Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 51 SO 1347/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 174/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2006 wird aufgehoben. Der Antragstellerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwältin G G, Rstraße , B, beigeordnet. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Löschung der im Wohnungsgrundbuch B-R des Amtsgerichts B-H, Blatt , Abteilung III Nr. 5 bis 8 eingetragenen Grundschulden zu bewilligen. Die Verpflichtung steht unter der Bedingung, dass der in dem zu Nr. K 38 der Urkundenrolle Jahrgang 2006 des Notars K K beurkundeten Kaufvertrag bezeichnete Käufer von dem ihm gemäß § 11 des Kaufvertrags in Verbindung mit der Vereinbarung vom 27. Juli 2006 eingeräumten Rücktrittsrecht nicht Gebrauch macht. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht liegen vor (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit §§ 114 ff. Zivilprozessordnung). Im Besonderen hatte der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn der Antragsgegner ist verpflichtet, die von der Antragstellerin begehrten Erklärungen abzugeben. Da die Antragstellerin eine bisher nicht erfolgte Handlung des Antragsgegners erstrebt, müsste bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erkennbar sein, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung – ZPO -; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund). Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus dem durch die Gewährung der Sozialhilfeleistung entstandenen Sozialrechtsverhältnis. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin vom 1. September 1998 an bis zum 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 89 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Darlehen gewährt. § 89 Satz 2 BSHG bestimmt, dass die Gewährung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Es kann offen bleiben, ob § 89 Satz 2 BSHG überhaupt die vom Antragsgegner gewählte Verfahrensweise deckt, sich nachträglich Sicherungsrechte einräumen zu lassen, weil die Vorschrift es lediglich erlaubt, die "Gewährung" der Leistungen hiervon abhängig zu machen. Ebenso kann offen bleiben, ob der Antragsgegner von der Antragstellerin im Jahr 2005 noch die Einräumung einer Sicherheit für Sozialhilfeleistungen aus dem Jahr 2004 verlangen konnte, obwohl die Antragstellerin seit dem 1. Januar 2005 – soweit ersichtlich – nicht mehr bei einem Träger der Sozialhilfe im Leistungsbezug stand. Jedenfalls führt die Einräumung einer dinglichen Sicherheit nicht zu einem faktischen Veräußerungsverbot. Dies ergibt sich auch aus den zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen bzw. den vom Antragsgegner der Antragstellerin zur Unterschrift vorgelegten Erklärungen. Danach ist die Folge einer Veräußerung lediglich, dass das eingeräumte Darlehen fällig und – als Folge – die dingliche Sicherheit verwertbar wird. Die Verwertung der dinglichen Sicherheit ist jedoch nicht in das Belieben des Antragstellers gestellt. Vielmehr muss sie gesetzmäßig handeln und ihre berechtigten Interessen gegen die des Antragstellers und etwaiger Dritter abwägen. Diese Abwägung führt vorliegend dazu, dass den Interessen der Antragstellerin Vorrang einzuräumen ist. Bereits in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsgegner der Antragstellerin die Hilfe zum Lebensunterhalt bewilligte, war für ihn deutlich ersichtlich, dass vorrangige Sicherungsrechte in beträchtlichem Umfang – zirka 115.000,- DM – im Grundbuch eingetragen waren, so dass bei einem 1998 ermittelten Verkehrswert von zirka 140.000,- DM noch die Hälfte der Differenz (= ca. 12.500,- DM) als reale "Sicherungsmasse" zur Verfügung stand. Als der Antragsgegner sich 2003 und 2004 weitere Sicherungsrechte hat einräumen lassen, hatte er diese – gebotene - Prüfung nicht mehr vorgenommen. Schon vor diesem Hintergrund erscheint es treuwidrig, wenn er nunmehr erwartet, dass eine Veräußerung des Sicherungsobjekts einen höheren Ertrag erbringt als den nach Marktlage im Veräußerungszeitpunkt zu erwartenden Mittelwert. Dieser ist, wie sich aus dem Schreiben des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin vom 7. Juni 2006 deutlich ergibt, mit rund 44.000,- EUR anzusetzen. Dass der mit dem Käufer der Eigentumswohnung vereinbarte Kaufpreis noch deutlich darunter liegt, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn da die vorrangigen Sicherungsrechte mit zirka 58.000,- EUR valutieren, wäre der Antragsgegner im einen wie im anderen Fall mit seinen Forderungen ausgefallen. Die vom Antragsgegner offensichtlich gehegte Erwartung, im Fall einer Zwangsversteigerung einen höheren Verkaufspreis erzielen zu können, entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Im Gegenteil gelten Zwangsversteigerungen gerade als Gelegenheiten, Eigentum wegen des Zwangs zur Veräußerung auch "unter Wert" erwerben zu können. Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass dem Käufer ein zeitlich befristetes Rücktrittsrecht eingeräumt ist und der Antragstellerin deshalb ein Zuwarten auf den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden kann. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG und – soweit die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht gerichtet war – auf § 127 Abs. 4 ZPO. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht liegen vor (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit §§ 114 ff. Zivilprozessordnung). Im Besonderen hatte der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn der Antragsgegner ist verpflichtet, die von der Antragstellerin begehrten Erklärungen abzugeben. Da die Antragstellerin eine bisher nicht erfolgte Handlung des Antragsgegners erstrebt, müsste bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erkennbar sein, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung – ZPO -; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund). Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus dem durch die Gewährung der Sozialhilfeleistung entstandenen Sozialrechtsverhältnis. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin vom 1. September 1998 an bis zum 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 89 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Darlehen gewährt. § 89 Satz 2 BSHG bestimmt, dass die Gewährung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Es kann offen bleiben, ob § 89 Satz 2 BSHG überhaupt die vom Antragsgegner gewählte Verfahrensweise deckt, sich nachträglich Sicherungsrechte einräumen zu lassen, weil die Vorschrift es lediglich erlaubt, die "Gewährung" der Leistungen hiervon abhängig zu machen. Ebenso kann offen bleiben, ob der Antragsgegner von der Antragstellerin im Jahr 2005 noch die Einräumung einer Sicherheit für Sozialhilfeleistungen aus dem Jahr 2004 verlangen konnte, obwohl die Antragstellerin seit dem 1. Januar 2005 – soweit ersichtlich – nicht mehr bei einem Träger der Sozialhilfe im Leistungsbezug stand. Jedenfalls führt die Einräumung einer dinglichen Sicherheit nicht zu einem faktischen Veräußerungsverbot. Dies ergibt sich auch aus den zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen bzw. den vom Antragsgegner der Antragstellerin zur Unterschrift vorgelegten Erklärungen. Danach ist die Folge einer Veräußerung lediglich, dass das eingeräumte Darlehen fällig und – als Folge – die dingliche Sicherheit verwertbar wird. Die Verwertung der dinglichen Sicherheit ist jedoch nicht in das Belieben des Antragstellers gestellt. Vielmehr muss sie gesetzmäßig handeln und ihre berechtigten Interessen gegen die des Antragstellers und etwaiger Dritter abwägen. Diese Abwägung führt vorliegend dazu, dass den Interessen der Antragstellerin Vorrang einzuräumen ist. Bereits in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsgegner der Antragstellerin die Hilfe zum Lebensunterhalt bewilligte, war für ihn deutlich ersichtlich, dass vorrangige Sicherungsrechte in beträchtlichem Umfang – zirka 115.000,- DM – im Grundbuch eingetragen waren, so dass bei einem 1998 ermittelten Verkehrswert von zirka 140.000,- DM noch die Hälfte der Differenz (= ca. 12.500,- DM) als reale "Sicherungsmasse" zur Verfügung stand. Als der Antragsgegner sich 2003 und 2004 weitere Sicherungsrechte hat einräumen lassen, hatte er diese – gebotene - Prüfung nicht mehr vorgenommen. Schon vor diesem Hintergrund erscheint es treuwidrig, wenn er nunmehr erwartet, dass eine Veräußerung des Sicherungsobjekts einen höheren Ertrag erbringt als den nach Marktlage im Veräußerungszeitpunkt zu erwartenden Mittelwert. Dieser ist, wie sich aus dem Schreiben des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin vom 7. Juni 2006 deutlich ergibt, mit rund 44.000,- EUR anzusetzen. Dass der mit dem Käufer der Eigentumswohnung vereinbarte Kaufpreis noch deutlich darunter liegt, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn da die vorrangigen Sicherungsrechte mit zirka 58.000,- EUR valutieren, wäre der Antragsgegner im einen wie im anderen Fall mit seinen Forderungen ausgefallen. Die vom Antragsgegner offensichtlich gehegte Erwartung, im Fall einer Zwangsversteigerung einen höheren Verkaufspreis erzielen zu können, entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Im Gegenteil gelten Zwangsversteigerungen gerade als Gelegenheiten, Eigentum wegen des Zwangs zur Veräußerung auch "unter Wert" erwerben zu können. Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass dem Käufer ein zeitlich befristetes Rücktrittsrecht eingeräumt ist und der Antragstellerin deshalb ein Zuwarten auf den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden kann. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG und – soweit die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht gerichtet war – auf § 127 Abs. 4 ZPO. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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