Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 84/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 62/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Beweiswert widersprüchlichen Beteiligtenvortrags zur Handlungstendenz
Bedarf ein Tatbestandsmerkmal des Vollbeweises, so kann das Sozialgericht dann seine volle Überzeugung nicht lediglich auf die Angaben eines Beteiligten stützen, wenn diese Angaben mehrfach geändert wurden und es für die demgemäß ursprünglich unrichtigen Angaben keine befriedigende Erklärung gibt. Dies gilt auch dann, wenn es sich um subjektive Tatbestandsmerkmale handelt, über die naturgemäß nur der Betroffene selbst Auskunft geben kann.
Bedarf ein Tatbestandsmerkmal des Vollbeweises, so kann das Sozialgericht dann seine volle Überzeugung nicht lediglich auf die Angaben eines Beteiligten stützen, wenn diese Angaben mehrfach geändert wurden und es für die demgemäß ursprünglich unrichtigen Angaben keine befriedigende Erklärung gibt. Dies gilt auch dann, wenn es sich um subjektive Tatbestandsmerkmale handelt, über die naturgemäß nur der Betroffene selbst Auskunft geben kann.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.01.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Unfall des Klägers am 22.12.2001 in seinem Wohnhaus ein Arbeitsunfall ist.Der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bei der Beklagten kraft Satzung versicherte Kläger wandte sich mit Schreiben vom 03.01.2002 an die Beklagte und teilte ihr mit, am 22.12.2001 einen Betriebsunfall erlitten zu haben. Er betreibe in seinem Wohnhaus G ... Nr ..., ... B ..., ein Büro, in dem er seit 1995 seine Tätigkeit als Vermögensberater für die Deutsche Vermögensberatung ausübe. Dieses Gebäude bestehe bau- und steuerrechtlich aus mehreren Eigentumswohnungen, wobei die Eigentumswohnung im Erdgeschoss zu Nichtwohnzwecken genutzt werde, sie sei die Betriebsstätte und besitze einen separaten Zugang, der für alle Mitarbeiter zugänglich sei. Mit den Mitarbeitern seien hierzu auch Mietverträge geschlossen worden. Aufgrund des schnellen Wachstums seines Unternehmens sei es notwendig geworden, zusätzliche Lager- und Archivierungsmöglich-keiten zu schaffen. Hierzu sei ein Raum im Dachgeschoss eingerichtet worden. Für die ordnungsgemäße Lagerung und Archivierung sei ein Mitarbeiter verantwortlich eingestellt worden. Wegen der EURO-Umstellung zum 01.01.2002 sei es dringend notwendig gewe-sen, einen Großteil von Antragsmaterialien der vielfältigen Produktpartner (wie zum Bei-spiel Versicherungs- und Bausparanträge) neu zu ordnen. Da er bis zum 21.12.2001 im Urlaub gewesen sei, habe in dieser Zeit die notwendige Bestellung der verantwortliche Mitarbeiter eigenständig getätigt. Zusätzlich habe er zu Beginn des Urlaubs selbst eine neue Bestellung ausgelöst. Alle Sendungen seien von einer Mitarbeiterin während des Ur-laubs vom Paketdienst im Büro entgegengenommen worden. Nach seinem Urlaub am 22.12.2001 (einem Samstag) habe er wie gewöhnlich um 09.00 Uhr mit seiner Arbeit be-gonnen. Zu dieser Zeit hätten unzählige Pakete im Büro und im Treppenhaus gestanden. Er habe sich daraufhin entschlossen, die Materialpakete so wie vom Paketdienst gebracht, in das Lager im Dachgeschoss zu transportieren. Er habe dabei ein Paket mit der linken Hand gegriffen und mit der rechten habe er sein Cutmesser mitgenommen, welches er bereits zum Aufschneiden der Pakete im Büro genutzt habe. Kurz vor dem Erreichen des Treppen-podestes im Dachgeschoss habe sich das Plastikband des maschinell verpackten Paketes gelöst. Er habe daraufhin noch gespürt, wie ihm das Paket vor die Schienbeine fiel, er sei dann gestürzt und mit der Körpervorderseite auf die Treppen aufgeschlagen. Wie genau sich der Sturz die Treppe hinunter vollzogen habe, sei ihm nicht mehr bekannt. Als er wie-der zu Bewusstsein gekommen sei, habe er auf dem Podest eine Etage niedriger gelegen. Er habe auf dem Bauch liegend starke Schmerzen am rechten Auge gespürt und Blut an seinen Händen gesehen. Er habe das Mobiltelefon seines Autotelefons noch dabei gehabt und da-mit habe er den Notruf und anschließend seine Schwiegereltern, die auf demselben Grund-stück wohnten, alarmieren können.Im Durchgangsarztbericht ist vermerkt:- zeitlich und örtlich orientiert, kann sich an Unfallhergang nicht erinnern, Sensorium frei, Hirnnerven intakt, rechtes Auge nahezu blind, reagiert aber auf Licht, nimmt Bewegung und Gegenstände schemenhaft wahr; rechte Schulter gut beweglich, Thoraxkompressionsschmerz links, auskultatorisch Atemgeräusche abgeschwächt. Die Röntgendiagnostik erbrachte Frakturen der 8. und 9. Rippe links. Außerdem wurden im Universitätsklinikum D ... eine Schädelprellung und eine Contusio bulbi mit Monokelhämatom rechts diagnostiziert.Mit Schreiben vom 07.01.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass unter der Voraus-setzung, dass es sich bei dem Ereignis vom 22.12.2001 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, er Leistungen nach den Vorschriften der §§ 26ff. SGB VII erhalte. Das Verletzten-geld werde nach einer Karenzzeit von drei Wochen gezahlt. Heilbehandlung und Berufshil-fe würden vom Tage des Versicherungsfalles an geleistet.Noch zwischen Weihnachten und Silvester 2001 wurde eine umfangreiche Diagnostik ein-geleitet, die augenärztlichen Untersuchungen blieben jedoch ohne Befund. Die Symptoma-tik verblieb jedoch. Der Kläger sah rechts/links lediglich Kontraste, wodurch sich ein Mischbild bei beiden geöffneten Augen ergab.Die Beklagte bejahte mit Bescheid vom 06.02.2002 den Anspruch auf Verletztengeld ab dem 22.12.2001 für die stationäre Behandlung und ab dem 12.01.2002 (21. Tag nach dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde) und überwies den Betrag von 4.908,30 EUR. Dies entsprach dem Monatsbetrag für das Verletztengeld.Der Bescheid wurde mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Ebenso stand die Beklagte für die beträchtlichen Heilbehandlungskosten ein, einschließlich Hubschraubertransport und bewilligte mit Bescheid vom 13.06.2002 die Fortzahlung des Verletztengeldes.Die weitere von der Beklagten in Auftrag gegebene Exploration des Visusverlustes er-brachte keine eindeutigen Ergebnisse. Von neurologischer Seite (Prof. Dr. R1 ...) bestä-tigte sich der Visusverlust rechts. Bereits Prof. R1 ... wies allerdings darauf hin, dass an-gesichts des unauffälligen Schädel- und Orbita-MRTs sowie der regelrechten Blitz-VECPs eine psychogene Komponente nicht auszuschließen sei.Seit dem 27.02.2002 wurde der Kläger in der Psychosomatischen Poliklinik des Universi-tätsklinikums ... betreut, Prof. Dr. J1 ... äußerte einen hochgradigen Verdacht auf eine dissoziative Sehstörung (ICD 10 F 44.6). Simulation und Aggravation sei unwahr-scheinlich, es sei ein deutlicher Leidensdruck spürbar, so dass man davon ausgehen könne, dass durch die Verletzung ein unbewusst bestehender seelischer Konflikt aktiviert worden sei.Seit dem 16.04.2002 befand sich der Kläger in der Klinik für Psychosomatische Medizin S ... Diese Behandlung fand auch im Auftrag und zu Lasten der Beklagten statt.Am 25.06.2006 wurde von der Klinik S ... eine dissoziative Sehstörung diagnosti-ziert, diese sei durch den Unfall ausgelöst worden, gleichwohl sei der Unfall nicht rechtlich wesentliche Ursache, da die dissoziative Sehstörung aus einem solchen Ereignis heraus allein nicht zu erklären sei. Ein psychisch gesunder Mensch würde auf einen solchen Unfall nicht mit einer derart weitreichenden Komplikation reagieren.Mit Bescheid vom 03.07.2002 wurde daraufhin "eine Arbeitsunfähigkeit infolge der Seh-störung zu Lasten der Berufsgenossenschaft über das Ende der stationären Behandlung (25.06.2002) hinaus" abgelehnt.Von der Klinik S ... war eingeschätzt worden, dass der Kläger weiterhin arbeitsunfä-hig sei.Gegen diesen Bescheid ging der Kläger in Widerspruch. Er habe sich bei dem Treppensturz mit dem Cutmesser das Augenlid verletzt und leide seit dem an einer dissoziativen Sehstö-rung. Es sei nicht einzusehen, dass nunmehr das Schadensbild für einen Treppensturz "un-gewöhnlich" sein solle.Dass tatsächlich eine kleine Risswunde am rechten Oberlid bestanden hatte, wurde von Prof. Z1 ... bestätigt.Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde noch einmal mit dem Kläger der Unfall-hergang im Einzelnen erörtert, außerdem wurden die Zeugen H. M. (Schwiegervater des Klägers) und A. L. (DVAG-Mitarbeiter) vernommen. Herr L. sagte aus, das Material, Vor-druck und alles, was nicht sofort durch das Personal benötigt worden sei oder in die Abla-gefächer gepasst habe, unterhalb der Ablagefächer in Kartons deponiert worden sei. Einen Keller besitze das Haus nicht. Ob der Kläger in der Garage oder im Wohnbereich noch weiteres Material deponiert habe, wisse er nicht. Im Dachgeschoss befinde sich jedenfalls ein Schlafzimmer und ein Umkleidezimmer. Ob sich im Dachgeschoss noch ein Zimmer, in dem man Unterlagen deponieren könne, befinde, entziehe sich seiner Kenntnis. Er könne sich nicht erklären, weswegen der Kläger überhaupt die Pakete nach oben getragen habe, er könne sich für dieses Vorgehen wirklich keinen Grund vorstellen. Von einem Lager im Dachgeschoss sei ihm nichts bekannt.Mit Bescheid vom 25.02.2003 wurde daraufhin die Anerkennung des Ereignisses vom 22.12.2001 als Arbeitsunfall abgelehnt. Es hätten sich im Verwaltungs- und Widerspruchs-verfahren derartige Widersprüche aufgetan, dass sich nicht mehr feststellen lasse, mit wel-cher Handlungstendenz der Kläger die zum Unfall führende Tätigkeit ausgeübt habe.Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 11.03.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Zeugen für den Treppensturz seien nicht vorhanden. In der Dokumentati-on der Ärzte der Universitätsklinik sei ausdrücklich vermerkt worden, dass kein Arbeitsun-fall vorliege. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass diese Ärzte auf einem Vordruck einen Arbeitsunfall ausdrücklich verneint hätten, ohne den Kläger konkret zum Unfallhergang befragt zu haben.Mit der Klage zum Sozialgericht Chemnitz hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er bis-her im Wesentlichen widerspruchsfrei vorgetragen habe.Er hat klargestellt, dass er selbst für das Lager im Dachgeschoss zuständig gewesen sei, Angestellte habe es nicht gegeben. Im Übrigen beinhalte die vorbehaltslose Gewährung von Verletztengeld gleichzeitig ein Anerkenntnis bezüglich des Vorliegens der leistungs-begründenden tatbestandlichen Voraussetzungen.Das Sozialgericht hat daraufhin folgenden Vergleichsvorschlag unterbreitet.1. Die Beklagte verzichtet auf die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen bezüglich des dem Kläger gewährten Verletztengeldes.2. Weitere Ansprüche stehen dem Kläger hinsichtlich des Unfallereignisses vom 22.12.2001 nicht zu.3. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit im vollen Umfange erledigt.4. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.Während die Beklagte ihr Einverständnis mit diesem Vergleichsvorschlag erklärte, hat der Kläger den Vergleich abgelehnt.Das Sozialgericht hat daraufhin nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2006 die Klage abgewiesen. Es habe sich nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis feststellen lassen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls im Dachgeschoss des Wohn- und Ge-schäftshauses des Klägers überhaupt ein Lager für Büromaterial eingerichtet gewesen sei. Bis zur Unfallanzeige am 03.01.2002 habe der Kläger weder gegenüber dem Notarzt noch während der stationären Behandlung auf einen Unfall infolge einer versicherten betriebli-chen Tätigkeit hingewiesen.Es sei daher aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Klägers nicht möglich, einen Arbeitsunfall tatsächlich als erwiesen anzunehmen.Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit welcher in erster Linie gerügt wird, dass das Gericht den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt habe, wenn es das Vorliegen eines Arbeitsunfalles als nicht erwiesen ansehe. Es lasse sich beweisen, dass es sich bei dem Pa-ket um ein Paket mit Geschäftsunterlagen gehandelt habe. Für die Beurteilung der Frage, was es mit dem Lagerraum im Dachgeschoss auf sich habe, sei eine Ortsbesichtigung er-forderlich.Der Kläger beantragt,den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.01.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.07.2002 und vom 25.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall des Klägers vom 22.12.2001 ein Arbeitsunfall ist.Die Beklagte beantragt,die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.01.2006 zurückzuweisen.Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogene Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die auf Aufhebung der angefochtenen Beschei-de und Feststellung gerichtete Klage abgewiesen. Gemäß § 55 Abs. 1 Ziff. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, nach § 55 Abs. 1 Ziff. 3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundes-versorgungsgesetzes ist. Das Verhältnis dieser beiden Normen zueinander ist jedoch nicht so zu verstehen, dass Ziff. 3 gewissermaßen als Spezialvorschrift die zulässigen Feststellungsklagen im Zusam-menhang mit Streitfragen um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten regelt. Zu einem sol-chen Verständnis könnte der Gedanke Anlass geben, dass durch Ziff. 1 allein ja gerade nicht die Elementenfeststellungsklage für zulässig erklärt wird und es daher einer besonde-ren Norm bedürfe, um eine spezielle Elementenfeststellungsklage (auch der Kausalzu-sammenhang zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsstörung ist ein Anspruchselement) zulässig zu machen. Bekanntlich sind Elementenfeststellungsklagen nur ausnahmsweise zulässig, wenn durch sie der Streit der Beteiligten im Ganzen bereinigt wird (BSG SozR 3-2500 §124 Nr. 9, Meyer-Ladewig, § 55 SGG Rnr. 9a, strittig) und dies ist ja typischerweise nicht der Fall, wenn die Höhe der MdE, die Dauer und Höhe der Leistungsansprüche etc. ausgeklammert bleiben. Es ist seit langem anerkannt, dass auch die in § 55 Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich aufge-führte Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass ein bestimmtes Geschehen als Arbeitsun-fall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu qualifizieren ist, Gegenstand einer so genannten "isolierten" Feststellungsklage sein kann (BSG, Urteil vom 28.04.2004 – B 2 U 21/03 R -). Dann muss es sich aber um keine kombinierte Anfechtungs- und Fest-stellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 24.06.2006 – B 2 U 77/06 B -; BSGE 57, 184; BSGE 58, 150, 152; BSG SozR 2200 § 551 Nr. 35) handeln, als die das Sozialgericht wenn auch nicht ausdrücklich so doch schlüssig die am 09.04.2003 erhobene Klage behandelt hat. Im Berufungsverfahren hat der anwaltlich vertretene Kläger das ursprünglich geltend ge-machte Leistungsbegehren auch nicht mehr weiter verfolgt. Streitig ist mithin nicht, ob die Funktionsstörung (sei sie nun "dissoziativ" oder doch Folge einer bislang unerkannten organischen Ursache) Folge des Geschehens vom 22.12.2001 ist, streitig ist allein, ob es sich bei diesem Geschehen um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung handelte.
Der Senat verneint diese Frage. Um diese Frage zu verneinen, ist eine volle richterliche Überzeugung davon, dass es sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat, nicht erforderlich, vielmehr ist die Frage schon dann zu verneinen, wenn eine volle richterliche Überzeugung von dem Vorliegen eines Arbeitsunfalls sich trotz Ausschöpfung aller erforderlichen und geeigneten Beweismittel nicht gewinnen läßt.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versi-cherte Tätigkeit). Unstreitig handelte es sich bei dem Treppensturz des Klägers um einen Unfall. Es ist allerdings nicht erwiesen, dass sich dieser Unfall infolge einer den Versicherungs-schutz begründenden Tätigkeit ereignet hat.
Dabei betrachtet es der Senat grundsätzlich als unschädlich, dass sich der Unfall im Trep-penhaus ereignet hat, welches als solches nicht Büroraum und auch nicht Betriebsstätte ist. Ein "negativer Betriebsbann" besteht insoweit nicht und lässt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 30.06.2005 (- L 1 U 104/04 – Breith. 2006, 481) ableiten. Vielmehr ergibt sich auch aus dieser Entscheidung, dass die Beförderung von Geschäftsunterlagen gemäß § 8 Abs. 2 Ziff. 5 SGB VII ("Befördern eines Arbeitsgerätes") auch dann versichert ist, wenn sie nicht in den Geschäftsräumen stattfindet. Unversichert wäre solch eine Beförderung nur dann, wenn sie – und davon ging das LSG Schleswig-Holstein im zu entscheidenden Fall aus – völlig nebensächlich ist, wenn also Arbeitsgeräte bzw. Geschäftsunterlagen nur nebenbei auf einem privaten Weg mitgenommen werden. Eine solche Konstellation steht hier nicht zur Debatte; hätte der Kläger, wie er im Klage-verfahren behauptet hat, Geschäftsunterlagen befördert, so wäre das "private" Treppenhaus (zu einem dort erfolgten Sturz nach einer kurzen Kaffeepause vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1999 – B 2 U 3/99 R – SozR 3-2700 § 8 Nr. 1) ebenso unschädlich, wie der Charak-ter des eingerichteten oder umfunktionierten oder gerade erst dazu erklärten Lagerraums im Dachgeschoss. Da vorliegend auch kein Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Ziff. 2 SGB VII im Streit ist, kommt es auch nicht darauf an, ob mit dem Durchschreiten irgendwelcher Türen der Ver-sicherungsschutz erlischt.
Der Senat sieht sich nicht in der Lage, die streitentscheidende Frage nach der für den inne-ren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit maßgeblichen Handlungstendenz "ohne vernünftige Zweifel" im Sinne des Klägers positiv zu beantworten. Es lässt sich nicht fest-stellen, dass der Kläger in einer seinem Unternehmen wesentlich dienenden Tätigkeit am Samstagmorgen dem 22.12.2001 in seinem Wohn-/Geschäftshaus in das Dachgeschoss unterwegs war.
Allen Gerichtsverfahrensarten ist gemein, dass bestrittene Behauptungen der einen Klage-partei bewiesen sein müssen, um darauf eine Entscheidung zu stützen. Das Gericht ist zwar in der Würdigung der Beweise frei, § 128 SGG, es würde sich aber dem berechtigten Vor-wurf der Befangenheit oder der Parteilichkeit aussetzen, wenn es von diesem Recht in der Weise Gebrauch macht, dass es für den Beweis die Behauptung genügen lässt und gewis-sermaßen die eine Partei in den Rang des Zeugen erhebt. Daher ist in der Zivilprozessord-nung die Parteivernehmung nur unter einschränkenden Bedingungen zulässig (§§ 445 bis 455 ZPO); im Sozialgerichtsprozess ist sie grundsätzlich nicht statthaft, denn § 118 SGG verweist ausdrücklich nicht auf diese Vorschriften (vgl. BSG SozR Nr. 1 zu § 445 ZPO). Es ist jedoch anerkannt, dass auch der Sachvortrag der Beteiligten von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bei der Überzeugungsbildung eine Rolle zu spielen hat, denn auch dieser Sachvortrag gehört zu dem in § 128 SGG genannten "Gesamtergebnis des Verfah-rens" (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1966 – 9 RV 194/64 – SozR Nr. 77 zu § 128 SGG). In dieser auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung ergangenen Entscheidung wird auf § 15 KOVVfG (damals noch VerwVG genannt) Bezug genommen, wonach die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsa-chen beziehen, der Entscheidung zu Grunde zu legen sind, wenn Unterlagen nicht vorhan-den sind oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind und wenn seine Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung ist möglich. In der Praxis der Sozialverwaltung stellt sich eine solche Situation häufiger, so lässt bei-spielsweise auch § 1 der Verordnung über die Feststellung von Leistungen aus den gesetz-lichen Rentenversicherungen bei verlorenen, zerstörten, unbrauchbar gewordenen oder nicht erreichbaren Versicherungsunterlagen (Versicherungsunterlagen-Verordnung, Vu-VO) die Glaubhaftmachung zu und generell trifft § 23 SGB X eine Reihe von allgemeinen Regelungen für die Glaubhaftmachung Sozialverwaltungsträgern gegenüber. Dieser Umstand ist also der Ausgangspunkt für die Zulassung des Klägervortrags als "Quasi-Beweismittel"; der Kläger soll vor Gericht nicht schlechter stehen als gegenüber der Sozialverwaltung, mit anderen Worten, die Frage, ob etwas glaubhaft gemacht wurde, soll nicht de facto in das gerichtlich nicht überprüfbare Ermessen der Verwaltungsträger gestellt werden.
Ausgehend von der genannten Entscheidung aus dem Jahr 1966 ist darüber hinaus mittler-weile anerkannt, dass nicht nur in Fragen der Glaubhaftmachung sondern auch, wenn es um den Vollbeweis geht, auf den Tatsachenvortrag eines Beteiligten abgestellt werden kann (vgl. BSG; Urteil vom 07.12.1989 – 4 R LW 11/88 – VdK-Mitt. 1990, Nr. 4, 43). Da es sich bei der Glaubhaftmachung um die nach der Wahrscheinlichkeit noch geringere Beweisanforderung gegenüber dem Vollbeweis handelt (vgl. Berliner Kommentar SGG – Humpert § 128 2.2.2.1 bis 2.2.2.3) müssen die Anforderungen, die an die Glaubhaftma-chung zu stellen sind, erst recht bzw. in erhöhtem Maße gestellt werden, wenn auf dieselbe Weise der Vollbeweis erbracht werden soll. Auch in anderen Gerichtsbarkeiten ist aner-kannt, dass eine Glaubhaftmachung nur dann bewirkt ist, wenn sie in sich widerspruchsfrei ist (BPatG, Beschluss vom 22.06.2005 – 28 W (pat) 303/04, MittdtschPatAnw 2006, 132; BGH, Beschluss vom 17.01.2002 – VII ZB 32/01 – NJW 2002 1429; BFH, Beschlüs-se vom 24.03.2000 – XB 92 bis 94/99 -; OVG NRW, Urteil vom 25.08.1981 – 18 a 10037/80 -).
Für die Frage, ob sich der Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit ereignet hat, ist der Vollbeweis notwendig (BSGE 58, 80, 83). Es muss für das Gericht feststehen, dass der Anspruchsteller bei dem Unfall noch bzw. schon eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat (BSGE 61, 127). Die objektive Beweislast für das Vorliegen der entsprechenden Hand-lungstendenz trifft den Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001 – B 2 U 6/90 R -; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; Sächsisches LSG, Urteil vom 04.06.2004 – L 2 U 144/02 -). Bei der wertenden Gesamtschau steht die Frage nach der Handlungsten-denz im Vordergrund, hierbei sind auch die objektiven Umstände des Einzelfalles zu be-rücksichtigen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Da zwar nicht die Beweisführungslast aber doch die objektive Beweislast den Versicherten trifft (BSG, Urteil vom 13.08.2002 – B 2 U 33/01 R – ist) bei einem "non liquet" die Klage abzuweisen (vgl. LSG NRW Urteil vom 09.07.2003 – L 17 (15) U 300/01 -).
Der Vollbeweis der versicherten Tätigkeit ist dem Kläger nicht gelungen. Im vorliegenden Fall bestand die Besonderheit, dass der Kläger auf Grund der besonderen Umstände des Unfalls der einzige "Unfallzeuge" war und bezüglich des subjektiven Elements der Hand-lungstendenz ohnehin die einzige Person, die hierüber Auskunft geben konnte. Der Beweis hätte gelingen können, wenn sein Vortrag in sich frei von Widersprüchen ge-wesen wäre und auch mit den übrigen Ermittlungsergebnissen in Einklang gestanden hätte (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.1989 – 4 R LW 11/88 -). Treten bei der Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung Widersprüchlichkeiten auf und verwickelt sich unter Umständen ein Zeuge auch im Verhältnis zu seinen früheren Aussagen in Widersprüche, so besteht die Möglichkeit, dadurch eine gewisse Klarheit zu gewinnen, dass die "endgültig richtige" Aussage beeidet wird. Diese Möglichkeit besteht für die Partei im sozialgerichtlichen Ver-fahren nicht (BSG, Beschluss vom 13.12.2005 – B 13 RJ 247/05 B -). Ein Beweisersatz kann die Aussage eines Beteiligten ohnehin in der Regel nicht sein, allgemein sollte der glaubhafte und widerspruchsfreie Vortrag eines Beteiligten nur die Rolle spielen, dass er "bei der Überzeugungsbildung" des Gerichts "mitverwendet wird" (vgl. BSG, Beschluss vom 10.02.1998 – B 2 U 2/98 B -).
Der Kläger hat sich durch seinen Vortrag der Beklagten und dem Sozial- und Landessozi-algericht gegenüber sowohl zu den übrigen Ermittlungsergebnissen als auch mit sich selbst in Widerspruch gesetzt. Der Senat verkennt nicht, dass ein emotional hoch belastendes Ereignis wie der mögliche Verlust des Augenlichtes vom Betroffenen generell nicht wie von einem nüchternen außen stehenden Beobachter wahrgenommen wird und demzufolge auch nicht in entsprechender Nüchternheit und Präzision berichtet werden kann. Der Senat verkennt auch nicht, dass durch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes fast immer unvermeidbar gewisse "Stille-Post-Effekte" auftreten, ohne dass daraus einem der Beteiligten ein Vorwurf zu machen wäre. Die wechselnden Darstellungen des Unfallgeschehens wiegen daher grundsätzlich weniger schwer, wenngleich die Anzahl der "Fallvarianten" doch schon etwas ungewöhn-lich ist. In der Unfallanzeige vom 03.01.2002 gab der Kläger an, das Paket in der linken Hand und in der rechten Hand eine Cutmesser getragen zu haben. Kurz vor Erreichen des Treppen-podestes habe sich das Plastikband gelöst und ihm sei das Paket vor die Schienbeine gefal-len. Bei der Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens am 10.12.2002 gab er an, dass "vermutlich" das Plastikband gerissen sei und er sich an das weitere Geschehen nicht mehr erinnern könne. Im Klageverfahren ließ er vortragen, er habe das Paket mit beiden Händen getragen und das Cutmesser in der rechten. Das Paket sei zu schwer gewesen, er habe deswegen das Gleichgewicht verloren (Schreiben vom 22.09.2005). Am 28.05.2003 hatte er gegenüber dem Sozialgericht vortragen lassen, er sei ins Stolpern gekommen und habe, um das Gleichgewicht zu halten, die Hände hochgerissen. Dabei sei ihm das große Paket in die Beine gefallen.
All diese Fallvarianten machen eins deutlich: Es handelt sich bei der Schilderung des Un-fallgeschehens um eine Rekonstruktion. Der Kläger, der ja auf Grund der leichten Gehirn-erschütterung auch eine leichte retrograde Amnesie hatte, versuchte zu rekonstruieren, wie es "gewesen sein muss". Dann handelt es sich aber nicht mehr um die Bekundung eigener Wahrnehmungen und kann auch keinen eigenen Beweiswert mehr haben. Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist die exakte Rekonstruktion des Unfallgesche-hens in allen Einzelheiten freilich nicht erforderlich. Der Umstand aber, dass der Kläger hier offensichtlich Umstände als sicher angegeben hat, über die er sich nicht sicher war, entwertet dann aber den Beweiswert seiner übrigen Aussagen.
Auch diese sind in hohem Maße widersprüchlich, ohne dass sich dafür eine plausible Er-klärung finden ließe. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger am 03.01.2002, als er die schriftliche Unfallanzeige erstattete, nicht "unter Schock stand" oder in irgendeiner Weise durch seine Verletzungen mental eingeschränkt war. In jedem Schreiben hatte er angegeben, dass ein Lagerraum im Dachgeschoss eingerichtet worden sei und für die ordnungsgemäße Lagerung und Archivierung ein Mitarbeiter ver-antwortlich eingeteilt worden sei. Telefonisch teilte er dann am 05.12.2002 (Blatt 259 der Verwaltungsakte) mit, dass für das Lager ein Herr A. L. verantwortlich gewesen sei. Nachdem dieser dann aber bei seiner Befragung nichts von einem Lager im Dachgeschoss gewusst hatte, änderte der Kläger seinen Vortrag und ließ mitteilen, nicht Herr L. , sondern er selbst sei für das Lager zu-ständig gewesen. Hatte er nach seinen Angaben vom 03.01.2002 glücklicherweise noch das Mobilteil seines Autotelefons bei sich, musste er nach späterem Vortrag (Schreiben vom 06.10.2003), ob-wohl es ihm eigentlich nicht möglich war, aufzustehen, das Telefon aus dem Wohnzimmer vom Bügelbrett nehmen. Während er in seinem Schreiben vom 03.01.2002 unmissverständlich angab, mit seinen Mitarbeitern Mietverträge über Büroräume geschlossen zu haben, widerrief er diese Aus-sage bei seiner Anhörung am 10.12.2002.
Durch diese Widersprüchlichkeiten insgesamt ist die Aufklärungsmöglichkeit des Sach-verhalts unrettbar verloren gegangen. Was der Kläger am Morgen des 22.12.2001 auf der Treppe seines Wohn-/Geschäftshauses getan hat und welche subjektive Handlungstendenz dahinter stand, weiß nur er. Es ist da-her grundsätzlich in einem solchen Fall durchaus an Beweiserleichterung zu denken, auch der prima-facie-Beweis ist im Sozialgerichtsverfahren zulässig. Es fehlen hier aber schon die Merkmale des gewöhnlichen Geschehensablaufes: Es entspricht nicht aller Lebenser-fahrung, dass typischerweise ein selbständiger Vermögensberater, der, nachdem er mit seiner Familie gefrühstückt hat, an einem Samstagmorgen ins Dachgeschoss geht, dies mit betriebsbezogener Handlungstendenz tut. Es wäre also in diesem Fall ganz entscheidend auf die widerspruchsfreien Angaben des Klägers angekommen, wobei die Angabe, sich nicht oder zum Teil nicht erinnern zu können, sicher nützlicher gewesen wäre, als eigen-mächtig vorgenommene Rekonstruktionen des Geschehensablaufes. Nunmehr, da ein in sich widersprüchlicher und mehrfach auf Druck von außen geänderter Sachvortrag vor-liegt, können auch weitere Indizien nicht mehr den Vollbeweis der versicherten Tätigkeit erbringen. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gemachten Behauptungen, dass sich doch noch beweisen lasse, dass ein Paket mit Geschäftsunterlagen im Treppen-haus gefunden worden sei etc., dass ein Lager im Dachgeschoss bestanden habe, dies aber nach dem Unfall wieder aufgelöst worden sei, all dies kann als wahr unterstellt werden. Auch ein nach dem Unfall aufgefundenes Paket kann – angesichts des Umstandes, dass sich Pakete ohnehin im Treppenhaus gestapelt haben sollen – nicht mehr nachträglich die betriebsbezogene Handlungstendenz konkret zum Unfallzeitpunkt beweisen.
Durch die widersprüchlichen Angaben hat sich der Kläger der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit begeben, das Vorliegen eines Arbeitsunfalls durch einen Sachvortrag so plau-sibel zu machen, dass sich keine vernünftigen Zweifel mehr aufdrängen (vgl. hierzu auch LSG NRW Urteil vom 28.05.2002 – L 15 U 303/00 – HVBG Info 34/02).
Der Senat verkennt nicht, dass trotz der zahlreichen Widersprüche durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass tatsächlich ein Paket mit Geschäftsunterlagen (dem dann wohl noch weitere zu folgen gehabt hätten, damit die Aufräumaktion Sinn macht) ins Dachgeschoss verbracht werden sollte. Diese Wahrscheinlichkeit reicht jedoch nicht für den Erfolg der Berufung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Unfall des Klägers am 22.12.2001 in seinem Wohnhaus ein Arbeitsunfall ist.Der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bei der Beklagten kraft Satzung versicherte Kläger wandte sich mit Schreiben vom 03.01.2002 an die Beklagte und teilte ihr mit, am 22.12.2001 einen Betriebsunfall erlitten zu haben. Er betreibe in seinem Wohnhaus G ... Nr ..., ... B ..., ein Büro, in dem er seit 1995 seine Tätigkeit als Vermögensberater für die Deutsche Vermögensberatung ausübe. Dieses Gebäude bestehe bau- und steuerrechtlich aus mehreren Eigentumswohnungen, wobei die Eigentumswohnung im Erdgeschoss zu Nichtwohnzwecken genutzt werde, sie sei die Betriebsstätte und besitze einen separaten Zugang, der für alle Mitarbeiter zugänglich sei. Mit den Mitarbeitern seien hierzu auch Mietverträge geschlossen worden. Aufgrund des schnellen Wachstums seines Unternehmens sei es notwendig geworden, zusätzliche Lager- und Archivierungsmöglich-keiten zu schaffen. Hierzu sei ein Raum im Dachgeschoss eingerichtet worden. Für die ordnungsgemäße Lagerung und Archivierung sei ein Mitarbeiter verantwortlich eingestellt worden. Wegen der EURO-Umstellung zum 01.01.2002 sei es dringend notwendig gewe-sen, einen Großteil von Antragsmaterialien der vielfältigen Produktpartner (wie zum Bei-spiel Versicherungs- und Bausparanträge) neu zu ordnen. Da er bis zum 21.12.2001 im Urlaub gewesen sei, habe in dieser Zeit die notwendige Bestellung der verantwortliche Mitarbeiter eigenständig getätigt. Zusätzlich habe er zu Beginn des Urlaubs selbst eine neue Bestellung ausgelöst. Alle Sendungen seien von einer Mitarbeiterin während des Ur-laubs vom Paketdienst im Büro entgegengenommen worden. Nach seinem Urlaub am 22.12.2001 (einem Samstag) habe er wie gewöhnlich um 09.00 Uhr mit seiner Arbeit be-gonnen. Zu dieser Zeit hätten unzählige Pakete im Büro und im Treppenhaus gestanden. Er habe sich daraufhin entschlossen, die Materialpakete so wie vom Paketdienst gebracht, in das Lager im Dachgeschoss zu transportieren. Er habe dabei ein Paket mit der linken Hand gegriffen und mit der rechten habe er sein Cutmesser mitgenommen, welches er bereits zum Aufschneiden der Pakete im Büro genutzt habe. Kurz vor dem Erreichen des Treppen-podestes im Dachgeschoss habe sich das Plastikband des maschinell verpackten Paketes gelöst. Er habe daraufhin noch gespürt, wie ihm das Paket vor die Schienbeine fiel, er sei dann gestürzt und mit der Körpervorderseite auf die Treppen aufgeschlagen. Wie genau sich der Sturz die Treppe hinunter vollzogen habe, sei ihm nicht mehr bekannt. Als er wie-der zu Bewusstsein gekommen sei, habe er auf dem Podest eine Etage niedriger gelegen. Er habe auf dem Bauch liegend starke Schmerzen am rechten Auge gespürt und Blut an seinen Händen gesehen. Er habe das Mobiltelefon seines Autotelefons noch dabei gehabt und da-mit habe er den Notruf und anschließend seine Schwiegereltern, die auf demselben Grund-stück wohnten, alarmieren können.Im Durchgangsarztbericht ist vermerkt:- zeitlich und örtlich orientiert, kann sich an Unfallhergang nicht erinnern, Sensorium frei, Hirnnerven intakt, rechtes Auge nahezu blind, reagiert aber auf Licht, nimmt Bewegung und Gegenstände schemenhaft wahr; rechte Schulter gut beweglich, Thoraxkompressionsschmerz links, auskultatorisch Atemgeräusche abgeschwächt. Die Röntgendiagnostik erbrachte Frakturen der 8. und 9. Rippe links. Außerdem wurden im Universitätsklinikum D ... eine Schädelprellung und eine Contusio bulbi mit Monokelhämatom rechts diagnostiziert.Mit Schreiben vom 07.01.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass unter der Voraus-setzung, dass es sich bei dem Ereignis vom 22.12.2001 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, er Leistungen nach den Vorschriften der §§ 26ff. SGB VII erhalte. Das Verletzten-geld werde nach einer Karenzzeit von drei Wochen gezahlt. Heilbehandlung und Berufshil-fe würden vom Tage des Versicherungsfalles an geleistet.Noch zwischen Weihnachten und Silvester 2001 wurde eine umfangreiche Diagnostik ein-geleitet, die augenärztlichen Untersuchungen blieben jedoch ohne Befund. Die Symptoma-tik verblieb jedoch. Der Kläger sah rechts/links lediglich Kontraste, wodurch sich ein Mischbild bei beiden geöffneten Augen ergab.Die Beklagte bejahte mit Bescheid vom 06.02.2002 den Anspruch auf Verletztengeld ab dem 22.12.2001 für die stationäre Behandlung und ab dem 12.01.2002 (21. Tag nach dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde) und überwies den Betrag von 4.908,30 EUR. Dies entsprach dem Monatsbetrag für das Verletztengeld.Der Bescheid wurde mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Ebenso stand die Beklagte für die beträchtlichen Heilbehandlungskosten ein, einschließlich Hubschraubertransport und bewilligte mit Bescheid vom 13.06.2002 die Fortzahlung des Verletztengeldes.Die weitere von der Beklagten in Auftrag gegebene Exploration des Visusverlustes er-brachte keine eindeutigen Ergebnisse. Von neurologischer Seite (Prof. Dr. R1 ...) bestä-tigte sich der Visusverlust rechts. Bereits Prof. R1 ... wies allerdings darauf hin, dass an-gesichts des unauffälligen Schädel- und Orbita-MRTs sowie der regelrechten Blitz-VECPs eine psychogene Komponente nicht auszuschließen sei.Seit dem 27.02.2002 wurde der Kläger in der Psychosomatischen Poliklinik des Universi-tätsklinikums ... betreut, Prof. Dr. J1 ... äußerte einen hochgradigen Verdacht auf eine dissoziative Sehstörung (ICD 10 F 44.6). Simulation und Aggravation sei unwahr-scheinlich, es sei ein deutlicher Leidensdruck spürbar, so dass man davon ausgehen könne, dass durch die Verletzung ein unbewusst bestehender seelischer Konflikt aktiviert worden sei.Seit dem 16.04.2002 befand sich der Kläger in der Klinik für Psychosomatische Medizin S ... Diese Behandlung fand auch im Auftrag und zu Lasten der Beklagten statt.Am 25.06.2006 wurde von der Klinik S ... eine dissoziative Sehstörung diagnosti-ziert, diese sei durch den Unfall ausgelöst worden, gleichwohl sei der Unfall nicht rechtlich wesentliche Ursache, da die dissoziative Sehstörung aus einem solchen Ereignis heraus allein nicht zu erklären sei. Ein psychisch gesunder Mensch würde auf einen solchen Unfall nicht mit einer derart weitreichenden Komplikation reagieren.Mit Bescheid vom 03.07.2002 wurde daraufhin "eine Arbeitsunfähigkeit infolge der Seh-störung zu Lasten der Berufsgenossenschaft über das Ende der stationären Behandlung (25.06.2002) hinaus" abgelehnt.Von der Klinik S ... war eingeschätzt worden, dass der Kläger weiterhin arbeitsunfä-hig sei.Gegen diesen Bescheid ging der Kläger in Widerspruch. Er habe sich bei dem Treppensturz mit dem Cutmesser das Augenlid verletzt und leide seit dem an einer dissoziativen Sehstö-rung. Es sei nicht einzusehen, dass nunmehr das Schadensbild für einen Treppensturz "un-gewöhnlich" sein solle.Dass tatsächlich eine kleine Risswunde am rechten Oberlid bestanden hatte, wurde von Prof. Z1 ... bestätigt.Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde noch einmal mit dem Kläger der Unfall-hergang im Einzelnen erörtert, außerdem wurden die Zeugen H. M. (Schwiegervater des Klägers) und A. L. (DVAG-Mitarbeiter) vernommen. Herr L. sagte aus, das Material, Vor-druck und alles, was nicht sofort durch das Personal benötigt worden sei oder in die Abla-gefächer gepasst habe, unterhalb der Ablagefächer in Kartons deponiert worden sei. Einen Keller besitze das Haus nicht. Ob der Kläger in der Garage oder im Wohnbereich noch weiteres Material deponiert habe, wisse er nicht. Im Dachgeschoss befinde sich jedenfalls ein Schlafzimmer und ein Umkleidezimmer. Ob sich im Dachgeschoss noch ein Zimmer, in dem man Unterlagen deponieren könne, befinde, entziehe sich seiner Kenntnis. Er könne sich nicht erklären, weswegen der Kläger überhaupt die Pakete nach oben getragen habe, er könne sich für dieses Vorgehen wirklich keinen Grund vorstellen. Von einem Lager im Dachgeschoss sei ihm nichts bekannt.Mit Bescheid vom 25.02.2003 wurde daraufhin die Anerkennung des Ereignisses vom 22.12.2001 als Arbeitsunfall abgelehnt. Es hätten sich im Verwaltungs- und Widerspruchs-verfahren derartige Widersprüche aufgetan, dass sich nicht mehr feststellen lasse, mit wel-cher Handlungstendenz der Kläger die zum Unfall führende Tätigkeit ausgeübt habe.Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 11.03.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Zeugen für den Treppensturz seien nicht vorhanden. In der Dokumentati-on der Ärzte der Universitätsklinik sei ausdrücklich vermerkt worden, dass kein Arbeitsun-fall vorliege. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass diese Ärzte auf einem Vordruck einen Arbeitsunfall ausdrücklich verneint hätten, ohne den Kläger konkret zum Unfallhergang befragt zu haben.Mit der Klage zum Sozialgericht Chemnitz hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er bis-her im Wesentlichen widerspruchsfrei vorgetragen habe.Er hat klargestellt, dass er selbst für das Lager im Dachgeschoss zuständig gewesen sei, Angestellte habe es nicht gegeben. Im Übrigen beinhalte die vorbehaltslose Gewährung von Verletztengeld gleichzeitig ein Anerkenntnis bezüglich des Vorliegens der leistungs-begründenden tatbestandlichen Voraussetzungen.Das Sozialgericht hat daraufhin folgenden Vergleichsvorschlag unterbreitet.1. Die Beklagte verzichtet auf die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen bezüglich des dem Kläger gewährten Verletztengeldes.2. Weitere Ansprüche stehen dem Kläger hinsichtlich des Unfallereignisses vom 22.12.2001 nicht zu.3. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit im vollen Umfange erledigt.4. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.Während die Beklagte ihr Einverständnis mit diesem Vergleichsvorschlag erklärte, hat der Kläger den Vergleich abgelehnt.Das Sozialgericht hat daraufhin nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2006 die Klage abgewiesen. Es habe sich nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis feststellen lassen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls im Dachgeschoss des Wohn- und Ge-schäftshauses des Klägers überhaupt ein Lager für Büromaterial eingerichtet gewesen sei. Bis zur Unfallanzeige am 03.01.2002 habe der Kläger weder gegenüber dem Notarzt noch während der stationären Behandlung auf einen Unfall infolge einer versicherten betriebli-chen Tätigkeit hingewiesen.Es sei daher aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Klägers nicht möglich, einen Arbeitsunfall tatsächlich als erwiesen anzunehmen.Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit welcher in erster Linie gerügt wird, dass das Gericht den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt habe, wenn es das Vorliegen eines Arbeitsunfalles als nicht erwiesen ansehe. Es lasse sich beweisen, dass es sich bei dem Pa-ket um ein Paket mit Geschäftsunterlagen gehandelt habe. Für die Beurteilung der Frage, was es mit dem Lagerraum im Dachgeschoss auf sich habe, sei eine Ortsbesichtigung er-forderlich.Der Kläger beantragt,den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.01.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.07.2002 und vom 25.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall des Klägers vom 22.12.2001 ein Arbeitsunfall ist.Die Beklagte beantragt,die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.01.2006 zurückzuweisen.Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogene Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die auf Aufhebung der angefochtenen Beschei-de und Feststellung gerichtete Klage abgewiesen. Gemäß § 55 Abs. 1 Ziff. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, nach § 55 Abs. 1 Ziff. 3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundes-versorgungsgesetzes ist. Das Verhältnis dieser beiden Normen zueinander ist jedoch nicht so zu verstehen, dass Ziff. 3 gewissermaßen als Spezialvorschrift die zulässigen Feststellungsklagen im Zusam-menhang mit Streitfragen um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten regelt. Zu einem sol-chen Verständnis könnte der Gedanke Anlass geben, dass durch Ziff. 1 allein ja gerade nicht die Elementenfeststellungsklage für zulässig erklärt wird und es daher einer besonde-ren Norm bedürfe, um eine spezielle Elementenfeststellungsklage (auch der Kausalzu-sammenhang zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsstörung ist ein Anspruchselement) zulässig zu machen. Bekanntlich sind Elementenfeststellungsklagen nur ausnahmsweise zulässig, wenn durch sie der Streit der Beteiligten im Ganzen bereinigt wird (BSG SozR 3-2500 §124 Nr. 9, Meyer-Ladewig, § 55 SGG Rnr. 9a, strittig) und dies ist ja typischerweise nicht der Fall, wenn die Höhe der MdE, die Dauer und Höhe der Leistungsansprüche etc. ausgeklammert bleiben. Es ist seit langem anerkannt, dass auch die in § 55 Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich aufge-führte Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass ein bestimmtes Geschehen als Arbeitsun-fall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu qualifizieren ist, Gegenstand einer so genannten "isolierten" Feststellungsklage sein kann (BSG, Urteil vom 28.04.2004 – B 2 U 21/03 R -). Dann muss es sich aber um keine kombinierte Anfechtungs- und Fest-stellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 24.06.2006 – B 2 U 77/06 B -; BSGE 57, 184; BSGE 58, 150, 152; BSG SozR 2200 § 551 Nr. 35) handeln, als die das Sozialgericht wenn auch nicht ausdrücklich so doch schlüssig die am 09.04.2003 erhobene Klage behandelt hat. Im Berufungsverfahren hat der anwaltlich vertretene Kläger das ursprünglich geltend ge-machte Leistungsbegehren auch nicht mehr weiter verfolgt. Streitig ist mithin nicht, ob die Funktionsstörung (sei sie nun "dissoziativ" oder doch Folge einer bislang unerkannten organischen Ursache) Folge des Geschehens vom 22.12.2001 ist, streitig ist allein, ob es sich bei diesem Geschehen um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung handelte.
Der Senat verneint diese Frage. Um diese Frage zu verneinen, ist eine volle richterliche Überzeugung davon, dass es sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat, nicht erforderlich, vielmehr ist die Frage schon dann zu verneinen, wenn eine volle richterliche Überzeugung von dem Vorliegen eines Arbeitsunfalls sich trotz Ausschöpfung aller erforderlichen und geeigneten Beweismittel nicht gewinnen läßt.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versi-cherte Tätigkeit). Unstreitig handelte es sich bei dem Treppensturz des Klägers um einen Unfall. Es ist allerdings nicht erwiesen, dass sich dieser Unfall infolge einer den Versicherungs-schutz begründenden Tätigkeit ereignet hat.
Dabei betrachtet es der Senat grundsätzlich als unschädlich, dass sich der Unfall im Trep-penhaus ereignet hat, welches als solches nicht Büroraum und auch nicht Betriebsstätte ist. Ein "negativer Betriebsbann" besteht insoweit nicht und lässt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 30.06.2005 (- L 1 U 104/04 – Breith. 2006, 481) ableiten. Vielmehr ergibt sich auch aus dieser Entscheidung, dass die Beförderung von Geschäftsunterlagen gemäß § 8 Abs. 2 Ziff. 5 SGB VII ("Befördern eines Arbeitsgerätes") auch dann versichert ist, wenn sie nicht in den Geschäftsräumen stattfindet. Unversichert wäre solch eine Beförderung nur dann, wenn sie – und davon ging das LSG Schleswig-Holstein im zu entscheidenden Fall aus – völlig nebensächlich ist, wenn also Arbeitsgeräte bzw. Geschäftsunterlagen nur nebenbei auf einem privaten Weg mitgenommen werden. Eine solche Konstellation steht hier nicht zur Debatte; hätte der Kläger, wie er im Klage-verfahren behauptet hat, Geschäftsunterlagen befördert, so wäre das "private" Treppenhaus (zu einem dort erfolgten Sturz nach einer kurzen Kaffeepause vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1999 – B 2 U 3/99 R – SozR 3-2700 § 8 Nr. 1) ebenso unschädlich, wie der Charak-ter des eingerichteten oder umfunktionierten oder gerade erst dazu erklärten Lagerraums im Dachgeschoss. Da vorliegend auch kein Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Ziff. 2 SGB VII im Streit ist, kommt es auch nicht darauf an, ob mit dem Durchschreiten irgendwelcher Türen der Ver-sicherungsschutz erlischt.
Der Senat sieht sich nicht in der Lage, die streitentscheidende Frage nach der für den inne-ren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit maßgeblichen Handlungstendenz "ohne vernünftige Zweifel" im Sinne des Klägers positiv zu beantworten. Es lässt sich nicht fest-stellen, dass der Kläger in einer seinem Unternehmen wesentlich dienenden Tätigkeit am Samstagmorgen dem 22.12.2001 in seinem Wohn-/Geschäftshaus in das Dachgeschoss unterwegs war.
Allen Gerichtsverfahrensarten ist gemein, dass bestrittene Behauptungen der einen Klage-partei bewiesen sein müssen, um darauf eine Entscheidung zu stützen. Das Gericht ist zwar in der Würdigung der Beweise frei, § 128 SGG, es würde sich aber dem berechtigten Vor-wurf der Befangenheit oder der Parteilichkeit aussetzen, wenn es von diesem Recht in der Weise Gebrauch macht, dass es für den Beweis die Behauptung genügen lässt und gewis-sermaßen die eine Partei in den Rang des Zeugen erhebt. Daher ist in der Zivilprozessord-nung die Parteivernehmung nur unter einschränkenden Bedingungen zulässig (§§ 445 bis 455 ZPO); im Sozialgerichtsprozess ist sie grundsätzlich nicht statthaft, denn § 118 SGG verweist ausdrücklich nicht auf diese Vorschriften (vgl. BSG SozR Nr. 1 zu § 445 ZPO). Es ist jedoch anerkannt, dass auch der Sachvortrag der Beteiligten von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bei der Überzeugungsbildung eine Rolle zu spielen hat, denn auch dieser Sachvortrag gehört zu dem in § 128 SGG genannten "Gesamtergebnis des Verfah-rens" (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1966 – 9 RV 194/64 – SozR Nr. 77 zu § 128 SGG). In dieser auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung ergangenen Entscheidung wird auf § 15 KOVVfG (damals noch VerwVG genannt) Bezug genommen, wonach die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsa-chen beziehen, der Entscheidung zu Grunde zu legen sind, wenn Unterlagen nicht vorhan-den sind oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind und wenn seine Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung ist möglich. In der Praxis der Sozialverwaltung stellt sich eine solche Situation häufiger, so lässt bei-spielsweise auch § 1 der Verordnung über die Feststellung von Leistungen aus den gesetz-lichen Rentenversicherungen bei verlorenen, zerstörten, unbrauchbar gewordenen oder nicht erreichbaren Versicherungsunterlagen (Versicherungsunterlagen-Verordnung, Vu-VO) die Glaubhaftmachung zu und generell trifft § 23 SGB X eine Reihe von allgemeinen Regelungen für die Glaubhaftmachung Sozialverwaltungsträgern gegenüber. Dieser Umstand ist also der Ausgangspunkt für die Zulassung des Klägervortrags als "Quasi-Beweismittel"; der Kläger soll vor Gericht nicht schlechter stehen als gegenüber der Sozialverwaltung, mit anderen Worten, die Frage, ob etwas glaubhaft gemacht wurde, soll nicht de facto in das gerichtlich nicht überprüfbare Ermessen der Verwaltungsträger gestellt werden.
Ausgehend von der genannten Entscheidung aus dem Jahr 1966 ist darüber hinaus mittler-weile anerkannt, dass nicht nur in Fragen der Glaubhaftmachung sondern auch, wenn es um den Vollbeweis geht, auf den Tatsachenvortrag eines Beteiligten abgestellt werden kann (vgl. BSG; Urteil vom 07.12.1989 – 4 R LW 11/88 – VdK-Mitt. 1990, Nr. 4, 43). Da es sich bei der Glaubhaftmachung um die nach der Wahrscheinlichkeit noch geringere Beweisanforderung gegenüber dem Vollbeweis handelt (vgl. Berliner Kommentar SGG – Humpert § 128 2.2.2.1 bis 2.2.2.3) müssen die Anforderungen, die an die Glaubhaftma-chung zu stellen sind, erst recht bzw. in erhöhtem Maße gestellt werden, wenn auf dieselbe Weise der Vollbeweis erbracht werden soll. Auch in anderen Gerichtsbarkeiten ist aner-kannt, dass eine Glaubhaftmachung nur dann bewirkt ist, wenn sie in sich widerspruchsfrei ist (BPatG, Beschluss vom 22.06.2005 – 28 W (pat) 303/04, MittdtschPatAnw 2006, 132; BGH, Beschluss vom 17.01.2002 – VII ZB 32/01 – NJW 2002 1429; BFH, Beschlüs-se vom 24.03.2000 – XB 92 bis 94/99 -; OVG NRW, Urteil vom 25.08.1981 – 18 a 10037/80 -).
Für die Frage, ob sich der Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit ereignet hat, ist der Vollbeweis notwendig (BSGE 58, 80, 83). Es muss für das Gericht feststehen, dass der Anspruchsteller bei dem Unfall noch bzw. schon eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat (BSGE 61, 127). Die objektive Beweislast für das Vorliegen der entsprechenden Hand-lungstendenz trifft den Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001 – B 2 U 6/90 R -; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; Sächsisches LSG, Urteil vom 04.06.2004 – L 2 U 144/02 -). Bei der wertenden Gesamtschau steht die Frage nach der Handlungsten-denz im Vordergrund, hierbei sind auch die objektiven Umstände des Einzelfalles zu be-rücksichtigen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Da zwar nicht die Beweisführungslast aber doch die objektive Beweislast den Versicherten trifft (BSG, Urteil vom 13.08.2002 – B 2 U 33/01 R – ist) bei einem "non liquet" die Klage abzuweisen (vgl. LSG NRW Urteil vom 09.07.2003 – L 17 (15) U 300/01 -).
Der Vollbeweis der versicherten Tätigkeit ist dem Kläger nicht gelungen. Im vorliegenden Fall bestand die Besonderheit, dass der Kläger auf Grund der besonderen Umstände des Unfalls der einzige "Unfallzeuge" war und bezüglich des subjektiven Elements der Hand-lungstendenz ohnehin die einzige Person, die hierüber Auskunft geben konnte. Der Beweis hätte gelingen können, wenn sein Vortrag in sich frei von Widersprüchen ge-wesen wäre und auch mit den übrigen Ermittlungsergebnissen in Einklang gestanden hätte (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.1989 – 4 R LW 11/88 -). Treten bei der Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung Widersprüchlichkeiten auf und verwickelt sich unter Umständen ein Zeuge auch im Verhältnis zu seinen früheren Aussagen in Widersprüche, so besteht die Möglichkeit, dadurch eine gewisse Klarheit zu gewinnen, dass die "endgültig richtige" Aussage beeidet wird. Diese Möglichkeit besteht für die Partei im sozialgerichtlichen Ver-fahren nicht (BSG, Beschluss vom 13.12.2005 – B 13 RJ 247/05 B -). Ein Beweisersatz kann die Aussage eines Beteiligten ohnehin in der Regel nicht sein, allgemein sollte der glaubhafte und widerspruchsfreie Vortrag eines Beteiligten nur die Rolle spielen, dass er "bei der Überzeugungsbildung" des Gerichts "mitverwendet wird" (vgl. BSG, Beschluss vom 10.02.1998 – B 2 U 2/98 B -).
Der Kläger hat sich durch seinen Vortrag der Beklagten und dem Sozial- und Landessozi-algericht gegenüber sowohl zu den übrigen Ermittlungsergebnissen als auch mit sich selbst in Widerspruch gesetzt. Der Senat verkennt nicht, dass ein emotional hoch belastendes Ereignis wie der mögliche Verlust des Augenlichtes vom Betroffenen generell nicht wie von einem nüchternen außen stehenden Beobachter wahrgenommen wird und demzufolge auch nicht in entsprechender Nüchternheit und Präzision berichtet werden kann. Der Senat verkennt auch nicht, dass durch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes fast immer unvermeidbar gewisse "Stille-Post-Effekte" auftreten, ohne dass daraus einem der Beteiligten ein Vorwurf zu machen wäre. Die wechselnden Darstellungen des Unfallgeschehens wiegen daher grundsätzlich weniger schwer, wenngleich die Anzahl der "Fallvarianten" doch schon etwas ungewöhn-lich ist. In der Unfallanzeige vom 03.01.2002 gab der Kläger an, das Paket in der linken Hand und in der rechten Hand eine Cutmesser getragen zu haben. Kurz vor Erreichen des Treppen-podestes habe sich das Plastikband gelöst und ihm sei das Paket vor die Schienbeine gefal-len. Bei der Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens am 10.12.2002 gab er an, dass "vermutlich" das Plastikband gerissen sei und er sich an das weitere Geschehen nicht mehr erinnern könne. Im Klageverfahren ließ er vortragen, er habe das Paket mit beiden Händen getragen und das Cutmesser in der rechten. Das Paket sei zu schwer gewesen, er habe deswegen das Gleichgewicht verloren (Schreiben vom 22.09.2005). Am 28.05.2003 hatte er gegenüber dem Sozialgericht vortragen lassen, er sei ins Stolpern gekommen und habe, um das Gleichgewicht zu halten, die Hände hochgerissen. Dabei sei ihm das große Paket in die Beine gefallen.
All diese Fallvarianten machen eins deutlich: Es handelt sich bei der Schilderung des Un-fallgeschehens um eine Rekonstruktion. Der Kläger, der ja auf Grund der leichten Gehirn-erschütterung auch eine leichte retrograde Amnesie hatte, versuchte zu rekonstruieren, wie es "gewesen sein muss". Dann handelt es sich aber nicht mehr um die Bekundung eigener Wahrnehmungen und kann auch keinen eigenen Beweiswert mehr haben. Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist die exakte Rekonstruktion des Unfallgesche-hens in allen Einzelheiten freilich nicht erforderlich. Der Umstand aber, dass der Kläger hier offensichtlich Umstände als sicher angegeben hat, über die er sich nicht sicher war, entwertet dann aber den Beweiswert seiner übrigen Aussagen.
Auch diese sind in hohem Maße widersprüchlich, ohne dass sich dafür eine plausible Er-klärung finden ließe. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger am 03.01.2002, als er die schriftliche Unfallanzeige erstattete, nicht "unter Schock stand" oder in irgendeiner Weise durch seine Verletzungen mental eingeschränkt war. In jedem Schreiben hatte er angegeben, dass ein Lagerraum im Dachgeschoss eingerichtet worden sei und für die ordnungsgemäße Lagerung und Archivierung ein Mitarbeiter ver-antwortlich eingeteilt worden sei. Telefonisch teilte er dann am 05.12.2002 (Blatt 259 der Verwaltungsakte) mit, dass für das Lager ein Herr A. L. verantwortlich gewesen sei. Nachdem dieser dann aber bei seiner Befragung nichts von einem Lager im Dachgeschoss gewusst hatte, änderte der Kläger seinen Vortrag und ließ mitteilen, nicht Herr L. , sondern er selbst sei für das Lager zu-ständig gewesen. Hatte er nach seinen Angaben vom 03.01.2002 glücklicherweise noch das Mobilteil seines Autotelefons bei sich, musste er nach späterem Vortrag (Schreiben vom 06.10.2003), ob-wohl es ihm eigentlich nicht möglich war, aufzustehen, das Telefon aus dem Wohnzimmer vom Bügelbrett nehmen. Während er in seinem Schreiben vom 03.01.2002 unmissverständlich angab, mit seinen Mitarbeitern Mietverträge über Büroräume geschlossen zu haben, widerrief er diese Aus-sage bei seiner Anhörung am 10.12.2002.
Durch diese Widersprüchlichkeiten insgesamt ist die Aufklärungsmöglichkeit des Sach-verhalts unrettbar verloren gegangen. Was der Kläger am Morgen des 22.12.2001 auf der Treppe seines Wohn-/Geschäftshauses getan hat und welche subjektive Handlungstendenz dahinter stand, weiß nur er. Es ist da-her grundsätzlich in einem solchen Fall durchaus an Beweiserleichterung zu denken, auch der prima-facie-Beweis ist im Sozialgerichtsverfahren zulässig. Es fehlen hier aber schon die Merkmale des gewöhnlichen Geschehensablaufes: Es entspricht nicht aller Lebenser-fahrung, dass typischerweise ein selbständiger Vermögensberater, der, nachdem er mit seiner Familie gefrühstückt hat, an einem Samstagmorgen ins Dachgeschoss geht, dies mit betriebsbezogener Handlungstendenz tut. Es wäre also in diesem Fall ganz entscheidend auf die widerspruchsfreien Angaben des Klägers angekommen, wobei die Angabe, sich nicht oder zum Teil nicht erinnern zu können, sicher nützlicher gewesen wäre, als eigen-mächtig vorgenommene Rekonstruktionen des Geschehensablaufes. Nunmehr, da ein in sich widersprüchlicher und mehrfach auf Druck von außen geänderter Sachvortrag vor-liegt, können auch weitere Indizien nicht mehr den Vollbeweis der versicherten Tätigkeit erbringen. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gemachten Behauptungen, dass sich doch noch beweisen lasse, dass ein Paket mit Geschäftsunterlagen im Treppen-haus gefunden worden sei etc., dass ein Lager im Dachgeschoss bestanden habe, dies aber nach dem Unfall wieder aufgelöst worden sei, all dies kann als wahr unterstellt werden. Auch ein nach dem Unfall aufgefundenes Paket kann – angesichts des Umstandes, dass sich Pakete ohnehin im Treppenhaus gestapelt haben sollen – nicht mehr nachträglich die betriebsbezogene Handlungstendenz konkret zum Unfallzeitpunkt beweisen.
Durch die widersprüchlichen Angaben hat sich der Kläger der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit begeben, das Vorliegen eines Arbeitsunfalls durch einen Sachvortrag so plau-sibel zu machen, dass sich keine vernünftigen Zweifel mehr aufdrängen (vgl. hierzu auch LSG NRW Urteil vom 28.05.2002 – L 15 U 303/00 – HVBG Info 34/02).
Der Senat verkennt nicht, dass trotz der zahlreichen Widersprüche durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass tatsächlich ein Paket mit Geschäftsunterlagen (dem dann wohl noch weitere zu folgen gehabt hätten, damit die Aufräumaktion Sinn macht) ins Dachgeschoss verbracht werden sollte. Diese Wahrscheinlichkeit reicht jedoch nicht für den Erfolg der Berufung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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