Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 U 343/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 333/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 269/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.09.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente nach erfolgter Abfindung einer unbefristeten Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. hat.
Die 1946 in S./Bulgarien geborene Klägerin, die 1970 nach Deutschland emigrierte, wurde am 18.03.1988 auf dem Heimweg von der Arbeit - sie war zu dieser Zeit als Bardame beschäftigt - in der Tiefgarage von einem ihr unbekannten Mann mit einem Messer angegriffen. Er wollte sie vergewaltigen, sie wehrte diesen Versuch ab und griff mit der linken Hand in das Messer. Sie erlitt schwere Schnittwunden sowie Prellungen und Schürfungen.
Mit Bescheid vom 19.11.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 gewährte die Beklagte der Klägerin nach Einholung von Gutachten des Prof.Dr.M. (Städtisches Krankenhaus B. , M.) vom 03.01.1991 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 14.05.1992 Rentenleistungen nach einer MdE von 25 v.H. bis 28.11.1990 und im Anschluss daran nach einer MdE von 20 v.H. Als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannte sie eine verheilte Schnittverletzung in der linken Hohlhand über alle Fingergrundgelenke hinweg mit ausgeprägter Bewegungseinschränkung der Mittel-, Ring- und Kleinfinger, einen Verlust der Gefühlsempfindungen im Zeigefinger ab Mitte des Grundgelenks, mäßige Gefühlsempfindungsstörungen im Mittel-, Ring- und Kleinfinger sowie Blutumlaufstörungen und Kälteempfindlichkeit aller Langfinger. Die Klage gegen diese Bescheide mit dem Ziel, eine höhere Verletztenrente zu erhalten, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts München (SG) vom 05.04.1994 Az.: S 41 U 76/93). Das Gericht stützte sich auf das von ihm eingeholte neuropsychiatrische Gutachten des Arztes für Psychiatrie Dr.V. vom 15.02.1994. Dieser konnte eine geltend gemachte chronifizierte reaktive Depression nicht feststellen. Ein Verstimmungszustand mit Angst- und funktioneller Sexualstörung sei als leicht neurotische Störung mit einer MdE von unter 10 v.H. anzusetzen.
Einen Antrag der Klägerin auf Abfindung der Verletztenrente entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 19.06.1996.
Am 06.02.1998 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag bei der Beklagten mit der Begründung, aufgrund der Beschwerden in der linken Hand sei eine erneute Operation notwendig geworden. Die Beklagte holte daraufhin ein unfallchirurgisches Gutachten des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr.G. vom 19.01.1999 ein. Dieser hielt weiterhin eine MdE von 20 v.H. für gerechtfertigt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.02.1999 einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verletztenrente wegen einer Verschlimmerung ab. Mit ihrem Widerspruch führte die Klägerin aus, es sei eine Verschlimmerung eingetreten, insbesondere zeige sich ein chronifiziertes-therapieresistentes schweres depressives Syndrom. Sie verwies auf das Attest der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.G. vom 16.03.1998, bei der sie in ständiger psychiatrischer Behandlung wegen Depressionen stehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein reaktives depressives Syndrom sei keine Folge des Arbeitsunfalles - wie mit Urteil des SG vom 05.04.1994 bereits festgestellt - vielmehr seien private Gründe hierfür ursächlich.
Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und beantragt, ihr Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 30 v.H. zu gewähren. Die Befunde, die bei der Untersuchung durch Prof.Dr.M. erhoben worden seien, hätten sich wesentlich geändert. Insbesondere sei das reaktive depressive Syndrom Folge des Arbeitsunfalles vom 18.03.1988. Das SG hat Gutachten des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr.L. und gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 10.01.2001 eingeholt. Dr.L. hat auf seinem Fachgebiet die bisherige Einschätzung der MdE mit 20. v.H. für durchaus wohlwollend gehalten. Dr. A. hat unfallbedingt eine posttraumatische Angststörung mäßigen Grades diagnostiziert und unfallunabhängig eine Depression vom Typ Major mittelschwerer Ausprägung bei progredient chronischem Verlauf und Zunahme durch unfallunabhängige Belastung wie Dauerarbeitslosigkeit 1994, Verlust des Vaters durch Tod 1996, untergründige Konflikte, diagnostiziert. Sie hat die Unfallfolgen im Bereich der linken Hand mit 25 v.H., eine unfallbedingte posttraumatische Angststörung und mäßige depressive Entwicklung mit 20 v.H. bewertet, Gesamt-MdE 30 v.H.
Das SG hat mit Urteil vom 23.09.2003 die Klage abgewiesen. Es hat auf das Gutachten des Dr.V. vom 15.02.1994 sowie auf das sich in den vom SG beigezogenen Akten in der Rentenstreitsache S 6 RJ 217/03 befindende Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr.G. vom 15.08.2003 Bezug genommen. Diese beschreibe zwar eine massive Angststörung, in den Diagnosen würden diese jedoch nicht als posttraumatische Belastungsstörung dargestellt. Dem Gutachten der Dr. A. sei nicht zu folgen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, Dr. A. habe zu Recht eine wesentliche Verschlimmerung in den Folgen des Unfalls festgestellt. Sie müsse zwar einräumen, dass ein Teil der psychischen Beschwerden durch Ereignisse ausgelöst worden sei, die nicht im Zusammenhang mit dem Unfall stünden, andererseits hätten die psychischen Einschränkungen wegen der Handverletzung dramatisch zugenommen. Sie leide ganz erheblich darunter, dass eine Funktionsbehinderung der linken Hand als Fassorgan und als Ausdrucksmittel der Gebärde eingetreten sei. Die Einschätzung der MdE, die sich ausschließlich an der Greiffunktion der Hand orientiert habe, sei in der Vergangenheit falsch vorgenommen worden. Deshalb könnten die früheren Anträge auf Neubewertung auch als Überprüfungsanträge nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehn (SGB X) interpretiert werden.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspintomographieaufnahmen sowie die Akte der LVA Oberbayern mit Entlassungsbericht aus der Unfallklinik S. vom 09.03.1998 nach einem Aufenthalt dort vom 15.01. bis 26.02.1998, die Akte der LVA Sachsen-Anhalt mit einem Entlassungsbericht aus der psychosomatischen Klinik B. vom 07.04.1997 nach einem Aufenthalt dort vom 14.01. bis 27.02.1997, nervenärztliche Gutachten Dr.B. vom 04.09.1997 für die LVA Oberbayern und Dr.R. vom 04.08.1998, die Schwerbehindertenakte der Klägerin, die OEG-Akte des Versorgungsamtes M. beigezogen, und ein plastisch-chirurgisches Gutachten des Prof.Dr.N. und ein psychiatrisches Gutachten des Prof.Dr.T. (beide Krankenhaus M. B.) eingeholt. Prof.Dr.N. hat im Gutachten vom 08.01.2004 ausgeführt, dass eine Verschlimmerung auf handchirurgischem Gebiet nicht eingetreten sei, im Gegenteil könne man eher von einer zunehmenden Gewöhnung ausgehen. Prof.Dr.T. hat ausgeführt, von den psychischen Störungen seien die chronisch situationsabhängige Angststörung und Störungen im Sexualverhalten ursächlich auf den Überfall zurückzuführen, die chronisch depressive Entwicklung könne nur teilweise auf diesen zurückgeführt werden. Die MdE betrage 15 v.H. auf seinem Fachgebiet. Der Senat hat daraufhin ein weiteres Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.H. vom 10.05.2006 eingeholt. Dieser hat ausgeführt: "Berücksichtigt man die gesamte Vorgeschichte, die umfangreichen Vorbefunde und den heutigen Befund, so ist als Unfallfolge auf seelischem Gebiet eine situationsgebundene Angststörung anzusehen, das heißt durchaus nachvollziehbare Ängste, alleine die Tiefgarage zu betreten, in der vor 18 Jahren der Überfall stattfand. Weitere Unfallfolgen auf seelischem Gebiet lassen sich nicht erkennen. MdE unter 10 v.H." Es sei zu berücksichtigen, dass derzeit keinerlei Behandlung in dieser Richtung erfolge, weder medikamentös mit Psychopharmaka noch psychotherapeutisch. Eindeutig unfallunabhängig sei eine Dyshtymia mit wechselnden depressiven Verstimmungen bei einer Vielzahl von unfallunabhängigen seelischen Belastungen. Im Jahr nach dem Überfall sei von den Folgen der Handverletzung mit einer zusätzlichen vorübergehenden Anpassungsstörung auszugehen, für die eine Einzel-MdE von 30 v.H. gerechtfertigt war. Ab dem 08.09.1988 sei die Gesamt-MdE wegen einer ausgeprägten Beugekontraktur des vierten und fünften Fingers, geringer des dritten Fingers und Gefühlsminderung an der Radialfläche des zweiten Fingers links mit einer MdE von 20 v.H. einzustufen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß), die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.09.2003 und des Bescheides vom 10.02.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.05.1999 zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 06.02.1998 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.09.2003 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Akten der Beklagten, die Akten des SG München S 20 U 343/99, S 41 U 76/93, S 6 RJ 2503/98, der LVA Oberbayern, zwei Band Akten der LVA Sachsen-Anhalt, die Schwerbehindertenakte und die OEG-Akte, Versorgungsamt M. , hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach erfolgter Abfindung mit Bescheid vom 19.06.1996 hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente.
Nach § 76 Abs.3 Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII) besteht nach Abfindung einer Rente nur bei einer wesentlichen Verschlimmerung in den Unfallfolgen ein Anspruch auf ein Wiederaufleben der abgefundenen Rente. Eine Verschlimmerung ist dann wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt (§ 73 Abs.3 Halbsatz 1 SGB X). Die Rente wird dann in Höhe der MdE gezahlt, die durch die Verschlimmerung bedingt ist (Bereiter-Hahn/Mehrtens § 76 SGB VII Anm.7) Hierbei ist zu beachten, dass sich eine MdE grundsätzlich nur auf volle 10 v.H. genau bemessen lässt (von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 48 Anm.9). Folglich müsste im vorliegenden Fall die unfallbedingte Gesamt-MdE 30 v.H. betragen. Dies ist nicht der Fall.
Eine Änderung gegenüber den medizinischen Befunden, die für die Leistungsfeststellung mit Bescheid vom 19.11.1991 und des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 maßgebend waren, ist nicht festzustellen. Diese sind regelmäßig den der Entscheidung der Beklagten zugrunde liegenden Gutachten zu entnehmen (Kasseler Kommentar, Ricke § 73 Rdnr.13), hier also dem Gutachten des Prof.Dr.M. vom 03.01.1998 und der Dr.M. vom 14.05.1992.
Gemäß § 56 Abs.2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Eine als Unfallfolge anzuerkennende und der MdE zugrunde zu legende Gesundheitsstörung bedarf dabei des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen muss. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Für die Bewertung der MdE ist nicht entscheidend, welche Diagnosen im Einzelnen zu stellen sind. Maßgebend ist, wie sich die unfallbedingten Krankheitszustände funktionell auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auswirken. Bei der Beurteilung der MdE haben die ärztlichen Sachverständigen die von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten. Die medizinischen Sachverständigen und das Gericht orientieren sich an den sog. Rententabellen, welche die allgemeinen Erfahrungssätze für die Bewertung der MdE enthalten (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S.153 f.).
Nach Auswertung der medizinischen Beweisergebnisse ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass sich bei der Klägerin die MdE nicht um mehr als 5 v.H., also nicht wesentlich erhöht hat.
Auf chirurgischen Fachgebiet ergab ein Vergleich zwischen den Feststellungen des Prof.Dr.M. mit denjenigen des Dr.L. und Dr.N. , dass keine weiteren Folgeerscheinungen im Sinne einer Verschlechterung vorliegen. Prof. Dr.M. stellte als Unfallfolge eine ausgeprägte Streck- und Beugehemmung in allen drei Fingergelenken der Mittel-, Ring- und Kleinfinger, einen Verlust der Gefühlsempfindungen des zweiten Fingers im Verlauf des dritten beugeseitigen Fingernervs ab der Grundgliedmitte, mäßige Gefühlsempfindungsstörungen in den übrigen Fingern, eine vermehrte Kälteempfindlichkeit an den Fingern IV bis V sowie Blutumlaufstörungen bei vermehrter Kälteempfindlichkeit fest, während Prof.Dr.N. eine Bewegungseinschränkung in allen drei Gelenken an Mittel-, Ring- und Kleinfinger der linken Hand, eine Minderung der Sensibilität am speichenseitigen Zeigefinger, eine Kraftminderung, eine Kalksalzminderung im Sinne einer Aktivitätsminderung an Ring- und Kleinfinger und eine erhöhte Kälteempfindlichkeit diagnostizierte. Ein Vergleich ergibt, dass die Beweglichkeit der Handgelenke bei der Untersuchung durch Prof.Dr.M. und Prof.Dr.N. jeweils uneingeschränkt möglich war. Der Faustschluss war jetzt besser möglich. Der Abstand zwischen Nagelrand und querer Hohlhandbeugefurcheanzeige Mittel-, Ring- und Kleinfinger betrug jetzt nur noch 1 cm, bei der Untersuchung durch Prof.Dr.M. betrugen die Werte noch 1,5 bis 2 cm. Der Spitzgriff zwischen Daumen und Zeigefingerkuppe war uneingeschränkt möglich. Hierzu fehlten jedoch Angaben im Gutachten von Prof.Dr.M ... Prof.Dr.N. konnte jetzt eine geringe Einschränkung des Daumens bei der Streckung im Endgelenk feststellen. Die Streckdefizite der betroffenen Finger hat sich insgesamt betrachtet etwas verbessert, in den Grundgelenken jeweils um 10°, in den Mittelgelenken um 5° bis 10°. Lediglich in den Endgelenken des Ring- und Kleinfingers hat der Gutachter ein um 5° stärkeres Streckdefizit gemessen. Die Handspanne, also der größte Abstand zwischen Daumen und Kleinfingerkupppe, hatte 17 cm gemessen. Auffällig war eine deutliche Verbesserung der Umfangmaße, die Aufschluss bezüglich der Schonbedürftigkeit der verletzten Hand ergab. Prof.Dr.N. gemessenen Werte ergaben eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur Untersuchung durch Prof.Dr.M ... Während bei Prof.Dr.M. die rechte Extremität im Vergleich zur linken geringere Umfangmaße aufwies, war dies bei der Untersuchung durch Prof.Dr.N. umgekehrt. Dies bestätigt die Erfahrung einer außerordentlich großen funktionellen Anpassungsfähigkeit bei Handverletzungen. Gerade bei Verletzungen der Hand spielt die Anpassung und Gewöhnung eine herausragende Rolle. Die Analyse des Greifaktes legt dar, dass die menschliche Hand auch beim Zerstören oder beim Verlust der typischen bzw. primären Greifformen Ersatzgreifformen oder sekundäre Greifformen entwickelt und diesen Möglichkeiten des Greifens und Fassens auch funktionell eine praktische Bedeutung bei der Festsetzung der MdE zukommt (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.660). Bei der Klägerin zeigte sich, dass die wesentlichen Greifformen wie Feingriff, Spitzgriff, Schlüsselgriff und Grobgriff möglich waren. Aus der verbesserten Bemuskelung der linken oberen Extremität konnte geschlossen werden, dass die Klägerin die Hand auch entsprechend diesen Funktionen einsetzt. Dem entsprechend wies Prof.Dr.N. darauf hin, dass nicht nur eine Verschlimmerung nicht festgestellt werden konnte, sondern sogar nach so langer Zeit nach dem Unfallereignis eher von einer zunehmenden Gewöhnung auszugehen ist. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr.L. , der die Einschätzung der MdE mit 20 v.H. als wohlwollend ansah und unter Hinweis auf die Tabellenwerte im Merhoff/Murr (Unfallbegutachtung, 10. Auflage, Anhang 1, Abb.49) die MdE mit 15 v.H. einschätzte. Danach wird dieser MdE-Grad nach einer Amputationsverletzung des Ring- und Kleinfingers im Mittelgelenk vergeben.
Im Zuge der Schätzung der MdE bei Handverletzungen ist zu fragen, ob der Zustand der Verletzungsfolgen gleichgesetzt werden kann mit entsprechenden Fingerverlusten bzw. ob dieser besser oder schlechter zu bewerten ist (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.615). Der Senat ist der Auffassung, dass aufgrund der vorhandenen Funktionen der linken Hand der Klägerin sowie insbesondere durch die erfolgte Anpassung und Gewöhnung der Verletzungsfolgen jedenfalls nicht mehr eine MdE von 20 v.H. erreicht wird, die bei einem vollständigen Verlust des Daumens oder einem vollständigen Verlust des Ring- und Mittelfingers vergeben wird. Dagegen rechtfertigt z.B. der vollständige Verlust des Zeigefingers als nach dem Daumen wichtigster Finger oder die Amputation des Mittel- oder Ringfingers im Mittelgelenk lediglich eine MdE von 15 v.H. (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.641 Abb.1.2, 1.4, 2.0, 3.2, 2.38). Damit ist jedenfalls eine wesentliche Verschlimmerung nicht festzustellen. Nach Auffassung des Senats liegt heute bei der Klägerin auf handchirurgischem Gebiet kein Zustand mehr vor, der über eine MdE von 15 v.H. hinausgeht.
Auch auf nervenärztlichem Gebiet war eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht festzustellen. Dr.M. sah die Entwicklung einer depressiven Symptomatik nicht als unfallbedingt an. Sie stellte allerdings einen Verstimmungszustand verbunden mit Angst und eine funktionale Sexualstörung fest, die sie mit einer MdE unter 10 v.H. bewertete. Diese Einschätzung wurde von Dr.V. im Gutachten vom 15.02.1994, eingeholt im Klageverfahren vor dem SG, bestätigt. Eine geltend gemachte chronifizierte reaktive Depression lag nicht vor. Das deshalb die Klage abweisende Urteil des SG vom 05.05.1994 hat die Klägerin nicht angefochten. Hinsichtlich dieser Feststellung hat sich bis heute keine wesentliche Änderung ergeben.
Dem Gutachten der Dr. A. ist eine wesentliche Abweichung von den Feststellungen des Dr.V. nicht zu entnehmen. Nach ihren Ausführungen sieht die Sachverständige die eigentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet als unfallunabhängig an. Sie weist darauf hin, dass die massiven Verschlechterungen im Sinne der Progredienz im Februar 1998 als unfallunabhängig einzuschätzen sind. Hierfür sieht sie allgemeine Beschwerden und die Entwicklung einer schwerwiegenden Depression als verantwortlich an. Die Gutachterin nennt als Ursachen Dauerarbeitslosigkeit seit dem Jahr 1994, den Tod des Vaters im Jahr 1996 und viele Enttäuschungen und Verstimmungen im Bezug auf die Alterserscheinungen. Als Unfallfolgen bewertet sie neben den funktionellen Auswirkungen hinsichtlich der linken Hand eine daraus resultierende seelische Beeinträchtigung, eine posttraumatische Angststörung mäßigen Grades und eine reaktive Depression als Teilkomponente und bewertet die Unfallfolgen insgesamt mit einer MdE von 30 v.H. Dem Gutachten der Dr. A. ist bei dieser Bewertung aber nicht zu entnehmen, dass sie die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beurteilungskriterien beachtet hat. Sie bewertet das Unfallereignis als Auslöser psychischer Beschwerden der Klägerin. Eine Gesundheitsstörung, die durch einen Unfall nur ausgelöst wurde, kann nach der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingungen gerade nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Eine nachvollziehbare Herauslösung einer messbaren unfallabhängigen MdE von den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet gelingt der Gutachterin nicht. Vielmehr ergibt sich aus ihren Ausführungen, dass gerade andere Faktoren die schwerwiegende Depression der Klägerin verursacht haben und der Arbeitsunfall in diesem Zusammenhang keine wesentliche Bedingung im Sinne der Unfallversicherungsrechtskausallehre darstellt. Zudem ist ihre Einschätzung der MdE von 30 v.H. unzureichend begründet. Denn sie bewertet bereits die funktionellen Einschränkungen der linken Hand mit 25 v.H., also deutlich abweichend von den oben angeführten Tabellenwerten. Damit würde der für eine wesentliche Änderung erforderliche Verschlimmerungsanteil von mehr als 5 v.H. nicht erreicht.
Auch aus dem Gutachten des Prof.Dr.T. ergibt sich keine Änderung der Unfallfolgen mit Auswirkung auf die MdE. Dieser bemerkte in den festgestellten Befunden keine Abweichung. Er wies wie bereits Dr. A. auf eine Verstärkung der depressiven Entwicklung durch den Unfall und weitere Schicksalschläge wie den Verlust der Mutter und des Vaters 1998 und 1996, den Verlust des Arbeitsplatzes im Jahr 1994 und partnerschaftliche Probleme mit dem Ehemann hin. Die Angststörung und die Störung des Sexualverhaltens führte der Gutachter in Übereinstimmung mit Dr.V. auf den Überfall zurück. Die chronische Entwicklung sah er nur teilweise im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Er begründete dies mit der ersten Krankschreibung wegen dieser Gesundheitsstörungen schon vor dem Arbeitsunfall, der schweren neurotischen Entwicklung im Jahr 1986 und der Verstärkung durch die genannten Schicksalsschläge. Er betonte aber, dass im neurologischen Befund und in den auf den Unfall vom 18.03.1988 zurückzuführenden psychischen Störungen im Vergleich zu den Voruntersuchungen keine relevanten Befundänderungen eingetreten seien. Er geht insofern nicht von einer wesentlichen Verschlimmerung aus.
Die MdE bewertete Prof.Dr.T. mit 15 v.H. Insofern wich er nur in der Beurteilung von Dr.M. ab, nicht aber hinsichtlich der erhobenen Befunde. Eine ausreichende Begründung der Abweichung in der Bewertung ist dem Gutachten nicht zu entnehmen. Eine nachvollziehbare Abgrenzung von unfallunabhängigen und unfallabhängigen Gesundheitsstörungen enthält das Gutachten nicht. Prof.Dr.T. nimmt eine höhere MdE offenbar an, weil er teilweise auch die chronisch-depressive Entwicklung auf den Arbeitsunfall zurückführt. Er legt jedoch nicht dar, ob diese als eine wesentliche Ursache dieser Gesundheitsstörung im Sinne des Unfallversicherungsrechts angesehen werden kann. Die Anerkennung einer Depression als Unfallfolge ist möglich, wenn das Unfallereignis für diese Gesundheitsstörung unter Berücksichtigung der individuellen persönlichkeitsbedingten Disposition eine wesentliche Bedingung darstellt (Schönberger-Mehrtens-Valtentin a.a.O. S.228). Ein belastendes Ereignis kann dementsprechend bei vorbelasteten Betroffenen nur dann als wahrscheinliche Ursache für eine länger andauernde Depression angesehen werden, wenn diese auch ohne diese persönlichkeitsbedingte Disposition eingetreten wäre (vgl. BSG, Urteil vom 26.01.1994 - 9 RVg 3/93). Bei vorbestehender Krankheitsanlage und aufgrund der von den Gutachtern bestätigten vielfältigen und die depressive Erkrankung verstärkenden Faktoren sprechen mehr Gründe gegen als für einen kausalrechtlichen Zusammenhang des Arbeitsunfalls mit der schweren depressiven Erkrankung der Klägerin. Bei der Klägerin imponiert eine bereits vor dem Arbeitsunfall bestandene chronifizierte depressive Entwicklung, die durch mehrere Schicksalsschläge verstärkt wurde. Der Senat weist diesbezüglich auf das in der Rentenstreitsache eingeholte Gutachten der G. vom 15.08.2003 hin, woraus sich neben den bisher erwähnten Faktoren ergibt, dass die Ehe der Klägerin eher belastend und konfliktbehaftet mit jahrzehntelangem Auseinanderleben der Ehepartner gewesen ist und auch weitere organische Erkrankungen der Klägerin hinzugekommen sind. Die chronisch-depressive Entwicklung kann somit auch nicht teilweise auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Soweit der Arbeitsunfall nur als weiter auslösender Faktor einer fortschreitenden depressiven Entwicklung Bedeutung gewonnen hat, reicht dies zu einer Anerkennung als Unfallfolge nicht aus. Die Einschätzung der MdE durch Prof.Dr.T. , die unter teilweiser Einbeziehung der chronischen depressiven Entwicklung der Klägerin erfolgte, ist deshalb zu hoch angesetzt.
Der Senat hält es für überzeugend, wenn Dr.H. im Gutachten vom 10.05.2006 unter Berücksichtigung der gesamten Vorgeschichte, der umfangreichen Vorbefunde als Unfallfolge auf seelischem Gebiet eine situationsgebundene Angststörung ansieht, d.h. durchaus nachvollziehbare Ängste, alleine die Tiefgarage zu betreten, in der vor 18 Jahren der Überfall stattfand und hält weitere Unfallfolgen auf seelischem Gebiet nicht für gegeben. Für die vorliegende seelische Störung ist eine MdE von unter 10 v.H. anzusetzen.
Da einzelne MdE-Ansätze nicht schematisch zusammengerechnet werden, vielmehr eine integrierende Gesamtschau der Gesamteinwirkungen aller Funktionseinschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit entscheidend ist (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.158) und bei nebeneinander stehenden Funktionseinschränkungen regelmäßig die Gesamt-MdE niedriger ist als die Summe der Einzelbewertungen, wird eine MdE von 30 v.H. nicht erreicht. Wie oben dargestellt ist die MdE auf chirurgischem Gebiet mit unter 20 v.H. zu bewerten und auf psychologischem Fachgebiet mit unter 10 v.H. Hierbei ist nicht maßgebend, dass mit Bescheid vom 19.11.1991 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. gewährt wurde. Der einem Rentenbescheid zugrunde liegende Grad der MdE ist lediglich Begründungsmerkmal für die zustehende Verletztenrente und erwächst als solcher nicht in Bestandskraft. Bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung ist somit auch zu berücksichtigen, inwiefern eine Besserung eingetreten ist, welche gegebenenfalls bei der Einschätzung der Gesamt-MdE zu berücksichtigen ist. Eine Addition dieses Wertes mit der MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet erfolgt nicht. Selbst wenn die MdE 10 v.H. betragen würde, ergäbe sich nicht eine Gesamt-MdE von 30 v.H. Somit wird der für eine wesentliche Änderung erforderliche Wert von mehr als 5 v.H. nicht erreicht.
Der Senat hat dem Verlegungsantrag des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16.07.2006 nicht entsprochen. Eine Terminsverlegung ist nur aus erheblichen Gründen möglich (§ 202 SGG i.V.m. § 227 Zivilprozessordnung (ZPO). Erhebliche Gründe sind am Beschleunigungs- und Konzentrationsgebot sowie am rechtlichen Gehör zu orientieren. Nachdem der Bevollmächtigte der Klägerin gleichzeitig mit dem Verlegungsantrag sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hat und er damit auf weiteres rechtliches Gehör offenbar keinen Wert legte, hatte der Senat keine Bedenken, im Hinblick auf die Dauer des Rechtsstreits aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
Der Antrag, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, war abzulehnen, denn durch die Zulassung würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, und der Antrag ist nach Meinung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher gestellt worden (§ 109 Abs.2 SGG). Es war nach am 02.06.2006 erfolgter Zustellung des Gutachtens des Dr.H. vom 10.05.2006 zu erkennen, dass der Senat keine weiteren Ermittlungen mehr durchführen würde. Abgesehen davon hatte die Klägerin Dr.H. als Arzt ihres Vertrauens benannt, und der Senat hat dennoch das Gutachten nach § 106 SGG eingeholt. Hinzu kam, dass bereits im sozialgerichtlichen Verfahren ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden war und keine besonderen Umstände vorlagen, die eine wiederholte Anhörung eines Arztes nach § 109 SGG rechtfertigen könnten.
Der Zuziehung eines Dolmetschers für die bulgarische Sprache bedurfte es nach Auffassung des Senats nicht, denn die Klägerin, die seit 1970 in der BRD lebt, ist, wie sich aus sämtlichen eingeholten Gutachten ergibt, der deutschen Sprache mächtig.
Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente nach erfolgter Abfindung einer unbefristeten Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. hat.
Die 1946 in S./Bulgarien geborene Klägerin, die 1970 nach Deutschland emigrierte, wurde am 18.03.1988 auf dem Heimweg von der Arbeit - sie war zu dieser Zeit als Bardame beschäftigt - in der Tiefgarage von einem ihr unbekannten Mann mit einem Messer angegriffen. Er wollte sie vergewaltigen, sie wehrte diesen Versuch ab und griff mit der linken Hand in das Messer. Sie erlitt schwere Schnittwunden sowie Prellungen und Schürfungen.
Mit Bescheid vom 19.11.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 gewährte die Beklagte der Klägerin nach Einholung von Gutachten des Prof.Dr.M. (Städtisches Krankenhaus B. , M.) vom 03.01.1991 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 14.05.1992 Rentenleistungen nach einer MdE von 25 v.H. bis 28.11.1990 und im Anschluss daran nach einer MdE von 20 v.H. Als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannte sie eine verheilte Schnittverletzung in der linken Hohlhand über alle Fingergrundgelenke hinweg mit ausgeprägter Bewegungseinschränkung der Mittel-, Ring- und Kleinfinger, einen Verlust der Gefühlsempfindungen im Zeigefinger ab Mitte des Grundgelenks, mäßige Gefühlsempfindungsstörungen im Mittel-, Ring- und Kleinfinger sowie Blutumlaufstörungen und Kälteempfindlichkeit aller Langfinger. Die Klage gegen diese Bescheide mit dem Ziel, eine höhere Verletztenrente zu erhalten, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts München (SG) vom 05.04.1994 Az.: S 41 U 76/93). Das Gericht stützte sich auf das von ihm eingeholte neuropsychiatrische Gutachten des Arztes für Psychiatrie Dr.V. vom 15.02.1994. Dieser konnte eine geltend gemachte chronifizierte reaktive Depression nicht feststellen. Ein Verstimmungszustand mit Angst- und funktioneller Sexualstörung sei als leicht neurotische Störung mit einer MdE von unter 10 v.H. anzusetzen.
Einen Antrag der Klägerin auf Abfindung der Verletztenrente entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 19.06.1996.
Am 06.02.1998 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag bei der Beklagten mit der Begründung, aufgrund der Beschwerden in der linken Hand sei eine erneute Operation notwendig geworden. Die Beklagte holte daraufhin ein unfallchirurgisches Gutachten des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr.G. vom 19.01.1999 ein. Dieser hielt weiterhin eine MdE von 20 v.H. für gerechtfertigt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.02.1999 einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verletztenrente wegen einer Verschlimmerung ab. Mit ihrem Widerspruch führte die Klägerin aus, es sei eine Verschlimmerung eingetreten, insbesondere zeige sich ein chronifiziertes-therapieresistentes schweres depressives Syndrom. Sie verwies auf das Attest der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.G. vom 16.03.1998, bei der sie in ständiger psychiatrischer Behandlung wegen Depressionen stehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein reaktives depressives Syndrom sei keine Folge des Arbeitsunfalles - wie mit Urteil des SG vom 05.04.1994 bereits festgestellt - vielmehr seien private Gründe hierfür ursächlich.
Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und beantragt, ihr Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 30 v.H. zu gewähren. Die Befunde, die bei der Untersuchung durch Prof.Dr.M. erhoben worden seien, hätten sich wesentlich geändert. Insbesondere sei das reaktive depressive Syndrom Folge des Arbeitsunfalles vom 18.03.1988. Das SG hat Gutachten des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr.L. und gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 10.01.2001 eingeholt. Dr.L. hat auf seinem Fachgebiet die bisherige Einschätzung der MdE mit 20. v.H. für durchaus wohlwollend gehalten. Dr. A. hat unfallbedingt eine posttraumatische Angststörung mäßigen Grades diagnostiziert und unfallunabhängig eine Depression vom Typ Major mittelschwerer Ausprägung bei progredient chronischem Verlauf und Zunahme durch unfallunabhängige Belastung wie Dauerarbeitslosigkeit 1994, Verlust des Vaters durch Tod 1996, untergründige Konflikte, diagnostiziert. Sie hat die Unfallfolgen im Bereich der linken Hand mit 25 v.H., eine unfallbedingte posttraumatische Angststörung und mäßige depressive Entwicklung mit 20 v.H. bewertet, Gesamt-MdE 30 v.H.
Das SG hat mit Urteil vom 23.09.2003 die Klage abgewiesen. Es hat auf das Gutachten des Dr.V. vom 15.02.1994 sowie auf das sich in den vom SG beigezogenen Akten in der Rentenstreitsache S 6 RJ 217/03 befindende Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr.G. vom 15.08.2003 Bezug genommen. Diese beschreibe zwar eine massive Angststörung, in den Diagnosen würden diese jedoch nicht als posttraumatische Belastungsstörung dargestellt. Dem Gutachten der Dr. A. sei nicht zu folgen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, Dr. A. habe zu Recht eine wesentliche Verschlimmerung in den Folgen des Unfalls festgestellt. Sie müsse zwar einräumen, dass ein Teil der psychischen Beschwerden durch Ereignisse ausgelöst worden sei, die nicht im Zusammenhang mit dem Unfall stünden, andererseits hätten die psychischen Einschränkungen wegen der Handverletzung dramatisch zugenommen. Sie leide ganz erheblich darunter, dass eine Funktionsbehinderung der linken Hand als Fassorgan und als Ausdrucksmittel der Gebärde eingetreten sei. Die Einschätzung der MdE, die sich ausschließlich an der Greiffunktion der Hand orientiert habe, sei in der Vergangenheit falsch vorgenommen worden. Deshalb könnten die früheren Anträge auf Neubewertung auch als Überprüfungsanträge nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehn (SGB X) interpretiert werden.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspintomographieaufnahmen sowie die Akte der LVA Oberbayern mit Entlassungsbericht aus der Unfallklinik S. vom 09.03.1998 nach einem Aufenthalt dort vom 15.01. bis 26.02.1998, die Akte der LVA Sachsen-Anhalt mit einem Entlassungsbericht aus der psychosomatischen Klinik B. vom 07.04.1997 nach einem Aufenthalt dort vom 14.01. bis 27.02.1997, nervenärztliche Gutachten Dr.B. vom 04.09.1997 für die LVA Oberbayern und Dr.R. vom 04.08.1998, die Schwerbehindertenakte der Klägerin, die OEG-Akte des Versorgungsamtes M. beigezogen, und ein plastisch-chirurgisches Gutachten des Prof.Dr.N. und ein psychiatrisches Gutachten des Prof.Dr.T. (beide Krankenhaus M. B.) eingeholt. Prof.Dr.N. hat im Gutachten vom 08.01.2004 ausgeführt, dass eine Verschlimmerung auf handchirurgischem Gebiet nicht eingetreten sei, im Gegenteil könne man eher von einer zunehmenden Gewöhnung ausgehen. Prof.Dr.T. hat ausgeführt, von den psychischen Störungen seien die chronisch situationsabhängige Angststörung und Störungen im Sexualverhalten ursächlich auf den Überfall zurückzuführen, die chronisch depressive Entwicklung könne nur teilweise auf diesen zurückgeführt werden. Die MdE betrage 15 v.H. auf seinem Fachgebiet. Der Senat hat daraufhin ein weiteres Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.H. vom 10.05.2006 eingeholt. Dieser hat ausgeführt: "Berücksichtigt man die gesamte Vorgeschichte, die umfangreichen Vorbefunde und den heutigen Befund, so ist als Unfallfolge auf seelischem Gebiet eine situationsgebundene Angststörung anzusehen, das heißt durchaus nachvollziehbare Ängste, alleine die Tiefgarage zu betreten, in der vor 18 Jahren der Überfall stattfand. Weitere Unfallfolgen auf seelischem Gebiet lassen sich nicht erkennen. MdE unter 10 v.H." Es sei zu berücksichtigen, dass derzeit keinerlei Behandlung in dieser Richtung erfolge, weder medikamentös mit Psychopharmaka noch psychotherapeutisch. Eindeutig unfallunabhängig sei eine Dyshtymia mit wechselnden depressiven Verstimmungen bei einer Vielzahl von unfallunabhängigen seelischen Belastungen. Im Jahr nach dem Überfall sei von den Folgen der Handverletzung mit einer zusätzlichen vorübergehenden Anpassungsstörung auszugehen, für die eine Einzel-MdE von 30 v.H. gerechtfertigt war. Ab dem 08.09.1988 sei die Gesamt-MdE wegen einer ausgeprägten Beugekontraktur des vierten und fünften Fingers, geringer des dritten Fingers und Gefühlsminderung an der Radialfläche des zweiten Fingers links mit einer MdE von 20 v.H. einzustufen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß), die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.09.2003 und des Bescheides vom 10.02.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.05.1999 zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 06.02.1998 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.09.2003 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Akten der Beklagten, die Akten des SG München S 20 U 343/99, S 41 U 76/93, S 6 RJ 2503/98, der LVA Oberbayern, zwei Band Akten der LVA Sachsen-Anhalt, die Schwerbehindertenakte und die OEG-Akte, Versorgungsamt M. , hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach erfolgter Abfindung mit Bescheid vom 19.06.1996 hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente.
Nach § 76 Abs.3 Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII) besteht nach Abfindung einer Rente nur bei einer wesentlichen Verschlimmerung in den Unfallfolgen ein Anspruch auf ein Wiederaufleben der abgefundenen Rente. Eine Verschlimmerung ist dann wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt (§ 73 Abs.3 Halbsatz 1 SGB X). Die Rente wird dann in Höhe der MdE gezahlt, die durch die Verschlimmerung bedingt ist (Bereiter-Hahn/Mehrtens § 76 SGB VII Anm.7) Hierbei ist zu beachten, dass sich eine MdE grundsätzlich nur auf volle 10 v.H. genau bemessen lässt (von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 48 Anm.9). Folglich müsste im vorliegenden Fall die unfallbedingte Gesamt-MdE 30 v.H. betragen. Dies ist nicht der Fall.
Eine Änderung gegenüber den medizinischen Befunden, die für die Leistungsfeststellung mit Bescheid vom 19.11.1991 und des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 maßgebend waren, ist nicht festzustellen. Diese sind regelmäßig den der Entscheidung der Beklagten zugrunde liegenden Gutachten zu entnehmen (Kasseler Kommentar, Ricke § 73 Rdnr.13), hier also dem Gutachten des Prof.Dr.M. vom 03.01.1998 und der Dr.M. vom 14.05.1992.
Gemäß § 56 Abs.2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Eine als Unfallfolge anzuerkennende und der MdE zugrunde zu legende Gesundheitsstörung bedarf dabei des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen muss. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Für die Bewertung der MdE ist nicht entscheidend, welche Diagnosen im Einzelnen zu stellen sind. Maßgebend ist, wie sich die unfallbedingten Krankheitszustände funktionell auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auswirken. Bei der Beurteilung der MdE haben die ärztlichen Sachverständigen die von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten. Die medizinischen Sachverständigen und das Gericht orientieren sich an den sog. Rententabellen, welche die allgemeinen Erfahrungssätze für die Bewertung der MdE enthalten (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S.153 f.).
Nach Auswertung der medizinischen Beweisergebnisse ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass sich bei der Klägerin die MdE nicht um mehr als 5 v.H., also nicht wesentlich erhöht hat.
Auf chirurgischen Fachgebiet ergab ein Vergleich zwischen den Feststellungen des Prof.Dr.M. mit denjenigen des Dr.L. und Dr.N. , dass keine weiteren Folgeerscheinungen im Sinne einer Verschlechterung vorliegen. Prof. Dr.M. stellte als Unfallfolge eine ausgeprägte Streck- und Beugehemmung in allen drei Fingergelenken der Mittel-, Ring- und Kleinfinger, einen Verlust der Gefühlsempfindungen des zweiten Fingers im Verlauf des dritten beugeseitigen Fingernervs ab der Grundgliedmitte, mäßige Gefühlsempfindungsstörungen in den übrigen Fingern, eine vermehrte Kälteempfindlichkeit an den Fingern IV bis V sowie Blutumlaufstörungen bei vermehrter Kälteempfindlichkeit fest, während Prof.Dr.N. eine Bewegungseinschränkung in allen drei Gelenken an Mittel-, Ring- und Kleinfinger der linken Hand, eine Minderung der Sensibilität am speichenseitigen Zeigefinger, eine Kraftminderung, eine Kalksalzminderung im Sinne einer Aktivitätsminderung an Ring- und Kleinfinger und eine erhöhte Kälteempfindlichkeit diagnostizierte. Ein Vergleich ergibt, dass die Beweglichkeit der Handgelenke bei der Untersuchung durch Prof.Dr.M. und Prof.Dr.N. jeweils uneingeschränkt möglich war. Der Faustschluss war jetzt besser möglich. Der Abstand zwischen Nagelrand und querer Hohlhandbeugefurcheanzeige Mittel-, Ring- und Kleinfinger betrug jetzt nur noch 1 cm, bei der Untersuchung durch Prof.Dr.M. betrugen die Werte noch 1,5 bis 2 cm. Der Spitzgriff zwischen Daumen und Zeigefingerkuppe war uneingeschränkt möglich. Hierzu fehlten jedoch Angaben im Gutachten von Prof.Dr.M ... Prof.Dr.N. konnte jetzt eine geringe Einschränkung des Daumens bei der Streckung im Endgelenk feststellen. Die Streckdefizite der betroffenen Finger hat sich insgesamt betrachtet etwas verbessert, in den Grundgelenken jeweils um 10°, in den Mittelgelenken um 5° bis 10°. Lediglich in den Endgelenken des Ring- und Kleinfingers hat der Gutachter ein um 5° stärkeres Streckdefizit gemessen. Die Handspanne, also der größte Abstand zwischen Daumen und Kleinfingerkupppe, hatte 17 cm gemessen. Auffällig war eine deutliche Verbesserung der Umfangmaße, die Aufschluss bezüglich der Schonbedürftigkeit der verletzten Hand ergab. Prof.Dr.N. gemessenen Werte ergaben eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur Untersuchung durch Prof.Dr.M ... Während bei Prof.Dr.M. die rechte Extremität im Vergleich zur linken geringere Umfangmaße aufwies, war dies bei der Untersuchung durch Prof.Dr.N. umgekehrt. Dies bestätigt die Erfahrung einer außerordentlich großen funktionellen Anpassungsfähigkeit bei Handverletzungen. Gerade bei Verletzungen der Hand spielt die Anpassung und Gewöhnung eine herausragende Rolle. Die Analyse des Greifaktes legt dar, dass die menschliche Hand auch beim Zerstören oder beim Verlust der typischen bzw. primären Greifformen Ersatzgreifformen oder sekundäre Greifformen entwickelt und diesen Möglichkeiten des Greifens und Fassens auch funktionell eine praktische Bedeutung bei der Festsetzung der MdE zukommt (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.660). Bei der Klägerin zeigte sich, dass die wesentlichen Greifformen wie Feingriff, Spitzgriff, Schlüsselgriff und Grobgriff möglich waren. Aus der verbesserten Bemuskelung der linken oberen Extremität konnte geschlossen werden, dass die Klägerin die Hand auch entsprechend diesen Funktionen einsetzt. Dem entsprechend wies Prof.Dr.N. darauf hin, dass nicht nur eine Verschlimmerung nicht festgestellt werden konnte, sondern sogar nach so langer Zeit nach dem Unfallereignis eher von einer zunehmenden Gewöhnung auszugehen ist. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr.L. , der die Einschätzung der MdE mit 20 v.H. als wohlwollend ansah und unter Hinweis auf die Tabellenwerte im Merhoff/Murr (Unfallbegutachtung, 10. Auflage, Anhang 1, Abb.49) die MdE mit 15 v.H. einschätzte. Danach wird dieser MdE-Grad nach einer Amputationsverletzung des Ring- und Kleinfingers im Mittelgelenk vergeben.
Im Zuge der Schätzung der MdE bei Handverletzungen ist zu fragen, ob der Zustand der Verletzungsfolgen gleichgesetzt werden kann mit entsprechenden Fingerverlusten bzw. ob dieser besser oder schlechter zu bewerten ist (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.615). Der Senat ist der Auffassung, dass aufgrund der vorhandenen Funktionen der linken Hand der Klägerin sowie insbesondere durch die erfolgte Anpassung und Gewöhnung der Verletzungsfolgen jedenfalls nicht mehr eine MdE von 20 v.H. erreicht wird, die bei einem vollständigen Verlust des Daumens oder einem vollständigen Verlust des Ring- und Mittelfingers vergeben wird. Dagegen rechtfertigt z.B. der vollständige Verlust des Zeigefingers als nach dem Daumen wichtigster Finger oder die Amputation des Mittel- oder Ringfingers im Mittelgelenk lediglich eine MdE von 15 v.H. (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.641 Abb.1.2, 1.4, 2.0, 3.2, 2.38). Damit ist jedenfalls eine wesentliche Verschlimmerung nicht festzustellen. Nach Auffassung des Senats liegt heute bei der Klägerin auf handchirurgischem Gebiet kein Zustand mehr vor, der über eine MdE von 15 v.H. hinausgeht.
Auch auf nervenärztlichem Gebiet war eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht festzustellen. Dr.M. sah die Entwicklung einer depressiven Symptomatik nicht als unfallbedingt an. Sie stellte allerdings einen Verstimmungszustand verbunden mit Angst und eine funktionale Sexualstörung fest, die sie mit einer MdE unter 10 v.H. bewertete. Diese Einschätzung wurde von Dr.V. im Gutachten vom 15.02.1994, eingeholt im Klageverfahren vor dem SG, bestätigt. Eine geltend gemachte chronifizierte reaktive Depression lag nicht vor. Das deshalb die Klage abweisende Urteil des SG vom 05.05.1994 hat die Klägerin nicht angefochten. Hinsichtlich dieser Feststellung hat sich bis heute keine wesentliche Änderung ergeben.
Dem Gutachten der Dr. A. ist eine wesentliche Abweichung von den Feststellungen des Dr.V. nicht zu entnehmen. Nach ihren Ausführungen sieht die Sachverständige die eigentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet als unfallunabhängig an. Sie weist darauf hin, dass die massiven Verschlechterungen im Sinne der Progredienz im Februar 1998 als unfallunabhängig einzuschätzen sind. Hierfür sieht sie allgemeine Beschwerden und die Entwicklung einer schwerwiegenden Depression als verantwortlich an. Die Gutachterin nennt als Ursachen Dauerarbeitslosigkeit seit dem Jahr 1994, den Tod des Vaters im Jahr 1996 und viele Enttäuschungen und Verstimmungen im Bezug auf die Alterserscheinungen. Als Unfallfolgen bewertet sie neben den funktionellen Auswirkungen hinsichtlich der linken Hand eine daraus resultierende seelische Beeinträchtigung, eine posttraumatische Angststörung mäßigen Grades und eine reaktive Depression als Teilkomponente und bewertet die Unfallfolgen insgesamt mit einer MdE von 30 v.H. Dem Gutachten der Dr. A. ist bei dieser Bewertung aber nicht zu entnehmen, dass sie die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beurteilungskriterien beachtet hat. Sie bewertet das Unfallereignis als Auslöser psychischer Beschwerden der Klägerin. Eine Gesundheitsstörung, die durch einen Unfall nur ausgelöst wurde, kann nach der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingungen gerade nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Eine nachvollziehbare Herauslösung einer messbaren unfallabhängigen MdE von den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet gelingt der Gutachterin nicht. Vielmehr ergibt sich aus ihren Ausführungen, dass gerade andere Faktoren die schwerwiegende Depression der Klägerin verursacht haben und der Arbeitsunfall in diesem Zusammenhang keine wesentliche Bedingung im Sinne der Unfallversicherungsrechtskausallehre darstellt. Zudem ist ihre Einschätzung der MdE von 30 v.H. unzureichend begründet. Denn sie bewertet bereits die funktionellen Einschränkungen der linken Hand mit 25 v.H., also deutlich abweichend von den oben angeführten Tabellenwerten. Damit würde der für eine wesentliche Änderung erforderliche Verschlimmerungsanteil von mehr als 5 v.H. nicht erreicht.
Auch aus dem Gutachten des Prof.Dr.T. ergibt sich keine Änderung der Unfallfolgen mit Auswirkung auf die MdE. Dieser bemerkte in den festgestellten Befunden keine Abweichung. Er wies wie bereits Dr. A. auf eine Verstärkung der depressiven Entwicklung durch den Unfall und weitere Schicksalschläge wie den Verlust der Mutter und des Vaters 1998 und 1996, den Verlust des Arbeitsplatzes im Jahr 1994 und partnerschaftliche Probleme mit dem Ehemann hin. Die Angststörung und die Störung des Sexualverhaltens führte der Gutachter in Übereinstimmung mit Dr.V. auf den Überfall zurück. Die chronische Entwicklung sah er nur teilweise im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Er begründete dies mit der ersten Krankschreibung wegen dieser Gesundheitsstörungen schon vor dem Arbeitsunfall, der schweren neurotischen Entwicklung im Jahr 1986 und der Verstärkung durch die genannten Schicksalsschläge. Er betonte aber, dass im neurologischen Befund und in den auf den Unfall vom 18.03.1988 zurückzuführenden psychischen Störungen im Vergleich zu den Voruntersuchungen keine relevanten Befundänderungen eingetreten seien. Er geht insofern nicht von einer wesentlichen Verschlimmerung aus.
Die MdE bewertete Prof.Dr.T. mit 15 v.H. Insofern wich er nur in der Beurteilung von Dr.M. ab, nicht aber hinsichtlich der erhobenen Befunde. Eine ausreichende Begründung der Abweichung in der Bewertung ist dem Gutachten nicht zu entnehmen. Eine nachvollziehbare Abgrenzung von unfallunabhängigen und unfallabhängigen Gesundheitsstörungen enthält das Gutachten nicht. Prof.Dr.T. nimmt eine höhere MdE offenbar an, weil er teilweise auch die chronisch-depressive Entwicklung auf den Arbeitsunfall zurückführt. Er legt jedoch nicht dar, ob diese als eine wesentliche Ursache dieser Gesundheitsstörung im Sinne des Unfallversicherungsrechts angesehen werden kann. Die Anerkennung einer Depression als Unfallfolge ist möglich, wenn das Unfallereignis für diese Gesundheitsstörung unter Berücksichtigung der individuellen persönlichkeitsbedingten Disposition eine wesentliche Bedingung darstellt (Schönberger-Mehrtens-Valtentin a.a.O. S.228). Ein belastendes Ereignis kann dementsprechend bei vorbelasteten Betroffenen nur dann als wahrscheinliche Ursache für eine länger andauernde Depression angesehen werden, wenn diese auch ohne diese persönlichkeitsbedingte Disposition eingetreten wäre (vgl. BSG, Urteil vom 26.01.1994 - 9 RVg 3/93). Bei vorbestehender Krankheitsanlage und aufgrund der von den Gutachtern bestätigten vielfältigen und die depressive Erkrankung verstärkenden Faktoren sprechen mehr Gründe gegen als für einen kausalrechtlichen Zusammenhang des Arbeitsunfalls mit der schweren depressiven Erkrankung der Klägerin. Bei der Klägerin imponiert eine bereits vor dem Arbeitsunfall bestandene chronifizierte depressive Entwicklung, die durch mehrere Schicksalsschläge verstärkt wurde. Der Senat weist diesbezüglich auf das in der Rentenstreitsache eingeholte Gutachten der G. vom 15.08.2003 hin, woraus sich neben den bisher erwähnten Faktoren ergibt, dass die Ehe der Klägerin eher belastend und konfliktbehaftet mit jahrzehntelangem Auseinanderleben der Ehepartner gewesen ist und auch weitere organische Erkrankungen der Klägerin hinzugekommen sind. Die chronisch-depressive Entwicklung kann somit auch nicht teilweise auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Soweit der Arbeitsunfall nur als weiter auslösender Faktor einer fortschreitenden depressiven Entwicklung Bedeutung gewonnen hat, reicht dies zu einer Anerkennung als Unfallfolge nicht aus. Die Einschätzung der MdE durch Prof.Dr.T. , die unter teilweiser Einbeziehung der chronischen depressiven Entwicklung der Klägerin erfolgte, ist deshalb zu hoch angesetzt.
Der Senat hält es für überzeugend, wenn Dr.H. im Gutachten vom 10.05.2006 unter Berücksichtigung der gesamten Vorgeschichte, der umfangreichen Vorbefunde als Unfallfolge auf seelischem Gebiet eine situationsgebundene Angststörung ansieht, d.h. durchaus nachvollziehbare Ängste, alleine die Tiefgarage zu betreten, in der vor 18 Jahren der Überfall stattfand und hält weitere Unfallfolgen auf seelischem Gebiet nicht für gegeben. Für die vorliegende seelische Störung ist eine MdE von unter 10 v.H. anzusetzen.
Da einzelne MdE-Ansätze nicht schematisch zusammengerechnet werden, vielmehr eine integrierende Gesamtschau der Gesamteinwirkungen aller Funktionseinschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit entscheidend ist (Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.158) und bei nebeneinander stehenden Funktionseinschränkungen regelmäßig die Gesamt-MdE niedriger ist als die Summe der Einzelbewertungen, wird eine MdE von 30 v.H. nicht erreicht. Wie oben dargestellt ist die MdE auf chirurgischem Gebiet mit unter 20 v.H. zu bewerten und auf psychologischem Fachgebiet mit unter 10 v.H. Hierbei ist nicht maßgebend, dass mit Bescheid vom 19.11.1991 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. gewährt wurde. Der einem Rentenbescheid zugrunde liegende Grad der MdE ist lediglich Begründungsmerkmal für die zustehende Verletztenrente und erwächst als solcher nicht in Bestandskraft. Bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung ist somit auch zu berücksichtigen, inwiefern eine Besserung eingetreten ist, welche gegebenenfalls bei der Einschätzung der Gesamt-MdE zu berücksichtigen ist. Eine Addition dieses Wertes mit der MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet erfolgt nicht. Selbst wenn die MdE 10 v.H. betragen würde, ergäbe sich nicht eine Gesamt-MdE von 30 v.H. Somit wird der für eine wesentliche Änderung erforderliche Wert von mehr als 5 v.H. nicht erreicht.
Der Senat hat dem Verlegungsantrag des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16.07.2006 nicht entsprochen. Eine Terminsverlegung ist nur aus erheblichen Gründen möglich (§ 202 SGG i.V.m. § 227 Zivilprozessordnung (ZPO). Erhebliche Gründe sind am Beschleunigungs- und Konzentrationsgebot sowie am rechtlichen Gehör zu orientieren. Nachdem der Bevollmächtigte der Klägerin gleichzeitig mit dem Verlegungsantrag sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hat und er damit auf weiteres rechtliches Gehör offenbar keinen Wert legte, hatte der Senat keine Bedenken, im Hinblick auf die Dauer des Rechtsstreits aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
Der Antrag, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, war abzulehnen, denn durch die Zulassung würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, und der Antrag ist nach Meinung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher gestellt worden (§ 109 Abs.2 SGG). Es war nach am 02.06.2006 erfolgter Zustellung des Gutachtens des Dr.H. vom 10.05.2006 zu erkennen, dass der Senat keine weiteren Ermittlungen mehr durchführen würde. Abgesehen davon hatte die Klägerin Dr.H. als Arzt ihres Vertrauens benannt, und der Senat hat dennoch das Gutachten nach § 106 SGG eingeholt. Hinzu kam, dass bereits im sozialgerichtlichen Verfahren ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden war und keine besonderen Umstände vorlagen, die eine wiederholte Anhörung eines Arztes nach § 109 SGG rechtfertigen könnten.
Der Zuziehung eines Dolmetschers für die bulgarische Sprache bedurfte es nach Auffassung des Senats nicht, denn die Klägerin, die seit 1970 in der BRD lebt, ist, wie sich aus sämtlichen eingeholten Gutachten ergibt, der deutschen Sprache mächtig.
Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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FSB
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