L 15 B 13/06 AY NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 90 AY 337/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 13/06 AY NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2006 wird abgelehnt.

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung des Klägers gegen das genannte Urteil ist nicht kraft Gesetzes zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt weder 500,00 Euro noch betrifft die Berufung laufende oder wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Der vorliegende Rechtsstreit betrifft mit Rücksicht auf das ergangene Anerkenntnisteil- und Schlussurteil vom 28. April 2006 nur noch die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger im streitigen Zeitraum vom 31. August 2005 bis zum 13. Oktober 2005 gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG – einen zusätzlichen Barbetrag von monatlich 40,90 Euro zu gewähren. Einen dahingehenden Anspruch hat das Sozialgericht in Übereinstimmung mit dem Beklagten verneint, weil es im Hinblick auf die eigenen Angaben des – minderjährigen – Klägers davon ausgegangen ist, dass prägendes Motiv für seine Einreise nach Deutschland die Inanspruchnahme von Sozialleistungen gewesen ist und sich sein Leistungsanspruch deshalb auf das gemäß § 1 a Nr. 1 AsylbLG unabweisbar Gebotene beschränkt.

Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen, und es liegen auch keine Gründe gemäß § 144 Abs. 2 SGG für eine anders lautende Entscheidung des Senats vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, denn es wird keine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufgeworfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse läge, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Meyer-Ladewig/Kellerer/Leitherer, SGG 8. Auflage, Rdnr. 28 zu § 144). Der Kläger macht geltend, dass die Beweislast für die Annahme, er habe sich nach Deutschland begeben, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erhalten, den Beklagten treffe. Wer im vorliegenden Verfahren die Beweislast für die Einreisemotive des Klägers trägt, ist aber keine im allgemeinen Interesse zu klärende Rechtsfrage. Nach gefestigter Rechtsprechung der bisher zuständigen Verwaltungsgerichte hat beim Tatbestand des § 1 a Nr. 1 AsylbLG der Leistungsberechtigte die nur in sein Wissen gestellten Gründe für seine Einreise nach Deutschland substantiiert darzulegen und zu belegen, und nur bei einem non liquet geht der Beweisnachteil wegen des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift zu Lasten der Sozialbehörde (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 12. November 1999 – 6 SN 203.99 – sowie Hess. VGH, Beschluss vom 04. März 2003 – 10 TG 3109/02 –, jeweils zitiert nach Juris). Dies entspricht auch dem für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebenden Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die objektive Beweislast für die Tatsachen trägt, die den geltend gemachten Anspruch begründen bzw. bei so genannten Gegennormen oder Ausnahmevorschriften die tatsächlichen rechtsvernichtenden oder –einschränkenden Tatbestandsmerkmale darstellen (vgl. Meyer-Ladewig, aaO, Rdnr. 19 ff zu § 103 m. w. N.).

Dass der Kläger offensichtlich mit der vom Sozialgericht vorgenommenen Würdigung des Sachverhalts im Rahmen des § 1 a Nr. 1 AsylbLG nicht übereinstimmt, reicht für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht aus. Soweit er darüber hinaus mit der Beschwerde geltend macht, dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 a Nr. 2 AsylbLG nicht vorlägen, ist dies schon deshalb unerheblich, weil die bisherige Versagung des Barbetrages weder von der Beklagten noch vom Sozialgericht auf diese Norm gestützt worden ist. Im Übrigen würde auch insoweit gelten, dass eine nach Auffassung des Klägers unzutreffende Tatsachenwürdigung nicht die Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen könnte (vgl. BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 7).

Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund dient der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Divergenz liegt vor, wenn die entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze des angefochtenen Urteils von denen einer Entscheidung eines der näher bezeichneten Gerichte höherer Instanz abweichen. Die Regelung betrifft damit nur eine Abweichung in den jeweils tragenden Gründen (vgl. Meyer-Ladewig, aaO, § 160 Nr. 10 ff, 14, 14 a). Eine Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von einer Entscheidung der in der Vorschrift aufgeführten obersten Bundesgerichte liegt nicht vor, was vom Kläger auch nicht geltend gemacht wird. Entgegen seiner Auffassung weicht das beanstandete Urteil aber auch nicht in entscheidungserheblicher Weise von einer Entscheidung "des" Landessozialgerichts ab. Gemeint ist damit – nur – das Berufungsgericht, also das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Meyer-Ladewig, aaO, § 144 Rdnr. 30). Der Kläger beruft sich wegen der geltend gemachten Divergenz auf einen im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ergangenen Beschluss des erkennenden Senats vom 22. Dezember 2005 – L 15 B 3/05 AY ER –, in dem es unter anderem heißt: "Zwar dürfte dem – minderjährigen – Antragsteller nicht zur Last zu legen sein, dass er im Oktober 2004 nach Deutschland eingereist ist, um Leistungen nach dem AsylbLG zu erlangen, weil es insoweit auf den Willen und die Motive seines gesetzlichen Vertreters im Heimatland ankommt, diesbezüglich aber Personen und Umstände nicht geklärt sind."

Schon aus der Formulierung "dürfte" wird aber deutlich, dass es sich hierbei nicht um einen tragenden Grund für die damalige Entscheidung des Senats gehandelt hat, sondern lediglich um eine beiläufige Bemerkung aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im dortigen Einzelfall, für den die nicht vom Kläger zitierte, anschließende Textpassage entscheidungserheblich war: "Das Sozialgericht hat aber zutreffend darauf abgestellt, dass die Voraussetzungen des § 1 a AsylbLG jedenfalls in ihrer zweiten Alternative erfüllt sind, da beim Antragsteller, der nach bestandskräftiger Ablehnung seines offensichtlich unbegründeten Asylantrages ausländerrechtlich zur Ausreise verpflichtet ist, aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen bislang nicht vollzogen werden konnten."

Der dritte und letzte Grund für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegt ebenfalls nicht vor, denn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

Gemäß § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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