Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 348/06 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 254/06 KR-ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Erfolgreicher Antrag eines Anbieters von Blutzuckerteststreifen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine Krankenkasse wegen eines Eingriffs in sein Recht auf Teilnahme an einem verzerrungsfreien Wettbewerb (Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG, vgl. Urteile des Bundessozialgerichts vom 25.09.2001, Az. B 3 KR 3/01 R, und des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2006, Az. I ZR 164/03).
2. Eine Krankenkasse ist nicht gehindert, auf Grundlage des § 73 Abs. 8 SGB V (gilt entsprechend für § 127 Abs. 4 Satz 5 SGB V) durch vergleichende Informationen über die Preise für Diabetiker-Teststreifen bei ihren Versicherten und deren Ärzten darauf hinzuwirken, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.
3. Rechtswidrig ist die konkrete Ausgestaltung eines Informationsschreibens, in dem einseitig zu Gunsten eines bestimmten Anbieters auf das Nachfrageverhalten Einfluss genommen wird, ohne dass die den Adressaten mitgeteilten Angaben geeignet wären, die von der Krankenkasse mit dem Anbieter vereinbarten aber nicht bezifferten Preise an Hand eines Vergleichs mit den Angeboten konkurrierender Anbieter auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen und so den Versicherten eine selbstbestimmte Auswahl des Anbieters zu ermöglichen.
4. Das Gericht kann gegenüber der Krankenkasse für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Untersagungsverfügung ein Ordnungsgeld sowie Ordnungshaft - die gegebenenfalls an einem der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen ist - androhen. Dem Gesichtspunkt, dass Behörden aus rechtstaatlichen Gesichtspunkten gehalten sind, einstweiligen Anordnungen von sich aus ohne Vollstreckung nachzukommen, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1992, Az. IX ZR 36/92, m.w.Nw.; entgegen Landessozialgericht Saarbrücken, Beschluss vom 21.06.2006, Az. L 2 B 5/06 ER).
5. Verfahrensfortgang: nachgehend Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht, Az. L 1 B 254/06 KR-ER
2. Eine Krankenkasse ist nicht gehindert, auf Grundlage des § 73 Abs. 8 SGB V (gilt entsprechend für § 127 Abs. 4 Satz 5 SGB V) durch vergleichende Informationen über die Preise für Diabetiker-Teststreifen bei ihren Versicherten und deren Ärzten darauf hinzuwirken, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.
3. Rechtswidrig ist die konkrete Ausgestaltung eines Informationsschreibens, in dem einseitig zu Gunsten eines bestimmten Anbieters auf das Nachfrageverhalten Einfluss genommen wird, ohne dass die den Adressaten mitgeteilten Angaben geeignet wären, die von der Krankenkasse mit dem Anbieter vereinbarten aber nicht bezifferten Preise an Hand eines Vergleichs mit den Angeboten konkurrierender Anbieter auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen und so den Versicherten eine selbstbestimmte Auswahl des Anbieters zu ermöglichen.
4. Das Gericht kann gegenüber der Krankenkasse für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Untersagungsverfügung ein Ordnungsgeld sowie Ordnungshaft - die gegebenenfalls an einem der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen ist - androhen. Dem Gesichtspunkt, dass Behörden aus rechtstaatlichen Gesichtspunkten gehalten sind, einstweiligen Anordnungen von sich aus ohne Vollstreckung nachzukommen, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1992, Az. IX ZR 36/92, m.w.Nw.; entgegen Landessozialgericht Saarbrücken, Beschluss vom 21.06.2006, Az. L 2 B 5/06 ER).
5. Verfahrensfortgang: nachgehend Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht, Az. L 1 B 254/06 KR-ER
I. Der Antragsgegnerin wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Ärzten zu behaupten, sie habe mit dem Sanitätshaus S. GmbH spezielle Vertragspreise vereinbart, aus denen sich im Vergleich zu anderen Bezugsquellen eine Ersparnis von bis 10 Euro für 50 Teststreifen ergibt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten mit der Maßgabe angedroht, dass die Haft an einem vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen ist.
II. Der Antragstellerin wird aufgegeben, innerhalb eine Monats nach Zustellung dieses Beschlusses Klage in der Hauptsache zu erheben.
III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
IV. Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, die von mehreren Standorten im Bundesgebiet aus einen Handel mit Medizintechnik und Diabetikerbedarf betreibt (vgl. Handelregistereintragung beim Amtsgericht Dresden, HRB Nr. ), begehrt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der beklagten Betriebskrankenkasse bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Ärzten in Bezug auf Blutzuckerteststreifen zu behaupten, durch spezielle Vertragspreise, die sie mit der Fa. S. vereinbart hat, ergebe sich im Vergleich zu anderen Bezugsquellen eine Ersparnis von bis 10 Euro für 50 Teststreifen. Sie sieht sich hierdurch in ihrem Recht auf freie Berufsausübung und Gleichbehandlung beeinträchtigt und macht in entsprechender Anwendung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften wegen unrichtiger bzw. irreführender Aussagen im Wettbewerb Unterlassung geltend. Die Preisermittlung der Antragsgegnerin bei Internet-Versandapotheken spiegele nicht die Abrechnungspreise der Krankenkassen wider. Ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache sei ihr wegen der von der Antragsgegnerin ausgelösten erheblichen Unruhe im Markt nicht zumutbar. Eine weitergehende Darstellung der Dringlichkeit sei in Anlehnung an § 12 Abs. 2 UWG entbehrlich.
Die Antragsgegnerin, die zuvor die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hatte, ist dem Antrag entgegen getreten. Wettbewerbsrecht sei nicht anwendbar. Gründe im Sinne des § 86b Abs. 2 SGG seien nicht dargetan. Die Antragsgegnerin werde lediglich auf eine Bitte von Versicherten hin zu Gunsten ihrer Mitglieder tätig. Die Wahlfreiheit der Patienten bleibe unberührt. Zudem sei die beanstandete Behauptung richtig, wie ein Preisvergleich mit Angeboten verschiedener Internet-Versandapotheken belege.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und hat Erfolg.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden. Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Der Antragstellerin steht als Anordnungsanspruch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen die Antragsgegnerin wegen eines Eingriffs in ihr Recht auf Teilnahme an einem von Verzerrungen freien Wettbewerb zur Seite, das seinerseits seine unmittelbare Grundlage in ihrem Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG und ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG findet (vgl. zur Rechtsgrundlage solcher Abwehransprüche die Urteile des Bundessozialgerichts vom 25.09.2001, Az. B 3 KR 3/01 R, und des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2006, Az. I ZR 164/03).
Die Antragstellerin als Anbieterin von Blutzuckerteststreifen und die Antragsgegnerin als Kostenträgerin für die Versorgung ihrer Versicherten mit diesen Erzeugnissen stehen nicht im Wettbewerb miteinander. Durch ihr Verhalten hat die Beklagte jedoch rechtswidrig in den Wettbewerb zwischen der Antragstellerin und der mit jener auf dem Markt der Anbieter von Blutzuckerteststreifen konkurrierenden S. GmbH eingegriffen. Die daraus resultierenden Abwehransprüche der Antragstellerin richten sich deshalb direkt gegen die Beklagte als Störer.
Das Versenden von Informationsschreiben der von der Antragstellerin exemplarisch als Anlage eV 1 vorgelegten Art an Ärzte, die Versicherte der Antragsgegnerin behandeln, stellt einen nicht durch Gesetz oder auf gesetzlicher Grundlage gerechtfertigten Eingriff in die rechtlich geschützte Position der Antragstellerin dar.
Indem den Ärzten gegenüber allein durch die Benennung der S. GmbH der Eindruck erweckt wird, allein dieser Anbieter gebe die empfohlenen Blutzuckerteststreifen zu besonders günstigen Bedingungen ab, wird das Verhalten der Ärzte dahin gehend beeinflusst, dass jene unter Ausnutzung des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient auf die Entscheidung der Patienten über die Auswahl des Anbieters solcher Teststreifen zu Gunsten der S. GmbH einwirken. Hierin liegt eine einseitige Begünstigung dieses Anbieters im Wettbewerb. Der damit verbundene marktsteuernde Effekt zu Gunsten dieses Anbieters ist beabsichtigt; hierin liegt gerade der Sinn des Schreibens. Zwar steuern die Ärzte durch ihr Verordnungsverhalten zunächst nur die Auswahl der Blutzuckermessgeräte und der Blutzuckerteststreifen ohne dem Patienten einen bestimmten Anbieter vorzuschreiben. Aus dem von der Antragsgegnerin eigens mit den Worten "Das entlastet auch ihr Budget" hervorgehobenen Zusammenhang zwischen den Preisen für die verordneten Blutzuckerteststreifen in Abhängigkeit von dem benannten Anbieter und dem individuellen "Budget" des Arztes - als Umschreibung der Kriterien für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Verordnungsverhaltens nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 SGB V - ergibt sich, dass die Empfehlung der Antragsgegnerin darauf gerichtet ist, dass die angeschriebenen Ärzte auf ihre Patienten auch hinsichtlich der Auswahl des Anbieters Einfluss nehmen. Anderenfalls wäre die ausdrückliche Benennung der S. GmbH Anbieter in Bezug auf die dort erzielbaren Einspareffekte und deren Relevanz für die ärztliche Honorarabrechnung überflüssig. Das Schreiben der Beklagten übt damit mittelbar, aber gezielt Einfluss auf das Nachfrageverhalten hinsichtlich der auch von der Antragstellerin vertriebenen Teststreifen aus.
Allerdings ist es den Krankenkassen gesetzlich nicht untersagt, durch Hinweise und Empfehlungen zu preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten in den Wettbewerb der Leistungserbringer nachfragesteuernd einzugreifen. Sie sind vielmehr sogar verpflichtet, durch Aufklärung und Beratung der Leistungserbringer und der Versicherten (§§ 13, 14 SGB I) darauf hinzuwirken, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden (vgl. § 2 Abs. 4, § 4 Abs. 4 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 2, § 73 Abs. 8 SGB V).
Die an die Ärzte ihrer Versicherten gerichteten Schreiben der Antragsgegnerin sind indessen nicht mehr von diesem gesetzlichem Rahmen gedeckt.
Gemäß § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V haben zwar neben den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen auch die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. § 73 Abs. 8 Satz 3 SGB V schreibt hinsichtlich der Informationstätigkeit jedoch ausdrücklich vor, dass in den Informationen und Hinweisen Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben in einer Weise anzugeben sind, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen. Da Blutteststreifen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind, sind diese Maßstäbe auch für Hinweise zur Verordnung von Blutteststreifen zu. Die Maßgaben gelten, wie sich aus dem Zusatz "insbesondere" in § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V ergibt, nicht nur für Informationen und Hinweise auf der Grundlage von Hinweisen nach § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB V, Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 SGB V und Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1 SGB V, sondern auch für sonstige Hinweisschreiben der Krankenkassen. Das Gebot, Hinweise, die für eine wirtschaftliche Patientenversorgung von Bedeutung sind, transparent und nachprüfbar zu gestalten, gilt allgemein für die in das Marktgeschehen eingreifende Informationstätigkeit der Krankenkassen.
Die Schreiben der Antragsgegnerin an die Ärzte ihrer Versicherten verletzen das gesetzliche Transparenzgebot, weil sie entgegen den Anforderungen des § 73 Abs. 8 Satz 3 SGB V dem Adressaten gerade keinen unmittelbaren Vergleich zwischen den verschiedenen Anbietern ermöglichen.
Da gerade das Gebot der Markttransparenz einen gleichberechtigten Wettbewerb zwischen den Anbietern unter Beachtung des Grundrechts auf freie Berufsausübung und Gleichbehandlung durchsetzen soll, indiziert der Verstoß hiergegen die Verletzung der Rechte der Mitbewerber und löst zu deren Gunsten Abwehransprüche gegenüber dem rechtwidrigen Verhalten der Krankenkasse aus. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich bei einer nachträglichen Prüfung im gerichtlichen Verfahren die Behauptung der Krankenkasse empirisch belegen lässt oder nicht. Denn diese Prüfung soll nicht nach weiteren Ermittlungen den Gerichten, sondern vielmehr den Adressaten der von der Krankenkasse verbreiteten Informationen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ermöglicht werden.
Auf die zwischen den Beteiligten des Antragsverfahrens erörterte Frage, inwieweit in diesem Zusammenhang die zu den §§ 3 ff. UWG entwickelte Rechtsprechung entsprechend herangezogen werden kann, kommt es bei dieser Sach- und Rechtslage nicht an. Das Ergebnis deckt sich jedoch mit den grundsätzlichen Wertmaßstäben des Wettbewerbsrechts. So ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass ein Preisvergleich ohne konkreten Bezug auf einen konkreten Mitbewerber wettbewerbwidrig ist, wenn seine Vollständigkeit und Richtigkeit für den Verbraucher nicht nachprüfbar ist und er deshalb dem Leser nur eine scheinbare Objektivität und Marktübersicht vermittelt. Denn bei einem solchen Vergleich, der vom Leser auch mit einigen Mühen nicht nachvollzogen werden kann, besteht die offensichtliche Gefahr des Missbrauchs, insbesondere die Gefahr einer ergebnisorientierten Auswahl der in den Vergleich einzubeziehenden Wettbewerber und Waren (Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.05.1996, Az. I ZR 108/94; Urteil vom 02.05.1996, Az. I ZR 152/94). Diese Kriterien lassen sich auf die Maßstäbe an Hand derer das marktbeeinflussende Verhalten der Krankenkassen nach den Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG zu beurteilen ist, übertragen.
Die Antragstellerin kann sich auch auf einen Anordnungsgrund stützen. Die besondere Dringlichkeit der beantragten Regelungsanordnung ergibt sich hier daraus, dass die Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Gefahr birgt, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden. Denn es ist zu erwarten, dass die Antragsgegnerin weiterhin Ärzte anschreibt, damit diese auf unzureichender Informationsgrundlage auf die Anbieterauswahl durch ihre Patienten Einfluss nehmen. Eine solche mittelbare Beeinflussung des Verhaltens am Markt ist nicht oder nur schwer rückgängig zu machen, so dass ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache deren Ausgang unter Verletzung des in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes faktisch vorwegnehmen würde. Durch das unstreitig wiederholte Versenden vergleichbarer Schreiben und die abschlägige Reaktion der Antragsgegnerin auf das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin, ist die Wiederholungsgefahr ausreichend belegt und rechtfertigt die vorläufige Untersagungsanordnung.
Die Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung sowie die Androhung von Ordnungshaft - Letzteres mit der Maßgabe, dass diese gegebenenfalls an einem der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.1991, Az. I ZR 218/89) - beruht auf § 890 Abs. 1 und 2 und § 928 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG und war auf den Antrag der Antragstellerin ("bei Meidung eines Ordnungsgeldes ...") in die Entscheidungsformel aufzunehmen. Dem Gesichtspunkt, dass Behörden aus rechtstaatlichen Gesichtspunkten gehalten sind, einstweiligen Anordnungen von sich aus ohne Vollstreckung nachzukommen, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1992, Az. IX ZR 36/92). Der Gesetzgeber hat zudem durch die einschränkungslose Aufnahme der Verweisung auf § 928 ZPO und damit auch auf § 890 Abs. 1 und 2 ZPO in § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG zu erkennen gegeben, dass er in Ausnahmefällen auch Behörden gegenüber die Anwendung von Zwangsmitteln für gerechtfertigt erachtet. Von dem Erfordernis, zur Vermeidung der in § 929 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG angeordneten Rechtsfolgen innerhalb der dort geregelten Monatsfrist die Vollziehung der einstweiligen Anordnung zu betreiben, zum Beispiel durch nochmalige Zustellung der einstweiligen Anordnung im Parteibetrieb (vgl. für eine verwaltungsgerichtliche einstweilige Unterlassungsverfügung: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1992, Az. IX ZR 36/92), wird die Antragstellerin durch die Androhung der Ordnungsmittel zudem nicht enthoben. Es bleibt also der Antragstellerin überlassen, ob sie von dem Unterlassungstitel (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG) gegenüber der Antragsgegnerin innerhalb der Frist Gebrauch macht oder ob sie sich auf die Beachtung der Rechtslage durch die Antragsgegnerin verlässt.
Die Anordnung der Klageerhebung beruht auf § 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG. Wird der Anordnung nicht Folge geleistet, so ist die einstweilige Anordnung unter Ziffer I der Entscheidungsformel auf Antrag durch Beschluss aufzuheben (§ 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG; vgl. Meyer-Ladewig SGG § 86b Rn. 48).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG und resultiert aus dem Erfolg des Antrags auf einstweiligen Rechtschutz.
Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 2 und § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich in Höhe des sog. Auffangstreitwerts (5.000,00 EUR) anzunehmen, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Hiervon ist ein Abschlag in Höhe eines Fünftels (1.000,0 EUR) auf 4.000,00 EUR vorzunehmen, um der Vorläufigkeit der Anordnung Rechnung zu tragen. Ein weitergehender Abschlag ist nicht gerechtfertigt, weil die Untersagungsverfügung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens die Entscheidung in der Hauptsache faktisch vorwegnimmt.
II. Der Antragstellerin wird aufgegeben, innerhalb eine Monats nach Zustellung dieses Beschlusses Klage in der Hauptsache zu erheben.
III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
IV. Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, die von mehreren Standorten im Bundesgebiet aus einen Handel mit Medizintechnik und Diabetikerbedarf betreibt (vgl. Handelregistereintragung beim Amtsgericht Dresden, HRB Nr. ), begehrt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der beklagten Betriebskrankenkasse bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Ärzten in Bezug auf Blutzuckerteststreifen zu behaupten, durch spezielle Vertragspreise, die sie mit der Fa. S. vereinbart hat, ergebe sich im Vergleich zu anderen Bezugsquellen eine Ersparnis von bis 10 Euro für 50 Teststreifen. Sie sieht sich hierdurch in ihrem Recht auf freie Berufsausübung und Gleichbehandlung beeinträchtigt und macht in entsprechender Anwendung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften wegen unrichtiger bzw. irreführender Aussagen im Wettbewerb Unterlassung geltend. Die Preisermittlung der Antragsgegnerin bei Internet-Versandapotheken spiegele nicht die Abrechnungspreise der Krankenkassen wider. Ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache sei ihr wegen der von der Antragsgegnerin ausgelösten erheblichen Unruhe im Markt nicht zumutbar. Eine weitergehende Darstellung der Dringlichkeit sei in Anlehnung an § 12 Abs. 2 UWG entbehrlich.
Die Antragsgegnerin, die zuvor die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hatte, ist dem Antrag entgegen getreten. Wettbewerbsrecht sei nicht anwendbar. Gründe im Sinne des § 86b Abs. 2 SGG seien nicht dargetan. Die Antragsgegnerin werde lediglich auf eine Bitte von Versicherten hin zu Gunsten ihrer Mitglieder tätig. Die Wahlfreiheit der Patienten bleibe unberührt. Zudem sei die beanstandete Behauptung richtig, wie ein Preisvergleich mit Angeboten verschiedener Internet-Versandapotheken belege.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und hat Erfolg.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden. Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Der Antragstellerin steht als Anordnungsanspruch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen die Antragsgegnerin wegen eines Eingriffs in ihr Recht auf Teilnahme an einem von Verzerrungen freien Wettbewerb zur Seite, das seinerseits seine unmittelbare Grundlage in ihrem Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG und ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG findet (vgl. zur Rechtsgrundlage solcher Abwehransprüche die Urteile des Bundessozialgerichts vom 25.09.2001, Az. B 3 KR 3/01 R, und des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2006, Az. I ZR 164/03).
Die Antragstellerin als Anbieterin von Blutzuckerteststreifen und die Antragsgegnerin als Kostenträgerin für die Versorgung ihrer Versicherten mit diesen Erzeugnissen stehen nicht im Wettbewerb miteinander. Durch ihr Verhalten hat die Beklagte jedoch rechtswidrig in den Wettbewerb zwischen der Antragstellerin und der mit jener auf dem Markt der Anbieter von Blutzuckerteststreifen konkurrierenden S. GmbH eingegriffen. Die daraus resultierenden Abwehransprüche der Antragstellerin richten sich deshalb direkt gegen die Beklagte als Störer.
Das Versenden von Informationsschreiben der von der Antragstellerin exemplarisch als Anlage eV 1 vorgelegten Art an Ärzte, die Versicherte der Antragsgegnerin behandeln, stellt einen nicht durch Gesetz oder auf gesetzlicher Grundlage gerechtfertigten Eingriff in die rechtlich geschützte Position der Antragstellerin dar.
Indem den Ärzten gegenüber allein durch die Benennung der S. GmbH der Eindruck erweckt wird, allein dieser Anbieter gebe die empfohlenen Blutzuckerteststreifen zu besonders günstigen Bedingungen ab, wird das Verhalten der Ärzte dahin gehend beeinflusst, dass jene unter Ausnutzung des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient auf die Entscheidung der Patienten über die Auswahl des Anbieters solcher Teststreifen zu Gunsten der S. GmbH einwirken. Hierin liegt eine einseitige Begünstigung dieses Anbieters im Wettbewerb. Der damit verbundene marktsteuernde Effekt zu Gunsten dieses Anbieters ist beabsichtigt; hierin liegt gerade der Sinn des Schreibens. Zwar steuern die Ärzte durch ihr Verordnungsverhalten zunächst nur die Auswahl der Blutzuckermessgeräte und der Blutzuckerteststreifen ohne dem Patienten einen bestimmten Anbieter vorzuschreiben. Aus dem von der Antragsgegnerin eigens mit den Worten "Das entlastet auch ihr Budget" hervorgehobenen Zusammenhang zwischen den Preisen für die verordneten Blutzuckerteststreifen in Abhängigkeit von dem benannten Anbieter und dem individuellen "Budget" des Arztes - als Umschreibung der Kriterien für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Verordnungsverhaltens nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 SGB V - ergibt sich, dass die Empfehlung der Antragsgegnerin darauf gerichtet ist, dass die angeschriebenen Ärzte auf ihre Patienten auch hinsichtlich der Auswahl des Anbieters Einfluss nehmen. Anderenfalls wäre die ausdrückliche Benennung der S. GmbH Anbieter in Bezug auf die dort erzielbaren Einspareffekte und deren Relevanz für die ärztliche Honorarabrechnung überflüssig. Das Schreiben der Beklagten übt damit mittelbar, aber gezielt Einfluss auf das Nachfrageverhalten hinsichtlich der auch von der Antragstellerin vertriebenen Teststreifen aus.
Allerdings ist es den Krankenkassen gesetzlich nicht untersagt, durch Hinweise und Empfehlungen zu preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten in den Wettbewerb der Leistungserbringer nachfragesteuernd einzugreifen. Sie sind vielmehr sogar verpflichtet, durch Aufklärung und Beratung der Leistungserbringer und der Versicherten (§§ 13, 14 SGB I) darauf hinzuwirken, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden (vgl. § 2 Abs. 4, § 4 Abs. 4 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 2, § 73 Abs. 8 SGB V).
Die an die Ärzte ihrer Versicherten gerichteten Schreiben der Antragsgegnerin sind indessen nicht mehr von diesem gesetzlichem Rahmen gedeckt.
Gemäß § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V haben zwar neben den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen auch die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. § 73 Abs. 8 Satz 3 SGB V schreibt hinsichtlich der Informationstätigkeit jedoch ausdrücklich vor, dass in den Informationen und Hinweisen Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben in einer Weise anzugeben sind, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen. Da Blutteststreifen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind, sind diese Maßstäbe auch für Hinweise zur Verordnung von Blutteststreifen zu. Die Maßgaben gelten, wie sich aus dem Zusatz "insbesondere" in § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V ergibt, nicht nur für Informationen und Hinweise auf der Grundlage von Hinweisen nach § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB V, Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 SGB V und Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1 SGB V, sondern auch für sonstige Hinweisschreiben der Krankenkassen. Das Gebot, Hinweise, die für eine wirtschaftliche Patientenversorgung von Bedeutung sind, transparent und nachprüfbar zu gestalten, gilt allgemein für die in das Marktgeschehen eingreifende Informationstätigkeit der Krankenkassen.
Die Schreiben der Antragsgegnerin an die Ärzte ihrer Versicherten verletzen das gesetzliche Transparenzgebot, weil sie entgegen den Anforderungen des § 73 Abs. 8 Satz 3 SGB V dem Adressaten gerade keinen unmittelbaren Vergleich zwischen den verschiedenen Anbietern ermöglichen.
Da gerade das Gebot der Markttransparenz einen gleichberechtigten Wettbewerb zwischen den Anbietern unter Beachtung des Grundrechts auf freie Berufsausübung und Gleichbehandlung durchsetzen soll, indiziert der Verstoß hiergegen die Verletzung der Rechte der Mitbewerber und löst zu deren Gunsten Abwehransprüche gegenüber dem rechtwidrigen Verhalten der Krankenkasse aus. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich bei einer nachträglichen Prüfung im gerichtlichen Verfahren die Behauptung der Krankenkasse empirisch belegen lässt oder nicht. Denn diese Prüfung soll nicht nach weiteren Ermittlungen den Gerichten, sondern vielmehr den Adressaten der von der Krankenkasse verbreiteten Informationen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ermöglicht werden.
Auf die zwischen den Beteiligten des Antragsverfahrens erörterte Frage, inwieweit in diesem Zusammenhang die zu den §§ 3 ff. UWG entwickelte Rechtsprechung entsprechend herangezogen werden kann, kommt es bei dieser Sach- und Rechtslage nicht an. Das Ergebnis deckt sich jedoch mit den grundsätzlichen Wertmaßstäben des Wettbewerbsrechts. So ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass ein Preisvergleich ohne konkreten Bezug auf einen konkreten Mitbewerber wettbewerbwidrig ist, wenn seine Vollständigkeit und Richtigkeit für den Verbraucher nicht nachprüfbar ist und er deshalb dem Leser nur eine scheinbare Objektivität und Marktübersicht vermittelt. Denn bei einem solchen Vergleich, der vom Leser auch mit einigen Mühen nicht nachvollzogen werden kann, besteht die offensichtliche Gefahr des Missbrauchs, insbesondere die Gefahr einer ergebnisorientierten Auswahl der in den Vergleich einzubeziehenden Wettbewerber und Waren (Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.05.1996, Az. I ZR 108/94; Urteil vom 02.05.1996, Az. I ZR 152/94). Diese Kriterien lassen sich auf die Maßstäbe an Hand derer das marktbeeinflussende Verhalten der Krankenkassen nach den Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG zu beurteilen ist, übertragen.
Die Antragstellerin kann sich auch auf einen Anordnungsgrund stützen. Die besondere Dringlichkeit der beantragten Regelungsanordnung ergibt sich hier daraus, dass die Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Gefahr birgt, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden. Denn es ist zu erwarten, dass die Antragsgegnerin weiterhin Ärzte anschreibt, damit diese auf unzureichender Informationsgrundlage auf die Anbieterauswahl durch ihre Patienten Einfluss nehmen. Eine solche mittelbare Beeinflussung des Verhaltens am Markt ist nicht oder nur schwer rückgängig zu machen, so dass ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache deren Ausgang unter Verletzung des in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes faktisch vorwegnehmen würde. Durch das unstreitig wiederholte Versenden vergleichbarer Schreiben und die abschlägige Reaktion der Antragsgegnerin auf das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin, ist die Wiederholungsgefahr ausreichend belegt und rechtfertigt die vorläufige Untersagungsanordnung.
Die Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung sowie die Androhung von Ordnungshaft - Letzteres mit der Maßgabe, dass diese gegebenenfalls an einem der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.1991, Az. I ZR 218/89) - beruht auf § 890 Abs. 1 und 2 und § 928 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG und war auf den Antrag der Antragstellerin ("bei Meidung eines Ordnungsgeldes ...") in die Entscheidungsformel aufzunehmen. Dem Gesichtspunkt, dass Behörden aus rechtstaatlichen Gesichtspunkten gehalten sind, einstweiligen Anordnungen von sich aus ohne Vollstreckung nachzukommen, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1992, Az. IX ZR 36/92). Der Gesetzgeber hat zudem durch die einschränkungslose Aufnahme der Verweisung auf § 928 ZPO und damit auch auf § 890 Abs. 1 und 2 ZPO in § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG zu erkennen gegeben, dass er in Ausnahmefällen auch Behörden gegenüber die Anwendung von Zwangsmitteln für gerechtfertigt erachtet. Von dem Erfordernis, zur Vermeidung der in § 929 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG angeordneten Rechtsfolgen innerhalb der dort geregelten Monatsfrist die Vollziehung der einstweiligen Anordnung zu betreiben, zum Beispiel durch nochmalige Zustellung der einstweiligen Anordnung im Parteibetrieb (vgl. für eine verwaltungsgerichtliche einstweilige Unterlassungsverfügung: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1992, Az. IX ZR 36/92), wird die Antragstellerin durch die Androhung der Ordnungsmittel zudem nicht enthoben. Es bleibt also der Antragstellerin überlassen, ob sie von dem Unterlassungstitel (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG) gegenüber der Antragsgegnerin innerhalb der Frist Gebrauch macht oder ob sie sich auf die Beachtung der Rechtslage durch die Antragsgegnerin verlässt.
Die Anordnung der Klageerhebung beruht auf § 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG. Wird der Anordnung nicht Folge geleistet, so ist die einstweilige Anordnung unter Ziffer I der Entscheidungsformel auf Antrag durch Beschluss aufzuheben (§ 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG; vgl. Meyer-Ladewig SGG § 86b Rn. 48).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG und resultiert aus dem Erfolg des Antrags auf einstweiligen Rechtschutz.
Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 2 und § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich in Höhe des sog. Auffangstreitwerts (5.000,00 EUR) anzunehmen, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Hiervon ist ein Abschlag in Höhe eines Fünftels (1.000,0 EUR) auf 4.000,00 EUR vorzunehmen, um der Vorläufigkeit der Anordnung Rechnung zu tragen. Ein weitergehender Abschlag ist nicht gerechtfertigt, weil die Untersagungsverfügung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens die Entscheidung in der Hauptsache faktisch vorwegnimmt.
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