L 19 B 377/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 2563/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 377/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass sie zur Bedarfsgemeinschaft eines Leistungsberechtigten nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - gezählt wird.

Die 1973 geborene Antragstellerin lebt seit Februar 1997 mit dem ebenfalls 1973 geborenen D S in einer Wohnung. Eine gemeinsame Tochter wurde 2001 geboren. D S bezog bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von zuletzt wöchentlich 103,25 Euro. Im Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gab er an, mit der Antrag-stellerin in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. Mit Bescheiden vom 15. Dezember 2004, 13. Juni und 02. Dezember 2005, die an D S gerichtet waren, bewilligte der Antragsgegner Leis-tungen nach dem SGB II vom 01. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 in Höhe von zuletzt 84,08 Eu-ro monatlich. Bei der Berechnung der Leistungshöhe legte der Antragsgegner sowohl das Er-werbseinkommen der Antragstellerin von zuletzt 1.065,94 Euro (zu berücksichtiges Er-werbseinkommen) als auch ihren und den Bedarf des Kindes neben den Einkünften und dem Bedarf von D S zugrunde.

Gegen die Anrechnung des Einkommens der Antragstellerin legte D S Widerspruch ein, erhob nach dessen Zurückweisung Klage und stellte im Oktober 2005 beim Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er machte geltend, es bestehe keine eheähnliche Gemeinschaft und er erhalte auch keine finanzielle Unterstützung von der Antragstellerin. Dieser Antrag hatte keinen Erfolg (Beschluss des Sozialgerichts vom 08. Dezember 2005 und Beschluss des Landessozialgerichts vom 02. März 2006). Das Landessozialgericht hat in sei-nem Beschluss ausgeführt, es sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Die bisher bekannten Umstände des Sachverhaltes sprächen dafür, dass eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Se-nat ausdrücklich Bezug auf den auch der Antragstellerin bekannten Beschluss des Landessozi-algerichts vom 02. März 2006.

Am 23. März 2006 hat sich die Antragstellerin mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Sozialgericht gewandt. Zu deren Begründung hat sie geltend gemacht, sie begehre selber keine Leistungen vom Antragsgegner, da sie über ausreichendes eigenes Ein-kommen verfüge, wende sich jedoch dagegen, dass sie nach Auffassung des Antragsgegners ihr Einkommen auch D S zur Verfügung stellen müsse. Dazu sei sie weder gewillt noch reiche ihr Einkommen für die Unterstützung einer weiteren Person aus.

Mit Beschluss vom 11. April 2006 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin jedenfalls nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung verlangen könne, nicht als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft geführt zu werden. Hierdurch entstehe ihr kein wesentlicher Nachteil. Die Bescheide begründeten keinerlei Einstands- oder Unterhaltspflicht der Antragstellerin gegenüber Herrn S, sondern setzten diese als tatsächlich vorliegend voraus. Es stehe der Antragstellerin nach diesen Bescheiden vollkommen frei, ihr Einkommen ausschließlich für sich und ihre Tochter zu verwenden. Auch für ein etwaiges Feststellungsbegehren, gerichtet auf das Nichtbestehen einer Unterhaltspflicht, bestehe im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein rechtlich geschütztes Bedürfnis.

Gegen den ihr am 18. April 2006 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der am 12. Mai 2006 eingelegten Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Sie macht geltend, sie verfolge mit dem Antrag das Ziel, dass

1. die von dem Antragsgegner vorausgesetzte Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft im Sinne einer Bedarfsgemeinschaft rückwirkend zum 01. Januar 2005 aufgelöst wird, damit sie ihr gesamtes Einkommen zur freien Verfügung nutzen und damit ausschließlich die Interessen ihrer Tochter sowie ihre eigenen Interessen wahrnehmen könne,

2. festgestellt wird, dass eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber Herrn D S nicht durchsetzbar ist, da die Voraussetzungen dafür tatsächlich nicht bestehen und

3. die Anrechnung ihres Einkommens rechtswidrig ist, da sie lediglich ihre Interessen und die ihrer Tochter wahrnehme, nicht aber gewillt sei, den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft zu finanzieren. Dieser Wille sei ein Indiz für das Nichtbestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft.

II.

Die Beschwerde war schon deshalb zurückzuweisen, weil das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft ist. Es kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, in dem wegen der Eilbedürftigkeit einer Entscheidung in der Regel nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgt, im Ergebnis offen bleiben, ob die Antragstellerin durch die an DS gerichteten Bescheide (zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings auch die Regelung des § 38 SGB II) als angenommene Partnerin einer Lebensgemeinschaft und damit als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft in eigenen Rechten mit der Folge verletzt ist, dass (auch) sie insoweit rechtsschutzberechtigt ist. Denn die Entscheidung der Antragsgegnerin, eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin und D S anzunehmen, ist nicht zu beanstanden. Der Senat folgt nach eigener Prüfung den Ausführungen des 14. Senats des Landessozialgerichts in dem bereits benannten und der Antragstellerin bekannten Beschluss vom 02. März 2006 - L 14 B 18/06 AS ER - und nimmt unter entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf diese Bezug. Lediglich ergänzend wird die An-tragstellerin darauf hingewiesen, dass es zur Begründung einer Bedarfsgemeinschaft nicht auf ihre Bereitschaft zur Unterstützung derselben ankommt, sondern entscheidend ist, ob nach den Gesamtumständen des Einzelfalles ein Einstehen der Mitglieder für einander erwartet werden kann. Dies ist hier der Fall. Es sprechen deutliche Indizien (langjähriges Zusammenleben, ge-meinsames Kind) für eine eheähnliche Gemeinschaft.

Der von der Antragstellerin geltend gemachte drohende Wohnungsverlust rechtfertigt ebenfalls keine einstweilige Regelung. Es ist das allgemeine Risiko der Antragstellerin als Untermiete-rin, dass dem Hauptmieter (D S) wegen Mietschulden gekündigt wird. Weil die Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben in keinem engeren Verhältnis zum Hauptmieter steht, ist ihr in diesem Fall ein Auszug in eine eigene Wohnung zumutbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved