L 11 B 500/06 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 368/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 500/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.05.2006 abgeändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 06.04.2006 Punkt 3 wird als unzulässig abgelehnt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) und die Erstattung überzahlter Leistung sowie deren Aufrechnung mit laufenden Leistungen.

Die Antragsgegnerin (Ag) nahm die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit Bescheid vom 06.04.2006 wegen Nichtangabe von Einkommen der Antragstellerin (ASt) sowie ihres Ehemannes zurück, forderte die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 6.856,53 EUR und legte fest, dass ab 01.04.2006 in Höhe von 136,00 EUR bzw. später 186,00 EUR sowie in Höhe von zusätzlich 139,00 EUR (Zuschlag) mit den laufenden Leistungen aufgerechnet werde. Gegen diesen Bescheid legte die ASt Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Am 03.05.2006 beantragte die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in angemessener Höhe sowie die Mietrückstände umgehend zu gewähren. Das SG hat mit Beschluss vom 18.05.2006 diesen Antrag mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes - der ASt stünden noch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung - abgelehnt.

Hiergegen hat die ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich in dem Sinne als begründet, als der Beschluss des SG Nürnberg abzuändern ist. Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch zurückzuweisen.

Die ASt wendet sich mit ihrem Widerspruch gegen die Rücknahmeentscheidung, die Erstattungsforderung und die Festlegung der Aufrechnung durch die Ag. Zutreffende Klageart wäre hier eine reine Anfechtungsklage, gerichtet sowohl gegen die Rücknahmeentscheidung als auch gegen die Erstattungsforderung und die Festlegung der Aufrechnungsmodalitäten durch die Ag. Dabei richtet sich der Antrag, umgehend die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in angemessener Höhe zu gewähren, lediglich gegen die von der Ag in Punkt 3 des Bescheides vom 06.04.2006 festgelegten Modalitäten der Rückzahlung durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen. Die ASt will mit ihrem Begehren erreichen, dass die laufenden Leistungen vorläufig ohne Aufrechnung gewährt werden.

Dieser Antrag ist jedoch unzulässig.

Gemäß § 86 a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestalteten und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. Der von der ASt gegen den Bescheid vom 06.04.2006 eingelegte Widerspruch führt daher bezüglich des Punktes 3 zur aufschiebenden Wirkung, denn § 39 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) greift hier nicht ein. Bei der Festlegung der Modalitäten der Rückzahlung durch Aufrechnung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt - wobei hier offen gelassen werden kann, ob dies in Form eines Verwaltungsaktes überhaupt festgelegt werden kann (vgl hierzu: Eicher in Eicher-Spellbrink, SGB II, § 43 RdNr 6, 34) - betreffend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (vgl Eicher aaO § 39 RdNr 15).

Bezüglich der Aufrechnung hat somit der von der ASt eingelegte Widerspruch aufschiebende Wirkung. Sie darf bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht erfolgen. Der Erlass einer gesonderten Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist daher nicht erforderlich. Hierfür fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.

Hinsichtlich des Erlasses einer einstweiligen Anordnung dahingehend, die Mietrückstände zu gewähren, fehlt es am Vorliegen eines Hauptsacheverfahrens. Dieser Antrag ist somit ebenfalls unzulässig.

Nach alledem ist auf die Beschwerde der ASt der Beschluss des SG Nürnberg abzuändern. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in angemessener Höhe ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich Punkt 3 des Bescheides vom 06.04.2006 auszulegen. Dieser Antrag ist jedoch unzulässig. Der Antrag auf Gewährung der Mietrückstände im Rahmen einer einstweiligen Anordnung hat das SG im Ergebnis zu Recht mangels Hauptsacheverfahrens abgewiesen. Die diesbezügliche Beschwerde ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechende Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved