Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 57 AL 700/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 252/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Wie Urteil des Senats vom 25. Juni 2004, L 4 AL 45/03 und unter Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. April 2005, 1 BvR 952/04
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis zum 20. Februar 2004 und vom 1. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger war zuletzt bis Juni 2003 als Hausmeister beschäftigt. Mit Bescheid vom 21. November 2003 bewilligte die Beklagte ihm für die Zeit ab 1. Juli 2003 Arbeitslosengeld i.H.v. 243,88 Euro wöchentlich (Leistungsgruppe A, ein Kind, erhöhter Leistungssatz, Bemessungsentgelt 635 Euro). Der bis zum 19. April 2005 dauernde Leistungsbezug war unterbrochen von einer Zeit der Krankheit vom 21. bis zum 29. Februar 2004.
Mit seinem am 19. Dezember 2003 erhobenen Widerspruch beanstandete der Kläger, dass bei der Ermittlung des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) als Rechenwert auch die Kirchensteuer berücksichtigt wurde. Er trug vor, seit Mitte der 70er Jahre nicht mehr in der Kirche zu sein. Nun werde er wie diejenigen behandelt, die einer Konfession angehörten. Dass die Mehrheit der Arbeitnehmer Kirchensteuer zahle, sei nicht relevant. Er bestreite außerdem, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer Kirchensteuer zahle und er deshalb auch Kirchensteuer zahlen müsse. Ebenso gut könne die Beklagte von seinem Arbeitslosengeld Beiträge für eine Glasbruchversicherung abziehen, weil die Mehrheit der Arbeitnehmer über eine solche Versicherung verfüge.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der rechnerische Abzug der gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Entgeltabzüge nach § 136 Abs. 2 SGB III solle gewährleisten, dass die Höhe der steuer- und sozialabgabefreien Lohnersatzleistungen annähernd an dem Nettoarbeitsentgelt ausgerichtet sei, das einem beschäftigten Arbeitnehmer zur Bestreitung seines Lebensunterhalts tatsächlich zur Verfügung stehe. Zu diesen Abzügen gehöre gemäß § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III auch die Kirchensteuer. Rechtlich unerheblich sei dabei, ob der Arbeitslose als Arbeitnehmer Kirchensteuer entrichtet habe oder ob er einer Kirche angehöre. Diese Abzüge würden nur rein rechnerisch zur Ermittlung des Leistungsentgelts vorgenommen, tatsächlich werde also nicht etwa Kirchensteuer von der Bundesagentur für Arbeit einbehalten. Die Pauschalierung der rechnerischen Abzüge vermeide im Interesse der Leistungsempfänger umfangreichere Feststellungen über persönliche Verhältnisse und ermögliche die Verwendung einfach zu handhabender Leistungstabellen. Das Bundesverfassungsgericht habe schon im Jahre 1994 entschieden, dass die pauschale Berücksichtigung eines Kirchensteuerabzuges bei der Berechnung der Lohnersatzleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz auch bei Arbeitslosen, die keiner Kirche angehörten, mit dem Grundgesetz vereinbar sei, solange eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Kirche angehöre. Zum Jahresende 2000 seien nach den Meldungen der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Deutschen Bischofskonferenz 64,9 Prozent der Bevölkerung Mitglied einer Kirche gewesen. Damit könne auch weiterhin angenommen werden, dass eine deutliche Mehrheit der Arbeitnehmer einer Kirchensteuer erhebenden Kirche angehöre.
Mit der am 11. Februar 2004 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat vorgetragen, sich in seinen Minderheitenrechten beschnitten zu sehen. Er gehöre keiner Religion und auch keiner Kirche an. Er habe sich damit nicht verpflichtet, Steuern zu entrichten. Bei der Berechnung des pauschalierten Nettoentgelts blieben auch Mitgliedsbeiträge zu Freikirchen unberücksichtigt. Es gebe viele Religionsgemeinschaften, die nicht vom Vorteil staatlicher Beitragsbeitreibung profitierten. Mitglieder solcher Gruppierungen seien im Falle der Arbeitslosigkeit doppelt belastet. Sie seien ihrer Religionsgemeinschaft gegenüber weiterhin beitragspflichtig, anderseits würden aber auch Kürzungen am Arbeitslosengeld vorgenommen, um sie Kirchensteuerpflichtigen gleichzustellen. Dies führe zu einer nicht gerechtfertigten Doppelbelastung und verletze den Gleichheitsgrundsatz. Vom Verfahren der Beklagten seien lediglich die Angehörigen der steuerberechtigten Kirchen begünstigt. Die Regelung sei massiv dazu angetan, der Mitgliedschaft in Freikirchen ein Hindernis entgegen zu stellen. Sie sei damit objektiv verfassungswidrig.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe für die Zeit ab dem 1. Juli 2003 keinen Anspruch auf Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes, insbesondere könne er nicht beanspruchen, dass bei der Berechnung des Leistungsentgelts ein Abzug für Kirchensteuer unterbleibe. Die zugrunde liegende Vorschrift, § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III, sei nicht verfassungswidrig, was das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. März 1994 entschieden habe. Eine pauschalierende Berechnung sei zulässig und geboten. Entscheidend sei, ob der Gesetzgeber davon ausgehen könne, dass eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Kirchensteuer erhebenden Kirche angehöre. Dieser Rechtsprechung habe sich auch das Bundessozialgericht angeschlossen. Nach der Lohn- und Einkommenssteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 1998 hätten noch 57,8 Prozent der Arbeitnehmer zum Kreis der kirchensteuerpflichtigen Personen gehört, während im gleichen Zeitraum der Anteil der Angehörigen der evangelischen und katholischen Kirche an der Gesamtbevölkerung bei 66,1 Prozent gelegen habe. Für das Jahr 2001 könne man auf dieser Grundlage annehmen, dass noch 56,1 Prozent der Arbeitnehmer Kirchensteuer entrichteten. Damit sei weiterhin von einer deutlichen Mehrheit von Arbeitnehmern im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen. Inzwischen habe der Gesetzgeber für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 gesetzlich bestimmt, dass die Kirchensteuer nicht mehr bei der Berechnung des Leistungsentgelts als gewöhnlich anfallender gesetzlicher Abzug zu berücksichtigen sei. Damit habe er die Konsequenz aus der statistischen Entwicklung gezogen. Von einer Verfassungswidrigkeit der bis dahin geltenden Vorschrift könne jedoch nicht ausgegangen werden.
Gegen den ihm am 30. Mai 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Juni 2005 Berufung eingelegt. Er meint, das Sozialgericht habe sich lediglich an die bisherige Rechtsprechung angelehnt und keine eigene Argumentation entwickelt. Auf das Argument der Diskriminierung von Freikirchlern sei nicht eingegangen worden. Die ohnehin schon bestehende Bevorzugung bestimmter Religionsgemeinschaften in steuerrechtlicher Hinsicht werde um die Benachteiligung anderer ebenfalls religiöser Menschen noch verstärkt. Es dürfe aber keine Religionen erster und zweiter Klasse geben. Zudem diene das Steuerprivileg bestimmter Religionsgemeinschaften nicht dem Zweck, dass sich der Staat aus ihm finanzielle Vorteile verschaffe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 21. November 2003 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 14. Januar 2004 zu verurteilen, ihm vom 1. Juli 2003 bis zum 20. Februar 2004 und vom 1. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung gewöhnlicher Abzüge in Form von Kirchensteuer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich schriftlich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, so wesentlich, Gegenstand der Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten durfte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2005 beurteilt die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung eines Kirchensteuerabzuges bei der Berechnung des Leistungsentgelts. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die sorgfältigen und überzeugenden Erwägungen in dem mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG). Warum der Kläger an der Berufung festhält, ist für den Senat angesichts der eindeutigen Rechtslage und der klaren Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts wie vor allem auch des Bundesverfassungsgerichts nicht nachvollziehbar. Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 3. März 2006 ist dem Kläger der Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2005 (1 BvR 952/04) ausgehändigt worden, in dem es ausdrücklich heißt, dass die bis Ende 2004 geltende Rechtslage verfassungsrechtlich – auch unter dem Aspekt der negativen Religionsfreiheit – nicht zu beanstanden sei. Der Senat schließt sich dieser Wertung an (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Urteil vom 25. Juni 2004, L 4 AL 45/03). Der Kläger meint zu Unrecht, dass Arbeitslose bis Ende 2004 zur Kirchensteuer herangezogen wurden bzw. mit Leistungen zugunsten von Kirchen belastet wurden. Daher läuft auch das Argument ins Leere, Angehörige von Freikirchen seien durch die pauschalierende gesetzliche Regelung diskriminiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis zum 20. Februar 2004 und vom 1. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger war zuletzt bis Juni 2003 als Hausmeister beschäftigt. Mit Bescheid vom 21. November 2003 bewilligte die Beklagte ihm für die Zeit ab 1. Juli 2003 Arbeitslosengeld i.H.v. 243,88 Euro wöchentlich (Leistungsgruppe A, ein Kind, erhöhter Leistungssatz, Bemessungsentgelt 635 Euro). Der bis zum 19. April 2005 dauernde Leistungsbezug war unterbrochen von einer Zeit der Krankheit vom 21. bis zum 29. Februar 2004.
Mit seinem am 19. Dezember 2003 erhobenen Widerspruch beanstandete der Kläger, dass bei der Ermittlung des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) als Rechenwert auch die Kirchensteuer berücksichtigt wurde. Er trug vor, seit Mitte der 70er Jahre nicht mehr in der Kirche zu sein. Nun werde er wie diejenigen behandelt, die einer Konfession angehörten. Dass die Mehrheit der Arbeitnehmer Kirchensteuer zahle, sei nicht relevant. Er bestreite außerdem, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer Kirchensteuer zahle und er deshalb auch Kirchensteuer zahlen müsse. Ebenso gut könne die Beklagte von seinem Arbeitslosengeld Beiträge für eine Glasbruchversicherung abziehen, weil die Mehrheit der Arbeitnehmer über eine solche Versicherung verfüge.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der rechnerische Abzug der gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Entgeltabzüge nach § 136 Abs. 2 SGB III solle gewährleisten, dass die Höhe der steuer- und sozialabgabefreien Lohnersatzleistungen annähernd an dem Nettoarbeitsentgelt ausgerichtet sei, das einem beschäftigten Arbeitnehmer zur Bestreitung seines Lebensunterhalts tatsächlich zur Verfügung stehe. Zu diesen Abzügen gehöre gemäß § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III auch die Kirchensteuer. Rechtlich unerheblich sei dabei, ob der Arbeitslose als Arbeitnehmer Kirchensteuer entrichtet habe oder ob er einer Kirche angehöre. Diese Abzüge würden nur rein rechnerisch zur Ermittlung des Leistungsentgelts vorgenommen, tatsächlich werde also nicht etwa Kirchensteuer von der Bundesagentur für Arbeit einbehalten. Die Pauschalierung der rechnerischen Abzüge vermeide im Interesse der Leistungsempfänger umfangreichere Feststellungen über persönliche Verhältnisse und ermögliche die Verwendung einfach zu handhabender Leistungstabellen. Das Bundesverfassungsgericht habe schon im Jahre 1994 entschieden, dass die pauschale Berücksichtigung eines Kirchensteuerabzuges bei der Berechnung der Lohnersatzleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz auch bei Arbeitslosen, die keiner Kirche angehörten, mit dem Grundgesetz vereinbar sei, solange eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Kirche angehöre. Zum Jahresende 2000 seien nach den Meldungen der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Deutschen Bischofskonferenz 64,9 Prozent der Bevölkerung Mitglied einer Kirche gewesen. Damit könne auch weiterhin angenommen werden, dass eine deutliche Mehrheit der Arbeitnehmer einer Kirchensteuer erhebenden Kirche angehöre.
Mit der am 11. Februar 2004 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat vorgetragen, sich in seinen Minderheitenrechten beschnitten zu sehen. Er gehöre keiner Religion und auch keiner Kirche an. Er habe sich damit nicht verpflichtet, Steuern zu entrichten. Bei der Berechnung des pauschalierten Nettoentgelts blieben auch Mitgliedsbeiträge zu Freikirchen unberücksichtigt. Es gebe viele Religionsgemeinschaften, die nicht vom Vorteil staatlicher Beitragsbeitreibung profitierten. Mitglieder solcher Gruppierungen seien im Falle der Arbeitslosigkeit doppelt belastet. Sie seien ihrer Religionsgemeinschaft gegenüber weiterhin beitragspflichtig, anderseits würden aber auch Kürzungen am Arbeitslosengeld vorgenommen, um sie Kirchensteuerpflichtigen gleichzustellen. Dies führe zu einer nicht gerechtfertigten Doppelbelastung und verletze den Gleichheitsgrundsatz. Vom Verfahren der Beklagten seien lediglich die Angehörigen der steuerberechtigten Kirchen begünstigt. Die Regelung sei massiv dazu angetan, der Mitgliedschaft in Freikirchen ein Hindernis entgegen zu stellen. Sie sei damit objektiv verfassungswidrig.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe für die Zeit ab dem 1. Juli 2003 keinen Anspruch auf Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes, insbesondere könne er nicht beanspruchen, dass bei der Berechnung des Leistungsentgelts ein Abzug für Kirchensteuer unterbleibe. Die zugrunde liegende Vorschrift, § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III, sei nicht verfassungswidrig, was das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. März 1994 entschieden habe. Eine pauschalierende Berechnung sei zulässig und geboten. Entscheidend sei, ob der Gesetzgeber davon ausgehen könne, dass eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Kirchensteuer erhebenden Kirche angehöre. Dieser Rechtsprechung habe sich auch das Bundessozialgericht angeschlossen. Nach der Lohn- und Einkommenssteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 1998 hätten noch 57,8 Prozent der Arbeitnehmer zum Kreis der kirchensteuerpflichtigen Personen gehört, während im gleichen Zeitraum der Anteil der Angehörigen der evangelischen und katholischen Kirche an der Gesamtbevölkerung bei 66,1 Prozent gelegen habe. Für das Jahr 2001 könne man auf dieser Grundlage annehmen, dass noch 56,1 Prozent der Arbeitnehmer Kirchensteuer entrichteten. Damit sei weiterhin von einer deutlichen Mehrheit von Arbeitnehmern im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen. Inzwischen habe der Gesetzgeber für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 gesetzlich bestimmt, dass die Kirchensteuer nicht mehr bei der Berechnung des Leistungsentgelts als gewöhnlich anfallender gesetzlicher Abzug zu berücksichtigen sei. Damit habe er die Konsequenz aus der statistischen Entwicklung gezogen. Von einer Verfassungswidrigkeit der bis dahin geltenden Vorschrift könne jedoch nicht ausgegangen werden.
Gegen den ihm am 30. Mai 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Juni 2005 Berufung eingelegt. Er meint, das Sozialgericht habe sich lediglich an die bisherige Rechtsprechung angelehnt und keine eigene Argumentation entwickelt. Auf das Argument der Diskriminierung von Freikirchlern sei nicht eingegangen worden. Die ohnehin schon bestehende Bevorzugung bestimmter Religionsgemeinschaften in steuerrechtlicher Hinsicht werde um die Benachteiligung anderer ebenfalls religiöser Menschen noch verstärkt. Es dürfe aber keine Religionen erster und zweiter Klasse geben. Zudem diene das Steuerprivileg bestimmter Religionsgemeinschaften nicht dem Zweck, dass sich der Staat aus ihm finanzielle Vorteile verschaffe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 21. November 2003 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 14. Januar 2004 zu verurteilen, ihm vom 1. Juli 2003 bis zum 20. Februar 2004 und vom 1. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung gewöhnlicher Abzüge in Form von Kirchensteuer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich schriftlich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, so wesentlich, Gegenstand der Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten durfte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2005 beurteilt die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung eines Kirchensteuerabzuges bei der Berechnung des Leistungsentgelts. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die sorgfältigen und überzeugenden Erwägungen in dem mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG). Warum der Kläger an der Berufung festhält, ist für den Senat angesichts der eindeutigen Rechtslage und der klaren Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts wie vor allem auch des Bundesverfassungsgerichts nicht nachvollziehbar. Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 3. März 2006 ist dem Kläger der Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2005 (1 BvR 952/04) ausgehändigt worden, in dem es ausdrücklich heißt, dass die bis Ende 2004 geltende Rechtslage verfassungsrechtlich – auch unter dem Aspekt der negativen Religionsfreiheit – nicht zu beanstanden sei. Der Senat schließt sich dieser Wertung an (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Urteil vom 25. Juni 2004, L 4 AL 45/03). Der Kläger meint zu Unrecht, dass Arbeitslose bis Ende 2004 zur Kirchensteuer herangezogen wurden bzw. mit Leistungen zugunsten von Kirchen belastet wurden. Daher läuft auch das Argument ins Leere, Angehörige von Freikirchen seien durch die pauschalierende gesetzliche Regelung diskriminiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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