Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 V 30/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 V 4/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Tenor im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 wird insoweit berichtigt, als es "558,31 EUR" anstelle von "558,51 EUR" heißen muss. Im Übrigen werden die Berufungen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu ½, die Beigeladene und der Kläger jeweils zu ¼ zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 790 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rückerstattung von überzahlten Versorgungsbezügen.
Der Kläger gewährte MW Hinterbliebenenversorgung nach ihrem im Jahre 1942 bei E A gefallenen Ehemann. Am 1998 verstarb die Versorgte. Da der Kläger hiervon erst im November1998 erfuhr, überwies er weiterhin die monatlichen Versorgungsleistungen für Juni 1998 in Höhe von 577 DM und für Juli bis Oktober 1998 in Höhe von jeweils 581 DM, also insgesamt 2.901 DM, auf das Konto der Versorgten bei der Beigeladenen. Bis zur Auflösung des Kontos am 30. Oktober 1998, das zuletzt einen Sollstand von 2.218,16 DM aufwies, wurden auf dem Konto verschiedene Ein- und Auszahlungen vorgenommen, u.a. wurde der monatliche Mietzins in Höhe von jeweils 398,30 DM per Dauerauftrag an die Beklagte überwiesen.
Im Zeitpunkt der Gutschriften der Versorgungsbezüge betrug der Kontostand:
Datum Gutschrift Kontostand: 28.05.1998 577,00 DM -32,20 DM 29.06.1998 581,00 DM 15,78 DM 30.07.1998 581,00 DM -2.435,71 DM 27.08.1998 581,00 DM -2.847,02 DM 29.09.1998 581,00 DM -2.672,01 DM
Mit Bescheid vom 29. Januar 1999, der mehrfach geändert wurde, machte der Kläger bei der Erbin der Versorgten eine Forderung in Höhe von 2.901 DM geltend. Die Beitreibung blieb ohne Erfolg.
Bereits mit Schreiben vom 4. Dezember 1998 hatte der Kläger die Rücküberweisung der Versorgungsbeträge in Höhe von 2.901 DM von der Beigeladenen verlangt. In der Folgezeit zahlte diese dem Kläger insgesamt einen Betrag von 1.293 DM zurück. Ferner wurde ihm von der B der Betrag von 63,20 DM erstattet.
Nachdem der Kläger im August 2000 die Beklagte vergeblich zur Zahlung von 398,30 DM aufgefordert hatte, hat er sie am 1. Februar 2002 vor dem Sozialgericht Berlin auf Zahlung dieses Betrages verklagt. Als er Kenntnis von den vollständigen Kontounterlagen erlangt hat, hat er von der Beklagten Zahlung in Höhe von 789,84 EUR begehrt. Zum Verfahren ist die D P beigeladen worden.
Mit Urteil vom 26. Januar 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, an den Kläger "558,51 EUR" zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Hinsichtlich der überzahlten Versorgungsleistungen für Juni bis Oktober 1998 in Höhe von 2.901 DM ergebe sich aus § 118 Abs. 4 SGB, Sechstes Buch (SGB VI) in Verbindung mit § 66 Abs. 2 Satz 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ein Erstattungsanspruch des Klägers. Der Beklagten seien insgesamt 1.593,20 DM (814,59 EUR) zugeflossen. Nach Rückzahlungen an den Kläger seitens der Beigeladenen und der Bin Höhe von 1.293 DM bzw. 63,20 DM betrage die noch offene Forderung des Klägers 789,84 EUR (2.901 DM – [1.293 DM + 63,20 DM] = 1.544,80 DM). Allerdings bestehe nach § 118 Abs. 3 SGB VI ein vorrangiger Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beigeladene in Höhe von weiteren 450 DM sowie (für Bankspesen) in Höhe von 2,84 DM, weshalb dessen Forderung gegenüber der Beklagten auf 1.091,96 DM (558,31 EUR) zu reduzieren sei. Denn insoweit könne die Beigeladene sich nicht auf den Entreicherungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen, da sie – wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 4. August 1998 (B 4 RA 72/97 R, BSGE 82, 239 = SozR 2600 § 118 Nr. 3) entschieden habe – mit der Gutschrift auf das im Soll stehende Konto eigene Forderungen gegenüber der Kontoinhaberin durch Verrechnung befriedigt habe.
Die Beteiligten haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Die Beklagte bringt vor: Sie zähle nicht zu dem Kreis der in die Rückabwicklung der Rentenüberzahlung nach § 118 Abs. 4 SGB VI einbezogenen Personen, weil sie weder die Rente im Empfang genommen noch über den entsprechenden Betrag verfügt habe. Denn mit der Gutschrift des Rentenbetrags auf dem Konto der Versorgten habe die überwiesene Rente ihren Charakter als soziale Geldleistung verloren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 zu verurteilen, an den Kläger 789,84 EUR zu zahlen.
Der Kläger schließt sich dem Berufungsantrag der Beigeladenen an beantragt ferner,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 zurückzuweisen.
Die Beigeladene ist insbesondere der Auffassung, dass die Versorgungsleistungen auch nicht teilweise vorrangig von ihr zu erstatten seien. Denn über die entsprechenden Rentenbeiträge sei in dem Umfang, in dem Rückerstattung noch begehrt werde, bei Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig verfügt worden. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts, das sich auf Entscheidungen des 4. Senats des Bundessozialgerichts stütze, sei sie nicht deshalb zu einer weitergehenden Rückerstattung an den Kläger verpflichtet, weil sich das Konto der Versorgten im Minus befunden habe. Vielmehr sei dem 9. Senat des Bundessozialgerichts im Urteil vom 9. Dezember 1998 (B 9 V 48/97 R, BSGE 83, 176 = SozR 2600 § 118 Nr. 4) zu folgen, der es abgelehnt habe, den Rückerstattungsanspruch davon abhängig zu machen, ob das Konto bei Eingang der Rentenleistung einen (höheren) Sollstand aufweise oder nicht. Dieser Auffassung sei der Vorzug zu geben, weil die Auslegung des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI durch das Sozialgericht sowohl Art. 12 als auch Art. 3 Grundgesetz (GG) verletzen würde. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass der Erstattungsanspruch eines betroffenen Geldinstituts allein vom Zufall abhänge, ob vor Ein-bang der Rentenzahlung das Konto ausgeglichen sei oder ob es sich im Sollstand befinde bzw. der Kunde einen eingeräumten Dispositionskredit in Anspruch genommen habe. Die Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts im Urteil vom 20. Dezember 2001 (B 4 RA 126/00 R, SozR 2600 § 118 Nr. 8), bei dem Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG, der mit den Regelungen in § 118 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 4 SGB VI verbunden sei, werde die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt, verkenne, dass die hiermit verbundenen Belastungen für die Geldinstitute sich keineswegs in einem überaus überschaubaren, geringfügigen Rahmen hielten. Deshalb dürfe die aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI folgende Erstattungspflicht allein davon abhängig gemacht werden, ob in dem Zeitraum zwischen dem Eingang der Rentenleistung und dem Eingang des Rückforderungsverlangens über einen der Rentenleistung entsprechenden Betrag anderweitig verfügt worden sei, wobei die bloße (und zwingende) Einbuchung der Rentenleistung keine Verwendung des überwiesenen Betrags durch das Geldinstitut darstelle. Im Übrigen differenziere die gesetzliche Regelung weder danach, ob das Konto bei Eingang der Rentenzahlung einen Sollstand oder ein Guthaben aufweise, noch danach, ob die "anderweitigen Verfügungen" gerade dem Rentenbetrag entnommen worden seien. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass, wenn man die bloße Einbuchung der Rentenleistung auf dem Konto als Verrechnung mit eigenen Forderungen des Geldinstituts ansehe wolle, dies deren Unwirksamkeit zur Folge habe, weshalb es für die Berechnung der Erstattungsforderung nur auf die der Rentenzahlung folgenden Verfügungen ankommen dürfe.
Der Kläger hält daran fest, dass ihm gegen die Beklagte ein Erstattungsanspruch in voller Höhe zusteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die Prozessakte des Sozialgerichts Berlin – S 43 V 30/02 – sowie die die Versorgte betreffende Verwaltungsakte des Klägers haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
In entsprechender Anwendung des § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang von Amts wegen zu berichtigen. Dies ist durch auch dem Rechtsmittelgericht im Rahmen seiner Entscheidung über die Berufung möglich (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 14. Februar 1978, 7/12 RAr 73/76, BSGE 46, 34 = SozR 1500 § 138 Nr. 3, mit weiteren Nachweisen). Wie sich aus den Gründen des sozialgerichtlichen Urteils zweifelsfrei ergibt, handelt es sich um einen Schreibfehler, wenn im sozialgerichtlichen Urteil die Höhe der Zahlungsverpflichtung mit "558,51 EUR" angegeben wird. Gemeint ist vielmehr der einem Anspruch in Höhe von 1.091,96 DM entsprechende Betrag von "558,31 EUR".
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Sozialgericht Berlin hat sie zu Recht zur Zahlung von 558,31 EUR an den Kläger verurteilt.
Für die gegen sie gerichtete allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) fehlt dem Kläger nicht deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis, weil er sich durch Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes auf einfacherem Wege selbst einen vollstreckbaren Zahlungstitel verschaffen könnte. Denn Rechtsgrundlage für den besonderen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Klägerin bildet § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in der bis zum 30. Juni 2000 geltenden Fassung vom 15. Dezember 1995, der keine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsaktes enthält (vgl. BSG, Urteile vom 29. Juli 1998, B 9 V 5/98 R, SozR 2600 § 118 Nr. 2, und vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9). Die Regelung in § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI n.F., wonach der Träger der Rentenversicherung Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen hat, wurde erst durch das am 29. Juni 2002 in Kraft getretene Änderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl I, 2167) eingefügt.
Der von der Klägerin gegen die Beklagte erhobene Rückforderungsanspruch in Höhe von 558,31 EUR beurteilt sich nach § 118 Abs. 4 SGB VI in der Fassung vom 15. Dezember 1995 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 Satz 4 BVG. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, diejenigen Personen, welche die Geldleistung in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, so dass dieser nicht nach Abs. 3 von dem Geldinstitut zurück überwiesen wird, dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung verpflichtet.
Für die Zeit nach dem Tod der Versorgten am 1998 leistete der Kläger die Versorgungsbeträge zu Unrecht. Die Beklagte gehört als Begünstigte des Dauerauftrags zwar nicht zu dem von § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VI erfassten Personenkreis der "Verfügenden", sondern zu dem dort gleichrangig heranzuziehenden Personenkreis der "Empfänger" von Geldleistungen (§ 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Rückforderungsanspruch des Klägers gegen sie nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie keine "soziale Geldleistung" vom Versicherungsträger entgegengenommen hätte. Aus dem Regelungszusammenhang von § 118 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI ergibt sich gerade, dass der Kreis der Empfänger im Sinne der ersten Alternative des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI auch denjenigen umfasst, der – wie hier – auf Grund einer Verfügung des Erblassers, wie sie hier durch den Dauerauftrag vorlag und über dessen Tod hinaus rechtswirksam war, eine auf dem Konto gutgeschriebene Leistung erhält (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 11; siehe auch die Urteile vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9, und vom 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 10, die jeweils Fälle der Zahlung per Dauerauftrag zum Gegenstand hatten).
Die Berufung der Beigeladenen, der sich der Kläger angeschlossen hat (§ 202 SGG in Verbindung mit § 524 ZPO), ist statthaft. Zwar übersteigt der Beschwerdegegenstand, der hier durch die Differenz zwischen der dem Kläger im Urteil zugesprochenen Erstattung von 558,31 EUR und dem begehrten Betrag von 789,84 EUR gebildet wird, nicht 500 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), jedoch hat das Sozialgericht die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen. Hieran ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).
Die Berufung ist unbegründet, da das Sozialgericht Berlin im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden hat, dass die auf Erstattung von 789,84 EUR gerichtete Klage der Klägerin hinsichtlich des den Betrag von 558,31 EUR übersteigenden Teiles (also hinsichtlich des Betrages von 231,53 EUR) keinen Erfolg hat.
Denn insoweit scheitert vorliegend die Leistungsklage gegen die Beklagte wegen des Vorrangs des Rücküberweisungsanspruchs nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI gegen die Beigeladene am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis, das der Zulässigkeit der Klage (so BSG, Urteil vom 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 10, mit weiteren Nachweisen; offen gelassen von: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 11) entgegensteht. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass kein vorrangiger Erstattungsanspruch gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI besteht.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Zahlungsklage gegen den Zahlungsempfänger im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI besteht nur dann, wenn die vorrangige Zahlungsklage gegen das Geldinstitut abgewiesen worden ist oder wenn der Rentenversicherungsträger schlüssig dargelegt hat, dass das Geldinstitut ihm gegenüber die Voraussetzungen des anspruchsvernichtenden Einwands nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI schlüssig dargelegt hat (vgl. BSG, Urteile vom 4. August 1998, B 4 RA 72/97 R, BSGE 82, 239 = SozR 2600 § 118 Nr. 3, vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9, vom 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 10, vom 8. Juni 2004, B 4 RA 42/03 R, Juris Nr. KSRE076871515, vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9, vom 14. November 2002, B 13 RJ 7/02 R, Juris Nr. KSRE033791508, und vom 7. Oktober 2004, B 13 RJ 2/04 R, Juris Nr. KSRE037041508). Denn ein Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI gegen den Zahlungsempfänger kommt überhaupt erst dann in Betracht, wenn das Geldinstitut begründet den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung dem Rentenversicherungsträger entgegenhalten kann (§ 118 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VI).
Vorliegend ist der Kläger hinsichtlich des Betrages von 231,53 EUR auf den vorrangigen Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI zu verweisen, da diese sich insoweit nicht erfolgreich auf ihre Entreicherung berufen kann.
Eine Verpflichtung des Geldinstituts zur Rücküberweisung besteht nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Hierbei darf das Geldinstitut, wie § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ergänzend regelt, den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.
Nach der Rechtsprechung des 4., 5. und 13. Senats des Bundessozialgerichts (vgl. Urteile vom 4. August 1998, B 4 RA 72/97 R, 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, 8. Juni 2004, B 4 RA 42/03 R, 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, 14. November 2002, B 13 RJ 7/02 R, und 7. Oktober 2004, B 13 RJ 2/04 R, jeweils a.a.O.), der sich der erkennende Senat anschließt, hat das Geldinstitut den Betrag der Geldleistung zurückzuerstatten, soweit die Übertragung des Werts der Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt ist und das Vermögen des Inhabers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert werden.
Die auf der Grundlage des § 118 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung ergangene Entscheidung des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 1998 (B 9 V 48/97 R), wonach der Entreicherungseinwand nicht dadurch abgeschnitten ist, dass die zu Unrecht überwiesene Geldleistung einem durchgehend im Soll befindlichen Konto gutgeschrieben wird, kann nicht auf die hier maßgebliche ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung des § 118 SGB VI übertragen werden, die sich, wie das Hinzutreten der Regelung des Abs. 4 zeigt, nicht auf einen – vom 9. Senat des Bundessozialgerichts seinerzeit angenommenen – "typisierten Interessenausgleich" zwischen Leistungsträger und Geldinstitut beschränkt.
Die Anwendung des Entreicherungseinwands nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI setzt vielmehr voraus, dass der Wert der überwiesenen Geldleistung nicht im Vermögen des Geldinstituts geblieben ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Wert der Geldleistung weder durch den Übertragungsakt selbst noch durch andere Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen des Geldinstituts nach der Übertragung, die es nach dem Bankvertrag mit dem Kunden vornehmen durfte, bei wirtschaftlicher Betrachtung wieder in das Vermögen des Geldinstituts geflossen ist. Der Entreicherungseinwand greift nur durch, wenn es ausschließlich auf Verfügungen Dritter beruht, dass bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers das Konto kein zur (vollen oder teilweisen) Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist. Liegt dies aber daran, dass das Geldinstitut selbst - in welcher Rechtsform und durch welche Rechtshandlung auch immer - den entsprechenden Betrag aus dem Konto wieder in sein Vermögen rückgeführt hatte, kommt es auf Verfügungen Dritter schlechthin nicht mehr an. Aufgrund des Verbotes des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI, den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen zu verwenden, liegen die Einwendungsvoraussetzungen demzufolge von vornherein nicht vor, wenn die Übertragung des Wertes der Geldleistung auf den Kontoinhaber dessen Vermögen bei wirtschaftlicher Betrachtung nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut verringert werden, da das Geldinstitut auf diese Weise zugleich eine eigene Forderung gegen den Kontoinhaber befriedigt (grundlegend: BSG, Urteil vom 4. August 1998, B 4 RA 72/97 R, a.a.O.).
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen diese Auslegung nicht. Die freie Entscheidung eines Geldinstituts, es – aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung oder durch stillschweigende Ausführung der Überweisungsaufträge bzw. Auszahlungen – zuzulassen, dass ein bei ihm geführtes Konto in den Sollstand gerät, ist Ausfluss der grundrechtlich garantierten wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. Eine gesetzliche Regelung wie § 118 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VI, die im Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten dem Geldinstitut verwehrt, das selbst geschaffene Risiko eines Forderungsausfalls durch Verrechnung mit zu Unrecht erbrachten Geldleistungen eines Rentenversicherungsträgers zu verringern, kann nicht als verfassungswidriger Eingriff in diese Freiheit angesehen werden. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor: Ob vor Eingang der Rentenzahlung das Konto ausgeglichen ist oder ob es sich im Sollstand befindet, hängt entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht vom Zufall, sondern ihrer eigenen Entscheidung ab.
Da vorliegend bei der Gutschrift der von dem Kläger zu Unrecht überwiesenen Versorgungsbezüge am 30. Juli, 27. August und 29. September 1998 in Höhe von jeweils 581 DM das Konto der Verstorbenen sich im Soll befand, ist es der Beigeladenen nach § 118 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VI verwehrt, sich auf eine Entreicherung zu berufen. Da sie von dem sich daraus ergebenden Erstattungsbetrag in Höhe von 1.743 DM bereits 1.293 DM an den Kläger zahlte, bleibt ein Restanspruch von 450 DM.
Weiter besteht – wie das Sozialgericht Berlin im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat – gegen die Beigeladene ein vorrangiger Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe von 2,84 DM für Bankspesen. Insoweit ist der Bereicherungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen.
Von dem aus § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI folgenden Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 1.544,80 DM (789,84 EUR) sind demnach die vorrangig bei der Beigeladenen geltend zu machenden Beträge in Höhe von 450 DM (230,08 EUR) und 2,84 DM (1,45 EUR) abzusetzen, so dass sich ein Restanspruch von 1.091,96 DM (558,31 EUR) ergibt. Soweit die Leistungsklage über diesen Betrag hinausgeht, ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers unzulässig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 2 VwGO, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Beigeladenen durften gemäß § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO Kosten auferlegt werden, da sie ein Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt. Die zu entscheidenden Fragen sind höchstrichterlich geklärt. Auch liegt kein Fall des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor, weil die Entscheidung des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 1998 (B 9 V 48/97 R) auf der Grundlage des § 118 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung erging und damit nicht die ab 1. Januar 1996 geltende Fassung des § 118 SGB VI betraf, die hier maßgeblich ist. Das Urteil des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 1. September 1999 (B 9 V 6/99 R) hatte im Gegensatz zum vorliegenden Verfahren die Frage zum Gegenstand, ob das Geldinstitut zur Rücküberweisung auch dann verpflichtet sei, wenn zwar das Überweisungskonto bei Eingang der Rückforderung deckungslos sei, andere Konten des verstorbenen Leistungsempfängers bei derselben Bank aber ein ausreichendes Guthaben auswiesen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rückerstattung von überzahlten Versorgungsbezügen.
Der Kläger gewährte MW Hinterbliebenenversorgung nach ihrem im Jahre 1942 bei E A gefallenen Ehemann. Am 1998 verstarb die Versorgte. Da der Kläger hiervon erst im November1998 erfuhr, überwies er weiterhin die monatlichen Versorgungsleistungen für Juni 1998 in Höhe von 577 DM und für Juli bis Oktober 1998 in Höhe von jeweils 581 DM, also insgesamt 2.901 DM, auf das Konto der Versorgten bei der Beigeladenen. Bis zur Auflösung des Kontos am 30. Oktober 1998, das zuletzt einen Sollstand von 2.218,16 DM aufwies, wurden auf dem Konto verschiedene Ein- und Auszahlungen vorgenommen, u.a. wurde der monatliche Mietzins in Höhe von jeweils 398,30 DM per Dauerauftrag an die Beklagte überwiesen.
Im Zeitpunkt der Gutschriften der Versorgungsbezüge betrug der Kontostand:
Datum Gutschrift Kontostand: 28.05.1998 577,00 DM -32,20 DM 29.06.1998 581,00 DM 15,78 DM 30.07.1998 581,00 DM -2.435,71 DM 27.08.1998 581,00 DM -2.847,02 DM 29.09.1998 581,00 DM -2.672,01 DM
Mit Bescheid vom 29. Januar 1999, der mehrfach geändert wurde, machte der Kläger bei der Erbin der Versorgten eine Forderung in Höhe von 2.901 DM geltend. Die Beitreibung blieb ohne Erfolg.
Bereits mit Schreiben vom 4. Dezember 1998 hatte der Kläger die Rücküberweisung der Versorgungsbeträge in Höhe von 2.901 DM von der Beigeladenen verlangt. In der Folgezeit zahlte diese dem Kläger insgesamt einen Betrag von 1.293 DM zurück. Ferner wurde ihm von der B der Betrag von 63,20 DM erstattet.
Nachdem der Kläger im August 2000 die Beklagte vergeblich zur Zahlung von 398,30 DM aufgefordert hatte, hat er sie am 1. Februar 2002 vor dem Sozialgericht Berlin auf Zahlung dieses Betrages verklagt. Als er Kenntnis von den vollständigen Kontounterlagen erlangt hat, hat er von der Beklagten Zahlung in Höhe von 789,84 EUR begehrt. Zum Verfahren ist die D P beigeladen worden.
Mit Urteil vom 26. Januar 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, an den Kläger "558,51 EUR" zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Hinsichtlich der überzahlten Versorgungsleistungen für Juni bis Oktober 1998 in Höhe von 2.901 DM ergebe sich aus § 118 Abs. 4 SGB, Sechstes Buch (SGB VI) in Verbindung mit § 66 Abs. 2 Satz 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ein Erstattungsanspruch des Klägers. Der Beklagten seien insgesamt 1.593,20 DM (814,59 EUR) zugeflossen. Nach Rückzahlungen an den Kläger seitens der Beigeladenen und der Bin Höhe von 1.293 DM bzw. 63,20 DM betrage die noch offene Forderung des Klägers 789,84 EUR (2.901 DM – [1.293 DM + 63,20 DM] = 1.544,80 DM). Allerdings bestehe nach § 118 Abs. 3 SGB VI ein vorrangiger Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beigeladene in Höhe von weiteren 450 DM sowie (für Bankspesen) in Höhe von 2,84 DM, weshalb dessen Forderung gegenüber der Beklagten auf 1.091,96 DM (558,31 EUR) zu reduzieren sei. Denn insoweit könne die Beigeladene sich nicht auf den Entreicherungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen, da sie – wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 4. August 1998 (B 4 RA 72/97 R, BSGE 82, 239 = SozR 2600 § 118 Nr. 3) entschieden habe – mit der Gutschrift auf das im Soll stehende Konto eigene Forderungen gegenüber der Kontoinhaberin durch Verrechnung befriedigt habe.
Die Beteiligten haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Die Beklagte bringt vor: Sie zähle nicht zu dem Kreis der in die Rückabwicklung der Rentenüberzahlung nach § 118 Abs. 4 SGB VI einbezogenen Personen, weil sie weder die Rente im Empfang genommen noch über den entsprechenden Betrag verfügt habe. Denn mit der Gutschrift des Rentenbetrags auf dem Konto der Versorgten habe die überwiesene Rente ihren Charakter als soziale Geldleistung verloren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 zu verurteilen, an den Kläger 789,84 EUR zu zahlen.
Der Kläger schließt sich dem Berufungsantrag der Beigeladenen an beantragt ferner,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 zurückzuweisen.
Die Beigeladene ist insbesondere der Auffassung, dass die Versorgungsleistungen auch nicht teilweise vorrangig von ihr zu erstatten seien. Denn über die entsprechenden Rentenbeiträge sei in dem Umfang, in dem Rückerstattung noch begehrt werde, bei Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig verfügt worden. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts, das sich auf Entscheidungen des 4. Senats des Bundessozialgerichts stütze, sei sie nicht deshalb zu einer weitergehenden Rückerstattung an den Kläger verpflichtet, weil sich das Konto der Versorgten im Minus befunden habe. Vielmehr sei dem 9. Senat des Bundessozialgerichts im Urteil vom 9. Dezember 1998 (B 9 V 48/97 R, BSGE 83, 176 = SozR 2600 § 118 Nr. 4) zu folgen, der es abgelehnt habe, den Rückerstattungsanspruch davon abhängig zu machen, ob das Konto bei Eingang der Rentenleistung einen (höheren) Sollstand aufweise oder nicht. Dieser Auffassung sei der Vorzug zu geben, weil die Auslegung des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI durch das Sozialgericht sowohl Art. 12 als auch Art. 3 Grundgesetz (GG) verletzen würde. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass der Erstattungsanspruch eines betroffenen Geldinstituts allein vom Zufall abhänge, ob vor Ein-bang der Rentenzahlung das Konto ausgeglichen sei oder ob es sich im Sollstand befinde bzw. der Kunde einen eingeräumten Dispositionskredit in Anspruch genommen habe. Die Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts im Urteil vom 20. Dezember 2001 (B 4 RA 126/00 R, SozR 2600 § 118 Nr. 8), bei dem Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG, der mit den Regelungen in § 118 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 4 SGB VI verbunden sei, werde die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt, verkenne, dass die hiermit verbundenen Belastungen für die Geldinstitute sich keineswegs in einem überaus überschaubaren, geringfügigen Rahmen hielten. Deshalb dürfe die aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI folgende Erstattungspflicht allein davon abhängig gemacht werden, ob in dem Zeitraum zwischen dem Eingang der Rentenleistung und dem Eingang des Rückforderungsverlangens über einen der Rentenleistung entsprechenden Betrag anderweitig verfügt worden sei, wobei die bloße (und zwingende) Einbuchung der Rentenleistung keine Verwendung des überwiesenen Betrags durch das Geldinstitut darstelle. Im Übrigen differenziere die gesetzliche Regelung weder danach, ob das Konto bei Eingang der Rentenzahlung einen Sollstand oder ein Guthaben aufweise, noch danach, ob die "anderweitigen Verfügungen" gerade dem Rentenbetrag entnommen worden seien. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass, wenn man die bloße Einbuchung der Rentenleistung auf dem Konto als Verrechnung mit eigenen Forderungen des Geldinstituts ansehe wolle, dies deren Unwirksamkeit zur Folge habe, weshalb es für die Berechnung der Erstattungsforderung nur auf die der Rentenzahlung folgenden Verfügungen ankommen dürfe.
Der Kläger hält daran fest, dass ihm gegen die Beklagte ein Erstattungsanspruch in voller Höhe zusteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die Prozessakte des Sozialgerichts Berlin – S 43 V 30/02 – sowie die die Versorgte betreffende Verwaltungsakte des Klägers haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
In entsprechender Anwendung des § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang von Amts wegen zu berichtigen. Dies ist durch auch dem Rechtsmittelgericht im Rahmen seiner Entscheidung über die Berufung möglich (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 14. Februar 1978, 7/12 RAr 73/76, BSGE 46, 34 = SozR 1500 § 138 Nr. 3, mit weiteren Nachweisen). Wie sich aus den Gründen des sozialgerichtlichen Urteils zweifelsfrei ergibt, handelt es sich um einen Schreibfehler, wenn im sozialgerichtlichen Urteil die Höhe der Zahlungsverpflichtung mit "558,51 EUR" angegeben wird. Gemeint ist vielmehr der einem Anspruch in Höhe von 1.091,96 DM entsprechende Betrag von "558,31 EUR".
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Sozialgericht Berlin hat sie zu Recht zur Zahlung von 558,31 EUR an den Kläger verurteilt.
Für die gegen sie gerichtete allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) fehlt dem Kläger nicht deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis, weil er sich durch Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes auf einfacherem Wege selbst einen vollstreckbaren Zahlungstitel verschaffen könnte. Denn Rechtsgrundlage für den besonderen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Klägerin bildet § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in der bis zum 30. Juni 2000 geltenden Fassung vom 15. Dezember 1995, der keine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsaktes enthält (vgl. BSG, Urteile vom 29. Juli 1998, B 9 V 5/98 R, SozR 2600 § 118 Nr. 2, und vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9). Die Regelung in § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI n.F., wonach der Träger der Rentenversicherung Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen hat, wurde erst durch das am 29. Juni 2002 in Kraft getretene Änderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl I, 2167) eingefügt.
Der von der Klägerin gegen die Beklagte erhobene Rückforderungsanspruch in Höhe von 558,31 EUR beurteilt sich nach § 118 Abs. 4 SGB VI in der Fassung vom 15. Dezember 1995 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 Satz 4 BVG. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, diejenigen Personen, welche die Geldleistung in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, so dass dieser nicht nach Abs. 3 von dem Geldinstitut zurück überwiesen wird, dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung verpflichtet.
Für die Zeit nach dem Tod der Versorgten am 1998 leistete der Kläger die Versorgungsbeträge zu Unrecht. Die Beklagte gehört als Begünstigte des Dauerauftrags zwar nicht zu dem von § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VI erfassten Personenkreis der "Verfügenden", sondern zu dem dort gleichrangig heranzuziehenden Personenkreis der "Empfänger" von Geldleistungen (§ 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Rückforderungsanspruch des Klägers gegen sie nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie keine "soziale Geldleistung" vom Versicherungsträger entgegengenommen hätte. Aus dem Regelungszusammenhang von § 118 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI ergibt sich gerade, dass der Kreis der Empfänger im Sinne der ersten Alternative des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI auch denjenigen umfasst, der – wie hier – auf Grund einer Verfügung des Erblassers, wie sie hier durch den Dauerauftrag vorlag und über dessen Tod hinaus rechtswirksam war, eine auf dem Konto gutgeschriebene Leistung erhält (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 11; siehe auch die Urteile vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9, und vom 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 10, die jeweils Fälle der Zahlung per Dauerauftrag zum Gegenstand hatten).
Die Berufung der Beigeladenen, der sich der Kläger angeschlossen hat (§ 202 SGG in Verbindung mit § 524 ZPO), ist statthaft. Zwar übersteigt der Beschwerdegegenstand, der hier durch die Differenz zwischen der dem Kläger im Urteil zugesprochenen Erstattung von 558,31 EUR und dem begehrten Betrag von 789,84 EUR gebildet wird, nicht 500 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), jedoch hat das Sozialgericht die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen. Hieran ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).
Die Berufung ist unbegründet, da das Sozialgericht Berlin im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden hat, dass die auf Erstattung von 789,84 EUR gerichtete Klage der Klägerin hinsichtlich des den Betrag von 558,31 EUR übersteigenden Teiles (also hinsichtlich des Betrages von 231,53 EUR) keinen Erfolg hat.
Denn insoweit scheitert vorliegend die Leistungsklage gegen die Beklagte wegen des Vorrangs des Rücküberweisungsanspruchs nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI gegen die Beigeladene am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis, das der Zulässigkeit der Klage (so BSG, Urteil vom 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 10, mit weiteren Nachweisen; offen gelassen von: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 11) entgegensteht. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass kein vorrangiger Erstattungsanspruch gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI besteht.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Zahlungsklage gegen den Zahlungsempfänger im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI besteht nur dann, wenn die vorrangige Zahlungsklage gegen das Geldinstitut abgewiesen worden ist oder wenn der Rentenversicherungsträger schlüssig dargelegt hat, dass das Geldinstitut ihm gegenüber die Voraussetzungen des anspruchsvernichtenden Einwands nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI schlüssig dargelegt hat (vgl. BSG, Urteile vom 4. August 1998, B 4 RA 72/97 R, BSGE 82, 239 = SozR 2600 § 118 Nr. 3, vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9, vom 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 10, vom 8. Juni 2004, B 4 RA 42/03 R, Juris Nr. KSRE076871515, vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, SozR 2600 § 118 Nr. 9, vom 14. November 2002, B 13 RJ 7/02 R, Juris Nr. KSRE033791508, und vom 7. Oktober 2004, B 13 RJ 2/04 R, Juris Nr. KSRE037041508). Denn ein Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI gegen den Zahlungsempfänger kommt überhaupt erst dann in Betracht, wenn das Geldinstitut begründet den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung dem Rentenversicherungsträger entgegenhalten kann (§ 118 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VI).
Vorliegend ist der Kläger hinsichtlich des Betrages von 231,53 EUR auf den vorrangigen Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI zu verweisen, da diese sich insoweit nicht erfolgreich auf ihre Entreicherung berufen kann.
Eine Verpflichtung des Geldinstituts zur Rücküberweisung besteht nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Hierbei darf das Geldinstitut, wie § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ergänzend regelt, den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.
Nach der Rechtsprechung des 4., 5. und 13. Senats des Bundessozialgerichts (vgl. Urteile vom 4. August 1998, B 4 RA 72/97 R, 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, 9. April 2002, B 4 RA 64/01 R, 8. Juni 2004, B 4 RA 42/03 R, 11. Dezember 2002, B 5 RJ 42/01 R, 14. November 2002, B 13 RJ 7/02 R, und 7. Oktober 2004, B 13 RJ 2/04 R, jeweils a.a.O.), der sich der erkennende Senat anschließt, hat das Geldinstitut den Betrag der Geldleistung zurückzuerstatten, soweit die Übertragung des Werts der Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt ist und das Vermögen des Inhabers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert werden.
Die auf der Grundlage des § 118 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung ergangene Entscheidung des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 1998 (B 9 V 48/97 R), wonach der Entreicherungseinwand nicht dadurch abgeschnitten ist, dass die zu Unrecht überwiesene Geldleistung einem durchgehend im Soll befindlichen Konto gutgeschrieben wird, kann nicht auf die hier maßgebliche ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung des § 118 SGB VI übertragen werden, die sich, wie das Hinzutreten der Regelung des Abs. 4 zeigt, nicht auf einen – vom 9. Senat des Bundessozialgerichts seinerzeit angenommenen – "typisierten Interessenausgleich" zwischen Leistungsträger und Geldinstitut beschränkt.
Die Anwendung des Entreicherungseinwands nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI setzt vielmehr voraus, dass der Wert der überwiesenen Geldleistung nicht im Vermögen des Geldinstituts geblieben ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Wert der Geldleistung weder durch den Übertragungsakt selbst noch durch andere Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen des Geldinstituts nach der Übertragung, die es nach dem Bankvertrag mit dem Kunden vornehmen durfte, bei wirtschaftlicher Betrachtung wieder in das Vermögen des Geldinstituts geflossen ist. Der Entreicherungseinwand greift nur durch, wenn es ausschließlich auf Verfügungen Dritter beruht, dass bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers das Konto kein zur (vollen oder teilweisen) Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist. Liegt dies aber daran, dass das Geldinstitut selbst - in welcher Rechtsform und durch welche Rechtshandlung auch immer - den entsprechenden Betrag aus dem Konto wieder in sein Vermögen rückgeführt hatte, kommt es auf Verfügungen Dritter schlechthin nicht mehr an. Aufgrund des Verbotes des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI, den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen zu verwenden, liegen die Einwendungsvoraussetzungen demzufolge von vornherein nicht vor, wenn die Übertragung des Wertes der Geldleistung auf den Kontoinhaber dessen Vermögen bei wirtschaftlicher Betrachtung nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut verringert werden, da das Geldinstitut auf diese Weise zugleich eine eigene Forderung gegen den Kontoinhaber befriedigt (grundlegend: BSG, Urteil vom 4. August 1998, B 4 RA 72/97 R, a.a.O.).
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen diese Auslegung nicht. Die freie Entscheidung eines Geldinstituts, es – aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung oder durch stillschweigende Ausführung der Überweisungsaufträge bzw. Auszahlungen – zuzulassen, dass ein bei ihm geführtes Konto in den Sollstand gerät, ist Ausfluss der grundrechtlich garantierten wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. Eine gesetzliche Regelung wie § 118 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VI, die im Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten dem Geldinstitut verwehrt, das selbst geschaffene Risiko eines Forderungsausfalls durch Verrechnung mit zu Unrecht erbrachten Geldleistungen eines Rentenversicherungsträgers zu verringern, kann nicht als verfassungswidriger Eingriff in diese Freiheit angesehen werden. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor: Ob vor Eingang der Rentenzahlung das Konto ausgeglichen ist oder ob es sich im Sollstand befindet, hängt entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht vom Zufall, sondern ihrer eigenen Entscheidung ab.
Da vorliegend bei der Gutschrift der von dem Kläger zu Unrecht überwiesenen Versorgungsbezüge am 30. Juli, 27. August und 29. September 1998 in Höhe von jeweils 581 DM das Konto der Verstorbenen sich im Soll befand, ist es der Beigeladenen nach § 118 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VI verwehrt, sich auf eine Entreicherung zu berufen. Da sie von dem sich daraus ergebenden Erstattungsbetrag in Höhe von 1.743 DM bereits 1.293 DM an den Kläger zahlte, bleibt ein Restanspruch von 450 DM.
Weiter besteht – wie das Sozialgericht Berlin im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat – gegen die Beigeladene ein vorrangiger Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe von 2,84 DM für Bankspesen. Insoweit ist der Bereicherungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen.
Von dem aus § 118 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB VI folgenden Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 1.544,80 DM (789,84 EUR) sind demnach die vorrangig bei der Beigeladenen geltend zu machenden Beträge in Höhe von 450 DM (230,08 EUR) und 2,84 DM (1,45 EUR) abzusetzen, so dass sich ein Restanspruch von 1.091,96 DM (558,31 EUR) ergibt. Soweit die Leistungsklage über diesen Betrag hinausgeht, ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers unzulässig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 2 VwGO, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Beigeladenen durften gemäß § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO Kosten auferlegt werden, da sie ein Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt. Die zu entscheidenden Fragen sind höchstrichterlich geklärt. Auch liegt kein Fall des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor, weil die Entscheidung des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 1998 (B 9 V 48/97 R) auf der Grundlage des § 118 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung erging und damit nicht die ab 1. Januar 1996 geltende Fassung des § 118 SGB VI betraf, die hier maßgeblich ist. Das Urteil des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 1. September 1999 (B 9 V 6/99 R) hatte im Gegensatz zum vorliegenden Verfahren die Frage zum Gegenstand, ob das Geldinstitut zur Rücküberweisung auch dann verpflichtet sei, wenn zwar das Überweisungskonto bei Eingang der Rückforderung deckungslos sei, andere Konten des verstorbenen Leistungsempfängers bei derselben Bank aber ein ausreichendes Guthaben auswiesen.
Rechtskraft
Aus
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