Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 R 1478/05
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid der Beklagten vom 18.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 wird geändert. 2. Die Klägerin zahlt an die Beklagte für die Beschäftigten M, S, Z, F, H, M, K, K, S, K und H insgesamt 2.362,97 EUR an Beiträgen zur Sozialversicherung für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 nach. 3. Im Übrigen, also in Höhe einer Beitragsnachforderung von 8.781,36 EUR wird der Bescheid vom 18.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 aufgehoben. 4. Die Beklagte übernimmt 4/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Gerichtskosten. Die Klägerin trägt 1/5 der Gerichtskosten. 5. Der Streitwert wird auf 11.144,33 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die beitragsrechtliche Behandlung von Zahlungen an Schauspieler, Chorsänger, Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten für die Mitwirkung an Fernsehproduktionen.
Im Hause der Klägerin, eine GmbH, die ein großes Theater betriebt, zeichnete der Norddeutsche Rundfunk (NDR) vom 9. bis 13.6.2000, vom 1. bis 5.6.2001 und am 10.5.2003 drei Inszenierungen (Elektra, Inferno und Liebelei) für das Fernsehen auf. Die Beklagte führte in der Zeit vom 19. bis 21.4.2004 und am 4.8.2004 bei der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2003 eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 18.8.2004 forderte sie Beiträge für 23 Beschäftigte der Klägerin zu allen Zweigen der Sozialversicherung in Höhe von 11.144,33 EUR nach. Zur Begründung führte sie aus, bei einigen, den versicherungspflichtigen Schauspielern in den Jahren 2000 bis 2003 gewährten Fernsehhonoraren handele es sich um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung.
Mit ihrem am 16.9.2004 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, nach dem Normalvertrag (NV) Bühne habe sie für die Einwilligung in die Verwertung der Urheberrechte eine angemessene Vergütung zur Abgeltung dieser Leistungsschutzrechte den Beteiligten zugesagt. Die Zahlungen seien zur Abgeltung der Leistungsschutzrechte erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6.3.1995 (Az. VI R 63/94, veröffentlicht u.a. unter www.juris.de) handele es sich bei der Vergütung für die Übertragung von Leistungsschutzrechten betreffend Fernsehausstrahlungen nicht um Arbeitslohn, sondern um Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit, wenn die Leistungsschutzrechte nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf den Arbeitgeber übergegangen und die Höhe der jeweiligen Vergütung in gesonderten Vereinbarungen festgelegt worden sei. Da die Arbeitnehmer der Klägerin nicht direkt beim Fernsehsender angestellt seien und auch der NV Bühne keine entsprechende Regelung vorsehe, seien die Leistungsschutzrechte nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf die Klägerin übergegangen. Da die Sozialversicherungspflicht von Zahlungen dem Steuerrecht in der Regel folge, seien die gewährten Vergütungen für die Leistungsschutzrechte kein Arbeitsentgelt. Ein anders lautender Beschluss der Spitzenverbände folge finanzpolitischen Erwägungen. Mit Bescheid vom 13.10.2004 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 18.8.2004 und stellte fest, dass die beteiligte Schauspielerin v. T. im Zeitraum vom 1. bis 31.7.2000 nicht bei der Betriebskrankenkasse (BKK) S., sondern bei der C. BKK versichert gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.5.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil die gezahlten Vergütungen für Leistungsschutzrechte Arbeitsentgelt seien.
Mit ihrer am 13.6.2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Bescheide weiter. Zur Begründung führt sie aus, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.3.1995 handele es sich nicht um Arbeitsentgelt. Selbst wenn man davon ausginge, es handele sich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV), so sei es wegen der Regelungen in der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nicht sozialversicherungspflichtig. Im Übrigen genieße die Klägerin hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Vergütungen Vertrauensschutz, denn sie habe sich bemüht, eine Klärung herbeizuführen. Bereits 1999 habe sie sich an die BKK Stadt H., die heutige C. BKK, gewandt. Sie habe mit Bescheid vom 3.2.2000 zwar die Auskunft erhalten, dass Urheberrechte, die auf den Arbeitgeber übertragen und abgegolten würden, dem beitragspflichtigen, einmalig gezahlten Arbeitsentgelt zuzuordnen seien, nachdem sie – die Klägerin – hiergegen jedoch am 28.2.2000 Widerspruch eingelegt habe, sei ihr von der BKK Stadt H. mitgeteilt worden, dass ein Widerspruchsverfahren auf das die bloße Rechtslage darstellende Schreiben vom 3.2.2000 nicht eingeleitet werde. Die BKK Stadt H. habe darauf verwiesen, dass erst gegen einen konkreten Beitragsbescheid Widerspruch erhoben werden könne. Daraufhin habe sie – die Klägerin – ihre Zahllisten für die Fernsehaufzeichnung der Inszenierung Elektra übersandt und daraufhin gewiesen, dass aus ihrer Sicht, die vertraglich vereinbarten Zahlungen steuer- und sozialversicherungsfrei seien. Mit Schreiben vom 14.9.2000 habe die BKK Stadt H. erklärt, der Vorgang habe noch nicht abschließend bearbeitet werden können. Auf eine Erinnerung vom 25.1.2001 habe sie keine Antwort der BKK Stadt H. erhalten.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 18.8.2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.10.2004 und den Widerspruchsbescheid vom 12.5.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und den Inhalt ihrer Verwaltungsakte.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 8.3.2006 haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte der Kammer und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer könnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend im Termin zur Erörterung des Sachverhalts ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG).
Die Klage ist zulässig und auch insoweit begründet, wie die Aufhebung der angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Schauspieler und Chorsänger begehrt wird. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin die Aufhebung der Bescheide hinsichtlich der Zahlungen an Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten für deren Mitwirkung an Fernsehproduktionen begehrt. Insoweit fordert die Beklagte zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung. Die Klägerin ist verpflichtet, für diesen Personenkreis Beiträge in Höhe von 2.362,97 EUR für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2003 zu entrichten.
In dem Prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2003 wurde bei versicherungspflichtig Beschäftigten in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des 5. Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V). Gleiches gilt in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 162 Nr. 1 des 6. Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung, SGB VI) sowie im Recht der Arbeitsförderung (§ 342 des 3. Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung, SGB III). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 des 4. Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, SGB IV).
Trotz dieser weit gefaßten Definition des Begriffs Arbeitsentgelt reicht es nicht aus, einen Zusammenhang zwischen Zuwendung und Beschäftigung schon dann zu bejahen, wenn eine Zuwendung ihre Erklärung nur in dem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses findet, d.h. die Zahlung schon dann als Arbeitsentgelt anzusehen, wenn sie ohne das Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses nicht denkbar wäre. Diese Sichtweise verkennt, dass zugunsten der Schauspieler und Chorsänger der Klägerin nach §§ 73 ff Urheberrechtsgesetz (UrhG) Leistungsschutzrechte bestehen. Die Schauspieler und Chorsänger der Klägerin sind nach § 73 UrhG ausübende Künstler, die einen gesetzlichen Anspruch gegen den Werknutzer (vgl. § 32 UrhG), hier also den NDR haben, wenn dieser die Inszenierungen der Klägerin aufzeichnet und ausstrahlt. Auch ein Chorsänger erbringt als ausübender Künstler durch seine Mitwirkung an der Darbietung eine Einzelleistung, die in den Schutzbereich der §§ 73 ff UrhG fällt (vgl. Urteil des OLG Hamburg vom 20.5.1976, GRUR 1976, S.708, 710 unter Hinweis auf BGHZ 33, S. 20, 23 "Figaros Hochzeit"). Geschützt ist über §§ 73 ff UrhG nicht das Werk, sondern die Art und Weise der individuellen künstlerischen Darbietung und der künstlerischen Mitwirkung bei der Wiedergabe des Werkes.
Die an den ausübenden Künstler gezahlten Vergütungen für die Kraft Gesetzes originär in seiner Person entstandenen Leistungsschutzrechte werden deshalb nicht "für die Beschäftigung" gezahlt, sondern gerade zur Abgeltung dieser originär in seiner Person entstandener Rechte (vgl. Urteil des BFH vom 6.3.1995, Az. VI R 63/94, veröffentlicht unter www.juris.de). Wenn wie hier die Vergütung für die Leistungsschutzrechte nicht vom Dritten (Werknutzer), sondern vom Arbeitgeber des Künstlers erbracht werden, wie sich auch aus den Regelungen des NV Bühne und den einzelnen Dienstverträgen der Schauspieler und Chorsänger ergibt, sind diese nur dann als Arbeitsentgelt zu beurteilen, wenn die Leistungsschutzrechte bereits ohne weiteres aufgrund des Wesens des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitgeber übergangen sind (vgl. BFH vom 6.3.1995, a.a.O., Absatz 18). Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die Schauspieler und Chorsänger Verträge mit dem NDR gehabt hätten bzw. wenn Schauspieler und Chorsänger bei der Klägerin für ihre Mitwirkung an Aufführungen ohne Aufzeichnung durch einen Dritten Leistungsschutzrechte geltend machten. Nur dann ist der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Vergütung für die Leistungsschutzrechte so eng, dass ausnahmsweise auch die Zuwendung des Arbeitgebers für die Abgeltung der Leistungsschutzrechte als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft zu werten ist (vgl. BFH vom 6.3.1995, a.a.O.). Die Leistungsschutzrechte für die Fernsehproduktionen sind jedoch bei den Schauspielern und Sänger verblieben, auch wenn diese arbeitsvertraglich (vgl. § 5 Abs. 1 des Dienstvertrags gemäß Normalvertrag Bühne für Solomitglieder) verpflichtet waren, an den Produktionen teilzunehmen. In § 5 Abs. 2 des Dienstvertrags ist nämlich ausdrücklich eine angemessene Abgeltung der Urheber- und Leistungsschutzrechte vereinbart. Auch der NV Bühne (Tarifvertrag) enthält in § 59 eine Regelung über eine angemessene Rechteabgeltung.
Hinsichtlich der Schauspieler und Chorsänger kann dem auch nicht entgegen gehalten, dass in der Zahlung einer Abgeltung für die Leistungsschutzrechte eine Umgehung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts liegen würde. Die Betroffenen standen in den fraglichen Zeiträumen alle im Arbeitsverhältnis bei der Klägerin und erhielten hieraus ihre regelmäßigen und den vertraglichen Vereinbarungen sowie den Tarifverträgen entsprechenden Gagen für ihre Auftritte in den Vorstellungen der Klägerin. Es war also nicht so, dass bei einer geringen Gage eine unverhältnismäßig hohe Abgeltung für Leistungsschutzrechte gezahlt wurde, um zu erreichen, dass derartige Abgeltung steuerrechtlich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählen und keine Lohnsteuer zu zahlen war sowie die Versteuerung erst bei der Veranlagung des Selbständigen erfolgen sollte.
Auch wenn die Kammer nicht an die Besprechungsergebnisse der Projektgruppe "Beitragsüberwachung" (PGBEIUE) aus der Sitzung vom 16./17.12.1998 (Top 3, Az. 20-30-11-00 (2.1.2) gebunden ist, stehen diese der hier vorgenommenen Beurteilung der Zahlungen der Klägerin an die Schauspieler und Chorsänger nicht entgegen. Dort heißt es nämlich, dass entscheidend für die beitragsrechtliche Beurteilung von Zahlungen für Leistungsschutzrechte die Frage sei, ob die Übertragung der Leistungsschutzrechte (vertraglich oder stillschweigend) zur Erfüllung des Vertragszwecks unbedingt erforderlich sei. Dies war hier nicht der Fall. Zur Erfüllung des zwischen der Klägerin und den Schauspieler sowie den Chorsänger geschlossenen Vertrags war die Übertragung der Leistungsschutzrechte soweit sie in Zusammenhang mit Fernsehproduktionen entstehen, nicht unbedingt erforderlich, denn der betriebliche Zweck der Klägerin ist nicht, Fernsehproduktionen ihrer Aufführungen zu schaffen, sondern die Darbietung der Inszenierungen auf ihrer Bühne im Theater. Im Beratungsergebnis vom 16./17.12.1998 heißt es dann abschließend, bei Zahlung von Leistungsschutzrechten, die sich nicht unmittelbar aus dem betrieblichen Zweck ergeben und die nicht bereits zum Zeitpunkt der Honorarzahlung abgegolten wurden, handele es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs.1 EStG und somit nicht um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung, weil Zuwendungen für solche Leistungsschutzrechte nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft zu werten seien. Dem hätte die Beklagte hinsichtlich der Zahlungen an die Schauspieler und Chorsänger nur folgen müssen.
Die Beurteilung von Zahlungen zur Abgeltung von Leistungsschutzrechten als Einkünfte aus selbständiger Arbeit und nicht als Arbeitsentgelt setzt jedoch voraus, dass derartige Leistungsschutzrechte überhaupt entstanden sind. Solche Leistungsschutzrechte sind für folgende Beschäftigte der Klägerin jedoch nach dem UrhG nicht entstanden: M (Maskenbildnerin), S (Inspizient), Z (Inspizientin), F (Souffleuse) , H (Maskenbildnerin), M (Regieassistentin), K (Souffleuse), K (Maskenbildnerin), S (Maskenbildnerin), K (Maskenbildner) und H (Souffleuse), denn sie gehören nicht zu den ausübenden Künstlern im Sinne des § 73 UrhG.
Ausübender Künstler ist, wer ein Werk oder eine Ausdrucksform der Volkskunst aufführt, singt, spielt oder auf andere Weise darbietet oder an einer solchen Darbietung künstlerisch mitwirkt (§ 73 UrhG). Was insbesondere unter künstlerischer Mitwirkung zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht ausdrücklich festgelegt. Nach der Begründung zu § 73 UrhG besteht der Zweck der Erweiterung des Schutzes darin, alle an der Darbietung künstlerisch Mitwirkenden in ihrem Leistungsergebnis zu schützen. Mitwirkender im Sinne des § 73 UrhG ist, wer auf die künstlerische Werkswiedergabe einen bestimmenden Einfluss nimmt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs, BGH, vom 9.11.1973 "Celestina", GRUR 1974, S. 672, 673 und Urteil des BGH vom 14.11.1980, BGHZ 79, S. 362, 373). Das Merkmal "künstlerisch" dient dabei zur Abgrenzung gegenüber dem handwerklich - technischem Personal; das Merkmal "Mitwirkung" ist bezogen auf die konkrete Darbietung in ihrer künstlerischen Gestaltung (vgl. Kuhn, die Bühneninszenierung als komplexes Werk, Baden-Baden 2005, S. 139). Diese Merkmale treffen auf die oben genannten Beschäftigten nicht zu.
Einer Maskenbildnerin bzw. einem Maskenbildner stehen keine Leistungsrechte nach §§ 73 ff UrhG zu, denn die Maskenbildnerin bzw. der Maskenbildner nimmt keinen Einfluss auf die Darbietung, sondern trägt dafür Sorge, dass die Darbietung des Schauspielers über ihr äußeres Erscheinungsbild besser wahrgenommen wird (vgl. Kuhn, a.a.O., S. 140 mit weiteren Nachweisen). Dafür wird zwar künstlerisches Einfühlungsvermögen benötigt, dies reicht aber für ein Leistungsschutzrecht nicht aus (Kuhn, a.a.O.), denn der Leistungsschutz wird weder für künstlerisches Einfühlungsvermögen noch für die künstlerische Leistung bei der Gestaltung der Masken (möglicher Schutz als Werk nach § 2 UrhG) gewährt, sondern allein für die künstlerische Mitwirkung an der Gestaltung der Darbietung (vgl. Kuhn, a.a.O., BGH, GRUR 1974, 672, 673, "Celestina").
Von den Inspizienten und den Souffleusen werden bei der künstlerischen Werkdarbietung technisch-organisatorische Leistungen erbracht (vgl. Hertin in Fromm/ Nordemann, UrhKomm, AL 40 /Dezember 2005, § 73 Rdnr 46). Trotz des auch hier aufzubringenden künstlerischen Einfühlungsvermögens findet hier keine direkte individuelle Prägung der Darbietung, wie sie für Leistungsrechte nach §§ 73 ff UrhG notwendig ist, statt (vgl. Hertin, a.a.O., Rdnr 47). Auch hinsichtlich der Regieassistentin können keine Leistungsschutzrechte nach §§ 73 ff UrhG entstehen. Bei den vielfältig denkbaren Regieleistungen sind die Leistungsschutzrechte nur dann zuzusprechen, wenn sie sich prägend in der Werkdarbietung niederschlagen. Der Abendspielleiter ist z.B. nur bei aktiver Einwirkung auf das Bühnengeschehen ausübender Künstler, bei bloßer Überwachung des Regiekonzepts jedoch nicht (Hertin, a.a.O., § 73 Rdnr. 35). Wenn jedoch schon die Spielleitung ohne aktive Einwirkung auf die Darbietung, also das Bühnengeschehen, keine künstlerische Mitwirkung im Sinne des § 73 UrhG darstellt, so muss dies umso mehr gelten, wenn es um Assistenzleistungen für diese Tätigkeit geht.
Die Klägerin kann ihr Begehren auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide für die Zahlungen an die Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten auch nicht auf Vertrauensschutz stützen. Auch wenn die Klägerin in den Jahren 1999 bis 2001 mit der damaligen BKK Stadt H., heute C. BKK, hinsichtlich der beitragsrechtlichen Behandlung der Zahlungen Kontakt aufgenommen und die C. BKK soweit ersichtlich immer noch nicht über den Widerspruch gegen den mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid vom 3.2.2000 entschieden hat, bedeutet dies nicht, dass hieraus schutzwürdiges Vertrauen in die beitragsrechtliche Behandlung der Zahlungen an die Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten entstehen konnte. Die C. BKK als eine der möglichen Einzugsstellen hätte lediglich hinsichtlich ihres Mitgliedes, der Schauspielerin v.T. entscheiden können. Die Zahlungen an Frau v.T. unter fallen jedoch gerade nicht, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, der Sozialversicherungspflicht.
Als Arbeitgeberin ist die Klägerin verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für alle bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer zu zahlen (§ 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Dieser ist an die zuständige Krankenkasse (Einzugsstelle) zu zahlen (§ 28 h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung der Beitragsnachweise und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28 h Abs.1 Satz 2 SGB IV). Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Da jedoch zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Krankenkasse ist, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird (§ 28 i Satz 1 SGB IV) bedeutet dies, dass bis zur Durchführung einer Betriebsprüfung der Arbeitgeber bei Zweifel bzw. Fragen über die Sozialversicherungspflicht oder die Beitragspflicht für bestimmte Zahlungen sich immer an die jeweilige Krankenkasse seines Arbeitnehmers wenden muss. Die Klägerin konnte es also nicht dabei bewenden lassen, lediglich zu versuchen, die Frage der Beitragspflichtigkeit der Abgeltung von Leistungs-schutzrechten mit der C. BKK zu klären, sondern hätte sich an die übrigen beteiligten 12 Krankenkassen wenden müssen. Dies mag zwar aus Arbeitgebersicht umständlich sein, kann aber nur bei einer verbindlichen Entscheidung der Einzugsstelle gegebenenfalls auch zu einer Bindung des Rentenversicherungsträgers im Falle einer Betriebsprüfung nach § 28 p SGB IV führen und verhindern, dass Beiträge nachgezahlt werden müssen.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Klägerin überwiegend obsiegt hat. Da weder die Klägerin noch die Beklagte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehören, sind Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) zu erheben (§ 197 a Abs.1 Satz 1 SGG). Da die Beklagte nicht in vollem Umfang unterlegen ist, trägt sie die Gerichtskosten zu 4/5. Die Klägerin trägt anteilig zu ihrem Verlieren die Gerichtskosten in Höhe von 1/5. Für beide Beteiligte gilt § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung). Der Streitwert war nach § 52 GKG entsprechend der sich aus dem Aufhebungsantrag der Klägerin für diese ergebenden Bedeutung der Sache, also der geltend gemachten Beitragsansprüche auf 11.144,33 EUR festzusetzen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die beitragsrechtliche Behandlung von Zahlungen an Schauspieler, Chorsänger, Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten für die Mitwirkung an Fernsehproduktionen.
Im Hause der Klägerin, eine GmbH, die ein großes Theater betriebt, zeichnete der Norddeutsche Rundfunk (NDR) vom 9. bis 13.6.2000, vom 1. bis 5.6.2001 und am 10.5.2003 drei Inszenierungen (Elektra, Inferno und Liebelei) für das Fernsehen auf. Die Beklagte führte in der Zeit vom 19. bis 21.4.2004 und am 4.8.2004 bei der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2003 eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 18.8.2004 forderte sie Beiträge für 23 Beschäftigte der Klägerin zu allen Zweigen der Sozialversicherung in Höhe von 11.144,33 EUR nach. Zur Begründung führte sie aus, bei einigen, den versicherungspflichtigen Schauspielern in den Jahren 2000 bis 2003 gewährten Fernsehhonoraren handele es sich um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung.
Mit ihrem am 16.9.2004 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, nach dem Normalvertrag (NV) Bühne habe sie für die Einwilligung in die Verwertung der Urheberrechte eine angemessene Vergütung zur Abgeltung dieser Leistungsschutzrechte den Beteiligten zugesagt. Die Zahlungen seien zur Abgeltung der Leistungsschutzrechte erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6.3.1995 (Az. VI R 63/94, veröffentlicht u.a. unter www.juris.de) handele es sich bei der Vergütung für die Übertragung von Leistungsschutzrechten betreffend Fernsehausstrahlungen nicht um Arbeitslohn, sondern um Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit, wenn die Leistungsschutzrechte nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf den Arbeitgeber übergegangen und die Höhe der jeweiligen Vergütung in gesonderten Vereinbarungen festgelegt worden sei. Da die Arbeitnehmer der Klägerin nicht direkt beim Fernsehsender angestellt seien und auch der NV Bühne keine entsprechende Regelung vorsehe, seien die Leistungsschutzrechte nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf die Klägerin übergegangen. Da die Sozialversicherungspflicht von Zahlungen dem Steuerrecht in der Regel folge, seien die gewährten Vergütungen für die Leistungsschutzrechte kein Arbeitsentgelt. Ein anders lautender Beschluss der Spitzenverbände folge finanzpolitischen Erwägungen. Mit Bescheid vom 13.10.2004 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 18.8.2004 und stellte fest, dass die beteiligte Schauspielerin v. T. im Zeitraum vom 1. bis 31.7.2000 nicht bei der Betriebskrankenkasse (BKK) S., sondern bei der C. BKK versichert gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.5.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil die gezahlten Vergütungen für Leistungsschutzrechte Arbeitsentgelt seien.
Mit ihrer am 13.6.2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Bescheide weiter. Zur Begründung führt sie aus, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.3.1995 handele es sich nicht um Arbeitsentgelt. Selbst wenn man davon ausginge, es handele sich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV), so sei es wegen der Regelungen in der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nicht sozialversicherungspflichtig. Im Übrigen genieße die Klägerin hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Vergütungen Vertrauensschutz, denn sie habe sich bemüht, eine Klärung herbeizuführen. Bereits 1999 habe sie sich an die BKK Stadt H., die heutige C. BKK, gewandt. Sie habe mit Bescheid vom 3.2.2000 zwar die Auskunft erhalten, dass Urheberrechte, die auf den Arbeitgeber übertragen und abgegolten würden, dem beitragspflichtigen, einmalig gezahlten Arbeitsentgelt zuzuordnen seien, nachdem sie – die Klägerin – hiergegen jedoch am 28.2.2000 Widerspruch eingelegt habe, sei ihr von der BKK Stadt H. mitgeteilt worden, dass ein Widerspruchsverfahren auf das die bloße Rechtslage darstellende Schreiben vom 3.2.2000 nicht eingeleitet werde. Die BKK Stadt H. habe darauf verwiesen, dass erst gegen einen konkreten Beitragsbescheid Widerspruch erhoben werden könne. Daraufhin habe sie – die Klägerin – ihre Zahllisten für die Fernsehaufzeichnung der Inszenierung Elektra übersandt und daraufhin gewiesen, dass aus ihrer Sicht, die vertraglich vereinbarten Zahlungen steuer- und sozialversicherungsfrei seien. Mit Schreiben vom 14.9.2000 habe die BKK Stadt H. erklärt, der Vorgang habe noch nicht abschließend bearbeitet werden können. Auf eine Erinnerung vom 25.1.2001 habe sie keine Antwort der BKK Stadt H. erhalten.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 18.8.2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.10.2004 und den Widerspruchsbescheid vom 12.5.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und den Inhalt ihrer Verwaltungsakte.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 8.3.2006 haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte der Kammer und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer könnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend im Termin zur Erörterung des Sachverhalts ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG).
Die Klage ist zulässig und auch insoweit begründet, wie die Aufhebung der angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Schauspieler und Chorsänger begehrt wird. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin die Aufhebung der Bescheide hinsichtlich der Zahlungen an Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten für deren Mitwirkung an Fernsehproduktionen begehrt. Insoweit fordert die Beklagte zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung. Die Klägerin ist verpflichtet, für diesen Personenkreis Beiträge in Höhe von 2.362,97 EUR für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2003 zu entrichten.
In dem Prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2003 wurde bei versicherungspflichtig Beschäftigten in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des 5. Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V). Gleiches gilt in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 162 Nr. 1 des 6. Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung, SGB VI) sowie im Recht der Arbeitsförderung (§ 342 des 3. Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung, SGB III). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 des 4. Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, SGB IV).
Trotz dieser weit gefaßten Definition des Begriffs Arbeitsentgelt reicht es nicht aus, einen Zusammenhang zwischen Zuwendung und Beschäftigung schon dann zu bejahen, wenn eine Zuwendung ihre Erklärung nur in dem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses findet, d.h. die Zahlung schon dann als Arbeitsentgelt anzusehen, wenn sie ohne das Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses nicht denkbar wäre. Diese Sichtweise verkennt, dass zugunsten der Schauspieler und Chorsänger der Klägerin nach §§ 73 ff Urheberrechtsgesetz (UrhG) Leistungsschutzrechte bestehen. Die Schauspieler und Chorsänger der Klägerin sind nach § 73 UrhG ausübende Künstler, die einen gesetzlichen Anspruch gegen den Werknutzer (vgl. § 32 UrhG), hier also den NDR haben, wenn dieser die Inszenierungen der Klägerin aufzeichnet und ausstrahlt. Auch ein Chorsänger erbringt als ausübender Künstler durch seine Mitwirkung an der Darbietung eine Einzelleistung, die in den Schutzbereich der §§ 73 ff UrhG fällt (vgl. Urteil des OLG Hamburg vom 20.5.1976, GRUR 1976, S.708, 710 unter Hinweis auf BGHZ 33, S. 20, 23 "Figaros Hochzeit"). Geschützt ist über §§ 73 ff UrhG nicht das Werk, sondern die Art und Weise der individuellen künstlerischen Darbietung und der künstlerischen Mitwirkung bei der Wiedergabe des Werkes.
Die an den ausübenden Künstler gezahlten Vergütungen für die Kraft Gesetzes originär in seiner Person entstandenen Leistungsschutzrechte werden deshalb nicht "für die Beschäftigung" gezahlt, sondern gerade zur Abgeltung dieser originär in seiner Person entstandener Rechte (vgl. Urteil des BFH vom 6.3.1995, Az. VI R 63/94, veröffentlicht unter www.juris.de). Wenn wie hier die Vergütung für die Leistungsschutzrechte nicht vom Dritten (Werknutzer), sondern vom Arbeitgeber des Künstlers erbracht werden, wie sich auch aus den Regelungen des NV Bühne und den einzelnen Dienstverträgen der Schauspieler und Chorsänger ergibt, sind diese nur dann als Arbeitsentgelt zu beurteilen, wenn die Leistungsschutzrechte bereits ohne weiteres aufgrund des Wesens des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitgeber übergangen sind (vgl. BFH vom 6.3.1995, a.a.O., Absatz 18). Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die Schauspieler und Chorsänger Verträge mit dem NDR gehabt hätten bzw. wenn Schauspieler und Chorsänger bei der Klägerin für ihre Mitwirkung an Aufführungen ohne Aufzeichnung durch einen Dritten Leistungsschutzrechte geltend machten. Nur dann ist der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Vergütung für die Leistungsschutzrechte so eng, dass ausnahmsweise auch die Zuwendung des Arbeitgebers für die Abgeltung der Leistungsschutzrechte als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft zu werten ist (vgl. BFH vom 6.3.1995, a.a.O.). Die Leistungsschutzrechte für die Fernsehproduktionen sind jedoch bei den Schauspielern und Sänger verblieben, auch wenn diese arbeitsvertraglich (vgl. § 5 Abs. 1 des Dienstvertrags gemäß Normalvertrag Bühne für Solomitglieder) verpflichtet waren, an den Produktionen teilzunehmen. In § 5 Abs. 2 des Dienstvertrags ist nämlich ausdrücklich eine angemessene Abgeltung der Urheber- und Leistungsschutzrechte vereinbart. Auch der NV Bühne (Tarifvertrag) enthält in § 59 eine Regelung über eine angemessene Rechteabgeltung.
Hinsichtlich der Schauspieler und Chorsänger kann dem auch nicht entgegen gehalten, dass in der Zahlung einer Abgeltung für die Leistungsschutzrechte eine Umgehung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts liegen würde. Die Betroffenen standen in den fraglichen Zeiträumen alle im Arbeitsverhältnis bei der Klägerin und erhielten hieraus ihre regelmäßigen und den vertraglichen Vereinbarungen sowie den Tarifverträgen entsprechenden Gagen für ihre Auftritte in den Vorstellungen der Klägerin. Es war also nicht so, dass bei einer geringen Gage eine unverhältnismäßig hohe Abgeltung für Leistungsschutzrechte gezahlt wurde, um zu erreichen, dass derartige Abgeltung steuerrechtlich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählen und keine Lohnsteuer zu zahlen war sowie die Versteuerung erst bei der Veranlagung des Selbständigen erfolgen sollte.
Auch wenn die Kammer nicht an die Besprechungsergebnisse der Projektgruppe "Beitragsüberwachung" (PGBEIUE) aus der Sitzung vom 16./17.12.1998 (Top 3, Az. 20-30-11-00 (2.1.2) gebunden ist, stehen diese der hier vorgenommenen Beurteilung der Zahlungen der Klägerin an die Schauspieler und Chorsänger nicht entgegen. Dort heißt es nämlich, dass entscheidend für die beitragsrechtliche Beurteilung von Zahlungen für Leistungsschutzrechte die Frage sei, ob die Übertragung der Leistungsschutzrechte (vertraglich oder stillschweigend) zur Erfüllung des Vertragszwecks unbedingt erforderlich sei. Dies war hier nicht der Fall. Zur Erfüllung des zwischen der Klägerin und den Schauspieler sowie den Chorsänger geschlossenen Vertrags war die Übertragung der Leistungsschutzrechte soweit sie in Zusammenhang mit Fernsehproduktionen entstehen, nicht unbedingt erforderlich, denn der betriebliche Zweck der Klägerin ist nicht, Fernsehproduktionen ihrer Aufführungen zu schaffen, sondern die Darbietung der Inszenierungen auf ihrer Bühne im Theater. Im Beratungsergebnis vom 16./17.12.1998 heißt es dann abschließend, bei Zahlung von Leistungsschutzrechten, die sich nicht unmittelbar aus dem betrieblichen Zweck ergeben und die nicht bereits zum Zeitpunkt der Honorarzahlung abgegolten wurden, handele es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs.1 EStG und somit nicht um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung, weil Zuwendungen für solche Leistungsschutzrechte nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft zu werten seien. Dem hätte die Beklagte hinsichtlich der Zahlungen an die Schauspieler und Chorsänger nur folgen müssen.
Die Beurteilung von Zahlungen zur Abgeltung von Leistungsschutzrechten als Einkünfte aus selbständiger Arbeit und nicht als Arbeitsentgelt setzt jedoch voraus, dass derartige Leistungsschutzrechte überhaupt entstanden sind. Solche Leistungsschutzrechte sind für folgende Beschäftigte der Klägerin jedoch nach dem UrhG nicht entstanden: M (Maskenbildnerin), S (Inspizient), Z (Inspizientin), F (Souffleuse) , H (Maskenbildnerin), M (Regieassistentin), K (Souffleuse), K (Maskenbildnerin), S (Maskenbildnerin), K (Maskenbildner) und H (Souffleuse), denn sie gehören nicht zu den ausübenden Künstlern im Sinne des § 73 UrhG.
Ausübender Künstler ist, wer ein Werk oder eine Ausdrucksform der Volkskunst aufführt, singt, spielt oder auf andere Weise darbietet oder an einer solchen Darbietung künstlerisch mitwirkt (§ 73 UrhG). Was insbesondere unter künstlerischer Mitwirkung zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht ausdrücklich festgelegt. Nach der Begründung zu § 73 UrhG besteht der Zweck der Erweiterung des Schutzes darin, alle an der Darbietung künstlerisch Mitwirkenden in ihrem Leistungsergebnis zu schützen. Mitwirkender im Sinne des § 73 UrhG ist, wer auf die künstlerische Werkswiedergabe einen bestimmenden Einfluss nimmt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs, BGH, vom 9.11.1973 "Celestina", GRUR 1974, S. 672, 673 und Urteil des BGH vom 14.11.1980, BGHZ 79, S. 362, 373). Das Merkmal "künstlerisch" dient dabei zur Abgrenzung gegenüber dem handwerklich - technischem Personal; das Merkmal "Mitwirkung" ist bezogen auf die konkrete Darbietung in ihrer künstlerischen Gestaltung (vgl. Kuhn, die Bühneninszenierung als komplexes Werk, Baden-Baden 2005, S. 139). Diese Merkmale treffen auf die oben genannten Beschäftigten nicht zu.
Einer Maskenbildnerin bzw. einem Maskenbildner stehen keine Leistungsrechte nach §§ 73 ff UrhG zu, denn die Maskenbildnerin bzw. der Maskenbildner nimmt keinen Einfluss auf die Darbietung, sondern trägt dafür Sorge, dass die Darbietung des Schauspielers über ihr äußeres Erscheinungsbild besser wahrgenommen wird (vgl. Kuhn, a.a.O., S. 140 mit weiteren Nachweisen). Dafür wird zwar künstlerisches Einfühlungsvermögen benötigt, dies reicht aber für ein Leistungsschutzrecht nicht aus (Kuhn, a.a.O.), denn der Leistungsschutz wird weder für künstlerisches Einfühlungsvermögen noch für die künstlerische Leistung bei der Gestaltung der Masken (möglicher Schutz als Werk nach § 2 UrhG) gewährt, sondern allein für die künstlerische Mitwirkung an der Gestaltung der Darbietung (vgl. Kuhn, a.a.O., BGH, GRUR 1974, 672, 673, "Celestina").
Von den Inspizienten und den Souffleusen werden bei der künstlerischen Werkdarbietung technisch-organisatorische Leistungen erbracht (vgl. Hertin in Fromm/ Nordemann, UrhKomm, AL 40 /Dezember 2005, § 73 Rdnr 46). Trotz des auch hier aufzubringenden künstlerischen Einfühlungsvermögens findet hier keine direkte individuelle Prägung der Darbietung, wie sie für Leistungsrechte nach §§ 73 ff UrhG notwendig ist, statt (vgl. Hertin, a.a.O., Rdnr 47). Auch hinsichtlich der Regieassistentin können keine Leistungsschutzrechte nach §§ 73 ff UrhG entstehen. Bei den vielfältig denkbaren Regieleistungen sind die Leistungsschutzrechte nur dann zuzusprechen, wenn sie sich prägend in der Werkdarbietung niederschlagen. Der Abendspielleiter ist z.B. nur bei aktiver Einwirkung auf das Bühnengeschehen ausübender Künstler, bei bloßer Überwachung des Regiekonzepts jedoch nicht (Hertin, a.a.O., § 73 Rdnr. 35). Wenn jedoch schon die Spielleitung ohne aktive Einwirkung auf die Darbietung, also das Bühnengeschehen, keine künstlerische Mitwirkung im Sinne des § 73 UrhG darstellt, so muss dies umso mehr gelten, wenn es um Assistenzleistungen für diese Tätigkeit geht.
Die Klägerin kann ihr Begehren auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide für die Zahlungen an die Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten auch nicht auf Vertrauensschutz stützen. Auch wenn die Klägerin in den Jahren 1999 bis 2001 mit der damaligen BKK Stadt H., heute C. BKK, hinsichtlich der beitragsrechtlichen Behandlung der Zahlungen Kontakt aufgenommen und die C. BKK soweit ersichtlich immer noch nicht über den Widerspruch gegen den mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid vom 3.2.2000 entschieden hat, bedeutet dies nicht, dass hieraus schutzwürdiges Vertrauen in die beitragsrechtliche Behandlung der Zahlungen an die Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten entstehen konnte. Die C. BKK als eine der möglichen Einzugsstellen hätte lediglich hinsichtlich ihres Mitgliedes, der Schauspielerin v.T. entscheiden können. Die Zahlungen an Frau v.T. unter fallen jedoch gerade nicht, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, der Sozialversicherungspflicht.
Als Arbeitgeberin ist die Klägerin verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für alle bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer zu zahlen (§ 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Dieser ist an die zuständige Krankenkasse (Einzugsstelle) zu zahlen (§ 28 h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung der Beitragsnachweise und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28 h Abs.1 Satz 2 SGB IV). Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Da jedoch zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Krankenkasse ist, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird (§ 28 i Satz 1 SGB IV) bedeutet dies, dass bis zur Durchführung einer Betriebsprüfung der Arbeitgeber bei Zweifel bzw. Fragen über die Sozialversicherungspflicht oder die Beitragspflicht für bestimmte Zahlungen sich immer an die jeweilige Krankenkasse seines Arbeitnehmers wenden muss. Die Klägerin konnte es also nicht dabei bewenden lassen, lediglich zu versuchen, die Frage der Beitragspflichtigkeit der Abgeltung von Leistungs-schutzrechten mit der C. BKK zu klären, sondern hätte sich an die übrigen beteiligten 12 Krankenkassen wenden müssen. Dies mag zwar aus Arbeitgebersicht umständlich sein, kann aber nur bei einer verbindlichen Entscheidung der Einzugsstelle gegebenenfalls auch zu einer Bindung des Rentenversicherungsträgers im Falle einer Betriebsprüfung nach § 28 p SGB IV führen und verhindern, dass Beiträge nachgezahlt werden müssen.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Klägerin überwiegend obsiegt hat. Da weder die Klägerin noch die Beklagte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehören, sind Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) zu erheben (§ 197 a Abs.1 Satz 1 SGG). Da die Beklagte nicht in vollem Umfang unterlegen ist, trägt sie die Gerichtskosten zu 4/5. Die Klägerin trägt anteilig zu ihrem Verlieren die Gerichtskosten in Höhe von 1/5. Für beide Beteiligte gilt § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung). Der Streitwert war nach § 52 GKG entsprechend der sich aus dem Aufhebungsantrag der Klägerin für diese ergebenden Bedeutung der Sache, also der geltend gemachten Beitragsansprüche auf 11.144,33 EUR festzusetzen.
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