Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 27 RJ 1241/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 136/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin ist 1946 geboren, hat keinen Ausbildungsberuf erlernt und war versicherungspflichtig in ungelernten Tätigkeiten beschäftigt, zuletzt von 1988 bis Juni 1999 als Lagerarbeiterin. Seither ist sie arbeitslos und arbeitsunfähig.
Ihren Antrag vom 31.01.2000 auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2000 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2000 als unbegründet zurück. Grundlage war ein Gutachten der Internistin Dr.G. vom 30.03.2000, wonach die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit gewissen Einschränkungen noch vollschichtig einsatzfähig sei.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht zunächst ein Gutachten des Internisten Dr.S. vom 20.04.2001 eingeholt, das zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin könnten seit vielen Jahren nur ca. vier bis fünf Stunden tägliche Arbeit zugemutet werden. Drei bis vier kurze Pausen von ca. fünf Minuten Dauer und Hochlagern der Beine sollten ihr zugestanden werden. Das Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg sowie häufiges Bücken und ausschließliches Arbeiten an Maschinen und am Fließband sollten wegen der damit verbundenen stehenden Position vermieden werden. Es sei unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne, aber es bestehe begründete Aussicht, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach zufriedenstellender Einstellung der Schilddrüsenhormone bessere. Bei fortbestehender massiver Adipositas und Stammvarikosis beidseits bestehe jedoch weiterhin die oben skizzierte Leistungseinschränkung.
Der Beklagten ist die zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens als nicht hinreichend begründet erschienen. Sie hat der Klägerin ein Heilverfahren angeboten, das diese in der Medizinischen Klinik P. vom 04.10. bis 24.10.2001 durchgeführt hat. Nachdem die Schilddrüsenwerte normalisiert waren, hat die Klinik angenommen, dass die Klägerin täglich noch sechs Stunden und mehr leichte Arbeiten verrichten könne.
In einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 14.03.2002 hat der Sachverständige Dr.S. ausgeführt, aus internistischer Sicht bestehe bei der Klägerin laut Aktenlage weiterhin ein Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zwischen drei und unter sechs Stunden aufgrund der ausgeprägten Adipositas. Am Ende ist zusammenfassend ausgeführt, aus internistischer Sicht bestehe laut Aktenlage zum jetzigen Zeitpunkt keine Erwerbsunfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von dem Orthopäden und Chirurgen Dr.L. vom 29.07.2002 eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne seit Rentenantrag noch acht Stunden täglich erwerbstätig sein. Notwendig sei ein gelegentlicher Wechsel der Körperposition von Gehen, Stehen und Sitzen. Nicht zumutbar sei das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken sowie das ausschließliche Arbeiten an Maschinen und am Fließband aufgrund der damit verbundenen Zwangshaltung des Achsenorgans. Überkopfarbeiten seien nicht möglich.
Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass die letzte Stellungnahme des Dr.S. widersprüchlich sei, da mit Sicherheit der zuletzt ausgeübte Beruf der Lagerarbeiterin zu Lasten der Restgesundheit gehe. Er ist der Meinung, dass die Adipositas und die Varikosis die von Dr.S. angenommene zeitliche Leistungseinschränkung nicht rechtfertigten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.12.2002 als unbegründet abgewiesen, weil die Klägerin noch acht Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne, und sich hierbei in der Begründung auf das Gutachten des Dr.L. gestützt.
Im Berufungsverfahren hat der Senat Gutachten des Internisten Dr.E. vom 04.09.2005 und des Orthopäden Dr.F. vom 09.02.2006 eingeholt.
Dr.E. stellt auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen: Chronisch venöse Insuffizienz bei Zustand nach Varizenoperation beiderseits und linksbetonte Rezidivvarikosis, Diabetes mellitus Typ IIb, Adipositas Grad III und als Gefäßrisikofaktoren: Hypercholesterinämie und Hyperuricämie. Bereits im Januar 2000 habe eine ausgeprägte Adipositas und eine Hyperlipidämie sowie eine chronisch-venöse Insuffizienz bestanden. Eine geringe Progredienz sei seitens des Diabetes mellitus zu verzeichnen. Dagegen sei die noch 2002 nachgewiesene Fehlfunktion der Schilddrüse unter Therapie beseitigt. Die Klägerin sei ab Januar 2000 noch in der Lage unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten von acht Stunden zu verrichten. Sie könne nur mehr leichte körperliche Tätigkeiten ausüben. Zu vermeiden seien Tätigkeiten dauerhaft im Stehen und dauerhaft im Sitzen. Ein gelegentlicher Positionswechsel müsse unbedingt möglich sein. Die Tätigkeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen stattfinden. Nicht mehr möglich sei schweres Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten mit häufigem Bücken und häufigen Zwangshaltungen sowie auf Leitern und Gerüsten. Nicht mehr möglich seien auch Tätigkeiten in Nässe und Kälte, sowie solche, bei denen eine Schutzkleidung wie zum Beispiel Gummistiefel getragen werden müssten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten im Akkord. Bei einer chronisch-venösen Insuffizienz Grad II seien unbedingt einzelne qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen. So sollten keine dauerhaft stehenden und sitzenden Tätigkeiten mehr ausgeführt werden. Ein gelegentlicher Positionswechsel sei unbedingt erforderlich. Auch Tätigkeiten mit Einfluss von Hitze seien zu vermeiden. Bei einer diätetisch ausreichend einstellbaren Zuckererkrankung ergäben sich keine wesentlichen Leistungseinschränkungen. Bei einer eventuell notwendigen medikamentösen Therapie sollten Tätigkeiten in Nachtschicht unterbleiben. Schwerwiegende Komplikationen der Adipositas bestünden nicht. Als Folge sollten schwere und dauerhaft mittelschwere körperliche Tätigkeiten nicht mehr gefordert werden. Die genannten Gefäßrisikofaktoren bedingten keine Leistungseinschränkungen.
Auch Dr.F. kommt zu einem vollschichtigen Einsatzvermögen seit Rentenantragstellung. Von Seiten seines Fachgebietes sind Zwangshaltungen der Wirbelsäule und anhaltende Überkopfarbeiten zu vermeiden, wegen der Daumensattelgelenksarthrose sollte die Klägerin keine kraftfordernden manuellen Tätigkeiten ausüben. Ungünstig seien auch Arbeiten mit rasch wechselnden Daumenbewegungen.
Die Klägerin verweist darauf, dass sie keine Stelle auf dem Arbeitsmarkt mehr bekommen habe und bekomme und über keinerlei Einkommen mehr verfüge.
Sie ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, hat auch sonst keinen förmlichen Antrag gestellt und begehrt in der Sache eine Rente ab Antragstellung.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts München in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Rentenanspruch.
Auf den Anspruch der Klägerin sind zunächst die §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung anzuwenden (Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit), denn die Klägerin macht mit ihrem Antrag vom 31.01.2000 Rentenansprüche für die Zeit vor dem 01.01.2001 geltend (§ 300 Abs.2 SGB VI).
Nach § 43 Abs.1 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung hatten Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie unter anderem berufsunfähig waren. Nach Abs.2 der Vorschrift waren Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, umfasste alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte; dabei war die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit war danach der bisherige Beruf. Das ist die zuletzt und auf Dauer ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung. Diesen zuletzt ausgeübten Beruf einer Lagerarbeiterin konnte die Klägerin nach dem Ergebnis der eingeholten Sachverständigengutachten nicht mehr vollschichtig ausüben. Sie war damit jedoch noch nicht berufsunfähig. Im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf durfte ein Versicherter grundsätzlich auf einen Beruf in der nach seiner Wertigkeit nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die unterste Gruppe wurde hierbei von der der ungelernten Arbeiter gebildet. Angehörige dieser Berufsgruppe konnten auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die keine besonderen Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten stellten. Hierbei bedurfte es nicht mehr der Benennung einer konkreten beruflichen Tätigkeit, die ein Versicherter mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch konkret ausüben konnte. Es genügte, wenn er noch vollschichtig einsatzfähig war, es sei denn, es hätte eine ungewöhnliche Summierung von Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bestanden. Letzteres liegt bei der Klägerin nicht vor.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme konnte und kann die Klägerin zur Überzeugung des Senats solche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig verrichten. Der Senat stützt sich hierbei auf die eingeholten Sachverständigengutachten mit Ausnahme des Gutachtens des Sachverständigen Dr.S ... Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich aus dem Gutachten des Dr.S. keine hinreichende Begründung für ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen ergibt. Dessen zuletzt mit der Stellungnahme vom 14.03.2002 nur noch auf die ausgeprägte Adipositas gestützte Einschätzung der Leistungsfähigkeit wird schon durch die eigenen widersprüchlichen Schlussfolgerungen bezüglich der Erwerbsunfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit in Frage gestellt. Darauf weist der Sachverständige Dr.L. richtigerweise hin, ebenso wie auf die mangelnde Begründung der Leistungseinschränkung durch die Adipositas. Eine ausführliche und überzeugende Darstellung der Gesundheitsstörungen der Klägerin und ihre Auswirkungen auf das Leistungsvermögen enthält das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr.E ... Fachkundige Einwendungen hiergegen liegen nicht vor.
Nach § 43 SGB VI a.F. war die Klägerin damit nicht berufsunfähig. Sie war damit erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 SGB VI a.F.
Bei diesem durchgehend seit Rentenantragstellung bestehenden Leistungsvermögen hat die Klägerin auch keinen Anspruch nach § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Anspruchsvoraussetzungen haben sich, soweit es im vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist, im Verhältnis zu § 43 SGB VI a.F. dadurch geändert, dass eine maßgebliche Leistungsminderung erst dann eintritt, wenn eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich ausgeübt werden kann und nicht wie bei der bis 31.12.2000 geltenden Rechtslage vollschichtig, das heißt acht Stunden täglich.
Die Berufung ist deshalb nicht begründet.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin ist 1946 geboren, hat keinen Ausbildungsberuf erlernt und war versicherungspflichtig in ungelernten Tätigkeiten beschäftigt, zuletzt von 1988 bis Juni 1999 als Lagerarbeiterin. Seither ist sie arbeitslos und arbeitsunfähig.
Ihren Antrag vom 31.01.2000 auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2000 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2000 als unbegründet zurück. Grundlage war ein Gutachten der Internistin Dr.G. vom 30.03.2000, wonach die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit gewissen Einschränkungen noch vollschichtig einsatzfähig sei.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht zunächst ein Gutachten des Internisten Dr.S. vom 20.04.2001 eingeholt, das zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin könnten seit vielen Jahren nur ca. vier bis fünf Stunden tägliche Arbeit zugemutet werden. Drei bis vier kurze Pausen von ca. fünf Minuten Dauer und Hochlagern der Beine sollten ihr zugestanden werden. Das Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg sowie häufiges Bücken und ausschließliches Arbeiten an Maschinen und am Fließband sollten wegen der damit verbundenen stehenden Position vermieden werden. Es sei unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne, aber es bestehe begründete Aussicht, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach zufriedenstellender Einstellung der Schilddrüsenhormone bessere. Bei fortbestehender massiver Adipositas und Stammvarikosis beidseits bestehe jedoch weiterhin die oben skizzierte Leistungseinschränkung.
Der Beklagten ist die zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens als nicht hinreichend begründet erschienen. Sie hat der Klägerin ein Heilverfahren angeboten, das diese in der Medizinischen Klinik P. vom 04.10. bis 24.10.2001 durchgeführt hat. Nachdem die Schilddrüsenwerte normalisiert waren, hat die Klinik angenommen, dass die Klägerin täglich noch sechs Stunden und mehr leichte Arbeiten verrichten könne.
In einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 14.03.2002 hat der Sachverständige Dr.S. ausgeführt, aus internistischer Sicht bestehe bei der Klägerin laut Aktenlage weiterhin ein Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zwischen drei und unter sechs Stunden aufgrund der ausgeprägten Adipositas. Am Ende ist zusammenfassend ausgeführt, aus internistischer Sicht bestehe laut Aktenlage zum jetzigen Zeitpunkt keine Erwerbsunfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von dem Orthopäden und Chirurgen Dr.L. vom 29.07.2002 eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne seit Rentenantrag noch acht Stunden täglich erwerbstätig sein. Notwendig sei ein gelegentlicher Wechsel der Körperposition von Gehen, Stehen und Sitzen. Nicht zumutbar sei das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken sowie das ausschließliche Arbeiten an Maschinen und am Fließband aufgrund der damit verbundenen Zwangshaltung des Achsenorgans. Überkopfarbeiten seien nicht möglich.
Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass die letzte Stellungnahme des Dr.S. widersprüchlich sei, da mit Sicherheit der zuletzt ausgeübte Beruf der Lagerarbeiterin zu Lasten der Restgesundheit gehe. Er ist der Meinung, dass die Adipositas und die Varikosis die von Dr.S. angenommene zeitliche Leistungseinschränkung nicht rechtfertigten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.12.2002 als unbegründet abgewiesen, weil die Klägerin noch acht Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne, und sich hierbei in der Begründung auf das Gutachten des Dr.L. gestützt.
Im Berufungsverfahren hat der Senat Gutachten des Internisten Dr.E. vom 04.09.2005 und des Orthopäden Dr.F. vom 09.02.2006 eingeholt.
Dr.E. stellt auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen: Chronisch venöse Insuffizienz bei Zustand nach Varizenoperation beiderseits und linksbetonte Rezidivvarikosis, Diabetes mellitus Typ IIb, Adipositas Grad III und als Gefäßrisikofaktoren: Hypercholesterinämie und Hyperuricämie. Bereits im Januar 2000 habe eine ausgeprägte Adipositas und eine Hyperlipidämie sowie eine chronisch-venöse Insuffizienz bestanden. Eine geringe Progredienz sei seitens des Diabetes mellitus zu verzeichnen. Dagegen sei die noch 2002 nachgewiesene Fehlfunktion der Schilddrüse unter Therapie beseitigt. Die Klägerin sei ab Januar 2000 noch in der Lage unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten von acht Stunden zu verrichten. Sie könne nur mehr leichte körperliche Tätigkeiten ausüben. Zu vermeiden seien Tätigkeiten dauerhaft im Stehen und dauerhaft im Sitzen. Ein gelegentlicher Positionswechsel müsse unbedingt möglich sein. Die Tätigkeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen stattfinden. Nicht mehr möglich sei schweres Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten mit häufigem Bücken und häufigen Zwangshaltungen sowie auf Leitern und Gerüsten. Nicht mehr möglich seien auch Tätigkeiten in Nässe und Kälte, sowie solche, bei denen eine Schutzkleidung wie zum Beispiel Gummistiefel getragen werden müssten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten im Akkord. Bei einer chronisch-venösen Insuffizienz Grad II seien unbedingt einzelne qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen. So sollten keine dauerhaft stehenden und sitzenden Tätigkeiten mehr ausgeführt werden. Ein gelegentlicher Positionswechsel sei unbedingt erforderlich. Auch Tätigkeiten mit Einfluss von Hitze seien zu vermeiden. Bei einer diätetisch ausreichend einstellbaren Zuckererkrankung ergäben sich keine wesentlichen Leistungseinschränkungen. Bei einer eventuell notwendigen medikamentösen Therapie sollten Tätigkeiten in Nachtschicht unterbleiben. Schwerwiegende Komplikationen der Adipositas bestünden nicht. Als Folge sollten schwere und dauerhaft mittelschwere körperliche Tätigkeiten nicht mehr gefordert werden. Die genannten Gefäßrisikofaktoren bedingten keine Leistungseinschränkungen.
Auch Dr.F. kommt zu einem vollschichtigen Einsatzvermögen seit Rentenantragstellung. Von Seiten seines Fachgebietes sind Zwangshaltungen der Wirbelsäule und anhaltende Überkopfarbeiten zu vermeiden, wegen der Daumensattelgelenksarthrose sollte die Klägerin keine kraftfordernden manuellen Tätigkeiten ausüben. Ungünstig seien auch Arbeiten mit rasch wechselnden Daumenbewegungen.
Die Klägerin verweist darauf, dass sie keine Stelle auf dem Arbeitsmarkt mehr bekommen habe und bekomme und über keinerlei Einkommen mehr verfüge.
Sie ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, hat auch sonst keinen förmlichen Antrag gestellt und begehrt in der Sache eine Rente ab Antragstellung.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts München in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Rentenanspruch.
Auf den Anspruch der Klägerin sind zunächst die §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung anzuwenden (Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit), denn die Klägerin macht mit ihrem Antrag vom 31.01.2000 Rentenansprüche für die Zeit vor dem 01.01.2001 geltend (§ 300 Abs.2 SGB VI).
Nach § 43 Abs.1 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung hatten Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie unter anderem berufsunfähig waren. Nach Abs.2 der Vorschrift waren Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, umfasste alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte; dabei war die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit war danach der bisherige Beruf. Das ist die zuletzt und auf Dauer ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung. Diesen zuletzt ausgeübten Beruf einer Lagerarbeiterin konnte die Klägerin nach dem Ergebnis der eingeholten Sachverständigengutachten nicht mehr vollschichtig ausüben. Sie war damit jedoch noch nicht berufsunfähig. Im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf durfte ein Versicherter grundsätzlich auf einen Beruf in der nach seiner Wertigkeit nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die unterste Gruppe wurde hierbei von der der ungelernten Arbeiter gebildet. Angehörige dieser Berufsgruppe konnten auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die keine besonderen Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten stellten. Hierbei bedurfte es nicht mehr der Benennung einer konkreten beruflichen Tätigkeit, die ein Versicherter mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch konkret ausüben konnte. Es genügte, wenn er noch vollschichtig einsatzfähig war, es sei denn, es hätte eine ungewöhnliche Summierung von Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bestanden. Letzteres liegt bei der Klägerin nicht vor.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme konnte und kann die Klägerin zur Überzeugung des Senats solche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig verrichten. Der Senat stützt sich hierbei auf die eingeholten Sachverständigengutachten mit Ausnahme des Gutachtens des Sachverständigen Dr.S ... Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich aus dem Gutachten des Dr.S. keine hinreichende Begründung für ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen ergibt. Dessen zuletzt mit der Stellungnahme vom 14.03.2002 nur noch auf die ausgeprägte Adipositas gestützte Einschätzung der Leistungsfähigkeit wird schon durch die eigenen widersprüchlichen Schlussfolgerungen bezüglich der Erwerbsunfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit in Frage gestellt. Darauf weist der Sachverständige Dr.L. richtigerweise hin, ebenso wie auf die mangelnde Begründung der Leistungseinschränkung durch die Adipositas. Eine ausführliche und überzeugende Darstellung der Gesundheitsstörungen der Klägerin und ihre Auswirkungen auf das Leistungsvermögen enthält das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr.E ... Fachkundige Einwendungen hiergegen liegen nicht vor.
Nach § 43 SGB VI a.F. war die Klägerin damit nicht berufsunfähig. Sie war damit erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 SGB VI a.F.
Bei diesem durchgehend seit Rentenantragstellung bestehenden Leistungsvermögen hat die Klägerin auch keinen Anspruch nach § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Anspruchsvoraussetzungen haben sich, soweit es im vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist, im Verhältnis zu § 43 SGB VI a.F. dadurch geändert, dass eine maßgebliche Leistungsminderung erst dann eintritt, wenn eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich ausgeübt werden kann und nicht wie bei der bis 31.12.2000 geltenden Rechtslage vollschichtig, das heißt acht Stunden täglich.
Die Berufung ist deshalb nicht begründet.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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