L 2 U 352/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 410/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 352/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 10. August 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines auf Gewährung einer Verletztenrente gerichteten Verfahrens, ob die Klage fristgemäß erhoben und somit zulässig ist.

Der 1961 geborene Kläger hatte am 26. Februar 1994 einen Unfall erlitten, als er an einem Hanfseil Gewebe aus einem Ableger ziehen wollte und das Seil riss. Der Kläger war gestürzt und hatte sich eine dislozierte Unterschenkelfraktur links zugezogen.

Mit Bescheid vom 7. März 1995 hatte die Beklagte das Ereignis als Arbeitsunfall anerkannt und dem Kläger vom 14. November 1994 bis 25. Januar 1995 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. gewährt. Einen Neufeststellungsantrag hatte die Beklagte mit Bescheid vom 5. März 1997 abgelehnt. Den Widerspruch hatte sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1997 zurückgewiesen. Die anschließende Klage hatte das Sozialgericht Freiburg (Az.: S 10 U 2959/97) mit Urteil vom 28. Januar 2000 abgewiesen.

Am 28. August 2001 beantragte der Kläger erneut eine Neufeststellung, da sich sein Gesundheitszustand wesentlich geändert habe. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 7. Mai 2002 ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2002 zurück. Dieser enthielt eine auch auf Italienisch verfasste Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf eine dreimonatige Klagefrist. Er wurde mit Einschreiben und internationalem Rückschein am 31. Juli 2002 dem damaligen Bevollmächtigten in M./Italien zugestellt. Der unterzeichnete Rückschein ging bei der Beklagten am 9. August 2002 wieder ein.

Am 22. November 2002 ging die hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht Augsburg ein. Der Kläger begehrte eine Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. ab 26. Januar 1995, hilfsweise mindestens um 20 v.H. Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2003 beantragte der Kläger, nachdem er auf eine mögliche Fristversäumnis hingewiesen worden war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Widerspruchsbescheid sei seinem damaligen ordnungsgemäß bestellten Bevollmächtigten zugestellt worden. Er selber habe diesen erst am 26. August 2002 erhalten; auf dem Umschlag sei zweifach der Stempel der italienischen Post mit dem Datum 26. August 2002 aufgebracht. Der damalige Bevollmächtigte habe die Unterlagen unter Hinweis auf die am 26. August 2002 erfolgte Zustellung an die jetzige Prozessbevollmächtigte weitergeleitet. Zur weiteren Begründung brachte der Kläger mit Schriftsatz vom 21. Januar 2003 vor, das Einschreiben müsse erst Ende Juli zugestellt worden sein, auf dem Kuvert sei das Datum vom 26. Juli 2002 zu finden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich sein damaliger Bevollmächtigter im Urlaub befunden. Nach dessen Rückkehr im September 2002 sei dieser von seiner Sekretärin darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass mit Datum 26. August 2002 die Zustellung eines Widerspruchsbescheides erfolgt sei. Offenbar habe der zuständige Postbeamte eine erneute Zustellung durchgeführt. Es könne derzeit nicht mehr festgestellt werden, aus welchen Gründen er das Schreiben nach Unterzeichnung des Rückscheins durch das Sekretariat wieder mitgenommen habe. Ausgehend von dem Umschlag und dem aufgebrachten Stempel 26. August 2002 habe der damalige Bevollmächtigte die Klageeinlegungsfrist auf den 26. November 2002 notiert. Der damalige Bevollmächtigte bestätigte dies mit eidesstattlicher Erklärung vom 10. Januar 2003. Er wies ferner darauf hin, dass in Italien während der Gerichtsferien (1. August bis 15. September 2002) die Fristabläufe aufgehoben seien. Die Sekretärin des damaligen Bevollmächtigten erklärte am 10. Januar 2003 schriftlich, den Rückschein des Schreibens der Beklagten vom 17. Juli 2002 unterschrieben zu haben. Als der Rechtsanwalt Dr. B. vom Urlaub zurückkam, habe sie sich nicht mehr erinnern können, wann sie das Einschreiben erhalten habe. Sie habe gedacht, dass das Datum 26. August 2002 von der Post angebracht worden sei und sich auf den Tag des Erhalts bezogen habe. Der Kläger verwies im Übrigen auf die Handhabung der Postzustellung in Südtirol. In zwei weiteren eidesstattlichen Versicherungen erklärte der damalige Bevollmächtigte u.a., "Kenntnis von dem Brief am 26.08.2002 erhalten" zu haben. Der gesonderte Vermerk des Eingangs sei von seiner Sekretärin versehentlich vergessen worden. Er habe die Notierung von Fristen jedoch nicht an diese delegiert, sondern habe sie über den Zeitpunkt des Zugangs und der Übermittlung von Schreiben im Einzelnen befragt. Üblicherweise übergebe ihm die Sekretärin die Post gleich beim Eingang. Es werde kein Eingangsstempel aufgebracht. Die Kanzlei besitze überhaupt keinen Eingangsstempel für die Post.

Die Deutsche Post AG bescheinigte, ausweislich der handschriftlichen Datumsangabe und des zusätzlichen Poststempels sei die Sendung am 31. Juli 2002 einem Empfangsberechtigten ausgehändigt worden. Der ordnungsgemäße Auslieferungsnachweis gelte damit als erbracht. Weitere Ermittlungen seien nicht mehr möglich.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. August 2004 ab, da die Klage verfristet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren sei. Eine Verlängerung der dreimonatigen Klagefrist aufgrund der italienischen Gerichtsferien komme nicht in Betracht, da sich die Berechnung der gerichtlichen Fristen nach deutschem Recht richte. Da die Klagefrist nicht unverschuldet versäumt worden sei, sei dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht statt zu geben. Nach den Gesamtumständen hätte sich der damalige Bevollmächtigte nicht auf eine Zustellung am 26. August 2002 verlassen dürfen.

Dagegen legte der Kläger Berufung ein und begehrte erneut Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er wiederholte sein Vorbringen und brachte ergänzend vor, in Südtirol sei es üblich, dass der Briefträger, wenn Anwälte oder deren Sekretärinnen nicht anzutreffen seien und die förmliche Zustellung nicht erfolgen könne, einen weiteren Zustellungsversuch durchführten. Bei einer sofortigen Zustellung würden keine weiteren Poststempel von der Post aufgebracht. Zur früheren Zustellung am 26. Juli 2002 müsste sich auf dem Umschlag eigentlich eine weitere Unterschrift finden lassen. Der damalige Bevollmächtigte habe aufgrund der Mitteilung seines Sekretariats und des zweiten Stempels vom 26. August 2002 davon ausgehen dürfen, dass die Zustellung am 26. August 2002 erfolgt sei. Zweifel an der Zuverlässigkeit des Sekretariats seien nicht angebracht gewesen. Der Rückschein sei von seinem Rechtsanwalt nicht unterzeichnet worden. Wer bei der angeblichen Zustellung den Rückschein unterzeichnet habe, sei nicht bewiesen.

Denkbar sei, dass eine erste Zustellung am 26. Juli 2002 scheiterte und eine erneute Zustellung am 26. August 2002 erfolgte. Möglich sei auch, dass das Schreiben am 26. Juli 2002 bei der italienischen Zweigstelle eingegangen und erst am 26. August 2002 in der Kanzlei zugestellt worden sei.

Der Senat lehnte mit Beschluss vom 1. März 2005 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Am 18. März 2005 legte der Kläger hiergegen "sofortige Beschwerde" ein und behielt sich vor, einen neuen PKH-Antrag einzureichen. Der Berichterstatter wies darauf hin, dass gegen den Beschluss kein Rechtsmittel gegeben ist. Ein erneuter PKH-Antrag wurde nicht gestellt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 10. August 2004 und des Bescheides vom 7. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2002 zu verurteilen, ihm aufgrund des Arbeitsunfalls vom 26. Februar 1994 eine Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H., mindestens jedoch in Höhe von 20 v.H. oder höher zu gewähren.

Hilfsweise beantragt er, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Klagefrist zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 10. August 2004 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber unbegründet, da die Klage gegen den Bescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2002 verfristet erhoben wurde und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben ist.

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 S. 2 SGG). Erhebliche Gründe für eine Verlegung des Termins liegen nicht vor, insbesondere ist auch eine Erkrankung des Klägers kein derartiger Grund, da dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet und nicht notwendig war.

Zu Recht wies das Sozialgericht die Klage ab. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

Die Zustellung des Widerspruchsbescheides in Italien war mittels Einschreiben mit Rückschein zulässig. Eine Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein ist gemäß §§ 183 Abs. 1 Nr. 1, 175 ZPO zulässig, soweit aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen Schriftstücke unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen. Die Vorschriften der Verordnung (EG) NR. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EuZVO) bleiben gemäß § 183 Abs. 3 ZPO unberührt. Entsprechendes gilt gemäß § 202 SGG für eine Zustellung nach § 135 SGG. Zustellungen durch die Post sind dabei gemäß Art. 14 der EuZVO zulässig; sie müssen mittels Einschreiben mit Rückschein erfolgen. Ergänzend wird auf die allerdings erst seit 21. Oktober 2005 geltende Regelung des § 1068 Abs. 1 ZPO hingewiesen, wonach eine Zustellung nach Artikel 14 Abs. 1 der EuZVO in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union unbeschadet weiterer Bedingungen des jeweiligen Empfangsmitgliedsstaats nur in der Versandform des Einschreibens mit Rückschein zulässig ist. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein.

Ausweislich des Rückscheins bestehen seitens des Senats keine Zweifel, dass der Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2002 dem damaligen Bevollmächtigten am 31. Juli 2002 zugestellt wurde. Der Rückschein enthält diese handschriftliche Datumsangabe, einen Poststempel M.-Zentrum mit Datum 31.7.02 sowie zwei Unterschriften. Er ging am 9. August 2002 wieder bei der Beklagten ein. Hierzu gab die Sekretärin des damaligen Bevollmächtigten, Frau S. S. , mit Erklärung vom 10. Januar 2003 an, dass sie den Rückschein unterschrieben habe. Als Dr. B. vom Urlaub zurückgekommen sei, habe sie sich nicht mehr erinnern können, wann sie das Einschreiben erhalten habe. Sie habe geglaubt, dass das Datum des 26. August 2002 von der Postbehörde auf dem Briefumschlag angebracht worden sei und sich auf den Tag des Erhalts bezogen habe. Da die Zustellung mittels Einschreiben mit Rückschein tatsächlich erfolgte, sind die Angaben auf dem Briefumschlag ohne Bedeutung, zumal sich hieraus nichts Widersprüchliches ergibt: Soweit sich ein Datum 26. Juli 2002 mit Uhrzeit darauf befindet, ist offensichtlich eine Zustellung nicht möglich gewesen. Auch kann dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls warum am 26. August 2002 eine erneute Zustellung erfolgte, da nachweislich jedenfalls auch bereits am 31. Juli 2002 eine erfolgreiche Zustellung stattfand.

Da der Widerspruchsbescheid auch mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, lief die dreimonatige Klage am 31. Oktober 2002 ab; die Klageerhebung am 22. November 2002 war verfristet.

Eine Wiedereinsetzung nach § 67 Abs. 1 SGG scheidet vorliegend aus. Danach ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Klagefrist wurde jedoch nicht "ohne Verschulden" versäumt. Dies ist der Fall, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (BSGE 72, 158). Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten sowie eines Vertreters nach § 72 SGG steht dabei dem Verschulden des Beteiligten gleich (§ 73 Abs. 4 SGG iVm § 85 Abs. 2 ZPO; zum Ganzen: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl., § 67 Rdnr. 3 e m.w.N.).

Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Versäumnis der Klagefrist kann nach der Rechtsprechung nur dann ausgeschlossen werden, wenn durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür gesorgt wurde, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört insbesondere die Sicherstellung, dass Urteile bzw. Bescheide nach Erhalt an die für die Berechnung der Rechtsbehelfs- bzw. -mittelfristen zuständige Person weitergeleitet und die Fristen dann notiert werden sowie ihre Einhaltung überwacht wird (vgl. BSG, Beschluss vom 30.11.1999, SozR 3-1500 § 63 Nr. 6 mit Verweis auf BGH, Beschluss vom 26. August 1999, Eildienst: Bundesgerichtliche Entscheidungen/Bundesgerichtshof 1999, 228 betr. Sicherstellung der Weiterleitung der Akten zur Fristennotierung). Wenn ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung übernimmt, wird die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss (BVerwG NJW 1995, 2122 f).

Entsprechende organisatorische Vorkehrungen sind im vorliegenden Fall aber erkennbar nicht getroffen worden. Rechtsbehelfsfristen müssen so notiert werden, dass sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (BGH v. 04.11.2003, NJW 2004, 688). Nach ständiger Rechtsprechung ist dabei die Führung eines Fristenkalenders von besonderer Bedeutung (Keller, a.a.O., Rdnr. 9 c m.w.N.). Die Eintragung im Fristenkalender ist von der damit beauftragten Angestellten ferner durch einen Erledigungsvermerk auf den Handakten kenntlich zu machen (BGH NJW 2003, 1815). Sie muss im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fristberechnung und -notierung sofort nach Eingang des Schriftstücks erfolgen. Zutreffend verweist das Sozialgericht darauf, dass, wie vom Kläger vorgetragen, der Eingang des Widerspruchsbescheides in der italienischen Rechtsanwaltskanzlei nicht schriftlich festgehalten wurde, sondern erst vom damaligen Bevollmächtigten selbst nach Rückkehr aus dem Urlaub im September 2002 mit dem Datum 26. August 2002 notiert wurde. Eingehende Schriftstücke erhielten auch keinen Eingangsstempel. Der Rechtsanwalt hatte die Erfassung der Fristen während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit nicht an die Büroangestellte delegiert, sondern wollte dies selbst vornehmen und hatte sie deshalb zum Zeitpunkt des Zugangs im Einzelnen befragt. Diese hatte einen gesonderten Vermerk des Eingangs versehentlich vergessen und bei der Befragung auf den 26. August 2002 abgestellt. Dies ist insgesamt keinesfalls ausreichend, um eine zuverlässige Ermittlung von Zustellungsdaten sicherzustellen, wie das Sozialgericht ausführt. Eine derartige Erfassung der Fristen entspricht nicht den hohen Anforderungen an die Wahrung prozessualer Fristen durch den Prozessbevollmächtigten. Auch während dessen urlaubsbedingter Abwesenheit muss sichergestellt sein, dass die Fristenkontrolle zuverlässig vorgenommen wird. Hierfür ist es nicht ausreichend, dass die Büroangestellte nach dem Urlaub über die zugestellten Schreiben befragt wird, ohne ihr eine geeignete Büroorganisation in Form insbesondere eines elektronischen oder schriftlichen Fristenkalenders zur Verfügung zu stellen, durch die der Fristenlauf unmittelbar erfasst wird.

Dabei geht es nicht darum, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muss vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre nur durch geeignete Büroorganisation und eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden (BGH NJW 2004, 688).

Entscheidend für die Ablehnung der Wiedereinsetzung ist somit nicht, ob der damalige Bevollmächtigte zu Recht von einer Zustellung erst am 26. August 2002 ausgehen konnte oder dass sich die Büroangestellte nicht mehr an das Datum des Rückscheins erinnerte bzw. von einer maßgebenden weiteren Zustellung erst am 26. August 2002 ausging, sondern die mangelnde Organisation der Fristennotierung während der Abwesenheit des Bevollmächtigten. Es handelt sich insoweit um ein eigenes Verschulden des damaligen Prozessbevollmächtigten, das sich der Kläger gemäß §§ 67 Abs.1, 73 Abs. 4 SGG in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob auch die gegenwärtige Prozessbevollmächtigte des Klägers ein Verschulden an der Fristversäumnis trifft oder ob diese auf eine Zustellung am 26. August 2002 vertrauen durfte.

Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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