L 11 AS 139/06 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 139/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 17.11.2005 wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob die Antragsgegnerin (Ag) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung des Antragstellers (ASt) zur Künstlersozialkasse (KSK) für die Zeit ab 28.10.2005 zu zahlen hat und rückständige Beiträge für das Jahr 2005 in Höhe von 744,54 EUR an die KSK nachzahlen muss.

Der ASt begehrt im Rahmen des Hauptsacheverfahrens Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes von der Ag gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Auf Grund des Vergleiches vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) vom 27.07.2005 (S 8 AS 226/05 ER) und des Ausführungsbescheides der Ag vom 08.08.2005 übernahm die Ag die Krankenversicherungsbeiträge des ASt zur BKK S. für die Zeit vom 27.07.2005 bis 27.10.2005.

Am 17.11.2005 beantragte der ASt beim SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes dahingehend, die Ag für die Zeit ab 27.10.2005 "zur sofortigen Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes bei der für selbstständige Journalisten zuständigen KSK" zu verpflichten und die rückständigen Krankenversicherungsbeiträge für das Jahr 2005 in Höhe von 744,54 EUR sofort an die KSK nachzuzahlen. Zusätzlich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

Nachdem das SG im Hauptsacheverfahren (S 8 AS 227/05) mit Urteil vom 16.11.2005 die Klage abgewiesen und der ASt am 24.01.2006 hiergegen rechtzeitig Berufung (L 11 AS 19/06) eingelegt hatte, hat das SG mit Beschluss vom 09.03.2006 (S 8 AS 538/05 ER) den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ebenso wie die Bewilligung von PKH abgelehnt. Auf die Beschwerde hat das Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) diesen Beschluss mangels sachlicher Zuständigkeit des SG aufgehoben (L 11 B 217/06 AS ER).

Der ASt beantragt sinngemäß, die Ag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, rückständige Krankenversicherungsbeiträge zur KSK für das Jahr 2005 nachzuzahlen und die Beiträge für die Zeit ab 28.10.2005 zu übernehmen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die genannten Gerichtsakten, die Akte der Ag und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Als Gericht der Hauptsache ist das BayLSG zur Entscheidung über den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 17.11.2005 gemäß § 86 b Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständig. Der ASt hat im Rahmen des Hauptsacheverfahrens bereits am 24.01.2006 Berufung eingelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das SG noch nicht über den dort gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entschieden (vgl Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8.Aufl, § 86 b RdNr 37 mwN).

Der Antrag ist abzulehnen.

Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2002, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. § 86b RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236).

Vorliegend fehlt es am Vorliegen eines Anordnungsanspruches. Zumindest hat der Antragsteller einen solchen nicht glaubhaft gemacht. Er hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und damit auch auf Übernahme der Kosten der Krankenversicherung in der KSK sowie auf Übernahme rückständiger Beiträge, wobei laut Widerspruchsbescheid der KSK vom 08.03.2006 die Versicherungspflicht zur Künstlersozialversicherung zum 31.10.2005 beendet wurde, da nicht mehr davon auszugehen sei, dass der ASt seine selbstständige Tätigkeit im erwerbsmäßigen bzw. berufsmäßigen Umfang ausübe und sein jährliches Arbeitseinkommen (§ 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -SGB IV-) 3.900,00 EUR übersteige (§ 3 Künstlersozialversicherungsgesetz -KSVG-). Nach § 251 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) trägt der Bund die Beiträge für die Bezieher von Arbeitslosengeld. Der ASt bezieht jedoch tatsächlich keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Alg II) nach dem SGB II. Lediglich für eine Übergangszeit (27.07.2005 bis 27.10.2005) wurden ihm vergleichsweise vorläufig Leistungen auf Grund eines Vergleiches gewährt.

Der ASt hat keinen Anspruch auf solche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und hat einen solchen Anspruch auf nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere fehlt es an der Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs 1, 2 SGB II. Dabei ist vom Vorliegen einer mit Frau G. bestehenden Bedarfsgemeinschaft auszugehen, denn der Kläger lebt mit dieser in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 Nr 3 b SGB II.

Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 SGB II. Das ist insbesondere auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II).

Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Leistungsträger kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einräumt und dessen Auslegung durch den Leistungsträger der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Durch die leistungsrechtliche Gleichstellung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) und dem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) erfüllt der Gesetzgeber seine Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG), Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu unterstellen.

Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszulegen, weil sich eine gesetzliche Definition bislang nicht findet. Da mit In-Kraft-Treten des SGB II als Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) die bisherige Arbeitslosenhilfe, zuletzt geregelt im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), und die bisherige Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in eine Grundsicherung für Arbeitssuchende für den in § 7 SGB II beschriebenen Personenkreis zusammengeführt worden ist (dazu BT-Drs. 15/1516 S 41 ff), bezieht der Senat in die Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft die bisherige Rechtsprechung zum Arbeitslosenversicherungsrecht und zum Sozialhilferecht ein.

Eheähnlich ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (so insbesondere BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/264 zum früheren § 137 Abs 2 a AFG und vom 04.12.2004 NJW 2005, 462; BSG vom 24.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BVerwG vom 17.05.1995 BVerwGE 98, 195 zum früheren § 122 BSHG in st.Rspr). Der Senat hält zudem bei verfassungsgemäßer Auslegung der Vorschrift eine eheähnliche Gemeinschaft auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern für möglich (BayLSG vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609), aber eine Berücksichtigung als eheähnliche Gemeinschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht zwingend für geboten (BayLSG vom 10.10.2005 Az: L 10 AS 22/05 mwN).

Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG NRW vom 21.04.2005, Breith 2005, 788 und vom selben Tag Az: L 9 B 4/05 SO ER) - Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des Bundessozialgerichts (BSG) eine Orientierung an den Vorschriften des BGB an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG vom 29.04.1998 SozR 4100 § 119 Nr 15) Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG NRW vom 21.04.2005 aaO; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNr 27; BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15, BayLSG vom 19.10.2005 Az: L 10 AL 352/04). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft (zum Fall des mehrmaligen gemeinsamen Umziehens LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER), der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt (ebenso SächsLSG vom 28.05.2005 Az: L 3 B 269/05 AS ER; so schon VGH BW vom 14.04.1997 VBlBW 1998, 31) oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt (BVerwG vom 20.11.1984 BVerwGE 70, 278), zu berücksichtigen sein.

Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfG vom 02.09.2004 FamRZ 2004, 1950; so schon BSG vom 24.03.1988 BSGE 63, 12) genügt. So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft führen wird.

Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg vom 12.01.2006 L 7 AS 5532/05 ER-B), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus.

Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 unter Hinweis auf BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/268). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG vom 17.04.1992 BVerfGE 97, 234) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein.

Der Leistungsträger hat unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Amtsermittlung (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen solcher Hinweistatsachen aufzuklären. Er darf sich insbesondere nicht auf die bloßen Erklärungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners stützen, kann aber deren Angaben - etwa im Antragsformular oder zu den o.a. Wohnverhältnissen - heranziehen. Die Grenzen seiner Aufklärungspflicht finden sich dort, wo es ihm schlechterdings nicht mehr möglich ist, einen entsprechenden Nachweis beizubringen (so schon NdsOVG vom 26.01.1998 FEVS 48, 545). Andererseits kann gegen die Ermittlung der Indizien nicht eingewandt werden, dies führe zu einer verfassungsmäßigen Überlastung der Leistungsträger (vgl dazu: BSG vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26).

Anhand der so ermittelten Hinweistatsachen hat der Leistungsträger zu prüfen, ob die o.a. Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Alle von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft müssen gegeben sein. Der Leistungsträger hat im Rahmen einer Gesamtschau der für und auch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien nach den Grunstätzen der freien Beweiswürdigung seine Entscheidung zu treffen (vgl zum Ganzen: von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 5.Aufl, § 20 RdNr 7 mwN). Er wird dabei zu beachten haben, dass den Hinweistatsachen in der Regel unterschiedliches Gewicht zukommt. Besonderes Augenmerk hat der Lesitungsträger auf etwaige Angaben, Umstände und Verhaltensweisen zu legen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder dessen Partner erst im Hinblick auf den erhofften Leistungsbezug ändert oder ausgestaltet.

Der Begriff der Hinweistatsache zeigt letztlich auch, dass nicht sämtliche Indizien umfassend nachgewiesen sein müssen, dass das Fehlen einzelner Indizien nicht zwangsläufig der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft entgegensteht. Liegen nach einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 SGB X) hinreichende Indizien vor, die das Vorhandensein aller von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft belegen, so ist es Sache des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenleben dementgegen als reine Zweckgemeinschaft erscheinen lassen (so schon Beschluss des Senats vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609).

Finden sich bei erschöpfender Sachverhaltsaufklärung keine solchen Hinweistatsachen, kann vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgegangen werden. Das ergibt sich aus der materiellen Beweislastverteilung, die hier den Leistungsträger trifft (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 103 RdNr 19 a), die allerdings erst zur Anwendung kommt, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind (BSG vom 29.06.1967 BSGE 27, 40).

Ob im Einzelfall ("non liquet") hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn in der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegende Tatsachen nicht feststellbar sind, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht kennt und nicht kennen muss, so dass er letztlich gehindert ist, sich über diese bedeutsamen Tatsachen im Bewilligungszeitraum zeitnah ein zutreffendes Bild zu machen (siehe dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER unter Hinweis auf BSG vom 26.11.1992 Breith 1993, 770), kann in dem hier zu entscheidenden Fall dahinstehen.

Vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist hier auszugehen. Der ASt wie auch Frau G. hatten bereits seit Anfang 2001 eine gemeinsame Wohnung und sind in ihre derzeitige Wohnung gemeinsam umgezogen. Auch wenn die Intimsphäre der Beteiligten nicht auszuforschen ist, so sind jedoch bekannte Tatsachen bei der Entscheidung über das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen. Der ASt und Frau G. nützen ein gemeinsames Schlafzimmer in der Zweizimmerwohnung. Bei dem anderen Zimmer handelt es sich um einen Büro- und Wohnraum. Frau G. hilft dem ASt auch in seiner finanziellen Notlage aus.

Nachdem sowohl der ASt als auch Frau G. sich weigern, deren wirtschaftliche Verhältnisse anzugeben, und der ASt seine eigenen Einkommensverhälntisse nur ausschnittsweise darlegt, wobei seine eigenen Angaben zu einer umfangreichen Tätigkeit als Journalist nicht mit den sporadisch belegten Einkünften nach Auffassung des Senates übereinstimmen, und er seine tatsächlichen Ausgaben auch nur im eingeschränkten Umfang nachweist, ist von einem Nachweis bzw. einer bloßen Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit nicht auszugehen, ein Anspruch auf Alg II ist daher im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht anzunehmen. Dabei wird nicht übersehen, dass die Ag die Ablehnung der Leistung auf § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) stützt. Ob dies zutreffend erfolgt ist, kann hier dahingestellt bleiben, denn selbst wenn im Rahmen der Hauptsacheentscheidung dieser Bescheid der Ag aufgehoben wird, so hat dies nicht zwangsläufig einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes des ASt zur Folge.

Mangels Bezuges von Alg II ist die Ag daher nicht zu verpflichten, Krankenversicherungsbeiträge des ASt ab 28.10.2005 - für den 27.10.2005 sind diese an die BKK S. von der Ag bezahlt worden - zu tragen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher abzulehnen. Die vom ASt nunmehr gegenüber der KSK angegebene Erzielung von Einkommen von mehr als 3.900,00 EUR jährlich in 2006 führt zu keiner anderen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

PKH war mangels Erfolgsaussicht für dieses Verfahren nicht zu bewilligen (§ 73 a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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