch zu nehmenden sächlichen und personellen Ressourcen von Dritten entgeltlich gestellt wird und nicht der Herrschaft des Praxisinhabers unterliegt.
4.
Der Vertragsarzt muss seine vertragsärzliche Tätigkeit - von Ausnahmen abgesehen - in seinen durch die Praxisanschrift definierten Praxisräumen erbringen.
5.
Die Zuständigkeiten des Gemeinsamen Bundesausschusses folgen aus § 92 SGB V. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht.
6.
Fachärzte für Herzchirurgie sind dem Grunde nach zulassungsfähig, wenn die entsprechende Weiterbildungsordnung insoweit ein eigenständiges Fachgebiet bestimmt.
7.
Sofern die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens eindeutig überwiegen, kann es geboten sein, eine vorläufige Regelung zu treffen, um dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, hinreichend Rechnung zu tragen.
Maßgebend für die Frage, ob und inwieweit die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses.
2.
Mit dem Wesen vertragsärztlicher Tätigkeit ist es nicht vereinbar, wenn einem Arzt auf der Basis eines Kooperationsvertrags mit einer Klinik einerseits Operationsräume zur Verfügung gestellt und die Mitbenutzung allgemeiner Einrichtungen der Klinik ermöglicht werden, er sich andererseits verpflichtet, jede Konkurrenz im ambulanten Bereich mit den bettenführenden Fachabteilungen der Klinik zu unterlassen.
3.
Mit dem Wesen vertragsärztlicher Tätigkeit ist es ferner nicht vereinbar, wenn ein erheblicher Teil der von der Praxis in Anspruch zu nehmenden sächlichen und personellen Ressourcen von Dritten entgeltlich gestellt wird und nicht der Herrschaft des Praxisinhabers unterliegt.
4.
Der Vertragsarzt muss seine vertragsärzliche Tätigkeit - von Ausnahmen abgesehen - in seinen durch die Praxisanschrift definierten Praxisräumen erbringen.
5.
Die Zuständigkeiten des Gemeinsamen Bundesausschusses folgen aus § 92 SGB V. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht.
6.
Fachärzte für Herzchirurgie sind dem Grunde nach zulassungsfähig, wenn die entsprechende Weiterbildungsordnung insoweit ein eigenständiges Fachgebiet bestimmt.
7.
Sofern die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens eindeutig überwiegen, kann es geboten sein, eine vorläufige Regelung zu treffen, um dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, hinreichend Rechnung zu tragen.
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 8) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Antragstellern auferlegt wird, die vertragsärztliche Tätigkeit ausschließlich in den von ihnen angemieteten Praxisräumen unter der Adresse X, D- Str. 00 auszuüben. Die Beigeladene zu 8) hat 3/5 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das Beschwerdeverfahren zu tragen. Die Antragsteller haben 2/5 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8) für das Beschwerdeverfahren zu tragen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Sozialgericht (SG) Düsseldorf zur Recht die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet hat.
Die Antragsteller sind Fachärzte für Herzchirurgie und als solche im Arztregister eingetragen. Im April bzw. Mai 2004 beantragten sie beim Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf die Zulassung als Fachärzte für Herzchirurgie sowie die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis für den Vertragsarztsitz X, D-Str. 00. Mit Beschlüssen vom 17.03.2005 ließ der Zulassungsausschuss die Antragsteller mit Wirkung vom 01.04.2005 zur vertragsärztlichen Versorgung zu und gab dem Antrag auf Führung einer Gemeinschaftspraxis statt. Die Beigeladene zu 8) erhob hiergegen Widerspruch, denn Fachärzte für Herzchirurgie seien grundsätzlich nicht zulassungsfähig. Mit Bescheid vom 06.07.2005 wies der Beschwerdeausschuss den Widerspruch zurück. Die Herzchirurgie stelle in Nordrhein-Westfalen zumindest seit 1994 ein eigenständiges Fachgebiet dar, dessen Inhalt in der Weiterbildungsordnung definiert werde. Die Leistungen dieses Bereichs seien nicht nur nach den Nr. 31181 bis 31188 der Gebührenordnung (EBM 2000plus), sondern auch nach den Nr. 31211ff EBM 2000plus (z.B. Herzschrittmacherimplantationen bzw. Aggregatwechsel) abrechenbar und könnten unzweifelhaft in einer entsprechend eingerichteten Praxis ambulant erbracht werden.
Am 05.10.2005 haben die Antragsteller die Anordnung der sofortigen Vollziehung beantragt. Sie haben vorgetragen: Der EBM-Geber sei davon ausgegangen, dass Fachärzte für Herzchirurgie zulassungsfähig seien. In dem unter "Arztgruppenspezifische Leistungen" genannten fachärztlichen Versorgungsbereich seien neben den Fachärzten für Chirurgie und Kinderchirurgie auch die Fachärzte für Herzchirurgie aufgeführt. Der Versorgungsbereich der Herzchirurgie sei von jenem der Chirurgie zu trennen. Das Fachgebiet "Herzchirurgie" stehe auf gleicher Ebene wie die anderen chirurgischen Spezialgebiete, nämlich Kinderchirurgie bzw. plastische Chirurgie. Überdies sei ein Facharzt für Herzchirurgie nicht ausschließlich ein Operateur, sondern wie jeder andere Facharzt auch ein Diagnostiker, der Indikationen zur notwendigen Operation stelle, und ein Versorger, der Patienten nach einer Operation versorge und betreue. Hieraus ergebe sich zwangsläufig, dass weitere "allgemeine" Leistungen erbracht und abgerechnet werden könnten. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Vertragsarztpraxis sei gewährleistet. Sie - die Antragsteller - seien dringend auf schnellstmögliche Rechtssicherheit angewiesen, da die vertragsärztlichen Leistungen ca. 90% ihrer Einnahmen ausmachen würden. Ihre wirtschaftliche Existenz sei gefährdet. Im Hinblick auf die Zulassung zum 01.04.2005 hätten sie ihre jeweiligen Anstellungsverhältnisse gekündigt und seien seither auf die Einkünfte aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit angewiesen, um ihren familiären Unterhaltspflichten nachzukommen.
Die Antragsteller haben beantragt,
die sofortige Vollziehung der Beschlüsse des Zulassungsausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vom 17.03.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbeschlüsse des Antragsgegners vom 06.07.2005 im öffentlichen Interesse und/oder im überwiegenden Interesse der Antragsteller anzuordnen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt und unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 06.07.2005 darauf verwiesen, dass Fachärzte für Herzchirurgie zulassungsfähig seien.
Die Beigeladene zu 8) hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Voraussetzungen für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz lägen nicht vor. Es fehle am Anordnungsanspruch, weil Fachärzte für Herzchirurgie nicht zulassungsfähig seien. Eine Gemeinschaftspraxis zweier Fachärzte für Herzchirurgie könne angesichts des eingeschränkten Katalogs der zulässigerweise erbringbaren Leistungen nicht wirtschaftlich geführt werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sei der Auffassung, dass es fraglich erscheine, ob das im EBM 2000plus vorgesehene Leistungsspektrum als ausreichend für eine Zulassung im vertragsärztlichen Bereich angesehen werden könne. Auch nach dem Schlüsselverzeichnis zum Bundesarztregister-Datensatz sei das Fachgebiet Herzchirurgie zwar eintragungs-, aber nicht zulassungsfähig. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Zulassungssperre für Chirurgen umgangen werde. Zum anderen sei kein Anordnungsgrund gegeben. Den Antragstellern sei es zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Die Antragsteller trügen das Risiko, dass gegen die Beschlüsse der Zulassungsgremien Widerspruch eingelegt bzw. Klage erhoben werde. Für sie habe die Möglichkeit bestanden, ihr jeweiliges Anstellungsverhältnis erst nach Bestandskraft der Zulassung zu kündigen.
Mit Beschluss vom 09.12.2005 hat das SG Düsseldorf die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet. Die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage der Beigeladenen zu 8) sei nach dem derzeitigen Sachstand als gering zu bewerten. Die in der Ärzte-ZV normierten Zulassungsvoraussetzungen seien erfüllt. Hinderungsgründe bestünden nicht. Zudem bestehe keine Zulassungssperre. Aus der Weiterbildungsordnung für den Bereich der Ärztekammer Nordrhein folge, dass sich das Fachgebiet Herzchirurgie ebenso wie andere Teilgebiete der Chirurgie als eigenständiges und vom Hauptgebiet insofern unabhängiges Fachgebiet herausgebildet habe. Die Einbindung herzchirurgischer Leitungen in den EBM 2000plus sei ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, dass diese Leistungen grundsätzlich im ambulanten Bereich - wie z.B. auch durch einen ermächtigten Herzchirurgen - erbracht werden könnten. Die Gefahr, dass die Zulassungssperre für Chirurgen umgangen werde, bestehe nicht. Zwar könnten nicht alle, aber doch sehr viele Leistungen aus dem Fachgebiet der Herzchirurgie ambulant erbracht werden. Zudem seien Fachärzte für Herzchirurgie in anderen KV-Bezirken zugelassen worden, was belege, dass ambulante Leistungen zumindest eines Teils des Fachgebietes erbracht werden könnten. Im Ergebnis führe die Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu einer Entscheidung zugunsten der Antragsteller.
Diese Entscheidung greift die Beigeladene zu 8) mit der Beschwerde an.
Sie macht geltend: Das SG habe zu Unrecht die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet. Es fehle an Anordnungsgrund und -anspruch. Der Beschluss des Antragsgegners vom 06.07.2005 sei rechtswidrig. An der Vollziehung rechtswidriger Verwaltungsakte bestehe kein öffentliches Interesse. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Antragsteller als Fachärzte für Herzchirurgie lägen mangels Zulassungsfähigkeit nicht vor. Zwar stelle das Gebiet der Herzchirurgie nach der Weiterbildungsordnung für den Bereich der Ärztekammer Nordrhein ein eigenständiges Fachgebiet neben dem Gebiet der Chirurgie dar, dies sage jedoch nichts dazu aus, ob Fachärzte für Herzchirurgie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zulassungsfähig seien. Auch das SG gehe davon aus, dass zu dem Gebiet der Herzchirurgie Leistungen gehörten, die für den ambulanten ärztlichen Bereich derzeit noch schwer vorstellbar seien, und nicht alle Leistungen aus dem Fachgebiet der Herzchirurgie ambulant erbracht werden könnten. Der EBM 2000plus enthalte keine speziellen herzchirurgischen Leistungen. Die Folge sei, dass sich die Tätigkeit der Antragsteller nicht wirtschaftlich tragfähig sei. Soweit die operativen Leistungen (Einbau, Wechsel oder Entfernung eines Schrittmachersystems) sehr hoch bewertet würden, beruhe dies auf sehr hohen Praxiskosten. Darüber hinaus bestehe nur in wenigen Fällen die Möglichkeit, ambulante Herzoperationen durchzuführen. Dies könne durch eine Ermächtigung aufgefangen werden. Der von den Antragstellern vorgelegte Katalog der Leistungen, die sie zu erbringen beabsichtigen, erwecke den Eindruck, dass beabsichtigt sei, das gesamte Leistungsspektrum der Chirurgie abzudecken. Das Fachgebiet Chirurgie sei jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners im Bereich der Kreisstelle Wuppertal gesperrt.
Es liege nahe, dass die Antragsteller beabsichtigten, die Zulassungssperre zu umgehen. Zudem sei der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Beschlussbegründung zu einer Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 21.12.2004 davon ausgegangen, dass Fachärzte für Herzchirurgie nicht zu der Arztgruppe der Chirurgen gehören, sie seien nicht in der vertragsärztlichen Versorgung niederlassungsfähig, da Leistungen auf diesem Fachgebiet nicht ambulant erbracht werden könnten. Ferner habe die KBV auf Anfrage mitgeteilt, dass es fraglich erscheine, ob das im EBM 2000plus vorgesehene Leistungsspektrum als ausreichend angesehen werden könne, um einen Facharzt für Herzchirurgie für die vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Weiterhin spreche gegen die Zulassungsfähigkeit der Antragssteller, dass diese die vertragsärztlichen Leistungen nicht an ihrem Vertragsarztsitz erbringen werden. Sie - die Antragsteller - hätten vorgetragen, bereits in 6 Kliniken zu operieren. Fraglich sei, wie die postoperative Nachsorge der Patienten sichergestellt werde. Die Zulassung als Fachärzte für Herzchirurgie werde jedoch für den Vertragsarztsitz D-Straße 00 in X beantragt. Ein Anordnungsgrund liege ebenfalls nicht vor. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 06.07.2005 sei nicht im überwiegenden Interesse der Antragssteller geboten. Es sei das Risiko der Antragssteller, wenn ein Verfahrensbeteiligter Widerspruch einlege oder Klage erhebe. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, ihr jeweiliges Anstellungsverhältnis erst nach Bestandskraft der Zulassung zu kündigen.
Die Beigeladene zu 8) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2005 aufzuheben.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tragen vor: Zutreffend habe das SG ausgeführt, dass nicht alle Leistungen ambulant erbracht werden könnten. Das gelte aber auch für Orthopäden, Neurochirurgen usw. Die beabsichtigte Zulassung sei wirtschaftlich tragfähig. Das Schlüsselverzeichnis zum Bundesarztregister-Datensatz sei rechtlich irrelevant. Die von der Beigeladenen bezogene Äußerung des Gemeinsamen Bundesausschusses führe nicht weiter. Dieses Gremium sei insoweit unzuständig. Die Antragsteller hätten ihren Vertragsarztsitz benannt. Dies schließe nicht aus, dass sie ihre Leistungen auch extern erbringen. Auch chirurgische Fachärzte würden unbeanstandet Konsil- und Belegarzttätigkeiten verrichten. Sie - die Antragsteller - beabsichtigten im Rahmen der integrierten Versorgung tätig zu werden.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet.
1.
Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet nach Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Bei den Entscheidungen nach § 86 b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht im Vordergrund zunächst eine Prüfung der Erfolgsaussichten. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann den Sofortvollzug anordnen wird, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben. Umgekehrt besteht am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Das Gericht wird insbesondere zu berücksichtigen haben, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist (Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - L 10 B 9/03 KA ER -;14.04.2003 - L 10 B 8/03 KA ER -; 07.04.2003 - L 10 B 24/02 KA ER; 26.02.2003 - L 10 B 2/03 KA ER -; 15.01.2003 - L 10 B 22/02 KA ER - in GesR 2003, 115 f.; Düring in Berliner Kommentare, SGG, 2. Auflage, § 86 b Rnd. 6).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich:
Die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 Nr. 1 SGG sind erfüllt, soweit es um die Zulassung der Antragsteller als Fachärzte für Herzchirurgie geht und diese ihre zukünftige vertragsärztliche Tätigkeit in den von ihnen angemieteten Praxisräumen auszuüben beabsichtigen. Insoweit sind die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eher gering. Etwas anderes gilt hinsichtlich des Vorhabens der Antragsteller, auf der Grundlage einer vertraglichen Kooperation mit verschiedenen Krankenhäusern in deren Räumen ambulante Operationen durchführen. Das ist nach derzeitige Rechtslage unzulässig.
Die Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung erfolgt nach Maßgabe des § 95 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Antragsteller sind zuzulassen, wenn sie in das von der Beigeladenen zu 8) geführte Arztregister eingetragen sind (§ 95 Abs. 2 Satz1 SGB V), keine Zulassungsbeschränkungen bestehen (§ 103 SGB V i.V.m. § 16 b Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV)), sie das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V i.V.m. § 25 Ärzte-ZV) und Hinderungsgründe (§ 98 Abs. 2 Nr. 10 SGB V i.V.m. §§ 20, 21 Ärzte-ZV) einer Zulassung nicht entgegenstehen.
a)
Die Antragsteller (geb. 09.02.1953 bzw. 12.06.1963) haben das 55. Lebensjahr nicht vollendet. Sie sind in das Arztregister eingetragen. Soweit die Beigeladene zu 8) im Arztregister (Stand 10.07.2006) vermerkt hat, die Zulassung der Kläger ende am 07.02.2006, ist dies a) unzutreffend und b) rechtlich unerheblich. Maßgebend für die Frage, ob und inwieweit die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses (BSG vom 23.05.2005 - B 6 KA 81/03 R - sowie Senatsurteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -), mithin der 06.07.2005.
b)
Nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ist für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht geeignet ein Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit eines Vertragsarztes nicht zu vereinbaren ist. Zum Wesen der vertragsärztlichen Tätigkeit rechnet, dass der Vertragsarzt Inhalt und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der seiner Praxis zugeordneten sächlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmen und verantworten kann (BSG vom 15.03.1995 - 6 RKa 23/94 -).
Daran fehlt es hinsichtlich der in den St. Antonius-Kliniken beabsichtigten ambulanten Operationen. Ausweislich des Kooperationsvertrags mit dieser Einrichtung stellt diese der Gemeinschaftspraxis ihre Operationsräume zur Verfügung, ferner wird der Gemeinschaftspraxis die Mitbenutzung allgemeiner Einrichtungen des Krankenhauses, (z.B. Empfang, Parkplätze, Labor, EDV, Telefonanlage , usw. ) ermöglicht ( § 2). Der Senat lässt offen, ob und inwieweit bereits diese Vereinbarungen dem Wesen einer vertragsärztlichen Tätigkeit entgegenstehen. Jedenfalls aber kollidiert § 5 Abs. 3 Ziffer c) des Kooperationsvertrags mit § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV. Danach verpflichtet sich die Gemeinschaftspraxis, jede Konkurrenz im ambulanten Bereich mit den bettenführenden Fachabteilungen der Klinik zu unterlassen. Diese Klausel läuft letztlich darauf hinaus, dass die Antragsteller ambulante Untersuchungen und Operationen soweit und solange nicht durchführen, wie im ambulanten Bereich ein Konkurrenzverhältnis zur Klinik entsteht. Derartige Bindungen sind mit der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht vereinbar. Inhalt, Umfang und Notwendigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung werden allein durch §§, 12, 27 ff. SGB V sowie die dies konkretisierenden Verträge (§§ 82 ff. SGB V) bestimmt.
Hinzu kommt: Nach § 1 des Miet- und Nutzungsvertrags überlässt das Krankenhaus der Gemeinschaftspraxis einen aseptischen Operationsraum nebst erforderlichen Vor- und Nachbereitungsräumen im Petruskrankenhaus, D-Straße 00, in X. Nach § 2 stellt das Krankenhaus der Gemeinschaftspraxis zur Durchführung der Operation diverse dort im Einzelnen gelistete Sachmittel zur Verfügung. Das Entgelt für diese Leistungen ist nach § 8 gesondert zu vereinbaren. Zwar bestimmt § 4 , dass die Gemeinschaftspraxis zum Krankenhaus weder in einem Anstellungsverhältnis noch einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis steht. Indessen ist es mit dem Wesen einer vertragsärztlichen Praxis nicht vereinbar, wenn ein erheblicher Teil der notwendigerweise in Anspruch zu nehmenden sächlichen und personellen Ressourcen von Dritten - entgeltlich - gestellt werden und nicht der Herrschaft des Praxisinhabers unterliegen. Soweit § 4 regelt, dass das vom Krankenhaus gestellte medizinische Personal den Ärzten der Gemeinschaftspraxis gegenüber fachlich weisungsgebunden ist, ändert sich nichts. Der arbeitsrechtliche Status des Personals ist hiervon nicht betroffen. Im Übrigen regelt auch der Miet- und Nutzungsvertrag, dass nicht mit dem Krankenhaus abgestimmte oder in Konkurrenz zum Krankenhaus stehende Tätigkeiten zu unterlassen sind. Derartige Regelungen verstoßen gegen die Pflicht des Vertragsarztes, seine Leistungen allein aufgrund medizinischer Notwendigkeiten unter Berücksichtigung gesetzlicher (§§ 12, 27 ff. SGB V) und vertraglicher Vorgaben (§ §§ 87 ff. SGB V) zu erbringen. Ob und inwieweit all dies unschädlich wäre, wenn die Antragsteller als Belegärzte (§ 121 SGB V) in den St. Antonius-Kliniken hätten tätig werden wollen, mag dahinstehen. Darum geht es hier nicht.
Die Einwände der Antragsteller führen nicht weiter. Richtig ist zwar, dass der Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung ein zwischen ihm und einem Krankenhaus geschlossener Kooperationsvertrag nicht ohne weiteres entgegensteht (BSG vom 15.03.1995 - 6 RKa 23/94 -). Indessen liegt dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde. Die Kläger beabsichtigten, auf dem Gelände einer Klinik eine radiologische und nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis zu führen. Auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages waren die Kliniken verpflichtet, ab Aufnahme des Praxisbetriebs ihr Zentralinstitut und das Institut für Nuklearmedizin aufzugeben. Hinsichtlich der sächlichen Mittel hat sodann die Praxis den Betrieb und die Geräte der Radiologie und Nuklearmedizin der Klinik übernommen. Eine solche Kooperation ist auch zur Überzeugung des Senats mit dem Wesen einer vertragsärztlichen Tätigkeit vereinbar. Die Sachherrschaft obliegt - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - den die Praxis betreibenden Ärzten.
Soweit die Antragsteller beabsichtigen, ambulante Operationen auf "Kooperationsbasis" auch im evangelischen Krankenhaus Bethanien/Dortmund, Herzzentrum Essen, Marienhospital Schwelm, Klinikum Niederberg/Velbert, Bethesda/Krankenhaus Wuppertal, St. Josef Krankenhaus/Wipperfürth durchzuführen, gilt grundsätzlich nichts anders. Hierzu liegen bislang allerdings keine Verträge vor. Sofern entscheidungserheblich, wird deren Inhalt vom SG aufzuklären sein. Dabei wird zu beachten sein, dass der Vertragsarzt - abgesehen von Ausnahmefällen - nach derzeitiger Rechtslage ohnehin gehindert ist, außerhalb des Planungsbereichs, in dem er zugelassen ist, tätig zu werden.
c)
Das Vorhaben der Antragsteller kann auch keinen anderen (zulässigen) Teilnahmeformen zugeordnet werden. Um ein Modellvorhaben nach §§ 63 ff. SGB V geht es ersichtlich nicht. Die Antragsteller meinen zwar im Rahmen der integrierten Versorgung tätig zu werden. Faktisch mag deren Vorhaben dem begrifflich zugeordnet werden können. Dies ist indes nicht maßgebend. Denn rechtlich ist die integrierte Versorgung in §§ 140 a ff. SGB V definiert. Dass die von den Antragstellern avisierten Kooperationen mit diversen Krankenhäusern hierzu nicht rechnet, bedarf keiner Erörterung. Die Kooperation mit namentlich den St. Antonius-Kliniken stellt auch kein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) dar. Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 SGB V liegen nicht vor. Im Übrigen bedarf das MVZ einer Zulassung (§ 1 Abs. 3 Ärzte- ZV), die hier weder beantragt noch streitgegenständlich ist.
d)
Ob und inwieweit § 36 Abs. 2 Satz 2 Krankenhausgesetz NRW dem Vorhaben der Antragsteller entgegensteht, kann offen bleiben. Hiernach dürfen Ärzte, die weder belegärztlich noch hauptamtlich im Krankenhaus tätig sind, dort nur ergänzende Untersuchungen und Behandlungen durchführen. Soweit der Regelungsgehalt dieser Vorschrift nur auf die stationäre Behandlungen bezogen wird, wäre dies unschädlich. Die Antragsteller wollen ambulant tätig werden. Der Senat braucht dem nicht nachzugehen, denn insoweit liegt - wie dargestellt - ohnehin ein Hinderungsgrund nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV vor.
e)
Als weiterer Hinderungsgrund ist § 21 Ärzte-ZV zu prüfen. Hiernach ist ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in seiner Person liegenden schwerwiegenden Mängel für die Ausübung der vertragärztlichen Tätigkeit ungeeignet, insbesondere, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. Im hier interessierenden Zusammenhang ist die Vorschrift wie folgt zu präzisieren: Die Eignung als Vertragsarzt liegt in der Regel dann nicht vor, wenn wegen einer gröblichen Pflichtenverletzung (hier: unsachliche und überzogene Angriffe gegen das Vertragsarztsystem) das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen so schwer gestört ist, dass diesen eine (weitere) Zusammenarbeit mit dem (Vertrags-)Arzt nicht zugemutet werden kann (vgl. ua BSG vom 30.03.1977 - 6 RKa 4/76 = SozR 2200 § 368a Nr 3) und im Fall einer Zulassung die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Systems gefährdet wäre (vgl BSG vom 08.07.1981 - 6 RKa 17/80 = USK 81172 und BSG vom 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 = SozR 2200 § 368n Nr 12: LSG NRW vom 26.06.1996 - L 11 Ka 155/94 -).
Der Antragsteller zu 1) hat zwar im Erörterungstermin vom 12.04.2006 mit deutlich und teilweise überzogenen Formulierungen seinen Unmut über das Verhalten der Beigeladenen zu 8) zum Ausdruck gebracht. Dem lag zugrunde, dass er und der Antragsteller zu 2) berufliche Dispositionen in der Erwartung getroffen haben, zügig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden. Letzteres war und ist nicht der Fall. Die Antragsteller haben offensichtlich die rechtliche Tragweite ihres Antrags sowie die präjudizierende Wirkung einer etwaigen Zulassung verkannt. Dennoch hat der Antragsteller zu 1) im Erörterungstermin vom 12.04.2006 letztlich den Eindruck vermittelt, sich im Falle einer Zulassung als Leistungserbringer in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einzuordnen.
Der Senat hat ferner erwogen, ob der Inhalt des von den Antragstellern an den Petitionsausschuss des Landtags gerichteten Schreibens vom 08.08.005 einen Hinderungsgrund im Sinn des § 21 Ärzte-ZV darstellt. Davon hat sich der Senat letztlich nicht überzeugen können. Zwar greifen die Antragsteller die Beigeladene zu 8) hierin mit unsachlich-überschießenden Formulierungen an (z.B. "undurchsichtig verzögertes Zulassungsverfahren", "Verhinderungsstrategie und Rechtsbeugung der KV"; " Missbrauch des bestehenden Rechtssystems"; distanzloser Budgetneid"). Der Senat führt diese Ausfälle indessen (noch) darauf zurück, dass die Antragsteller infolge ihrer Dispositionen (Anmietung und Einrichtung der Praxis, geplante Eröffnungsfeier) sowie der familiären Belastung in eine prekäre und möglicherweise von ihnen nicht mehr beherrschbare Situation geraten sind. Das rechtfertigt derartig polemische Formulierungen naturgemäß nicht, deutet andererseits aber darauf hin, dass sie aus einer singulären Situation entstanden sind, mithin das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen nicht von vornherein so schwer gestört ist, dass ihnen eine Zusammenarbeit mit den Antragstellern nicht zugemutet werden könnte. Der Senat geht insoweit - wiederum zugunsten der Antragsteller - davon aus, dass sie auch im Zeitpunkt dieses Schreibens die rechtliche Tragweite ihres Antrags und einer etwaigen Zulassung nicht überblickt haben. Im Übrigen haben sich die beigeladenen Krankenkassenverbände hierzu bislang nicht geäußert und namentlich nicht erklärt, eine Zusammenarbeit mit den Antragstellern sei ihnen unzumutbar. Vorsorglich weist der Senat die Antragsteller darauf hin, dass im Wiederholungsfall vergleichbare unsachlich-polemischen Angriffe gegen die KV/Krankenkassen Disziplinarmaßnahmen, ggf. auch den Zulassungsentzug rechtfertigen können.
f)
Nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV erfolgt die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt. Damit ist Praxisanschrift des Vertragsarztes gemeint (BSG vom 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R -). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, grundsätzlich an seinem Vertragsarztsitz seine Sprechstunden abzuhalten (§ 24 Abs. 2 Ärzte-ZV). Hieraus folgt, dass der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit - von Ausnahmen abgesehen - unter seiner Praxisanschrift in seinen Praxisräumen erbringen muss. Das ist nicht der Fall, soweit die Antragsteller beabsichtigen, ambulante Leistungen auf "Kooperationsbasis" in den Kliniken St. Antonius/Wuppertal sowie anderen Kliniken zu erbringen. Der Senat hat erwogen, die vom SG angeordnete sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners aufzuheben, weil das vertragsärztliche System eine derartige "Reisetätigkeit" grundsätzlich nicht vorsieht. Angesichts der Bedeutung des Art. 12 Grundgesetz (GG) und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Dauer des Hauptsacheverfahrens hat der Senat hiervon abgesehen. Als Minus im Vergleich zur Beseitigung des Sofortvollzugs hat der Senat statt dessen von der in § 86 b Abs. 1 Satz 3 SGG vorgesehenen Möglichkeit, die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit einer Auflage zu versehen, Gebrauch gemacht. Dies war umso mehr angezeigt, als die Antragsteller nachgängig erklärt haben, "Schwerpunkt, Hauptdreh- und Angelpunkt" ihrer Tätigkeit solle die Praxis in der Carnaper Straße sein (Schriftsatz vom 03.05.2006). Dem wird ggf. im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein.
g)
Zulassungsbeschränkungen bestehen nicht. Der Planungsbereich Wuppertal ist zwar für das Fachgebiet Chirurgie gesperrt. Die Antragsteller begehren indes keine Zulassung als Fachärzte für Chirurgie sondern eine solche als Fachärzte für Herzchirurgie. Dabei handelt es sich um ein Aliud. Das belegt der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.07.2005 (D.Ärztebl. 2005, A 2891). Hierdurch ist Nummer 7 Satz 2 sechster Spiegelstrich von Abschnitt 3 der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte dahin gefasst worden, dass u.a. die Fachärzte für Herzchirurgie nicht zur Arztgruppe der Chirurgen gehören und damit keiner Bedarfsplanung unterliegen.
2.
Der Einwand der Beigeladenen zu 8), Fachärzte für Herzchirurgie seien nicht zulassungsfähig, trägt nicht.
a)
Soweit die Beigeladene zu 8) sich auf die Beschlussbegründung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.07.2005 bezieht, heißt es darin zwar: " Der Ausschuss hatte zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt, dass Herzchirurgen nicht in der vertragsärztlichen Versorgung niederlassungsfähig sind, da Leistungen aus diesem Fachgebiet nicht erbracht werden können." Hieraus kann die Beigeladene zu 8) indes nichts für ihre Auffassung herleiten.
Die Zuständigkeiten des Gemeinsamen Bundesausschusses folgen aus § 92 SGB V. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht. Das hat der Bundesausschusses im Übrigen - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht entschieden. Die Beschlussbegründung erläutert vielmehr, aus welchen Erwägungen heraus der Bundesausschuss entschieden hat, dass die Fachärzte für Herzchirurgie nicht zur Arztgruppe der Chirurgen gehören. Es geht insoweit allein um die Bedarfsplanung. Hierfür allerdings ist der Gemeinsamen Bundesausschuss zuständig (§ 92 Abs. 1 Nr. 9 SGB V). Allein in diesem Zusammenhang ist die zitierte Begründung zu verstehen. Damit ist nur vorgegeben, dass die Fachärzte für Herzchirurgie keiner Bedarfsplanung unterliegen, weil sie nicht der Arztgruppe der Chirurgen zurechnen. Aus dem von der Beigeladenen zu 8) vorgelegten Schreiben des Bundesausschusses vom 30.01.2006 folgt nicht anderes.
Darin wird lediglich die Auffassung des zuständigen Unterausschusses referiert, dass u.a. Herzchirurgen mangels relevanter ambulanter Tätigkeit nicht als Mitglieder der Arztgruppe der Chirurgen tätig werden könnten. Die Äußerungen beziehen sich allenfalls auf die Bedarfsplanung, eine darüber hinausgehende rechtliche Wirkung entfalten sie nicht.
Maßgebend ist vielmehr, dass die Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärzte vom 01.10.2005 (WBO) unter 6.3 ausdrücklich das Fachgebiet der Herzchirurgie als eigenständiges und vom Hauptgebiet der Chirurgie zu trennendes Gebiet definiert. Weiterbildungsziele, Weiterbildungszeit sowie Weiterbildungsinhalt (einschließlich der definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren) sind beschrieben. Damit legt die WBO den Inhalt dieses Fachgebiets in Abgrenzung zu anderen Fachgebieten wie auch der allgemeinen Chirurgie (Ziffer 6.1 WBO) fest. Zuzugeben ist der Beigeladenen zu 8), worauf auch schon das SG hingewiesen hat, dass die definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren durchaus Leistungen beschreiben, die derzeit ambulant schwerlich erbracht werden können. Gleichermaßen werden jedoch Leistungen aufgeführt, die auch nach heutigem Stand ambulant erbringbar sind. Dies geht einher mit den Regelungen des EBM 2000plus. Nach der Präambel 7.1 des EBM 2000plus können die im Kapitel 7 aufgeführten Leistungen nur - ausschließlich - von den unter 7.1.1 genannten Arztgruppen berechnet werden. Die Arztgruppe der Fachärzte für Herzchirurgie ist hierin ausdrücklich benannt. Hinzu kommt, dass der EBM 2000plus unter den Ziffern 31211 bis 31218 mit Herzschrittmacher- und Defibrillatoroperationen Leistungen beschreibt, die nur von Fachärzten für Herzchirurgie ausgeführt werden können.
b)
Soweit die Beigeladene zu 8) dem entgegenhält, eine solchermaßen geführte Vertragsarztpraxis könne wirtschaftlich nicht betrieben werden, führt das nicht weiter. Zutreffend hat schon das SG darauf hingewiesen, dass die im EBM 2000plus für den Kernbereich der Herzchirurgie genannten Leistungen überwiegend sehr hoch bewertet sind, zudem Vor- und Nachsorge ambulant durchgeführter Operationen sowie viele kleinere Eingriffe einzubeziehen sind. Im Übrigen geht das Vorbringen des Beigeladenen zu 8) schon deswegen fehl, weil die Antragsteller unwidersprochen vorgetragen haben, dass in anderen KV-Bezirken Fachärzte für Herzchirurgie zugelassen worden sind. In diesem Zusammenhang hätte die Beigeladene zu 8) deutlich machen müssen, dass auch diese Praxen nicht wirtschaftlich geführt werden. Hierzu ist nichts dargetan.
c)
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beigeladenen zu 8), die Zulassung der Antragsteller unterlaufe die Bedarfsplanung. Dem ist schon deswegen nicht zu folgen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss festgelegt hat, dass die Gruppe der Fachärzte für Herzchirurgie von jener der Fachärzte für Chirurgie zu trennen ist, und erstere keiner Bedarfsplanung unterworfen hat.
d)
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von den Klägern (zulässig) erbringbaren Leistungen nicht von den Leistungen der Fachärzte für Chirurgie abgegrenzt werden könnten. Der Katalog zulässiger Leistungen wird - wie hier - durch die WBO vorgegeben und im System der gesetzlichen Krankenversicherung durch im EBM enthaltene Leistungsziffern - ganz oder teilweise - für abrechenbar erklärt. Die Antragsteller müssen die solchermaßen bestimmten Grenzen ihres Fachgebiets einhalten. Außerhalb des Fachgebiets liegende Leistungen dürfen sie weder erbringen noch abrechnen. Insoweit gelten die allgemeinen von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze (hierzu u.a. BSG vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - und 12.09.2001 - B 6 KA 89/00 R -; vgl. auch Steinhilper in Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 17 Rdn. 28). Dass diese Grundsätze im Falle der Zulassung von Fachärzten für Herzchirurgie nicht anwendbar sein sollen, erschließt sich dem Senat nicht.
3.
Ein Anordnungsgrund ist dargetan. Zwar haben die Antragsteller das Risiko dafür zu tragen, dass sie trotz fehlender Bestandskraft und in Kenntnis der familiären Unterhaltspflichten das zuvor bestehende Anstellungsverhältnis gekündigt und vertragliche Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Gründung der Praxis eingegangen sind. Dem steht gegenüber, dass sie auf unübersehbare Zeit gehindert sein werden, die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen, da davon auszugehen ist, dass Verfahrensbeteiligte wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit alle Rechtsbehelfe zwecks Durchsetzung ihrer Position nutzen werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber dies mit der Entscheidung, Widersprüchen und Anfechtungsklagen grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, bewusst und billigend in Kauf genommen hat. Über das Rechtsschutzsystem des SGG hinaus ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung dann geboten, wenn eine Verletzung des Gebotes, effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG zu gewähren, zu besorgen ist (Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - L 10 B 9/03 KA ER -; vgl. auch Senatsbeschluß vom 24.11.2004 - L 10 B 14/04 KA - auch BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Diese Voraussetzungen bejaht der Senat. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, jedenfalls soweit die Antragsteller ausschließlich in ihren Praxisräumen unter der Anschrift des Vertragsarztsitzes D-Straße 00, X, tätig werden, überwiegen eindeutig, mithin sind gegenläufige Interessen unterzuordnen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 05.06.2001 - L 5 KA 115/02 ER-B).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Sozialgericht (SG) Düsseldorf zur Recht die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet hat.
Die Antragsteller sind Fachärzte für Herzchirurgie und als solche im Arztregister eingetragen. Im April bzw. Mai 2004 beantragten sie beim Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf die Zulassung als Fachärzte für Herzchirurgie sowie die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis für den Vertragsarztsitz X, D-Str. 00. Mit Beschlüssen vom 17.03.2005 ließ der Zulassungsausschuss die Antragsteller mit Wirkung vom 01.04.2005 zur vertragsärztlichen Versorgung zu und gab dem Antrag auf Führung einer Gemeinschaftspraxis statt. Die Beigeladene zu 8) erhob hiergegen Widerspruch, denn Fachärzte für Herzchirurgie seien grundsätzlich nicht zulassungsfähig. Mit Bescheid vom 06.07.2005 wies der Beschwerdeausschuss den Widerspruch zurück. Die Herzchirurgie stelle in Nordrhein-Westfalen zumindest seit 1994 ein eigenständiges Fachgebiet dar, dessen Inhalt in der Weiterbildungsordnung definiert werde. Die Leistungen dieses Bereichs seien nicht nur nach den Nr. 31181 bis 31188 der Gebührenordnung (EBM 2000plus), sondern auch nach den Nr. 31211ff EBM 2000plus (z.B. Herzschrittmacherimplantationen bzw. Aggregatwechsel) abrechenbar und könnten unzweifelhaft in einer entsprechend eingerichteten Praxis ambulant erbracht werden.
Am 05.10.2005 haben die Antragsteller die Anordnung der sofortigen Vollziehung beantragt. Sie haben vorgetragen: Der EBM-Geber sei davon ausgegangen, dass Fachärzte für Herzchirurgie zulassungsfähig seien. In dem unter "Arztgruppenspezifische Leistungen" genannten fachärztlichen Versorgungsbereich seien neben den Fachärzten für Chirurgie und Kinderchirurgie auch die Fachärzte für Herzchirurgie aufgeführt. Der Versorgungsbereich der Herzchirurgie sei von jenem der Chirurgie zu trennen. Das Fachgebiet "Herzchirurgie" stehe auf gleicher Ebene wie die anderen chirurgischen Spezialgebiete, nämlich Kinderchirurgie bzw. plastische Chirurgie. Überdies sei ein Facharzt für Herzchirurgie nicht ausschließlich ein Operateur, sondern wie jeder andere Facharzt auch ein Diagnostiker, der Indikationen zur notwendigen Operation stelle, und ein Versorger, der Patienten nach einer Operation versorge und betreue. Hieraus ergebe sich zwangsläufig, dass weitere "allgemeine" Leistungen erbracht und abgerechnet werden könnten. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Vertragsarztpraxis sei gewährleistet. Sie - die Antragsteller - seien dringend auf schnellstmögliche Rechtssicherheit angewiesen, da die vertragsärztlichen Leistungen ca. 90% ihrer Einnahmen ausmachen würden. Ihre wirtschaftliche Existenz sei gefährdet. Im Hinblick auf die Zulassung zum 01.04.2005 hätten sie ihre jeweiligen Anstellungsverhältnisse gekündigt und seien seither auf die Einkünfte aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit angewiesen, um ihren familiären Unterhaltspflichten nachzukommen.
Die Antragsteller haben beantragt,
die sofortige Vollziehung der Beschlüsse des Zulassungsausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vom 17.03.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbeschlüsse des Antragsgegners vom 06.07.2005 im öffentlichen Interesse und/oder im überwiegenden Interesse der Antragsteller anzuordnen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt und unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 06.07.2005 darauf verwiesen, dass Fachärzte für Herzchirurgie zulassungsfähig seien.
Die Beigeladene zu 8) hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Voraussetzungen für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz lägen nicht vor. Es fehle am Anordnungsanspruch, weil Fachärzte für Herzchirurgie nicht zulassungsfähig seien. Eine Gemeinschaftspraxis zweier Fachärzte für Herzchirurgie könne angesichts des eingeschränkten Katalogs der zulässigerweise erbringbaren Leistungen nicht wirtschaftlich geführt werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sei der Auffassung, dass es fraglich erscheine, ob das im EBM 2000plus vorgesehene Leistungsspektrum als ausreichend für eine Zulassung im vertragsärztlichen Bereich angesehen werden könne. Auch nach dem Schlüsselverzeichnis zum Bundesarztregister-Datensatz sei das Fachgebiet Herzchirurgie zwar eintragungs-, aber nicht zulassungsfähig. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Zulassungssperre für Chirurgen umgangen werde. Zum anderen sei kein Anordnungsgrund gegeben. Den Antragstellern sei es zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Die Antragsteller trügen das Risiko, dass gegen die Beschlüsse der Zulassungsgremien Widerspruch eingelegt bzw. Klage erhoben werde. Für sie habe die Möglichkeit bestanden, ihr jeweiliges Anstellungsverhältnis erst nach Bestandskraft der Zulassung zu kündigen.
Mit Beschluss vom 09.12.2005 hat das SG Düsseldorf die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet. Die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage der Beigeladenen zu 8) sei nach dem derzeitigen Sachstand als gering zu bewerten. Die in der Ärzte-ZV normierten Zulassungsvoraussetzungen seien erfüllt. Hinderungsgründe bestünden nicht. Zudem bestehe keine Zulassungssperre. Aus der Weiterbildungsordnung für den Bereich der Ärztekammer Nordrhein folge, dass sich das Fachgebiet Herzchirurgie ebenso wie andere Teilgebiete der Chirurgie als eigenständiges und vom Hauptgebiet insofern unabhängiges Fachgebiet herausgebildet habe. Die Einbindung herzchirurgischer Leitungen in den EBM 2000plus sei ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, dass diese Leistungen grundsätzlich im ambulanten Bereich - wie z.B. auch durch einen ermächtigten Herzchirurgen - erbracht werden könnten. Die Gefahr, dass die Zulassungssperre für Chirurgen umgangen werde, bestehe nicht. Zwar könnten nicht alle, aber doch sehr viele Leistungen aus dem Fachgebiet der Herzchirurgie ambulant erbracht werden. Zudem seien Fachärzte für Herzchirurgie in anderen KV-Bezirken zugelassen worden, was belege, dass ambulante Leistungen zumindest eines Teils des Fachgebietes erbracht werden könnten. Im Ergebnis führe die Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu einer Entscheidung zugunsten der Antragsteller.
Diese Entscheidung greift die Beigeladene zu 8) mit der Beschwerde an.
Sie macht geltend: Das SG habe zu Unrecht die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet. Es fehle an Anordnungsgrund und -anspruch. Der Beschluss des Antragsgegners vom 06.07.2005 sei rechtswidrig. An der Vollziehung rechtswidriger Verwaltungsakte bestehe kein öffentliches Interesse. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Antragsteller als Fachärzte für Herzchirurgie lägen mangels Zulassungsfähigkeit nicht vor. Zwar stelle das Gebiet der Herzchirurgie nach der Weiterbildungsordnung für den Bereich der Ärztekammer Nordrhein ein eigenständiges Fachgebiet neben dem Gebiet der Chirurgie dar, dies sage jedoch nichts dazu aus, ob Fachärzte für Herzchirurgie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zulassungsfähig seien. Auch das SG gehe davon aus, dass zu dem Gebiet der Herzchirurgie Leistungen gehörten, die für den ambulanten ärztlichen Bereich derzeit noch schwer vorstellbar seien, und nicht alle Leistungen aus dem Fachgebiet der Herzchirurgie ambulant erbracht werden könnten. Der EBM 2000plus enthalte keine speziellen herzchirurgischen Leistungen. Die Folge sei, dass sich die Tätigkeit der Antragsteller nicht wirtschaftlich tragfähig sei. Soweit die operativen Leistungen (Einbau, Wechsel oder Entfernung eines Schrittmachersystems) sehr hoch bewertet würden, beruhe dies auf sehr hohen Praxiskosten. Darüber hinaus bestehe nur in wenigen Fällen die Möglichkeit, ambulante Herzoperationen durchzuführen. Dies könne durch eine Ermächtigung aufgefangen werden. Der von den Antragstellern vorgelegte Katalog der Leistungen, die sie zu erbringen beabsichtigen, erwecke den Eindruck, dass beabsichtigt sei, das gesamte Leistungsspektrum der Chirurgie abzudecken. Das Fachgebiet Chirurgie sei jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners im Bereich der Kreisstelle Wuppertal gesperrt.
Es liege nahe, dass die Antragsteller beabsichtigten, die Zulassungssperre zu umgehen. Zudem sei der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Beschlussbegründung zu einer Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 21.12.2004 davon ausgegangen, dass Fachärzte für Herzchirurgie nicht zu der Arztgruppe der Chirurgen gehören, sie seien nicht in der vertragsärztlichen Versorgung niederlassungsfähig, da Leistungen auf diesem Fachgebiet nicht ambulant erbracht werden könnten. Ferner habe die KBV auf Anfrage mitgeteilt, dass es fraglich erscheine, ob das im EBM 2000plus vorgesehene Leistungsspektrum als ausreichend angesehen werden könne, um einen Facharzt für Herzchirurgie für die vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Weiterhin spreche gegen die Zulassungsfähigkeit der Antragssteller, dass diese die vertragsärztlichen Leistungen nicht an ihrem Vertragsarztsitz erbringen werden. Sie - die Antragsteller - hätten vorgetragen, bereits in 6 Kliniken zu operieren. Fraglich sei, wie die postoperative Nachsorge der Patienten sichergestellt werde. Die Zulassung als Fachärzte für Herzchirurgie werde jedoch für den Vertragsarztsitz D-Straße 00 in X beantragt. Ein Anordnungsgrund liege ebenfalls nicht vor. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 06.07.2005 sei nicht im überwiegenden Interesse der Antragssteller geboten. Es sei das Risiko der Antragssteller, wenn ein Verfahrensbeteiligter Widerspruch einlege oder Klage erhebe. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, ihr jeweiliges Anstellungsverhältnis erst nach Bestandskraft der Zulassung zu kündigen.
Die Beigeladene zu 8) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2005 aufzuheben.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tragen vor: Zutreffend habe das SG ausgeführt, dass nicht alle Leistungen ambulant erbracht werden könnten. Das gelte aber auch für Orthopäden, Neurochirurgen usw. Die beabsichtigte Zulassung sei wirtschaftlich tragfähig. Das Schlüsselverzeichnis zum Bundesarztregister-Datensatz sei rechtlich irrelevant. Die von der Beigeladenen bezogene Äußerung des Gemeinsamen Bundesausschusses führe nicht weiter. Dieses Gremium sei insoweit unzuständig. Die Antragsteller hätten ihren Vertragsarztsitz benannt. Dies schließe nicht aus, dass sie ihre Leistungen auch extern erbringen. Auch chirurgische Fachärzte würden unbeanstandet Konsil- und Belegarzttätigkeiten verrichten. Sie - die Antragsteller - beabsichtigten im Rahmen der integrierten Versorgung tätig zu werden.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet.
1.
Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet nach Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Bei den Entscheidungen nach § 86 b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht im Vordergrund zunächst eine Prüfung der Erfolgsaussichten. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann den Sofortvollzug anordnen wird, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben. Umgekehrt besteht am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Das Gericht wird insbesondere zu berücksichtigen haben, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist (Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - L 10 B 9/03 KA ER -;14.04.2003 - L 10 B 8/03 KA ER -; 07.04.2003 - L 10 B 24/02 KA ER; 26.02.2003 - L 10 B 2/03 KA ER -; 15.01.2003 - L 10 B 22/02 KA ER - in GesR 2003, 115 f.; Düring in Berliner Kommentare, SGG, 2. Auflage, § 86 b Rnd. 6).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich:
Die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 Nr. 1 SGG sind erfüllt, soweit es um die Zulassung der Antragsteller als Fachärzte für Herzchirurgie geht und diese ihre zukünftige vertragsärztliche Tätigkeit in den von ihnen angemieteten Praxisräumen auszuüben beabsichtigen. Insoweit sind die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eher gering. Etwas anderes gilt hinsichtlich des Vorhabens der Antragsteller, auf der Grundlage einer vertraglichen Kooperation mit verschiedenen Krankenhäusern in deren Räumen ambulante Operationen durchführen. Das ist nach derzeitige Rechtslage unzulässig.
Die Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung erfolgt nach Maßgabe des § 95 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Antragsteller sind zuzulassen, wenn sie in das von der Beigeladenen zu 8) geführte Arztregister eingetragen sind (§ 95 Abs. 2 Satz1 SGB V), keine Zulassungsbeschränkungen bestehen (§ 103 SGB V i.V.m. § 16 b Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV)), sie das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V i.V.m. § 25 Ärzte-ZV) und Hinderungsgründe (§ 98 Abs. 2 Nr. 10 SGB V i.V.m. §§ 20, 21 Ärzte-ZV) einer Zulassung nicht entgegenstehen.
a)
Die Antragsteller (geb. 09.02.1953 bzw. 12.06.1963) haben das 55. Lebensjahr nicht vollendet. Sie sind in das Arztregister eingetragen. Soweit die Beigeladene zu 8) im Arztregister (Stand 10.07.2006) vermerkt hat, die Zulassung der Kläger ende am 07.02.2006, ist dies a) unzutreffend und b) rechtlich unerheblich. Maßgebend für die Frage, ob und inwieweit die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses (BSG vom 23.05.2005 - B 6 KA 81/03 R - sowie Senatsurteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -), mithin der 06.07.2005.
b)
Nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ist für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht geeignet ein Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit eines Vertragsarztes nicht zu vereinbaren ist. Zum Wesen der vertragsärztlichen Tätigkeit rechnet, dass der Vertragsarzt Inhalt und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der seiner Praxis zugeordneten sächlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmen und verantworten kann (BSG vom 15.03.1995 - 6 RKa 23/94 -).
Daran fehlt es hinsichtlich der in den St. Antonius-Kliniken beabsichtigten ambulanten Operationen. Ausweislich des Kooperationsvertrags mit dieser Einrichtung stellt diese der Gemeinschaftspraxis ihre Operationsräume zur Verfügung, ferner wird der Gemeinschaftspraxis die Mitbenutzung allgemeiner Einrichtungen des Krankenhauses, (z.B. Empfang, Parkplätze, Labor, EDV, Telefonanlage , usw. ) ermöglicht ( § 2). Der Senat lässt offen, ob und inwieweit bereits diese Vereinbarungen dem Wesen einer vertragsärztlichen Tätigkeit entgegenstehen. Jedenfalls aber kollidiert § 5 Abs. 3 Ziffer c) des Kooperationsvertrags mit § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV. Danach verpflichtet sich die Gemeinschaftspraxis, jede Konkurrenz im ambulanten Bereich mit den bettenführenden Fachabteilungen der Klinik zu unterlassen. Diese Klausel läuft letztlich darauf hinaus, dass die Antragsteller ambulante Untersuchungen und Operationen soweit und solange nicht durchführen, wie im ambulanten Bereich ein Konkurrenzverhältnis zur Klinik entsteht. Derartige Bindungen sind mit der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht vereinbar. Inhalt, Umfang und Notwendigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung werden allein durch §§, 12, 27 ff. SGB V sowie die dies konkretisierenden Verträge (§§ 82 ff. SGB V) bestimmt.
Hinzu kommt: Nach § 1 des Miet- und Nutzungsvertrags überlässt das Krankenhaus der Gemeinschaftspraxis einen aseptischen Operationsraum nebst erforderlichen Vor- und Nachbereitungsräumen im Petruskrankenhaus, D-Straße 00, in X. Nach § 2 stellt das Krankenhaus der Gemeinschaftspraxis zur Durchführung der Operation diverse dort im Einzelnen gelistete Sachmittel zur Verfügung. Das Entgelt für diese Leistungen ist nach § 8 gesondert zu vereinbaren. Zwar bestimmt § 4 , dass die Gemeinschaftspraxis zum Krankenhaus weder in einem Anstellungsverhältnis noch einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis steht. Indessen ist es mit dem Wesen einer vertragsärztlichen Praxis nicht vereinbar, wenn ein erheblicher Teil der notwendigerweise in Anspruch zu nehmenden sächlichen und personellen Ressourcen von Dritten - entgeltlich - gestellt werden und nicht der Herrschaft des Praxisinhabers unterliegen. Soweit § 4 regelt, dass das vom Krankenhaus gestellte medizinische Personal den Ärzten der Gemeinschaftspraxis gegenüber fachlich weisungsgebunden ist, ändert sich nichts. Der arbeitsrechtliche Status des Personals ist hiervon nicht betroffen. Im Übrigen regelt auch der Miet- und Nutzungsvertrag, dass nicht mit dem Krankenhaus abgestimmte oder in Konkurrenz zum Krankenhaus stehende Tätigkeiten zu unterlassen sind. Derartige Regelungen verstoßen gegen die Pflicht des Vertragsarztes, seine Leistungen allein aufgrund medizinischer Notwendigkeiten unter Berücksichtigung gesetzlicher (§§ 12, 27 ff. SGB V) und vertraglicher Vorgaben (§ §§ 87 ff. SGB V) zu erbringen. Ob und inwieweit all dies unschädlich wäre, wenn die Antragsteller als Belegärzte (§ 121 SGB V) in den St. Antonius-Kliniken hätten tätig werden wollen, mag dahinstehen. Darum geht es hier nicht.
Die Einwände der Antragsteller führen nicht weiter. Richtig ist zwar, dass der Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung ein zwischen ihm und einem Krankenhaus geschlossener Kooperationsvertrag nicht ohne weiteres entgegensteht (BSG vom 15.03.1995 - 6 RKa 23/94 -). Indessen liegt dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde. Die Kläger beabsichtigten, auf dem Gelände einer Klinik eine radiologische und nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis zu führen. Auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages waren die Kliniken verpflichtet, ab Aufnahme des Praxisbetriebs ihr Zentralinstitut und das Institut für Nuklearmedizin aufzugeben. Hinsichtlich der sächlichen Mittel hat sodann die Praxis den Betrieb und die Geräte der Radiologie und Nuklearmedizin der Klinik übernommen. Eine solche Kooperation ist auch zur Überzeugung des Senats mit dem Wesen einer vertragsärztlichen Tätigkeit vereinbar. Die Sachherrschaft obliegt - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - den die Praxis betreibenden Ärzten.
Soweit die Antragsteller beabsichtigen, ambulante Operationen auf "Kooperationsbasis" auch im evangelischen Krankenhaus Bethanien/Dortmund, Herzzentrum Essen, Marienhospital Schwelm, Klinikum Niederberg/Velbert, Bethesda/Krankenhaus Wuppertal, St. Josef Krankenhaus/Wipperfürth durchzuführen, gilt grundsätzlich nichts anders. Hierzu liegen bislang allerdings keine Verträge vor. Sofern entscheidungserheblich, wird deren Inhalt vom SG aufzuklären sein. Dabei wird zu beachten sein, dass der Vertragsarzt - abgesehen von Ausnahmefällen - nach derzeitiger Rechtslage ohnehin gehindert ist, außerhalb des Planungsbereichs, in dem er zugelassen ist, tätig zu werden.
c)
Das Vorhaben der Antragsteller kann auch keinen anderen (zulässigen) Teilnahmeformen zugeordnet werden. Um ein Modellvorhaben nach §§ 63 ff. SGB V geht es ersichtlich nicht. Die Antragsteller meinen zwar im Rahmen der integrierten Versorgung tätig zu werden. Faktisch mag deren Vorhaben dem begrifflich zugeordnet werden können. Dies ist indes nicht maßgebend. Denn rechtlich ist die integrierte Versorgung in §§ 140 a ff. SGB V definiert. Dass die von den Antragstellern avisierten Kooperationen mit diversen Krankenhäusern hierzu nicht rechnet, bedarf keiner Erörterung. Die Kooperation mit namentlich den St. Antonius-Kliniken stellt auch kein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) dar. Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 SGB V liegen nicht vor. Im Übrigen bedarf das MVZ einer Zulassung (§ 1 Abs. 3 Ärzte- ZV), die hier weder beantragt noch streitgegenständlich ist.
d)
Ob und inwieweit § 36 Abs. 2 Satz 2 Krankenhausgesetz NRW dem Vorhaben der Antragsteller entgegensteht, kann offen bleiben. Hiernach dürfen Ärzte, die weder belegärztlich noch hauptamtlich im Krankenhaus tätig sind, dort nur ergänzende Untersuchungen und Behandlungen durchführen. Soweit der Regelungsgehalt dieser Vorschrift nur auf die stationäre Behandlungen bezogen wird, wäre dies unschädlich. Die Antragsteller wollen ambulant tätig werden. Der Senat braucht dem nicht nachzugehen, denn insoweit liegt - wie dargestellt - ohnehin ein Hinderungsgrund nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV vor.
e)
Als weiterer Hinderungsgrund ist § 21 Ärzte-ZV zu prüfen. Hiernach ist ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in seiner Person liegenden schwerwiegenden Mängel für die Ausübung der vertragärztlichen Tätigkeit ungeeignet, insbesondere, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. Im hier interessierenden Zusammenhang ist die Vorschrift wie folgt zu präzisieren: Die Eignung als Vertragsarzt liegt in der Regel dann nicht vor, wenn wegen einer gröblichen Pflichtenverletzung (hier: unsachliche und überzogene Angriffe gegen das Vertragsarztsystem) das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen so schwer gestört ist, dass diesen eine (weitere) Zusammenarbeit mit dem (Vertrags-)Arzt nicht zugemutet werden kann (vgl. ua BSG vom 30.03.1977 - 6 RKa 4/76 = SozR 2200 § 368a Nr 3) und im Fall einer Zulassung die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Systems gefährdet wäre (vgl BSG vom 08.07.1981 - 6 RKa 17/80 = USK 81172 und BSG vom 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 = SozR 2200 § 368n Nr 12: LSG NRW vom 26.06.1996 - L 11 Ka 155/94 -).
Der Antragsteller zu 1) hat zwar im Erörterungstermin vom 12.04.2006 mit deutlich und teilweise überzogenen Formulierungen seinen Unmut über das Verhalten der Beigeladenen zu 8) zum Ausdruck gebracht. Dem lag zugrunde, dass er und der Antragsteller zu 2) berufliche Dispositionen in der Erwartung getroffen haben, zügig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden. Letzteres war und ist nicht der Fall. Die Antragsteller haben offensichtlich die rechtliche Tragweite ihres Antrags sowie die präjudizierende Wirkung einer etwaigen Zulassung verkannt. Dennoch hat der Antragsteller zu 1) im Erörterungstermin vom 12.04.2006 letztlich den Eindruck vermittelt, sich im Falle einer Zulassung als Leistungserbringer in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einzuordnen.
Der Senat hat ferner erwogen, ob der Inhalt des von den Antragstellern an den Petitionsausschuss des Landtags gerichteten Schreibens vom 08.08.005 einen Hinderungsgrund im Sinn des § 21 Ärzte-ZV darstellt. Davon hat sich der Senat letztlich nicht überzeugen können. Zwar greifen die Antragsteller die Beigeladene zu 8) hierin mit unsachlich-überschießenden Formulierungen an (z.B. "undurchsichtig verzögertes Zulassungsverfahren", "Verhinderungsstrategie und Rechtsbeugung der KV"; " Missbrauch des bestehenden Rechtssystems"; distanzloser Budgetneid"). Der Senat führt diese Ausfälle indessen (noch) darauf zurück, dass die Antragsteller infolge ihrer Dispositionen (Anmietung und Einrichtung der Praxis, geplante Eröffnungsfeier) sowie der familiären Belastung in eine prekäre und möglicherweise von ihnen nicht mehr beherrschbare Situation geraten sind. Das rechtfertigt derartig polemische Formulierungen naturgemäß nicht, deutet andererseits aber darauf hin, dass sie aus einer singulären Situation entstanden sind, mithin das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen nicht von vornherein so schwer gestört ist, dass ihnen eine Zusammenarbeit mit den Antragstellern nicht zugemutet werden könnte. Der Senat geht insoweit - wiederum zugunsten der Antragsteller - davon aus, dass sie auch im Zeitpunkt dieses Schreibens die rechtliche Tragweite ihres Antrags und einer etwaigen Zulassung nicht überblickt haben. Im Übrigen haben sich die beigeladenen Krankenkassenverbände hierzu bislang nicht geäußert und namentlich nicht erklärt, eine Zusammenarbeit mit den Antragstellern sei ihnen unzumutbar. Vorsorglich weist der Senat die Antragsteller darauf hin, dass im Wiederholungsfall vergleichbare unsachlich-polemischen Angriffe gegen die KV/Krankenkassen Disziplinarmaßnahmen, ggf. auch den Zulassungsentzug rechtfertigen können.
f)
Nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV erfolgt die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt. Damit ist Praxisanschrift des Vertragsarztes gemeint (BSG vom 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R -). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, grundsätzlich an seinem Vertragsarztsitz seine Sprechstunden abzuhalten (§ 24 Abs. 2 Ärzte-ZV). Hieraus folgt, dass der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit - von Ausnahmen abgesehen - unter seiner Praxisanschrift in seinen Praxisräumen erbringen muss. Das ist nicht der Fall, soweit die Antragsteller beabsichtigen, ambulante Leistungen auf "Kooperationsbasis" in den Kliniken St. Antonius/Wuppertal sowie anderen Kliniken zu erbringen. Der Senat hat erwogen, die vom SG angeordnete sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners aufzuheben, weil das vertragsärztliche System eine derartige "Reisetätigkeit" grundsätzlich nicht vorsieht. Angesichts der Bedeutung des Art. 12 Grundgesetz (GG) und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Dauer des Hauptsacheverfahrens hat der Senat hiervon abgesehen. Als Minus im Vergleich zur Beseitigung des Sofortvollzugs hat der Senat statt dessen von der in § 86 b Abs. 1 Satz 3 SGG vorgesehenen Möglichkeit, die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit einer Auflage zu versehen, Gebrauch gemacht. Dies war umso mehr angezeigt, als die Antragsteller nachgängig erklärt haben, "Schwerpunkt, Hauptdreh- und Angelpunkt" ihrer Tätigkeit solle die Praxis in der Carnaper Straße sein (Schriftsatz vom 03.05.2006). Dem wird ggf. im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein.
g)
Zulassungsbeschränkungen bestehen nicht. Der Planungsbereich Wuppertal ist zwar für das Fachgebiet Chirurgie gesperrt. Die Antragsteller begehren indes keine Zulassung als Fachärzte für Chirurgie sondern eine solche als Fachärzte für Herzchirurgie. Dabei handelt es sich um ein Aliud. Das belegt der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.07.2005 (D.Ärztebl. 2005, A 2891). Hierdurch ist Nummer 7 Satz 2 sechster Spiegelstrich von Abschnitt 3 der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte dahin gefasst worden, dass u.a. die Fachärzte für Herzchirurgie nicht zur Arztgruppe der Chirurgen gehören und damit keiner Bedarfsplanung unterliegen.
2.
Der Einwand der Beigeladenen zu 8), Fachärzte für Herzchirurgie seien nicht zulassungsfähig, trägt nicht.
a)
Soweit die Beigeladene zu 8) sich auf die Beschlussbegründung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.07.2005 bezieht, heißt es darin zwar: " Der Ausschuss hatte zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt, dass Herzchirurgen nicht in der vertragsärztlichen Versorgung niederlassungsfähig sind, da Leistungen aus diesem Fachgebiet nicht erbracht werden können." Hieraus kann die Beigeladene zu 8) indes nichts für ihre Auffassung herleiten.
Die Zuständigkeiten des Gemeinsamen Bundesausschusses folgen aus § 92 SGB V. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht. Das hat der Bundesausschusses im Übrigen - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht entschieden. Die Beschlussbegründung erläutert vielmehr, aus welchen Erwägungen heraus der Bundesausschuss entschieden hat, dass die Fachärzte für Herzchirurgie nicht zur Arztgruppe der Chirurgen gehören. Es geht insoweit allein um die Bedarfsplanung. Hierfür allerdings ist der Gemeinsamen Bundesausschuss zuständig (§ 92 Abs. 1 Nr. 9 SGB V). Allein in diesem Zusammenhang ist die zitierte Begründung zu verstehen. Damit ist nur vorgegeben, dass die Fachärzte für Herzchirurgie keiner Bedarfsplanung unterliegen, weil sie nicht der Arztgruppe der Chirurgen zurechnen. Aus dem von der Beigeladenen zu 8) vorgelegten Schreiben des Bundesausschusses vom 30.01.2006 folgt nicht anderes.
Darin wird lediglich die Auffassung des zuständigen Unterausschusses referiert, dass u.a. Herzchirurgen mangels relevanter ambulanter Tätigkeit nicht als Mitglieder der Arztgruppe der Chirurgen tätig werden könnten. Die Äußerungen beziehen sich allenfalls auf die Bedarfsplanung, eine darüber hinausgehende rechtliche Wirkung entfalten sie nicht.
Maßgebend ist vielmehr, dass die Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärzte vom 01.10.2005 (WBO) unter 6.3 ausdrücklich das Fachgebiet der Herzchirurgie als eigenständiges und vom Hauptgebiet der Chirurgie zu trennendes Gebiet definiert. Weiterbildungsziele, Weiterbildungszeit sowie Weiterbildungsinhalt (einschließlich der definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren) sind beschrieben. Damit legt die WBO den Inhalt dieses Fachgebiets in Abgrenzung zu anderen Fachgebieten wie auch der allgemeinen Chirurgie (Ziffer 6.1 WBO) fest. Zuzugeben ist der Beigeladenen zu 8), worauf auch schon das SG hingewiesen hat, dass die definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren durchaus Leistungen beschreiben, die derzeit ambulant schwerlich erbracht werden können. Gleichermaßen werden jedoch Leistungen aufgeführt, die auch nach heutigem Stand ambulant erbringbar sind. Dies geht einher mit den Regelungen des EBM 2000plus. Nach der Präambel 7.1 des EBM 2000plus können die im Kapitel 7 aufgeführten Leistungen nur - ausschließlich - von den unter 7.1.1 genannten Arztgruppen berechnet werden. Die Arztgruppe der Fachärzte für Herzchirurgie ist hierin ausdrücklich benannt. Hinzu kommt, dass der EBM 2000plus unter den Ziffern 31211 bis 31218 mit Herzschrittmacher- und Defibrillatoroperationen Leistungen beschreibt, die nur von Fachärzten für Herzchirurgie ausgeführt werden können.
b)
Soweit die Beigeladene zu 8) dem entgegenhält, eine solchermaßen geführte Vertragsarztpraxis könne wirtschaftlich nicht betrieben werden, führt das nicht weiter. Zutreffend hat schon das SG darauf hingewiesen, dass die im EBM 2000plus für den Kernbereich der Herzchirurgie genannten Leistungen überwiegend sehr hoch bewertet sind, zudem Vor- und Nachsorge ambulant durchgeführter Operationen sowie viele kleinere Eingriffe einzubeziehen sind. Im Übrigen geht das Vorbringen des Beigeladenen zu 8) schon deswegen fehl, weil die Antragsteller unwidersprochen vorgetragen haben, dass in anderen KV-Bezirken Fachärzte für Herzchirurgie zugelassen worden sind. In diesem Zusammenhang hätte die Beigeladene zu 8) deutlich machen müssen, dass auch diese Praxen nicht wirtschaftlich geführt werden. Hierzu ist nichts dargetan.
c)
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beigeladenen zu 8), die Zulassung der Antragsteller unterlaufe die Bedarfsplanung. Dem ist schon deswegen nicht zu folgen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss festgelegt hat, dass die Gruppe der Fachärzte für Herzchirurgie von jener der Fachärzte für Chirurgie zu trennen ist, und erstere keiner Bedarfsplanung unterworfen hat.
d)
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von den Klägern (zulässig) erbringbaren Leistungen nicht von den Leistungen der Fachärzte für Chirurgie abgegrenzt werden könnten. Der Katalog zulässiger Leistungen wird - wie hier - durch die WBO vorgegeben und im System der gesetzlichen Krankenversicherung durch im EBM enthaltene Leistungsziffern - ganz oder teilweise - für abrechenbar erklärt. Die Antragsteller müssen die solchermaßen bestimmten Grenzen ihres Fachgebiets einhalten. Außerhalb des Fachgebiets liegende Leistungen dürfen sie weder erbringen noch abrechnen. Insoweit gelten die allgemeinen von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze (hierzu u.a. BSG vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - und 12.09.2001 - B 6 KA 89/00 R -; vgl. auch Steinhilper in Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 17 Rdn. 28). Dass diese Grundsätze im Falle der Zulassung von Fachärzten für Herzchirurgie nicht anwendbar sein sollen, erschließt sich dem Senat nicht.
3.
Ein Anordnungsgrund ist dargetan. Zwar haben die Antragsteller das Risiko dafür zu tragen, dass sie trotz fehlender Bestandskraft und in Kenntnis der familiären Unterhaltspflichten das zuvor bestehende Anstellungsverhältnis gekündigt und vertragliche Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Gründung der Praxis eingegangen sind. Dem steht gegenüber, dass sie auf unübersehbare Zeit gehindert sein werden, die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen, da davon auszugehen ist, dass Verfahrensbeteiligte wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit alle Rechtsbehelfe zwecks Durchsetzung ihrer Position nutzen werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber dies mit der Entscheidung, Widersprüchen und Anfechtungsklagen grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, bewusst und billigend in Kauf genommen hat. Über das Rechtsschutzsystem des SGG hinaus ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung dann geboten, wenn eine Verletzung des Gebotes, effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG zu gewähren, zu besorgen ist (Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - L 10 B 9/03 KA ER -; vgl. auch Senatsbeschluß vom 24.11.2004 - L 10 B 14/04 KA - auch BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Diese Voraussetzungen bejaht der Senat. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, jedenfalls soweit die Antragsteller ausschließlich in ihren Praxisräumen unter der Anschrift des Vertragsarztsitzes D-Straße 00, X, tätig werden, überwiegen eindeutig, mithin sind gegenläufige Interessen unterzuordnen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 05.06.2001 - L 5 KA 115/02 ER-B).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved