Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 98/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin an entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten nach den Nummern 3101 und 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) leidet.
Die 1939 geborene Klägerin arbeitete – eigenen Angaben zufolge – von 1974 bis 1999 als Reinemacherfrau in der Orthopädischen Klinik des V E; seitdem geht sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach, sie erhält Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Klägerin ist mit einem GdB von 100 schwerbehindert. An Behinderungen wurden vom Versorgungsamt Düsseldorf (Bescheid vom 01.03.2004) festgestellt: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenleiden, lumbales Wirbelleiden, Polyneuropathie, sensible Stand- und Gangataxie, Anpassungsstörungen mit länger währender depressiver Reaktion, Schulter-Arm-Beschwerden, Gelenkverschleiß, Nervenstörung der Arme und Füße, Fibromyalgiesyndrom, Herzleistungsschwäche, Bluthochdruck, chronisch spastische Bronchitis, Diabetes mellitus, Tarsalsyndrom, schlafbezogene Atemwegsstörung, operatives Beinkrampfaderleiden sowie venöse Blutrückflussstörungen. Im Juni 1999 teilte die Klägerin der Beklagten mit, infolge ihrer Arbeiten im V E habe sie aufgrund des Umgangs mit den verschiedensten Abfällen im Operationsbereich und im Bereich der Intensivstation eine Berufskrankheit in Form einer Hepatitis erlitten. Die Beklagte zog daraufhin über die Klägerin vorliegende medizinische Unterlagen bei und holte einen Befundbericht von der Leitenden Betriebsärztin des V E ein. Diese berichtete unter dem 03.12.1999, die Klägerin sei 1991 gegen Hepatitis B geimpft worden. Bei einer Untersuchung am 01.03.1991 seien Hepatitis A Antikörper festgestellt worden, dies deute auf eine durchgemachte Hepatitis A ohne Krankheitswert hin. Außerdem lägen seit Juni 1975 erhöhte Leberwerte vor, die als Hinweis auf eine Fettleber und Folge von Medikamenteneinnahme angesehen worden seien. Ferner hörte die Beklagte den Internisten M, der unter dem 09.12.1999 zur Frage einer möglichen viralen hepatogenen Infektion berichtete, die Klägerin sei wegen der mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen Infektgefährdung 1991 durch die Betriebsärztin gegen Hepatitis B geimpft worden. Es bestehe noch ein ausreichender Immunschutz gegen Hepatitis B. Wiederholte Bestimmungen von Anti HCV seien jeweils negativ gewesen. Eine Virushepatitis C Infektion liege damit nicht vor. Es sei allerdings von einer durchgemachten Virushepatitis A auszugehen. Eine leichte Erhöhung der Serumtransaminasen sei bekannt. Im Hinblick auf die deutliche Adipositas der Klägerin sowie im Hinblick auf den sonographischen Befund sei differenzialdiagnostisch einerseits eine Fettleberhepatitis als Ursache für diese Veränderungen angenommen worden, andererseits auch eine medikamentös-toxische Genese (Hormonspritzen bzw. Tabletten). Wegen der nur leichtgradigen Erhöhungen der genannten Werte sowie der fehlenden Konsequenzen sei auf eine invasible Diagnostik zur Abklärung des Befundes verzichtet worden. Nachdem F von der Landesanstalt für Arbeitsschutz Nordrhein-Westfalen aufgrund dieser Befundunterlagen keine Veranlassung sah, weiter medizinisch Beweis zu erheben, lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach der Nummer 3101 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 15.06.2000 in der Fassung des Widerspruchs vom 27.04.2001). In dem sich daran anschließenden Klageverfahren zog das Gericht ein in einem Schwerbehindertenverfahren von C erstattetes internistisches Gutachten bei, in dem von einer Fettleber der Klägerin die Rede ist. Auf der Grundlage dieses Gutachtens beendeten die Beteiligten den Rechtsstreit: Die Beklagte verpflichtete sich erneut die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage zur BKV zu überprüfen, die Klägerin erklärte den anhängigen Rechtsstreit für erledigt. Mit Bescheid vom 24.07.2003 bekräftigte die Beklagte ihre Auffassung, eine Berufskrankheit nach Nr.3101 der Anlage zur BKV liege nicht vor. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.03.2004). Mit ihrer am 28.04.2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, sich durch den berufsbedingten Umgang mit infektiösem Material eine Hepatitis B – bzw. Hepatitis-C-Infektion zugezogen zu haben und ersucht die Beklagte um Zahlung der gesetzlichen Leistungen.
Außerdem, trägt die Klägerin vor, habe sie Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, die als Berufskrankheit anzuerkennen seien. Auch deswegen begehre sie Zahlungen nach den gesetzlichen Bestimmungen. Dazu hatte die Beklagte im Verwaltungsverfahren einen Befundbericht von Q1 beigezogen, in dem von einem Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom, sowie von einem Schulter-Arm-Syndrom, einer Epikondylitis beidseits, einer lumbalen Bandscheibenlockerung und einer Chondropathia patellae beiderseits die Rede ist. In einem für die Rentenversicherung Rheinland erstatteten ärztlichen Gutachten ist von einer verstärkten Lendenlordose bei Brustwirbelkyphose die Rede. Einem Bericht der Orthopädischen Klinik des V E (vom 07.06.2001) ist zu entnehmen, seinerzeit die Diagnose bilatrale Gonarthrose bei venostatischer Insuffizienz beider Beine und Polyarthrose beider Hände gestellt worden war. Zuvor hatte man – laut einem Arztbrief vom 28.07.1987 eine ausgeprägte Spondolisthesis L 4/L 5 und degenerative Brustwirbelsäulen-Veränderungen festgestellt. Diese Diagnose war von X unter dem 28.05.2002 bestätigt worden. In einem von Q2 für das Sozialgericht Düsseldorf im Rahmen eines Schwerbehinderten Verfahrens der Klägerin erstatteten orthopädischen Gutachten ist von degenerativen Aufbrauchsschäden der Wirbelsäule, einem Bandscheibenleiden sowie von einem Wirbelgleiten L 4/L 5 die Rede. Die Beklagte hatte sodann ein Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage von N-B eingeholt. Dieser äußerte unter dem 02.11.2002, bei der kleinwüchsigen und relativ deutlich übergewichtigen Klägerin sei ein umfängliches degeneratives Verschleißbild des gesamten Stütz- und Bindegewebes festzustellen. Der Bereich der Lendenwirbelsäule sei mit dem beschriebenen Wirbelgleiten nur ein Teilaspekt des Gesamtschadens. Das Wirbelgleiten sei anlagebedingt und gehe weder auf ein Unfallereignis noch ein berufsbedingtes spezifisches Belastungsprofil zurück. Die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nummer 2108 sei nachdrücklich zu verneinen. Die Beklagte lehnte daraufhin die Feststellung der Berufskrankheit nach Nummer 2108 der Anlage zur BKV mit der Begründung ab, die Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin sei eindeutig schicksalsmäßig entstanden, ein belastungskonformer Zusammenhang bestehe nicht, die Wirbelsäulenbeschwerden könnten nicht als Berufskrankheit nach Nummer 2108 der Anlage zur BKV anerkannt werden. Der Bescheid wurde an die Klägerin am 26.03.2003 abgesandt. Mit Schreiben vom 06.10.2003 teilte die Klägerin mit, sie beantrage hiermit Rente wegen Berufserkrankung sowie Arbeitsunfall. Seit Oktober 1992 sei sie bis auf weiteres erwerbsunfähig-schwerbehindert. Durch die ständige Tätigkeit in der V seien bei ihr Gesundheitsstörungen aufgetreten, die auf Dauer zu erheblichen Beeinträchtigungen führten. Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin mit, ihr Widerspruch sei verfristet. Die Klägerin antwortete, bereits am 31.03.2003 habe sie bei der LVA gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Die Beklagte ersuchte daraufhin die LVA um Auskunft. Von Seiten der LVA wurde mitgeteilt, die Klägerin habe ab dem 31.03.2003 mehrfach die LVA zur Beratung in ihrer Rentenangelegenheit aufgesucht. Es sei niemals von der Klägerin etwas über Aufnahme eines Widerspruches oder ähnliches gegen den BG-Bescheid gesagt oder beantragt worden. Die Klägerin habe sich kaum verständlich machen können, sie sei mehrfach gebeten worden, einen Dolmetscher mitzubringen. In der Verhandlungsniederschrift vom 31.03.2003 heißt es u. a. "Versicherte hat hier am 31.03.2000 im Rahmen einer Beratung vorgesprochen und reicht Unterlagen zum laufenden Verfahren ein. Anlage BG-Bescheid (vom 18.03.2003)". Durch Widerspruchsbescheid vom 16.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als verfristet zurück. Mit ihrer am 09.07.2004 bei Gericht eingereichten Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Gericht hat das Verfahren, das die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur BKV zum Gegenstand mit dem Verfahren, das die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV betrifft, verbunden und die Beteiligten darauf hingewiesen, diesen Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Bei der Klägerin liegt weder eine Infektionskrankheit im Sinne der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV vor noch bestehen bei ihr bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule die durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verursacht worden sind (vgl. Nr. 2108 der Anlage zur BKV). Auch wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin als Reinmachefrau in der Orthopädischen Klinik des V E bei ihrer Tätigkeit Kontakt mit kontaminiertem Material hatte und damit einer erhöhten Infektionsgefährdung ausgesetzt war, scheidet eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur BKV bereits deshalb aus, weil es an dem Tatbestandsmerkmal der "Infektionskrankheit" fehlt. Zwar berichtet M von einem Verdacht auf leichtgradige Fettleberhepatitis. Bei einer Fettleberhepatitis handelt es sich jedoch um eine degenerativ-nekrotische Lebererkrankung deren Ursache in chronischem Alkoholismus, Diabetes mellitus, Proteinunterernährung, Gicht oder Fettstoffwechselstörungen zu sehen ist (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch). Es handelt sich damit nicht um eine Infektionskrankheit. Eine solche Erkrankung hat M in Übereinstimmung mit der Leitenden Betriebsärztin des V E ausdrücklich verneint. Wenn auch bei der Klägerin Anti HAV-IgG-Antikörper nachgewiesen werden konnten, so bedeutet dies lediglich, dass die Klägerin eine Hepatitis A durchgemacht hatte. Diese Erkrankung ist jedoch ohne bleibende Gesundheitsstörungen ausgeheilt, so dass ihr kein Krankheitswert beigemessen werden kann. Darin sind sich die Leitende Betriebsärztin und M einig. Darüber hinaus liegen bei der Klägerin auch Hepatitis B Antikörper vor. Diese sind jedoch auf Schutzimpfungen des Betriebsärztlichen Dienstes des V zurückzuführen und bedingen ebenfalls keine Gesundheitsstörung. Auch eine Virushepatitis C besteht nicht. Bei den Untersuchungen des Betriebsärztlichen Dienstes waren die Antikörper immer negativ. Die leichte Erhöhung der Leberwerte der Klägerin sind nicht Ausdruck einer Infektionserkrankung sondern Hinweis auf eine Fettleberhepatitis, bei der es sich – wie bereits dargestellt – nicht um eine Infektionskrankheit handelt.
Darüber hinaus bestehen bei der Klägerin auch keine bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule, die auf ihre berufliche Tätigkeit als Reinmachefrau zurückzuführen sind. Bei der Klägerin besteht ein degeneratives Verschleißbild des gesamten Stütz- und Bindegewebes. Mit N-B geht die Kammer davon aus, dass dieses Erkrankungsbild untypisch ist für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV. Das berufskrankheitsbedingte Schadensbild ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass die durch Heben und Tragen besonders belasteten Wirbelsäulenabschnitte auch einen – im Vergleich zu den übrigen Wirbelsäulenabschnitten – vorauseilenden, ausgeprägteren Verschleiß aufweisen. Mit dieser Auffassung befindet sich N-B in Übereinstimmung mit Schrifttum und Rechtsprechung (vgl. Mehrtens-Perlebach, Kommentar zur BKV, Anmerkung 5.3 mit Rechtsprechungshinweisen). Danach wird in dem degenerativen Befall der gesamten Wirbelsäule ein wesentlich gegen den berufsbedingten Ursachenzusammenhang sprechende Umstand gesehen. Dies gilt bei der Klägerin um so mehr, als sie im Bereich der Lendenwirbelsäule an einem anlagenbedingten Wirbelgleiten (Spondylisthesis) leidet. N-B hat darauf hingewiesen, dass ein Wirbelgleiten typischerweise anlagebedingt ist und nicht auf einen berufsbedingten spezifisches Belastungsprofil zurückgeführt werden kann. Damit steht fest, dass bei der Klägerin die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht erfüllt sind, unabhängig davon, dass die beruflichen Voraussetzungen zumindestens fraglich sind. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid vom 18.03.2003 bindend geworden ist. Der Bescheid ist der Klägerin spätestens am 31.03.2003 zugegangen: An diesem Tag hat sie dem Bescheid im Rahmen einer Besprechung bei der LVA, die ihre Rentenangelegenheit aus der gesetzlichen Rentenversicherung betraf, vorgelegt. Widerspruch erhoben hat sie dagegen erst im Oktober 2003 zu einem Zeitpunkt also, als die einmonatige Widerspruchsfrist längst abgelaufen war. Die Kammer geht nicht davon aus, dass die Klägerin durch Vorlage des Bescheides bei der LVA Widerspruch erheben wollte. Der LVA-Mitarbeiter hat auf die Sprachunkundigkeit der Klägerin hingewiesen. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass die Klägerin den Inhalt des Bescheides vom 18.03.2003 nicht verstanden hatte, demgemäß am 31.03.2003 auch gar nicht Widerspruch einlegen wollte, sondern erst – im Oktober 2003 – Widerspruch eingelegt hat, als ihr der Inhalt des Bescheides bekannt geworden war. Damit kann ihr auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden: Die Klägerin wusste, dass sie sprachunkundig war, sie hätte sich den Inhalt des Bescheides sowie die Rechtsbehelfsbelehrung übersetzen lassen können. Dies hatte sie unterlassen, damit ist sie nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die Widerspruchsfrist einzuhalten (vgl. § 27 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin an entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten nach den Nummern 3101 und 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) leidet.
Die 1939 geborene Klägerin arbeitete – eigenen Angaben zufolge – von 1974 bis 1999 als Reinemacherfrau in der Orthopädischen Klinik des V E; seitdem geht sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach, sie erhält Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Klägerin ist mit einem GdB von 100 schwerbehindert. An Behinderungen wurden vom Versorgungsamt Düsseldorf (Bescheid vom 01.03.2004) festgestellt: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenleiden, lumbales Wirbelleiden, Polyneuropathie, sensible Stand- und Gangataxie, Anpassungsstörungen mit länger währender depressiver Reaktion, Schulter-Arm-Beschwerden, Gelenkverschleiß, Nervenstörung der Arme und Füße, Fibromyalgiesyndrom, Herzleistungsschwäche, Bluthochdruck, chronisch spastische Bronchitis, Diabetes mellitus, Tarsalsyndrom, schlafbezogene Atemwegsstörung, operatives Beinkrampfaderleiden sowie venöse Blutrückflussstörungen. Im Juni 1999 teilte die Klägerin der Beklagten mit, infolge ihrer Arbeiten im V E habe sie aufgrund des Umgangs mit den verschiedensten Abfällen im Operationsbereich und im Bereich der Intensivstation eine Berufskrankheit in Form einer Hepatitis erlitten. Die Beklagte zog daraufhin über die Klägerin vorliegende medizinische Unterlagen bei und holte einen Befundbericht von der Leitenden Betriebsärztin des V E ein. Diese berichtete unter dem 03.12.1999, die Klägerin sei 1991 gegen Hepatitis B geimpft worden. Bei einer Untersuchung am 01.03.1991 seien Hepatitis A Antikörper festgestellt worden, dies deute auf eine durchgemachte Hepatitis A ohne Krankheitswert hin. Außerdem lägen seit Juni 1975 erhöhte Leberwerte vor, die als Hinweis auf eine Fettleber und Folge von Medikamenteneinnahme angesehen worden seien. Ferner hörte die Beklagte den Internisten M, der unter dem 09.12.1999 zur Frage einer möglichen viralen hepatogenen Infektion berichtete, die Klägerin sei wegen der mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen Infektgefährdung 1991 durch die Betriebsärztin gegen Hepatitis B geimpft worden. Es bestehe noch ein ausreichender Immunschutz gegen Hepatitis B. Wiederholte Bestimmungen von Anti HCV seien jeweils negativ gewesen. Eine Virushepatitis C Infektion liege damit nicht vor. Es sei allerdings von einer durchgemachten Virushepatitis A auszugehen. Eine leichte Erhöhung der Serumtransaminasen sei bekannt. Im Hinblick auf die deutliche Adipositas der Klägerin sowie im Hinblick auf den sonographischen Befund sei differenzialdiagnostisch einerseits eine Fettleberhepatitis als Ursache für diese Veränderungen angenommen worden, andererseits auch eine medikamentös-toxische Genese (Hormonspritzen bzw. Tabletten). Wegen der nur leichtgradigen Erhöhungen der genannten Werte sowie der fehlenden Konsequenzen sei auf eine invasible Diagnostik zur Abklärung des Befundes verzichtet worden. Nachdem F von der Landesanstalt für Arbeitsschutz Nordrhein-Westfalen aufgrund dieser Befundunterlagen keine Veranlassung sah, weiter medizinisch Beweis zu erheben, lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach der Nummer 3101 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 15.06.2000 in der Fassung des Widerspruchs vom 27.04.2001). In dem sich daran anschließenden Klageverfahren zog das Gericht ein in einem Schwerbehindertenverfahren von C erstattetes internistisches Gutachten bei, in dem von einer Fettleber der Klägerin die Rede ist. Auf der Grundlage dieses Gutachtens beendeten die Beteiligten den Rechtsstreit: Die Beklagte verpflichtete sich erneut die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage zur BKV zu überprüfen, die Klägerin erklärte den anhängigen Rechtsstreit für erledigt. Mit Bescheid vom 24.07.2003 bekräftigte die Beklagte ihre Auffassung, eine Berufskrankheit nach Nr.3101 der Anlage zur BKV liege nicht vor. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.03.2004). Mit ihrer am 28.04.2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, sich durch den berufsbedingten Umgang mit infektiösem Material eine Hepatitis B – bzw. Hepatitis-C-Infektion zugezogen zu haben und ersucht die Beklagte um Zahlung der gesetzlichen Leistungen.
Außerdem, trägt die Klägerin vor, habe sie Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, die als Berufskrankheit anzuerkennen seien. Auch deswegen begehre sie Zahlungen nach den gesetzlichen Bestimmungen. Dazu hatte die Beklagte im Verwaltungsverfahren einen Befundbericht von Q1 beigezogen, in dem von einem Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom, sowie von einem Schulter-Arm-Syndrom, einer Epikondylitis beidseits, einer lumbalen Bandscheibenlockerung und einer Chondropathia patellae beiderseits die Rede ist. In einem für die Rentenversicherung Rheinland erstatteten ärztlichen Gutachten ist von einer verstärkten Lendenlordose bei Brustwirbelkyphose die Rede. Einem Bericht der Orthopädischen Klinik des V E (vom 07.06.2001) ist zu entnehmen, seinerzeit die Diagnose bilatrale Gonarthrose bei venostatischer Insuffizienz beider Beine und Polyarthrose beider Hände gestellt worden war. Zuvor hatte man – laut einem Arztbrief vom 28.07.1987 eine ausgeprägte Spondolisthesis L 4/L 5 und degenerative Brustwirbelsäulen-Veränderungen festgestellt. Diese Diagnose war von X unter dem 28.05.2002 bestätigt worden. In einem von Q2 für das Sozialgericht Düsseldorf im Rahmen eines Schwerbehinderten Verfahrens der Klägerin erstatteten orthopädischen Gutachten ist von degenerativen Aufbrauchsschäden der Wirbelsäule, einem Bandscheibenleiden sowie von einem Wirbelgleiten L 4/L 5 die Rede. Die Beklagte hatte sodann ein Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage von N-B eingeholt. Dieser äußerte unter dem 02.11.2002, bei der kleinwüchsigen und relativ deutlich übergewichtigen Klägerin sei ein umfängliches degeneratives Verschleißbild des gesamten Stütz- und Bindegewebes festzustellen. Der Bereich der Lendenwirbelsäule sei mit dem beschriebenen Wirbelgleiten nur ein Teilaspekt des Gesamtschadens. Das Wirbelgleiten sei anlagebedingt und gehe weder auf ein Unfallereignis noch ein berufsbedingtes spezifisches Belastungsprofil zurück. Die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nummer 2108 sei nachdrücklich zu verneinen. Die Beklagte lehnte daraufhin die Feststellung der Berufskrankheit nach Nummer 2108 der Anlage zur BKV mit der Begründung ab, die Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin sei eindeutig schicksalsmäßig entstanden, ein belastungskonformer Zusammenhang bestehe nicht, die Wirbelsäulenbeschwerden könnten nicht als Berufskrankheit nach Nummer 2108 der Anlage zur BKV anerkannt werden. Der Bescheid wurde an die Klägerin am 26.03.2003 abgesandt. Mit Schreiben vom 06.10.2003 teilte die Klägerin mit, sie beantrage hiermit Rente wegen Berufserkrankung sowie Arbeitsunfall. Seit Oktober 1992 sei sie bis auf weiteres erwerbsunfähig-schwerbehindert. Durch die ständige Tätigkeit in der V seien bei ihr Gesundheitsstörungen aufgetreten, die auf Dauer zu erheblichen Beeinträchtigungen führten. Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin mit, ihr Widerspruch sei verfristet. Die Klägerin antwortete, bereits am 31.03.2003 habe sie bei der LVA gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Die Beklagte ersuchte daraufhin die LVA um Auskunft. Von Seiten der LVA wurde mitgeteilt, die Klägerin habe ab dem 31.03.2003 mehrfach die LVA zur Beratung in ihrer Rentenangelegenheit aufgesucht. Es sei niemals von der Klägerin etwas über Aufnahme eines Widerspruches oder ähnliches gegen den BG-Bescheid gesagt oder beantragt worden. Die Klägerin habe sich kaum verständlich machen können, sie sei mehrfach gebeten worden, einen Dolmetscher mitzubringen. In der Verhandlungsniederschrift vom 31.03.2003 heißt es u. a. "Versicherte hat hier am 31.03.2000 im Rahmen einer Beratung vorgesprochen und reicht Unterlagen zum laufenden Verfahren ein. Anlage BG-Bescheid (vom 18.03.2003)". Durch Widerspruchsbescheid vom 16.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als verfristet zurück. Mit ihrer am 09.07.2004 bei Gericht eingereichten Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Gericht hat das Verfahren, das die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur BKV zum Gegenstand mit dem Verfahren, das die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV betrifft, verbunden und die Beteiligten darauf hingewiesen, diesen Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Bei der Klägerin liegt weder eine Infektionskrankheit im Sinne der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV vor noch bestehen bei ihr bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule die durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verursacht worden sind (vgl. Nr. 2108 der Anlage zur BKV). Auch wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin als Reinmachefrau in der Orthopädischen Klinik des V E bei ihrer Tätigkeit Kontakt mit kontaminiertem Material hatte und damit einer erhöhten Infektionsgefährdung ausgesetzt war, scheidet eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur BKV bereits deshalb aus, weil es an dem Tatbestandsmerkmal der "Infektionskrankheit" fehlt. Zwar berichtet M von einem Verdacht auf leichtgradige Fettleberhepatitis. Bei einer Fettleberhepatitis handelt es sich jedoch um eine degenerativ-nekrotische Lebererkrankung deren Ursache in chronischem Alkoholismus, Diabetes mellitus, Proteinunterernährung, Gicht oder Fettstoffwechselstörungen zu sehen ist (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch). Es handelt sich damit nicht um eine Infektionskrankheit. Eine solche Erkrankung hat M in Übereinstimmung mit der Leitenden Betriebsärztin des V E ausdrücklich verneint. Wenn auch bei der Klägerin Anti HAV-IgG-Antikörper nachgewiesen werden konnten, so bedeutet dies lediglich, dass die Klägerin eine Hepatitis A durchgemacht hatte. Diese Erkrankung ist jedoch ohne bleibende Gesundheitsstörungen ausgeheilt, so dass ihr kein Krankheitswert beigemessen werden kann. Darin sind sich die Leitende Betriebsärztin und M einig. Darüber hinaus liegen bei der Klägerin auch Hepatitis B Antikörper vor. Diese sind jedoch auf Schutzimpfungen des Betriebsärztlichen Dienstes des V zurückzuführen und bedingen ebenfalls keine Gesundheitsstörung. Auch eine Virushepatitis C besteht nicht. Bei den Untersuchungen des Betriebsärztlichen Dienstes waren die Antikörper immer negativ. Die leichte Erhöhung der Leberwerte der Klägerin sind nicht Ausdruck einer Infektionserkrankung sondern Hinweis auf eine Fettleberhepatitis, bei der es sich – wie bereits dargestellt – nicht um eine Infektionskrankheit handelt.
Darüber hinaus bestehen bei der Klägerin auch keine bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule, die auf ihre berufliche Tätigkeit als Reinmachefrau zurückzuführen sind. Bei der Klägerin besteht ein degeneratives Verschleißbild des gesamten Stütz- und Bindegewebes. Mit N-B geht die Kammer davon aus, dass dieses Erkrankungsbild untypisch ist für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV. Das berufskrankheitsbedingte Schadensbild ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass die durch Heben und Tragen besonders belasteten Wirbelsäulenabschnitte auch einen – im Vergleich zu den übrigen Wirbelsäulenabschnitten – vorauseilenden, ausgeprägteren Verschleiß aufweisen. Mit dieser Auffassung befindet sich N-B in Übereinstimmung mit Schrifttum und Rechtsprechung (vgl. Mehrtens-Perlebach, Kommentar zur BKV, Anmerkung 5.3 mit Rechtsprechungshinweisen). Danach wird in dem degenerativen Befall der gesamten Wirbelsäule ein wesentlich gegen den berufsbedingten Ursachenzusammenhang sprechende Umstand gesehen. Dies gilt bei der Klägerin um so mehr, als sie im Bereich der Lendenwirbelsäule an einem anlagenbedingten Wirbelgleiten (Spondylisthesis) leidet. N-B hat darauf hingewiesen, dass ein Wirbelgleiten typischerweise anlagebedingt ist und nicht auf einen berufsbedingten spezifisches Belastungsprofil zurückgeführt werden kann. Damit steht fest, dass bei der Klägerin die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht erfüllt sind, unabhängig davon, dass die beruflichen Voraussetzungen zumindestens fraglich sind. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid vom 18.03.2003 bindend geworden ist. Der Bescheid ist der Klägerin spätestens am 31.03.2003 zugegangen: An diesem Tag hat sie dem Bescheid im Rahmen einer Besprechung bei der LVA, die ihre Rentenangelegenheit aus der gesetzlichen Rentenversicherung betraf, vorgelegt. Widerspruch erhoben hat sie dagegen erst im Oktober 2003 zu einem Zeitpunkt also, als die einmonatige Widerspruchsfrist längst abgelaufen war. Die Kammer geht nicht davon aus, dass die Klägerin durch Vorlage des Bescheides bei der LVA Widerspruch erheben wollte. Der LVA-Mitarbeiter hat auf die Sprachunkundigkeit der Klägerin hingewiesen. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass die Klägerin den Inhalt des Bescheides vom 18.03.2003 nicht verstanden hatte, demgemäß am 31.03.2003 auch gar nicht Widerspruch einlegen wollte, sondern erst – im Oktober 2003 – Widerspruch eingelegt hat, als ihr der Inhalt des Bescheides bekannt geworden war. Damit kann ihr auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden: Die Klägerin wusste, dass sie sprachunkundig war, sie hätte sich den Inhalt des Bescheides sowie die Rechtsbehelfsbelehrung übersetzen lassen können. Dies hatte sie unterlassen, damit ist sie nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die Widerspruchsfrist einzuhalten (vgl. § 27 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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