L 14 R 363/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 962/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 363/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. März 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1948 geborene Kläger hat keine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung durchlaufen. Er war in seinem Berufsleben überwiegend als LKW-Fahrer und zuletzt eineinhalb Jahre als Taxifahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem frühere Rentenanträge erfolglos geblieben waren (ablehnender Bescheid der Beklagten vom 11.11.1993, zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 19.10.1994, Rücknahme der anschließenden Klage nach Beweisaufnahme im Februar 1996; ablehnender Bescheid vom 04.06.1997), stellte der Kläger am 19.12.2001 erneut Rentenantrag. Er hatte sich zuvor am 29.10.2001 einer Versteifungsoperation der Halswirbelsäule (Corporektomie C6) unterzogen. Aus dem anschließenden Heilverfahren in der Zeit vom 15.11. bis 13.12.2001 war er als arbeitsunfähig und im Übrigen mit der Leistungsbeurteilung entlassen worden, er könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen und häufiges Bücken drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Im Entlassungsbericht hieß es dazu, nach weiterer Genesung sei eine Neubeurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlich.

Die Beklagte ließ den Kläger durch den Orthopäden Dr.P. untersuchen und begutachten. Aufgrund der Diagnosen: "Hemilaminektomie LWK 5 rechts am 16.10.1991, ausgedehnte postoperative Narbenbildung im Segment LWK 4/LWK 5; ausgeprägte Osteo-chondrose LWK 4/LWK 5, Baastrupsyndrom LWK 3/LWK 4; Corporektomie HWK 6 am 29.10.2001; geringe Periarthropathie der Hüftgelenke; chronisch-rezidivierende Hyperurikämie und Diabetes mellitus Typ II" kam der Gutachter zu dem Ergebnis, der Kläger könne die letzte Tätigkeit eines Taxifahrers nur mehr drei bis vier Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten zu ebener Erde und dauerndes Gehen und Stehen und ohne Zwangshaltungen seien ihm dagegen vollschichtig zumutbar (Gutachten vom 19.03.2002).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.03.2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er auf starke Schmerzen schon bei einstündiger Tätigkeit verwies, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2002 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) machte der Kläger erhebliche Gesundheitsstörungen vor allem auf orthopädischem Gebiet, daneben auch psychische Beeinträchtigungen geltend, die auch leichte Tätigkeiten nicht mehr länger als drei Stunden täglich zuließen.

Das SG holte einen Befundbericht und die ärztlichen Unterlagen der behandelnden Hausärztin Dr.S. ein und beauftragte den Gutachter Dr.F. mit der Erstellung des orthopädischen Gutachtens vom 02.04.2003. Dieser erhob bei der Klägerin? die Diagnosen: "Operativ herbeigeführte Versteifung zwischen dem 5. bis 7. Halswirbelkörper, Uncovertebralarthrose und Spondylarthrose der Halswirbelsäule; Osteochondrose L4 bis S1, leichtes Baastrup-Syndrom, Spondylose der Lendenwirbelsäule; beginnende Coxarthrose rechts; leichte Gonarthrose rechts, beginnende Retropatellararthrose beidseits; Insertionstendopathie am rechten Oberarmkopf; Varikose mit Ödemen mehr am linken als am rechten Unterschenkel; Nebendiagnosen: Senk-Spreizfüße mit Hammerzehen, erhebliche Übergewichtigkeit."

Der Gutachter vertrat die Auffassung, der Kläger könne aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen nur mehr leichte Arbeiten im Wechsel der Körperhaltung bei überwiegendem Sitzen ohne Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Zwangshaltungen der Halswirbelsäule, Tätigkeiten auf Treppen und Leitern sowie ohne anhaltendes Knien und Hocken vollschichtig verrichten. Zeitliche Einschränkungen seien nicht begründbar, da der Kläger den notwendigen Wechsel der Körperpositionen noch gut ausführen könne. Im Hinblick auf ein verschobenes Bandscheibengewebe im Bereich der Lendenwirbelsäule empfahl der Gutachter eine neurologische Begutachtung zur Abklärung einer vorstellbaren Nervenwurzelschädigung.

Im nervenfachärztlichen Gutachten vom 16.06.2003 diagnostizierte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. ein chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulären Beschwerden im rechten Bein ohne verwertbare motorische Ausfälle bei Zustand nach Operation eines Bandscheibenvorfalles L4/L5 rechts sowie einen Zustand nach cervikaler Spondylodese ohne Anhaltspunkte für eine akute oder chronische Nervenläsion im Bereich der Arme.

Bei der Begutachtung hatte sich im Rahmen eines EMG/NLG kein Anhalt für eine floride Vorderwurzelsubstanzschädigung im Bereich L4, L5 und S1 ergeben, lediglich Zeichen einer leichten chronischen Wurzelschädigung L5 rechts, die bereits seit Jahren bekannt sei. Eine floride Nervenwurzelläsion liege weder im Cervikal- noch im Lumbalbereich vor. Der Gutachter erwähnte im Übrigen eine möglicherweise beginnende diabetische Polyneuropathie, die bisher jedoch klinisch nur symptomatisch sei durch das Reflexniveau. Er verwies darauf, dass eine neurologische Symptomatik im Bereich der Arme nicht vorliege: Die grobe Kraft sei regelrecht, radikulär zuordenbare Sensibilitätsstörungen im Bereich der oberen Extremitäten beständen nicht. Auch hätten sich die nervenärztlichen Befunde seit der letzten Begutachtung im Rentenverfahren (letztes neurologisches Gutachten im Jahre 1996) nicht geändert. Insgesamt gelangte der Gutachter zu der Auffassung, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Arbeiten aus wechselnden Ausgangspositionen heraus sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen vollschichtig (acht Stunden täglich) verrichten, lediglich Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten sowie Überkopfarbeiten mit einseitiger Belastung der HWS seien nicht mehr zumutbar.

Aufgrund einer zwischenzeitlich festgestellten coronaren Eingefäßkrankheit mit Stentimplantation am 11.04.2003 erfolgte eine internistisch-kardiologische Begutachtung durch Dr.T ... Dieser erhob in seinem Gutachten vom 09.09.2003 folgende Diagnosen: "Coronare Eingefäßerkrankung mit Zustand nach Dilatation und Stentimplantation in zwei hochgradige LAD-Stentstenosen am 11.04.2003; arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung; Diabetes mellitus Typ II, diätetisch und medikamentös eingestellt; Hyperlipoproteinämie; Adipositas permagna; Unterschenkelvenenthrombose links 7/03; Hyperurikämie".

Der Kläger wurde als kardial praktisch wieder beschwerdefrei bezeichnet. Er könne aus internistisch-kardiologischer Sicht leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten, zu vermeiden seien jedoch Tätigkeiten unter Wechsel- und Nachtschichtbedingungen, Zeitdruck und unter starken emotionalen Belastungsfaktoren, ebenso überwiegendes Stehen, häufiges Bücken und Heben und Tragen schwerer Lasten.

Als vom Kläger benannter Arzt des Vertrauens erstellte der Internist und Arbeitsmediziner Dr.K. ein Gutachten vom 18.02.2004 mit den Diagnosen "chronische heliobakterpositive Gastritis, Hochdruck, coronare Eingefäßerkrankung mit Zustand nach Dilatation und Stentimplantation mit zwei hochgradigen LAD-Stenosen; chronische Bronchitis; toxisch-nutritiver Leberschaden, Adipositas permagna; Diabetes mellitus, Hyperurikämie, Struma I bis II, postthrombotisches Syndrom linker Unterschenkel, Varikosis". Dr.K. hielt den Kläger für in der Lage, unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig zu verrichten, wobei Tätigkeiten mit Akkord-, Nacht- und Schichtdienst, schwerem Heben und Tragen, starkem Stress, unregelmäßigen Pausen und Mahlzeiten zu vermeiden seien.

Ein weiteres Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstellte die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr.B. unter dem 09.12.2004. Nach klinischer Befunderhebung, testpsychologischen Untersuchungen und technischen Zusatzuntersuchungen (EEG, ENLG der Arme und der Beine, SEP der Arme und der Beine) erhob sie die Diagnosen: I. Operativ herbeigeführte Versteifung zwischen dem 5. bis 7. Halswirbelkörper, Uncovertebralarthrose und Spondylarthrose der Halswirbelsäule mit Wurzelirritation im Bereich von C5 bis C7. II. Cervikal bedingte Cephalgien. III. Lumboischialgie bei Zustand nach Hemilaminektomie L5 und Ausräumung eines Bandscheibenvorfalls L4/L5 nach rechts mit kausaler Sequestrierung und jetzt noch vorhandener Wurzelirritation. IV. Chronisches Schmerzsyndrom. V. Dysthymie. Daneben führte die Gutachterin 14 fachfremde Diagnosen, die sich im Wesentlichen aus den Vorgutachten ergaben, an. Sie vertrat die Auffassung, der Kläger sei aufgrund seiner Multimorbidität in jeglicher Hinsicht in seiner gesamten Lebensqualität und Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt. Auf sein chronisches Schmerzsyndrom und seine Depressivität sei bisher, insbesondere bei Rehabilitationsmaßnahmen, nicht eingegangen worden; dieser Zustand habe sich chronifziert und sei derartig ausgeprägt und manifest, dass mit keiner wesentlichen Besserung in absehbarer Zeit mehr zu rechnen sei, zumal die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten zum großen Teil erschöpft seien. Weiter heißt es, der Gesundheitszustand habe sich seit der letzten Untersuchung im Rentenverfahren (Dr.K.) nicht wesentlich verschlechtert, dieser gehe allerdings weder auf das chronische Schmerzsyndrom noch auf die Dysthymie ein. Auch die übrigen Gutachter hätten - offenbar aufgrund der früher noch nicht gebräuchlichen Klassifikation des chronischen Schmerzsyndroms - dieses nicht gewürdigt; es beeinträchtige die Leistungsfähigkeit des Klägers derart, dass er nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.

Zusammenfassend vertrat die Sachverständige die Auffassung, der Kläger sei "zum jetzigen Zeitpunkt" nicht in der Lage, leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen Räumen durchzuführen; er sei durch Schmerzen und die daraus folgenden Beeinträchtigungen in seinen Möglichkeiten derartig eingeschränkt, dass er keine Tätigkeit mit mehr als ein bis zwei Stunden Dauer durchführen könne. Bei dieser Leistungsbeurteilung ging die Gutachterin davon aus, dass das Leistungsbild "kontinuierlich bestehe und sich seit drei Jahren weiter verschlechtert" habe.

Die Beklagte nahm durch ihren Ärztlichen Dienst (Dr.G. , Nervenarzt und Sozialmediziner, Dr.S. , Internist und Sozialmediziner) dahingehend Stellung, dass das Gutachten Dr.B. weder in seiner teilweise widersprüchlichen Argumentation noch in seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung nachvollziehbar sei; Dr.B. bleibe den befundgemäßen Nachweis einer tatsächlich gravierenden Verschlimmerung gegenüber sämtlichen Vorgutachten schuldig; weder die angeführten nervenärztlichen Gesundheitsstörungen noch die Vielzahl der Diagnosen auf anderen Fachgebieten könnten eine tatsächliche Erwerbsminderung begründen. Es wurde u.a. darauf verwiesen, dass eine spezifische Behandlung der angegebenen somatoformen Schmerzstörung und der Dysthymie offensichtlich nicht erfolge und dass eine entsprechende geistige Beeinträchtigung des Klägers den vorausgegangenen Gutachtern nicht aufgefallen und vom Kläger auch nicht berichtet worden sei. Bezüglich der zusätzlichen elektrophysiologischen Untersuchungen führte Dr.G. aus, die verwendeten Ableitungspunkte ermöglichten nur einen Überblick, ein sicher pathologisches Geschehen, welches einer bestimmten Ursache und Etage zuzuordnen wäre, sei nicht gefunden worden; grundsätzlich unterschieden sich die Ergebnisse nicht von der Untersuchung, welche bereits Dr.K. zuvor durchgeführt habe. Auch früher seien solche Untersuchungen immer grenzwertig gewesen.

Das SG wies mit Urteil vom 17.03.2005 die auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung gerichtete Klage ab. Gestützt auf die Gutachten von Dr.F. , Dr.K. , Dr.T. und Dr.K. führte es aus, es bestehe keine teilweise Erwerbsminderung nach § 43 Abs.2 und keine volle Erwerbsminderung nach § 44 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), ebenso keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Der Kläger könne aufgrund der in diesen Gutachten erhobenen Diagnosen nur mehr leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten, dies jedoch mindestens sechs Stunden täglich. Der anders lautenden Beurteilung von Dr.B. in ihrem Gutachten vom 09.12.2004 sei dagegen nicht zu folgen. Ein eigenständiges chronisches Schmerzsyndrom sei ebenso wenig mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen wie eine krankheitswertige Dysthymie. Das Gutachten der Dr.B. überzeuge nicht. Der zuletzt als ungelernter LKW-Fahrer und Taxifahrer tätig gewesene Kläger sei auch nicht berufsunfähig, da er breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei, auf dem er die noch leichten körperlichen Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne.

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und macht im Wesentlichen geltend, das Gutachten der Dr.B. sei vom Erstgericht nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dabei stellt er vor allem darauf ab, dass Dr.B. im Hinblick auf die Wurzelirritation C4 bis C7 zu einer anderen Auffassung gelangt sei als Dr.K. und Dr.F. und darin ein entscheidendes Kriterium für die Leistungsbeurteilung gesehen habe. Dagegen habe Dr.K. von einem Zustand nach ventraler Spondylodese im HWS-Bereich gesprochen und lediglich eine Erkrankung des Rückenmarks im Hals-Nackenbereich (cervikale Myelopathie) ausgeschlossen. Soweit er eine beginnende diabetische Polyneuropathie erwähne, sei davon auszugehen, dass diese sicherlich zu Schmerzen in den Extremitäten führe, wobei diese Schmerzangaben des Klägers von Dr.K. als Aggravation angesehen worden seien, während Frau Dr.B. sie als glaubhaft betrachtet habe. Für die Ansicht von Frau Dr.B. spreche, dass auch im Abschlussbericht des bereits vor Beginn des Rentenverfahrens durchgeführten Heilverfahrens von einem quantitativen Leisstungsvermögen des Klägers von drei bis unter sechs Stunden ausgegangen worden sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 17.03.2005 sowie des Bescheides vom 25.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 zu verpflichten, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Berufungsvorbringen für unbegründet.

Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 23.01.2006 darauf hingewiesen, dass das nach umfangreicher Beweisaufnahme ergangene, zwar knappe, aber die wesentlichen Gesichtspunkte zutreffend würdigende Ersturteil zutreffend erscheine und er sich zu erneuter Beweisaufnahme angesichts des Berufungsbegehrens, mit dem eine Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht geltend gemacht werde, nicht veranlasst sehe. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gegeben.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akte S 13 Ar 1227/94 des Sozialgerichts München sowie auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.

Zu Recht hat das Erstgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Die von ihm im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung nach § 43 Abs.1 und 2 SGB VI oder einer teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs.2 SGB VI liegen auch nach Auffassung des Senates noch nicht vor. Die Gutachten, auf die sich das Erstgericht bei seiner ablehnenden Entscheidung gestützt hat, sind auch nach Auffassung des Senats in sich schlüssig und überzeugend und erfassen den zu beurteilenden Sachverhalt in seinen wesentlichen Aspekten. Danach ist der Kläger noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig (mindestens sechs Stunden täglich) zu verrichten.

Dem Gutachten der Dr.B. , das zu einer anderen Leistungsbeurteilung kommt, ist dagegen nicht zu folgen. Zwar zeichnet sich dieses Gutachten durch eine umfangreiche Befunderhebung einschließlich Testuntersuchungen und weiterer technischer Zusatzuntersuchungen (EEG, ENLG und SEP der Arme und Beine) aus, es vermochte jedoch den Senat ebenso wenig zu überzeugen wie das Erstgericht. Eine wesentliche Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers seit den Vorgutachten ist nicht erkennbar. Das Vorliegen einer über eine nachvollziehbare leichte depressive Verstimmung hinausgehenden krankheitswertigen Dysthymie erscheint nach dem gesamten Sachverhalt nicht glaubhaft, zumal insoweit offensichtlich eine besondere Behandlung nicht stattgefunden hat. Die weiter diagnostizierte chronische Schmerzstörung war bereits in einem früheren Rentenverfahren durch die Neurologin Dr.S. in deren Gutachten vom 05.01.1996 in Form eines chronischen Schmerzsyndroms im Sinne eines Postnukleotomiesyndroms bei Zustand nach Bandscheibenoperation LWK 4/5 rechts im Oktober 1991 und eines chronischen cerviko-brachialen Schmerzsyndroms rechts ohne neurologisches Defizit mit elektromyographisch nachgewiesener gering- bis mäßiggradiger chronischer Teilfaserläsion zuführender Nervenfasern der cervikalen Wurzel C7 rechts (Akte S 13 Ar 1227/94 des SG München) diagnostiziert worden, ohne dass dieses zur Einschätzung einer zeitlichen Leistungseinschränkung oder einer besonderen Einschränkung von Konzentrationsfähigkeit und geistiger Beweglichkeit geführt hätte. Die insoweit von Dr.B. durchgeführten zusätzlichen elektrophysiologischen Untersuchungen ergaben grenzwertige Befunde, nicht aber - worauf der Ärztliche Dienst der Beklagten hinwies - ein sicher pathologisches Geschehen, welches einer bestimmten Ursache und Etage zuzuordnen wäre. Auch die früheren entsprechenden Untersuchungen waren ebenfalls grenzwertig. Ohne Zweifel besteht beim Kläger ein postoperatives HWS- und LWS-Syndrom mit körperlich begründeten Schmerzen. Selbst wenn man mit Dr.B. darüber hinaus - entgegen der Einschätzung des Dr.K. - eine sekundäre psychische Verstärkung der organisch bedingten chronischen Schmerzen annimmt, folgt daraus nicht vollständige Erwerbsunfähigkeit. Vielmehr bedarf es einer konkreten und nachvollziehbaren Darlegung der Auswirkungen und funktionellen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit. Diesen Anforderungen kommt das Gutachten Dr.B. mit der pauschalen Behauptung der vollständigen Beeinträchtigung von Lebensqualität und Leistungsfähigkeit des Klägers nicht ausreichend nach. Eine eingehende Begründung dieser von allen früheren gutachtlich vertretenen Auffassungen abweichenden Bewertung wäre aber auch deshalb erforderlich gewesen, weil die zuvor aufgerufenen Gutachter alle auf sozialmedizinischem Gebiet tätige erfahrene Gutachter sind und es unvorstellbar erscheint, dass diese aufgrund ihres Gesamteindrucks des Klägers bei der Untersuchung nicht entsprechende Aspekte in ihre Leistungsbeurteilung aufgenommen bzw. die Notwendigkeit der Abklärung einer offensichtlich vollständigen Leistungsunfähigkeit auf anderen Fachgebieten, z.B. auch durch Beschreibung eines zum Ausdruck gekommenen besonderen Leidensdruckes, hingewiesen hätten.

Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf den Sachverständigen Dr.F. berufen, der in seinem Gutachten vom 16.06.2003 besonders auf die Abklärung einer möglichen Nervenwurzelschädigung der Halswirbelsäule hingewiesen habe, welche Dr.K. - anders als Dr.B. - nicht ausreichend durchgeführt bzw. festgestellt habe. Der Orthopäde Dr.F. bezog eine vorstellbare Nervenwurzelschädigung auf die Verschiebung des Bandscheibengewebes im Bereich der Lendenwirbelsäule - dieser Befund wurde von Dr.K. abgeklärt -, bezüglich der Halswirbelsäule sah er keinen besonderen zusätzlichen neurologischen Aufklärungsbedarf.

Ebenso kann die frühere Beurteilung eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens des Klägers im Abschlussbericht aus dem im Jahre 2001 stattgehabten Heilverfahren in Bad H. herangezogen werden. Diese Reha-Maßnahme fand als Anschlussheilverfahren unmittelbar nach der Stabilisierungsoperation der Halswirbelsäule statt, die damalige Leistungsbeurteilung war von Anfang an nicht als endgültig angesehen worden, vielmehr war eine erneute Beurteilung nach weiterer Genesung empfohlen worden. Diese erfolgte im Rahmen des Rentenverfahrens durch Dr.P. , der zu einer vollschichtigen Leistungsbeurteilung kam.

Die Annahme eines vollschichtigen Leistungsvermögens bei qualitativen Leistungseinschränkungen hat nach allem weiterhin Bestand. Da mit der Berufung keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, z.B. unter Beifügung neuer ärztlicher Unterlaggen, geltend gemacht wird, sieht der Senat auch eine erneute Beweisaufnahme nicht als veranlasst an. Damit ist ein Rentenanspruch des auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Klägers weiterhin nicht gegeben. Der Arbeitsmarkt ist für ihn auch nicht unter dem Gesichtspunkt der zahlreichen und durchaus gravierenden Leistungseinschränkungen (keine Zwangshaltungen der Halswirbelsäule, kein Heben und Tragen von Lasten, keine Überkopfarbeiten, kein Knien, Hocken, Bücken, keine Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, kein Zeitdruck und keine emotionale Belastungen) als verschlossen anzusehen. Diese Einschränkungen sind im Wesentlichen von der Beschränkung auf leichte körperliche Arbeiten erfasst und stellen keine darüber hinausgehenden, den Arbeitsmarkt zusätzlich wesentlich einschränkenden Bedingungen dar. Soweit Zeitdruck und besondere psychische Belastungen zu vermeiden sind, gilt, dass leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht grundsätzlich mit Belastungen dieser Art verbunden sind.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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