Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 983/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5208/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger wegen erektiler Dysfunktion auch ab 01.01.2004 die Kosten für das selbst beschaffte Arzneimittel Prostavasin zu erstatten bzw. die Kosten für dieses Arzneimittel als Sachleistung zu übernehmen hat.
Der 1938 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an einer erektilen Dysfunktion, zu deren Therapie bereits seit Jahren das Präparat "Prostavasin" eingesetzt wurde. Ab 01.01.2004 erfolgte die Verordnung dieses Medikaments durch den Urologen Dr. L., Urologische Universitätsklinik F., nur noch auf Privatrezept.
Am 29.05.2004 reichte der Kläger bei der Beklagten die Rechnung der P.-Apotheke vom 21.05.2004 über 353,68 EUR mit dem Antrag auf Kostenerstattung ein.
Dr. L. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, seit dem 01.01.2004 dürften nach dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) sämtliche Medikamente zur Behandlung der erektilen Dysfunktion nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden, weshalb die Verordnung von "Prostavasin" auf Privatrezept erfolge. Prostavasin sei zwar auf der Liste in den Ausführungsbestimmungen nicht namentlich genannt, es sei aber im vorliegenden Fall immer zur Therapie der bekannten erektilen Dysfunktion eingesetzt worden, da es wie Prostaglandin E1 gefäßerweiternd wirke. Die Verwendung dieses Präparats stelle also im Grunde einen "Off-Label-Use" dar, da Prostavasin in Deutschland nur eine Zulassung zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) besitze. Da das Präparat bereits seit Jahren beim Kläger erfolgreich eingesetzt worden sei, habe bislang keine Notwendigkeit bestanden, diese Verordnung zu ändern. Der Kläger habe auch eine vorgeschlagene Änderung auf "Viridal" oder "Caverject" abgelehnt. In Analogie zu den sonstigen Medikamenten zur Therapie der erektilen Dysfunktion könne die Verordnung des Präparats nur noch auf Privatrezept erfolgen.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. M. führte aus, bei Prostavasin handle es sich um den Inhaltsstoff Alprostadil. Die Fachinformation sehe die Anwendung bei der chronisch-arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium III oder IV vor. Der gleiche Inhaltsstoff werde auch in den Arzneimitteln Caverject und Viridal benutzt. Beide Arzneimittel seien laut Fachinformation zur Anwendung bei der erektilen Dysfunktion indiziert. Nach § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit den Arzneimittel-Richtlinien (AMRL) Anlage 8 sei der Wirkstoff Alprostadil zur Behandlung der erektilen Dysfunktion von der Leistung der GKV ausgeschlossen. Damit sei eine Empfehlung zur Kostenübernahme von Prostavasin im Off-Label-Use bzw. eine Kostenübernahme des Wirkstoffs Alprostadil in der gegebenen Indikation zu Lasten der GKV nicht möglich.
Mit Bescheid vom 07.07.2004 lehnte die Beklagte daraufhin eine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung des Medikamentes Prostavasin ab, da nach § 34 Abs. 1 SGB V solche Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen seien, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, bei der Anwendung des Medikaments Prostavasin gehe es nicht um die Erhöhung der Lebensqualität, sondern um die Behandlung eines pathologischen Zustandes. Er sei auch weiterhin dringend auf die Verschreibung des Medikaments angewiesen. Der behandelnde Facharzt Dr. L. habe ihm gegenüber die Indikation und die Verschreibungsnotwendigkeit des Medikaments ausdrücklich bestätigt und zum Ausdruck gebracht, dass Prostavasin verschreibungsfähig und erstattungsfähig im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Lediglich wegen der Neuformulierung des § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V habe die Universitätsklinik aus Vorsichtsgründen die Privatrezeptierung vorgenommen, jedoch nicht aus entsprechender Überzeugung. Die Beklagte habe bereits seit mehreren Jahren die Verabreichung des Medikaments als Sachleistung gewährt. Es gebe daher keinen Rechtsgrund für eine entsprechende Veränderung.
Dr. M. äußerte sich in einer weiteren sozialmedizinischen Beratung dahingehend, die AMRL zur Verordnungsfähigkeit von Alprostadil bei der Diagnose "erektile Dysfunktion" seien eindeutig und für die Vertragspartner bindend. Weitere medizinische Aspekte seien nicht mitgeteilt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und verwies zur Begründung auf die bestehende Rechtslage (§ 34 Abs. 1 SGB V), die geltenden AMRL und die eingeholten Gutachten des MDK.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit der Begründung, er sei dringend auf die Verschreibung des Medikaments aus gesundheitlichen Gründen angewiesen, denn Prostavasin sei bei ihm auch in psychisch-pathologischer Hinsicht wirksam und erfolgreich zur Anwendung gekommen und von der Beklagten bisher immer und inzwischen über mehrere Jahre als Sachleistung gewährt worden. Es gäbe keine Rechtsgrundlage dafür, dass die Beklagte nunmehr einfach von dieser Sachleistung bei unveränderter medizinischer Situation abweiche. Die Änderungen der AMRL nach §§ 34, 92 Abs. 1 SGB V könnten keine Ermächtigung sein. Die gesetzlichen Bestimmungen für die Leistungsausschlüsse, in deren Anwendungsbereich auch die Vorschriften über die sogenannten Negativlisten bei Arzneimitteln fielen, wie z.B. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V widersprächen den Vorgaben des höherrangigen Europarechts, insbesondere der Transparenz-Richtlinie 89/105/EWG. Darüber hinaus bestünden verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Verordnungsermächtigung nach § 92 Abs. 1 SGB V. Problematisch sei auch mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip, dass die Negativliste auch ohne Prüfungskompetenz im Einzelfall auskomme. Dieser generelle und begründungslose Ausschluss per Verordnung ohne Möglichkeiten der Einzelfallbetrachtung sei unverhältnismäßig und verfassungswidrig.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach § 34 Abs. 1 SGB V seien von der Versorgung zu Lasten der GKV Arzneimittel ausgeschlossen, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten. In dem AMRL Anlage 8 "Ausschluss von Life Style Arzneimitteln" werde der Wirkstoff Alprostadil zur Behandlung der erektilen Dysfunktion von der Leistung der GKV ausgeschlossen.
Mit Urteil vom 26.10.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 21.11.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, durch Art. 1 Nr. 22 GMG vom 14.11.2003 sei mit Wirkung ab 01.01.2004 § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V in das Gesetz eingefügt worden, wodurch mit Wirkung ab 01.01.2004 sämtliche Arzneimittel, die der Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten, von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen worden seien. Damit habe sich die Rechtslage im Vergleich zu früher, als derartige Medikamente nur durch untergesetzliche und vom BSG beanstandete Normen aus dem Katalog der verordnungsfähigen Medikamente ausgenommen gewesen seien, geändert. Der jetzt im Gesetz vorhandene Leistungsausschluss verstoße auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 Grundgesetz (GG), wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 10.05.2005 überzeugend begründet habe. An der Beurteilung der Rechtslage ändere sich dadurch, dass das Präparat überhaupt keine arzneimittelrechtliche Zulassung zur Behandlung der erektilen Dysfunktion habe, sondern nur zur Behandlung der pAVK besitze, nichts, denn wenn schon arzneimittelrechtlich zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassene Präparate nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden dürften, dann erst recht nicht solche Präparate, die nur im Rahmen eines Off-Label-Use außerhalb der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikation zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt würden. Der Hinweis auf die Beihilfevorschriften unter Gleichheitsgesichtspunkten gehe fehl, da es sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung und bei den Beihilfevorschriften um völlig unterschiedlich geregelte Systeme handle.
Hiergegen richtet sich die am 05.12.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, der Urologe Dr. L. von der urologischen Abteilung der Chirurgischen Universitätsklinik F. halte die kassenärztliche Verschreibung des Medikaments für medizinisch notwendig und kassenrechtlich erforderlich, er sei nur zur Privatrezeptur übergegangen, weil er sich aufgrund der umstrittenen Neuregelung und des Verhaltens der Beklagten hierzu gezwungen gesehen habe. Tatsache sei, dass er unter der Erkrankung auch psychisch leide. Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Versorgung der beihilfeberechtigten Beamten und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst seien die Feststellung der erektilen Dysfunktion als behandlungsbedürftiges und -fähiges Leiden und die Indikation des Medikaments Prostavasin bzw. vergleichbarer Medikamente überhaupt kein Thema. Es sei daher in keiner Weise nachvollziehbar und verständlich, warum ein Beamter bei gleicher Erkrankung volle Krankenversicherungsleistungen erhalte, während der gesetzlich Versicherte bei in aller Regel auch niedrigeren Einkommensverhältnissen das notwendige und indizierte Medikament in vollem Umfang aus eigener Tasche zahlen solle. Vom SG sei auch nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass er bereits mehrjährig medizinisch indiziert das streitgegenständliche Medikament ärztlich verschrieben bekommen und auch als Kassenleistung erhalten habe. Seine Erkrankung habe auch insofern Auswirkung und Bedeutung mit Blick auf die Behandlungsbedürftigkeit, als sie das Herzinfarktrisiko erhöhe bei fehlender Behandlung.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 07. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Verabreichung des Präparats Prostavasin vom Mai 2004 zu erstatten und bei entsprechender ärztlicher Verordnung die Kosten dieses Medikaments auch in Zukunft zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben, wovon der Kläger Gebrauch gemacht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung einen längeren Zeitraum als ein Jahr umfasst.
Die Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Hierüber konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger ab 01.01.2004 keinen Anspruch auf die Behandlung seiner erektilen Dysfunktion mit Prostavasin und keinen Kostenerstattungsanspruch für diese Behandlung hat. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSGE 93, 236). Daran fehlt es. Der ab 2004 gesetzlich geregelte Leistungsausschluss steht auch im Einklang mit dem Verfassungsrecht, wie das SG zutreffend begründet hat. Insoweit verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des SG und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 1. Fall SGB V). Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V sind von der Versorgung Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen (§ 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V). Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 (§ 34 Abs. 1 Satz 9 SGB V). Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AMRL) wiederholen unter Buchst. F 18.2 den Text des § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V (AMRL i.d.F. vom 16.03.2004, BAnz. Nr. 77 vom 23.04.2004). Nach F 18.3 AMRL sind die nach Nr. 18.2. ausgeschlossenen Fertigarzneimittel in einer Übersicht als Anl. 8 der AMRL zusammengestellt. In dieser Übersicht ist zwar nicht Prostavasin als Fertigarzneimittel aufgeführt, jedoch der in Prostavasin enthaltene Wirkstoff Alprostadil, der auch in den in dieser Übersicht aufgeführten Fertigarzneimitteln Caverject und Viridal benutzt wird, worauf Dr. M. in seinem sozialmedizinischen Gutachten hingewiesen hat. Mit der Regelung in § 34 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB V wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die betreffenden Arzneimittel und Wirkstoffe, die bereits vor Inkrafttreten des GMG nach den AMRL des Bundesausschusses von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen waren, nicht Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung sind (vgl. BT-Drucks. 15/1525, Seite 86). Diese Klarstellung des Gesetzgebers erfolgte, weil nach der Rechtsprechung des BSG bis zum Inkrafttreten des GMG davon auszugehen war, dass grundsätzlich die Behandlung der u.a. auf somatischer Grundlage beruhenden erektilen Dysfunktion mit SKAT trotz der abweichenden Regelung in den AMRL zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörte (vgl. BSGE 94, 302 = SozR 4 - 2500 § 34 Nr. 2 - Viagra). Mit der Einfügung der Sätze 7 bis 9 in § 34 Abs. 1 SGB V sind nunmehr sämtliche Arzneimittel, die überwiegend der Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen, von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.
Der Umstand, dass Prostavasin keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der erektilen Dysfunktion, sondern für die pAVK hat, und damit nicht in der Übersicht der Anlage 8 der AMRL genannt ist, rechtfertigt angesichts des darin enthaltenen und in Anlage 8 aufgeführten Wirkstoffs Alprostadil keine abweichende Behandlung. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob beim Kläger die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use erfüllt sind, denn entscheidend ist hier, dass der in Prostavasin enthaltene Wirkstoff Alprostadil für die Indikation erektile Dysfunktion ausgeschlossen ist. Zu Recht weist das SG im übrigen darauf hin, dass wenn schon arzneimittelrechtlich zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassene Präparate nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfen, dies erst recht für solche Präparate gilt, die nur im Rahmen eines Off-Label-Use außerhalb der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikation zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt werden.
Der ab Januar 2004 eingeführte umfassende gesetzliche Ausschluss von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Alprostadil zur Behandlung der erektilen Dysfunktion gilt unabhängig von der Frage, ob der behandelnde Arzt die Verordnung des Medikaments für medizinisch notwendig und indiziert hält und das Präparat beim Kläger erfolgreich eingesetzt wurde. Von daher waren medizinische Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere eine Anhörung von Dr. L. nicht geboten.
Der Leistungsausschluss gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB V verstößt nicht gegen die Verfassung.
Aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl. BVerfGE 85, 191, 212; 88, 203, 251; 90, 145, 195). Darüber hinaus ist verfassungsrechtlich nur geboten, eine medizinische Versorgung für alle Bürger bereitzuhalten. Dabei hat der Gesetzgeber aber einen so weiten Gestaltungsspielraum, dass sich originäre Leistungsansprüche aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig nicht ableiten lassen. Aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten (vgl. BVerfGE 89, 120, 130) folgt jedenfalls kein grundrechtlicher Anspruch gegen seine Krankenkasse auf Bereitstellung oder Finanzierung bestimmter Gesundheitsleistungen (ständige Rechtsprechung, Urteil des BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 9/04 R -; BVerfG NJW 1998, 1775 und NJW 1997, 3085; Beschluss des BVerfG vom 02.05.2006 - 1 BvR 817/06 - m.w.N.).
Auch ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip liegt nicht vor, wenn der Gesetzgeber angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen aus dem Leistungskatalog herausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen (vgl. BSGE 94, 302 = SozR 4 - 2500 § 34 Nr. 2 Rdnr. 25 - Viagra). Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, führen - im Einklang mit dem Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98, NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891 - selbst schwere Erkrankungen nicht zur Leistungsausweitung durch grundrechtsorientierte Auslegung, wenn keine notstandsähnliche Extremsituation zugrunde liegt, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R - und vom 18.07.2006 B 1 KR 10/05 R -). Ein vergleichbarer medizinischer Sachverhalt liegt beim Kläger indes nicht vor.
Was die vom Kläger geltend gemachte Ungleichproblematik im Hinblick auf den Bereich der öffentlich-rechtlichen Versorgung der beihilfeberechtigten Beamten und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst angeht, weist auch der Senat auf die grundlegenden Unterschiede zwischen der für Beamte und Versorgungsempfänger geltenden Beihilferegelung einerseits und dem Vorsorgesystem und Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung hin. Diese fundamentalen Systemunterschiede - Notfallvorsorge im Erstattungsverfahren im Beihilferecht kontra solidarische Versicherung mit Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung - schließen einen Gleichheitsverstoß auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 GG von vornherein aus (vgl. BVerfGE 58, 68, 81 unter Bezugnahme auf BVerfGE 21, 329, 352). Im übrigen ist die Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion in den Beihilfevorschriften ausgeschlossen. Die Wirksamkeit dieses Ausschlusses wurde vom Verwaltungsgericht Osnabrück in seiner Entscheidung vom 24.04.2006 - 3 A 145/05 - bestätigt.
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger wegen erektiler Dysfunktion auch ab 01.01.2004 die Kosten für das selbst beschaffte Arzneimittel Prostavasin zu erstatten bzw. die Kosten für dieses Arzneimittel als Sachleistung zu übernehmen hat.
Der 1938 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an einer erektilen Dysfunktion, zu deren Therapie bereits seit Jahren das Präparat "Prostavasin" eingesetzt wurde. Ab 01.01.2004 erfolgte die Verordnung dieses Medikaments durch den Urologen Dr. L., Urologische Universitätsklinik F., nur noch auf Privatrezept.
Am 29.05.2004 reichte der Kläger bei der Beklagten die Rechnung der P.-Apotheke vom 21.05.2004 über 353,68 EUR mit dem Antrag auf Kostenerstattung ein.
Dr. L. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, seit dem 01.01.2004 dürften nach dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) sämtliche Medikamente zur Behandlung der erektilen Dysfunktion nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden, weshalb die Verordnung von "Prostavasin" auf Privatrezept erfolge. Prostavasin sei zwar auf der Liste in den Ausführungsbestimmungen nicht namentlich genannt, es sei aber im vorliegenden Fall immer zur Therapie der bekannten erektilen Dysfunktion eingesetzt worden, da es wie Prostaglandin E1 gefäßerweiternd wirke. Die Verwendung dieses Präparats stelle also im Grunde einen "Off-Label-Use" dar, da Prostavasin in Deutschland nur eine Zulassung zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) besitze. Da das Präparat bereits seit Jahren beim Kläger erfolgreich eingesetzt worden sei, habe bislang keine Notwendigkeit bestanden, diese Verordnung zu ändern. Der Kläger habe auch eine vorgeschlagene Änderung auf "Viridal" oder "Caverject" abgelehnt. In Analogie zu den sonstigen Medikamenten zur Therapie der erektilen Dysfunktion könne die Verordnung des Präparats nur noch auf Privatrezept erfolgen.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. M. führte aus, bei Prostavasin handle es sich um den Inhaltsstoff Alprostadil. Die Fachinformation sehe die Anwendung bei der chronisch-arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium III oder IV vor. Der gleiche Inhaltsstoff werde auch in den Arzneimitteln Caverject und Viridal benutzt. Beide Arzneimittel seien laut Fachinformation zur Anwendung bei der erektilen Dysfunktion indiziert. Nach § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit den Arzneimittel-Richtlinien (AMRL) Anlage 8 sei der Wirkstoff Alprostadil zur Behandlung der erektilen Dysfunktion von der Leistung der GKV ausgeschlossen. Damit sei eine Empfehlung zur Kostenübernahme von Prostavasin im Off-Label-Use bzw. eine Kostenübernahme des Wirkstoffs Alprostadil in der gegebenen Indikation zu Lasten der GKV nicht möglich.
Mit Bescheid vom 07.07.2004 lehnte die Beklagte daraufhin eine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung des Medikamentes Prostavasin ab, da nach § 34 Abs. 1 SGB V solche Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen seien, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, bei der Anwendung des Medikaments Prostavasin gehe es nicht um die Erhöhung der Lebensqualität, sondern um die Behandlung eines pathologischen Zustandes. Er sei auch weiterhin dringend auf die Verschreibung des Medikaments angewiesen. Der behandelnde Facharzt Dr. L. habe ihm gegenüber die Indikation und die Verschreibungsnotwendigkeit des Medikaments ausdrücklich bestätigt und zum Ausdruck gebracht, dass Prostavasin verschreibungsfähig und erstattungsfähig im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Lediglich wegen der Neuformulierung des § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V habe die Universitätsklinik aus Vorsichtsgründen die Privatrezeptierung vorgenommen, jedoch nicht aus entsprechender Überzeugung. Die Beklagte habe bereits seit mehreren Jahren die Verabreichung des Medikaments als Sachleistung gewährt. Es gebe daher keinen Rechtsgrund für eine entsprechende Veränderung.
Dr. M. äußerte sich in einer weiteren sozialmedizinischen Beratung dahingehend, die AMRL zur Verordnungsfähigkeit von Alprostadil bei der Diagnose "erektile Dysfunktion" seien eindeutig und für die Vertragspartner bindend. Weitere medizinische Aspekte seien nicht mitgeteilt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und verwies zur Begründung auf die bestehende Rechtslage (§ 34 Abs. 1 SGB V), die geltenden AMRL und die eingeholten Gutachten des MDK.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit der Begründung, er sei dringend auf die Verschreibung des Medikaments aus gesundheitlichen Gründen angewiesen, denn Prostavasin sei bei ihm auch in psychisch-pathologischer Hinsicht wirksam und erfolgreich zur Anwendung gekommen und von der Beklagten bisher immer und inzwischen über mehrere Jahre als Sachleistung gewährt worden. Es gäbe keine Rechtsgrundlage dafür, dass die Beklagte nunmehr einfach von dieser Sachleistung bei unveränderter medizinischer Situation abweiche. Die Änderungen der AMRL nach §§ 34, 92 Abs. 1 SGB V könnten keine Ermächtigung sein. Die gesetzlichen Bestimmungen für die Leistungsausschlüsse, in deren Anwendungsbereich auch die Vorschriften über die sogenannten Negativlisten bei Arzneimitteln fielen, wie z.B. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V widersprächen den Vorgaben des höherrangigen Europarechts, insbesondere der Transparenz-Richtlinie 89/105/EWG. Darüber hinaus bestünden verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Verordnungsermächtigung nach § 92 Abs. 1 SGB V. Problematisch sei auch mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip, dass die Negativliste auch ohne Prüfungskompetenz im Einzelfall auskomme. Dieser generelle und begründungslose Ausschluss per Verordnung ohne Möglichkeiten der Einzelfallbetrachtung sei unverhältnismäßig und verfassungswidrig.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach § 34 Abs. 1 SGB V seien von der Versorgung zu Lasten der GKV Arzneimittel ausgeschlossen, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten. In dem AMRL Anlage 8 "Ausschluss von Life Style Arzneimitteln" werde der Wirkstoff Alprostadil zur Behandlung der erektilen Dysfunktion von der Leistung der GKV ausgeschlossen.
Mit Urteil vom 26.10.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 21.11.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, durch Art. 1 Nr. 22 GMG vom 14.11.2003 sei mit Wirkung ab 01.01.2004 § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V in das Gesetz eingefügt worden, wodurch mit Wirkung ab 01.01.2004 sämtliche Arzneimittel, die der Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten, von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen worden seien. Damit habe sich die Rechtslage im Vergleich zu früher, als derartige Medikamente nur durch untergesetzliche und vom BSG beanstandete Normen aus dem Katalog der verordnungsfähigen Medikamente ausgenommen gewesen seien, geändert. Der jetzt im Gesetz vorhandene Leistungsausschluss verstoße auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 Grundgesetz (GG), wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 10.05.2005 überzeugend begründet habe. An der Beurteilung der Rechtslage ändere sich dadurch, dass das Präparat überhaupt keine arzneimittelrechtliche Zulassung zur Behandlung der erektilen Dysfunktion habe, sondern nur zur Behandlung der pAVK besitze, nichts, denn wenn schon arzneimittelrechtlich zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassene Präparate nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden dürften, dann erst recht nicht solche Präparate, die nur im Rahmen eines Off-Label-Use außerhalb der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikation zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt würden. Der Hinweis auf die Beihilfevorschriften unter Gleichheitsgesichtspunkten gehe fehl, da es sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung und bei den Beihilfevorschriften um völlig unterschiedlich geregelte Systeme handle.
Hiergegen richtet sich die am 05.12.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, der Urologe Dr. L. von der urologischen Abteilung der Chirurgischen Universitätsklinik F. halte die kassenärztliche Verschreibung des Medikaments für medizinisch notwendig und kassenrechtlich erforderlich, er sei nur zur Privatrezeptur übergegangen, weil er sich aufgrund der umstrittenen Neuregelung und des Verhaltens der Beklagten hierzu gezwungen gesehen habe. Tatsache sei, dass er unter der Erkrankung auch psychisch leide. Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Versorgung der beihilfeberechtigten Beamten und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst seien die Feststellung der erektilen Dysfunktion als behandlungsbedürftiges und -fähiges Leiden und die Indikation des Medikaments Prostavasin bzw. vergleichbarer Medikamente überhaupt kein Thema. Es sei daher in keiner Weise nachvollziehbar und verständlich, warum ein Beamter bei gleicher Erkrankung volle Krankenversicherungsleistungen erhalte, während der gesetzlich Versicherte bei in aller Regel auch niedrigeren Einkommensverhältnissen das notwendige und indizierte Medikament in vollem Umfang aus eigener Tasche zahlen solle. Vom SG sei auch nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass er bereits mehrjährig medizinisch indiziert das streitgegenständliche Medikament ärztlich verschrieben bekommen und auch als Kassenleistung erhalten habe. Seine Erkrankung habe auch insofern Auswirkung und Bedeutung mit Blick auf die Behandlungsbedürftigkeit, als sie das Herzinfarktrisiko erhöhe bei fehlender Behandlung.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 07. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Verabreichung des Präparats Prostavasin vom Mai 2004 zu erstatten und bei entsprechender ärztlicher Verordnung die Kosten dieses Medikaments auch in Zukunft zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben, wovon der Kläger Gebrauch gemacht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung einen längeren Zeitraum als ein Jahr umfasst.
Die Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Hierüber konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger ab 01.01.2004 keinen Anspruch auf die Behandlung seiner erektilen Dysfunktion mit Prostavasin und keinen Kostenerstattungsanspruch für diese Behandlung hat. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSGE 93, 236). Daran fehlt es. Der ab 2004 gesetzlich geregelte Leistungsausschluss steht auch im Einklang mit dem Verfassungsrecht, wie das SG zutreffend begründet hat. Insoweit verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des SG und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 1. Fall SGB V). Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V sind von der Versorgung Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen (§ 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V). Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 (§ 34 Abs. 1 Satz 9 SGB V). Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AMRL) wiederholen unter Buchst. F 18.2 den Text des § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V (AMRL i.d.F. vom 16.03.2004, BAnz. Nr. 77 vom 23.04.2004). Nach F 18.3 AMRL sind die nach Nr. 18.2. ausgeschlossenen Fertigarzneimittel in einer Übersicht als Anl. 8 der AMRL zusammengestellt. In dieser Übersicht ist zwar nicht Prostavasin als Fertigarzneimittel aufgeführt, jedoch der in Prostavasin enthaltene Wirkstoff Alprostadil, der auch in den in dieser Übersicht aufgeführten Fertigarzneimitteln Caverject und Viridal benutzt wird, worauf Dr. M. in seinem sozialmedizinischen Gutachten hingewiesen hat. Mit der Regelung in § 34 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB V wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die betreffenden Arzneimittel und Wirkstoffe, die bereits vor Inkrafttreten des GMG nach den AMRL des Bundesausschusses von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen waren, nicht Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung sind (vgl. BT-Drucks. 15/1525, Seite 86). Diese Klarstellung des Gesetzgebers erfolgte, weil nach der Rechtsprechung des BSG bis zum Inkrafttreten des GMG davon auszugehen war, dass grundsätzlich die Behandlung der u.a. auf somatischer Grundlage beruhenden erektilen Dysfunktion mit SKAT trotz der abweichenden Regelung in den AMRL zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörte (vgl. BSGE 94, 302 = SozR 4 - 2500 § 34 Nr. 2 - Viagra). Mit der Einfügung der Sätze 7 bis 9 in § 34 Abs. 1 SGB V sind nunmehr sämtliche Arzneimittel, die überwiegend der Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen, von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.
Der Umstand, dass Prostavasin keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der erektilen Dysfunktion, sondern für die pAVK hat, und damit nicht in der Übersicht der Anlage 8 der AMRL genannt ist, rechtfertigt angesichts des darin enthaltenen und in Anlage 8 aufgeführten Wirkstoffs Alprostadil keine abweichende Behandlung. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob beim Kläger die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use erfüllt sind, denn entscheidend ist hier, dass der in Prostavasin enthaltene Wirkstoff Alprostadil für die Indikation erektile Dysfunktion ausgeschlossen ist. Zu Recht weist das SG im übrigen darauf hin, dass wenn schon arzneimittelrechtlich zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassene Präparate nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfen, dies erst recht für solche Präparate gilt, die nur im Rahmen eines Off-Label-Use außerhalb der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikation zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt werden.
Der ab Januar 2004 eingeführte umfassende gesetzliche Ausschluss von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Alprostadil zur Behandlung der erektilen Dysfunktion gilt unabhängig von der Frage, ob der behandelnde Arzt die Verordnung des Medikaments für medizinisch notwendig und indiziert hält und das Präparat beim Kläger erfolgreich eingesetzt wurde. Von daher waren medizinische Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere eine Anhörung von Dr. L. nicht geboten.
Der Leistungsausschluss gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB V verstößt nicht gegen die Verfassung.
Aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl. BVerfGE 85, 191, 212; 88, 203, 251; 90, 145, 195). Darüber hinaus ist verfassungsrechtlich nur geboten, eine medizinische Versorgung für alle Bürger bereitzuhalten. Dabei hat der Gesetzgeber aber einen so weiten Gestaltungsspielraum, dass sich originäre Leistungsansprüche aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig nicht ableiten lassen. Aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten (vgl. BVerfGE 89, 120, 130) folgt jedenfalls kein grundrechtlicher Anspruch gegen seine Krankenkasse auf Bereitstellung oder Finanzierung bestimmter Gesundheitsleistungen (ständige Rechtsprechung, Urteil des BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 9/04 R -; BVerfG NJW 1998, 1775 und NJW 1997, 3085; Beschluss des BVerfG vom 02.05.2006 - 1 BvR 817/06 - m.w.N.).
Auch ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip liegt nicht vor, wenn der Gesetzgeber angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen aus dem Leistungskatalog herausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen (vgl. BSGE 94, 302 = SozR 4 - 2500 § 34 Nr. 2 Rdnr. 25 - Viagra). Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, führen - im Einklang mit dem Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98, NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891 - selbst schwere Erkrankungen nicht zur Leistungsausweitung durch grundrechtsorientierte Auslegung, wenn keine notstandsähnliche Extremsituation zugrunde liegt, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R - und vom 18.07.2006 B 1 KR 10/05 R -). Ein vergleichbarer medizinischer Sachverhalt liegt beim Kläger indes nicht vor.
Was die vom Kläger geltend gemachte Ungleichproblematik im Hinblick auf den Bereich der öffentlich-rechtlichen Versorgung der beihilfeberechtigten Beamten und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst angeht, weist auch der Senat auf die grundlegenden Unterschiede zwischen der für Beamte und Versorgungsempfänger geltenden Beihilferegelung einerseits und dem Vorsorgesystem und Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung hin. Diese fundamentalen Systemunterschiede - Notfallvorsorge im Erstattungsverfahren im Beihilferecht kontra solidarische Versicherung mit Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung - schließen einen Gleichheitsverstoß auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 GG von vornherein aus (vgl. BVerfGE 58, 68, 81 unter Bezugnahme auf BVerfGE 21, 329, 352). Im übrigen ist die Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion in den Beihilfevorschriften ausgeschlossen. Die Wirksamkeit dieses Ausschlusses wurde vom Verwaltungsgericht Osnabrück in seiner Entscheidung vom 24.04.2006 - 3 A 145/05 - bestätigt.
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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