Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 19 RJ 162/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwischen den Beteiligten sind insbesondere Zeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für Tätigkeiten im Ghetto Opatów (Generalgouvernement) streitig.
Der Kläger ist am XX.XX.1927 in O./Polen geboren. Er ist als Verfolgter des Nationalsozialismus anerkannt. Seit 1947 lebt der Kläger in Kanada und besitzt die kanadische Staatsangehörigkeit. Vom Bayrischen Landesentschädigungsamt erhält der Kläger eine laufende Rente wegen Schadens an Körper und Gesundheit nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG).
Am 23.09.2002 stellte der Kläger einen Rentenantrag bei der Beklagten und gab im Antragsformular der Beklagten unter anderem an, er habe von April 1941 bis 20.10.1942 im Ghetto Opatów gearbeitet und hierfür "food" erhalten.
Nach Beiziehung der Entschädigungsakte vom Bayrischen Landesentschädigungsamt in München lehnte die Beklagte den Antrag auf die Gewährung einer Versichertenrente mit Bescheid vom 24.04.2003 ab. Zur Begründung führte die Beklagte zusammengefasst aus, die Wartezeit sei nicht erfüllt. Die behauptete Zeit im Ghetto Opatów könne nicht als Zeit einer Beschäftigung in einem Ghetto anerkannt werden, weil nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sei, dass es sich hierbei um eine entgeltliche Beschäftigung aus freiem Willensentschluss gehandelt habe. Die im Antrag beschriebenen Zwangsarbeiten (Reinigungs- und Straßenarbeiten unter Bewachung) erfüllten nicht die Vorraussetzungen einer frei gewählten Beschäftigung gegen Entgelt, da diese unfreiwilligen Arbeitsleistungen i. d. R. unentgeltlich aufgrund eines öffentlich- rechtlichen Gewalt-verhältnisses erbracht worden seien.
Mit Schriftsatz vom 27.05.2003, eingegangen bei der Beklagten am 02.06.2003, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung wies er insbesondere darauf hin, dass die Benutzung einer fehlerhaften Terminologie durch den Vertrauensarzt in der Entschädigungsangelegenheit dem Antragsteller nicht zuzurechnen sei. Zudem sei die vom ihm verrichtete Tätigkeit durch den Judenrat empfohlen und vermittelt worden, so dass keine Zwangsarbeit vorliege.
Der Widerspruch des Klägers vom 27.05.2003 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2004 zurück gewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte insbesondere aus, dass das ZRBG auf Verfolgte anzuwenden sei, die sich zwangsweise in einem Ghetto aufhalten mussten und während dieses Zwangsaufenthalts aus freiem Willensentschluss eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt haben. Durch die Verordnung vom 26.10.1939 sei für die im Generalgouvernement ansässigen Juden mit sofortiger Wirkung der Arbeitszwang eingeführt worden. In Ausführung dieser Verordnung mussten sich seinerseits alle Juden zwischen dem 14. und 60. Lebensjahr unverzüglich beim Judenrat zur Erfassung melden. Die Aufgabe des Judenrates im Generalgouvernement sei damit die Registrierung der Juden zur Zwangsarbeit gewesen. Von einer Empfehlung zur freiwilligen Arbeitsleistung könne bei diesem Sachverhalt nicht ausgegangen werden. Zudem ergäben sich auch aus den Angaben des Antragstellers im Entschädigungsverfahren keine konkreten Hinweise auf eine Beschäftigung im Ghetto Opatów.
Mit Schriftsatz vom 16.02.2004 hat der Kläger Klage erhoben und verfolgt sein Begehren hinsichtlich der Gewährung einer Versichertenrente weiter. Zur Begründung führt er insbesondere aus, dass sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid nicht mit den Inhalten des Widerspruchsschreibens auseinander gesetzt habe. Vielmehr würde lediglich der Gesetzestext wiederholt und an der bereits mitgeteilten Rechtsauffassung festgehalten. Von einem begründeten Widerspruchsbescheid könne somit keine Rede sein.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG für von ihm im Ghetto Opatów zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung von April 1941 bis zum 20.10.1942 sowie unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und hält diese für zutreffend und damit für rechtmäßig.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Verwaltungsakten der Beklagten, sowie die Entschädigungsakten vom Bayrischen Landesentschädigungsamt über den Kläger beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Prozessakte der Kammer sowie der oben genannten Akten und Unterlagen Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der Erörterung und Entscheidungsfindung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit einer schriftlichen Entscheidung Einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, denn die allgemeine Wartezeit für eine Rentengewährung ist nicht erfüllt. Für den Kläger sind keine (fiktiven) Beitragszeiten anzuerkennen. Nach den §§ 35, 50 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI erhält auf Antrag eine Regelaltersrente, wer das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt hat. Auf die allgemeine Wartezeit werden Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet (vgl. § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI). Beitragszeiten sind nach den §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch so genannte fiktive Beitragszeiten, d.h. Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Der Kläger hat zwar das 65. Lebensjahr vollendet, aber keine Pflichtbeiträge oder freiwilligen Beiträge nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht gezahlt. Eine Beitragsentrichtung nach den Reichsversicherungsgesetzen kommt für ihn nicht in Betracht. Als polnischer Staatsangehöriger in Opatów im so genannten Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete galt auch nach der Besetzung Polens durch die Deutsche Wehrmacht grundsätzlich das polnische Sozialversicherungsrecht weiter (vgl. hierzu Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 07.10.2004, Az: B 13 RJ 59/03 R; insbesondere zur damaligen Rechtslage: BSG-Urteil vom 23.08.2001, Az: B 13 RJ 59/00 R alle in Juris).
Auch die Anerkennung von fiktiven (fingierten) Beitragszeiten für die Zeit von April 1941 bis 20.10.1942 kommt vorliegend nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und anderen Gesetzen vom 20.06.2002 (BGBl I 2002 S. 2074 ff – ZRBG –) nicht in Betracht.
Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 ZRBG werden Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung fingiert, wenn ein Verfolgter sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten, dort aus eigenem Willensentschluss eine Beschäftigung aufgenommen hat, diese Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wurde und sich das Ghetto in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder in dieses eingegliedert war.
Das Ghetto Opatów bestand grundsätzlich vom 01.04.1941 bis 20.10.1942 als Ghetto Opatów im Sinne des ZRBG (vgl. http://www.keom.de/denkmal/suche.php).
Nach Auffassung der Kammer ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger im Ghetto Opatów in dieser Zeit eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss und gegen Entgelt verrichtet hat. Dies folgt insbesondere aus den Angaben des Klägers im Entschädigungsverfahren.
Nach § 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Abs. 1 WGSVG genügt es, wenn die Voraussetzungen des ZRBG nur glaubhaft gemacht, d.h. überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei obliegt die Last der Glaubhaftmachung der Anspruchsvoraussetzungen, entsprechend den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln, grundsätzlich dem Anspruchssteller. Kann der Kläger seinen Anspruch nicht glaubhaft machen, geht dieser Umstand nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, zu seinen Lasten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl. 2005, § 103 Rz. 19a, sowie § 118 Rz. 6 jeweils m. w. N.).
Nach Überzeugung der Kammer sind für die Begründung von Beitragszeiten nach dem ZRBG gerade die Angaben im Entschädigungsverfahren ein wesentliches und maßgebliches Kriterium für die Beweiswürdigung. Der Kammer ist durchaus bewusst, dass die Angaben im Entschädigungsverfahren in keinem direkten Zusammenhang zu Rentenansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung stehen, sondern einen wesentlich anderen Zweck bzw. zur Begründung von anderen Ansprüchen gemacht wurden. Gerade dieser Umstand ist jedoch von besonderer Bedeutung, weil gerade keine zielgerichteten Tatsachenbehauptungen in Bezug auf solche Rentenansprüche gemacht wurden. Hierbei ist es für die Kammer selbstverständlich, dass die im Entschädigungsverfahren gemachte Aussagen über "Zwangsarbeiten" keine Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigungsverhältnissen im Sinne des ZRBG und rechtlich einzuordnender Zwangsarbeit haben (zu dieser Abgrenzung vgl. Urteil des SG Hamburg vom 17.06.2005, Az.: S 19 RJ 1061/03 in Juris). Die Angaben haben wegen ihrer zeitlichen Nähe zu den schrecklichen Ereignissen in der NS-Zeit jedoch einen höheren Beweiswert in Bezug auf die konkret geschilderten Lebens- und Arbeitsumstände der Betroffenen.
Das Gericht berücksichtigt dabei, dass die Erinnerungen der Verfolgten bei den heutigen Angaben manchmal verschwommen sein können, weil sich die Angaben auf (häufig verdrängte) Ereignisse vor mehr als 65 Jahren beziehen. Dies führt aber nicht dazu, dass die gültigen juristischen Beweisregeln außer Kraft gesetzt werden und widersprüchliche Tatsachenbehauptungen nicht entsprechend zu würdigen sind.
Insgesamt muss sich nach Auffassung des Gerichts ein Gesamtbild aus den Angaben im Entschädigungsverfahren, gestützt durch die – häufig zielgerichteten Angaben im Rentenverfahren ergeben, dass im Zusammenhang mit den bekannten und ermittelten historischen Erkenntnissen dazu führt, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Tätigkeit aus eigenem Willensentschluss und gegen Entgelt bei zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto verrichtet wurde. Aus anderen Verfahren ist der Kammer durchaus bekannt, dass Verfolgte des Nazi-Regimes im Entschädigungsverfahren zum Beispiel Tätigkeiten in den so genannten "Shops" oder "Ressorts" als verrichtete Zwangsarbeit im Ghetto benannt haben, die im Sinne des ZRBG fingierte Beitragszeiten begründen (können). Es reicht jedoch nicht aus, im Rentenantrag/Widerspruchsverfahren oder im Klageverfahren entsprechende Tatsachen zu bestimmten Tätigkeiten zu behaupten, die weder durch historische Dokumente noch durch Angaben aus dem Entschädigungsverfahren verifiziert werden können. Das Gesetz sieht bereits durch die Glaubhaftmachung eine erhebliche Beweiserleichterung vor, weil die Tatsachen müssen "nur" überwiegend wahrscheinlich sein. Die bloße Möglichkeit einer Beschäftigung im Sinne des ZRBG reicht nicht aus, um Rentenansprüche zu begründen.
Ein solches Gesamtbild liegt nach Würdigung durch die Kammer bei dem Aufenthalt des Klägers im Ghetto Opatów nicht vor. Die vom Kläger im Entschädigungsverfahren Rentenverfahren bzw. auch im Klageverfahren gemachten Angaben sprechen für das Vorliegen von Zwangsarbeiten und nicht für ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschriften des ZRBG müssen im Lichte der Rechtsprechung des BSG zu den so genannten "Ghetto-Arbeitsverhältnissen" in den Urteilen vom 18.06.1997 gesehen und ausgelegt werden (vgl. BSG Az.: 5 RJ 66/95 - BGSE 80, 250-256 und 5 RJ 68/95 in ZfS 1998, 19).
Dies bedeutet, dass als Abgrenzungsmerkmale von versicherungspflichtiger Beschäftigung und Zwangsarbeit insbesondere die Entgeltlichkeit und Freiwilligkeit (aus eigenem Willensentschluss) einer Tätigkeit hervorgehoben werden müssen (BSG in ständiger Rechtssprechung vgl. zuletzt BSG vom 07.10.2004 Az.: B 13 RJ 59/03 R in juris). Dies gilt auch, soweit die Arbeit unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet worden ist.
Insbesondere würde es den Rahmen des Typusbegriffes der versicherungspflichtigen Beschäftigung sprengen, wenn man bei der damaligen Arbeit von jüdischen Verfolgten allein darauf abstellen würde, ob eine Tätigkeit verrichtet wurde, die in rechtsstaatlich geprägten Gesellschaften gewöhnlich von freien, bezahlten Arbeitskräften verrichtet werden würde, d.h. ob im Ergebnis Erwerbsarbeit geleistet wurde (so BSG vom 23.08.2001 Az.: B 13 RJ 59/00 R). Zwangsarbeit im Rechtssinne ist daher die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang, z.B. bei Strafgefangenen oder Kriegsgefangenen. Typisch ist dabei regelmäßig die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern an bestimmte Unternehmen, ohne dass die Arbeiter selbst hierauf Einfluss haben. Weiter ist für Zwangsarbeit charakteristisch, dass ein Entgelt für die individuell geleistete Arbeit nicht oder nur in sehr geringem Maße an den Arbeiter ausgezahlt wird.
In der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen J. Z. (S.) aus dem Entschädigungsverfahren vom 09.06.1959 hat dieser angegeben, er habe mit dem Antragsteller oft gemeinsam "Zwangsarbeit" verrichten müssen. Auch im ärztlichen Gutachten vom 13.01.1967 wird die Tätigkeit des Antragstellers im Ghetto Opatów als "Zwangsarbeit" bezeichnet. Des Weiteren sind der Entschädigungsakte keine konkreteren Angaben oder Hinweise, die auf eine freiwillige und entgeltliche Tätigkeit schließen lassen, zu entnehmen. Danach ist es nach Auffassung der Kammer zwar möglich, aber nicht mehr überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger aus eigenem Willensentschluss diese von ihm geforderten Arbeiten verrichtet hat.
Außerdem scheitert ein Anspruch des Klägers daran, dass er für die Arbeiten kein Entgelt erhalten hat. Eine "Gegenleistung" für diese Arbeiten wird im Entschädigungsverfahren nicht erwähnt. Im Rentenverfahren hat der Kläger unter der Rubrik Arbeitsverdienst im Fragebogen der Beklagten "food" angegeben. Diese pauschale Angabe überzeugt die Kammer nicht, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein "Entgelt" im Sinne des ZRBG geleistet wurde. Der Gesetzgeber hat die Verhältnisse im Ghetto in Lodz als Maßstab für die Bewertung des Kriteriums "Entgelt" im Sinne des ZRBG gewählt. Dort gab es einen entsprechenden "Wirtschaftskreislauf", indem die Betroffenen mit ihrem "Ghettogeld" Waren erwerben konnten. Dies hat das Gericht zu Grunde zu legen. Nicht einmal zusätzliche und bessere Verpflegung ("Extrafood") erfüllt das Kriterium der Entgeltlichkeit im Sinne des ZRBG. Dies ist ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 07.10.2004, Az: B 13 RJ 59/03 R – BSGE 93,214 ff), der sich das Gericht insoweit anschließt.
Das Gericht weist weiter ausdrücklich darauf hin, dass nicht jede Arbeitstätigkeit, die infolge eines Ghettoaufenthaltes verrichtet wurde, zu einer gesetzlichen Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung führt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des ZRBG sind sehr eng gefasst und müssen zu obrigkeitlichen "Zwangsarbeiten" eng abgegrenzt werden.
Viele Tätigkeiten, die jüdische Verfolgte für das verbrecherische System der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verrichten hatten, waren Zwangsarbeiten, die nicht von der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entschädigt werden, sondern vielmehr abschließend durch den so genannten Zwangsarbeiterfond über die claims conference entschädigt wurden.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwischen den Beteiligten sind insbesondere Zeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für Tätigkeiten im Ghetto Opatów (Generalgouvernement) streitig.
Der Kläger ist am XX.XX.1927 in O./Polen geboren. Er ist als Verfolgter des Nationalsozialismus anerkannt. Seit 1947 lebt der Kläger in Kanada und besitzt die kanadische Staatsangehörigkeit. Vom Bayrischen Landesentschädigungsamt erhält der Kläger eine laufende Rente wegen Schadens an Körper und Gesundheit nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG).
Am 23.09.2002 stellte der Kläger einen Rentenantrag bei der Beklagten und gab im Antragsformular der Beklagten unter anderem an, er habe von April 1941 bis 20.10.1942 im Ghetto Opatów gearbeitet und hierfür "food" erhalten.
Nach Beiziehung der Entschädigungsakte vom Bayrischen Landesentschädigungsamt in München lehnte die Beklagte den Antrag auf die Gewährung einer Versichertenrente mit Bescheid vom 24.04.2003 ab. Zur Begründung führte die Beklagte zusammengefasst aus, die Wartezeit sei nicht erfüllt. Die behauptete Zeit im Ghetto Opatów könne nicht als Zeit einer Beschäftigung in einem Ghetto anerkannt werden, weil nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sei, dass es sich hierbei um eine entgeltliche Beschäftigung aus freiem Willensentschluss gehandelt habe. Die im Antrag beschriebenen Zwangsarbeiten (Reinigungs- und Straßenarbeiten unter Bewachung) erfüllten nicht die Vorraussetzungen einer frei gewählten Beschäftigung gegen Entgelt, da diese unfreiwilligen Arbeitsleistungen i. d. R. unentgeltlich aufgrund eines öffentlich- rechtlichen Gewalt-verhältnisses erbracht worden seien.
Mit Schriftsatz vom 27.05.2003, eingegangen bei der Beklagten am 02.06.2003, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung wies er insbesondere darauf hin, dass die Benutzung einer fehlerhaften Terminologie durch den Vertrauensarzt in der Entschädigungsangelegenheit dem Antragsteller nicht zuzurechnen sei. Zudem sei die vom ihm verrichtete Tätigkeit durch den Judenrat empfohlen und vermittelt worden, so dass keine Zwangsarbeit vorliege.
Der Widerspruch des Klägers vom 27.05.2003 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2004 zurück gewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte insbesondere aus, dass das ZRBG auf Verfolgte anzuwenden sei, die sich zwangsweise in einem Ghetto aufhalten mussten und während dieses Zwangsaufenthalts aus freiem Willensentschluss eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt haben. Durch die Verordnung vom 26.10.1939 sei für die im Generalgouvernement ansässigen Juden mit sofortiger Wirkung der Arbeitszwang eingeführt worden. In Ausführung dieser Verordnung mussten sich seinerseits alle Juden zwischen dem 14. und 60. Lebensjahr unverzüglich beim Judenrat zur Erfassung melden. Die Aufgabe des Judenrates im Generalgouvernement sei damit die Registrierung der Juden zur Zwangsarbeit gewesen. Von einer Empfehlung zur freiwilligen Arbeitsleistung könne bei diesem Sachverhalt nicht ausgegangen werden. Zudem ergäben sich auch aus den Angaben des Antragstellers im Entschädigungsverfahren keine konkreten Hinweise auf eine Beschäftigung im Ghetto Opatów.
Mit Schriftsatz vom 16.02.2004 hat der Kläger Klage erhoben und verfolgt sein Begehren hinsichtlich der Gewährung einer Versichertenrente weiter. Zur Begründung führt er insbesondere aus, dass sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid nicht mit den Inhalten des Widerspruchsschreibens auseinander gesetzt habe. Vielmehr würde lediglich der Gesetzestext wiederholt und an der bereits mitgeteilten Rechtsauffassung festgehalten. Von einem begründeten Widerspruchsbescheid könne somit keine Rede sein.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG für von ihm im Ghetto Opatów zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung von April 1941 bis zum 20.10.1942 sowie unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und hält diese für zutreffend und damit für rechtmäßig.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Verwaltungsakten der Beklagten, sowie die Entschädigungsakten vom Bayrischen Landesentschädigungsamt über den Kläger beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Prozessakte der Kammer sowie der oben genannten Akten und Unterlagen Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der Erörterung und Entscheidungsfindung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit einer schriftlichen Entscheidung Einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, denn die allgemeine Wartezeit für eine Rentengewährung ist nicht erfüllt. Für den Kläger sind keine (fiktiven) Beitragszeiten anzuerkennen. Nach den §§ 35, 50 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI erhält auf Antrag eine Regelaltersrente, wer das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt hat. Auf die allgemeine Wartezeit werden Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet (vgl. § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI). Beitragszeiten sind nach den §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch so genannte fiktive Beitragszeiten, d.h. Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Der Kläger hat zwar das 65. Lebensjahr vollendet, aber keine Pflichtbeiträge oder freiwilligen Beiträge nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht gezahlt. Eine Beitragsentrichtung nach den Reichsversicherungsgesetzen kommt für ihn nicht in Betracht. Als polnischer Staatsangehöriger in Opatów im so genannten Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete galt auch nach der Besetzung Polens durch die Deutsche Wehrmacht grundsätzlich das polnische Sozialversicherungsrecht weiter (vgl. hierzu Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 07.10.2004, Az: B 13 RJ 59/03 R; insbesondere zur damaligen Rechtslage: BSG-Urteil vom 23.08.2001, Az: B 13 RJ 59/00 R alle in Juris).
Auch die Anerkennung von fiktiven (fingierten) Beitragszeiten für die Zeit von April 1941 bis 20.10.1942 kommt vorliegend nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und anderen Gesetzen vom 20.06.2002 (BGBl I 2002 S. 2074 ff – ZRBG –) nicht in Betracht.
Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 ZRBG werden Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung fingiert, wenn ein Verfolgter sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten, dort aus eigenem Willensentschluss eine Beschäftigung aufgenommen hat, diese Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wurde und sich das Ghetto in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder in dieses eingegliedert war.
Das Ghetto Opatów bestand grundsätzlich vom 01.04.1941 bis 20.10.1942 als Ghetto Opatów im Sinne des ZRBG (vgl. http://www.keom.de/denkmal/suche.php).
Nach Auffassung der Kammer ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger im Ghetto Opatów in dieser Zeit eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss und gegen Entgelt verrichtet hat. Dies folgt insbesondere aus den Angaben des Klägers im Entschädigungsverfahren.
Nach § 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Abs. 1 WGSVG genügt es, wenn die Voraussetzungen des ZRBG nur glaubhaft gemacht, d.h. überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei obliegt die Last der Glaubhaftmachung der Anspruchsvoraussetzungen, entsprechend den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln, grundsätzlich dem Anspruchssteller. Kann der Kläger seinen Anspruch nicht glaubhaft machen, geht dieser Umstand nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, zu seinen Lasten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl. 2005, § 103 Rz. 19a, sowie § 118 Rz. 6 jeweils m. w. N.).
Nach Überzeugung der Kammer sind für die Begründung von Beitragszeiten nach dem ZRBG gerade die Angaben im Entschädigungsverfahren ein wesentliches und maßgebliches Kriterium für die Beweiswürdigung. Der Kammer ist durchaus bewusst, dass die Angaben im Entschädigungsverfahren in keinem direkten Zusammenhang zu Rentenansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung stehen, sondern einen wesentlich anderen Zweck bzw. zur Begründung von anderen Ansprüchen gemacht wurden. Gerade dieser Umstand ist jedoch von besonderer Bedeutung, weil gerade keine zielgerichteten Tatsachenbehauptungen in Bezug auf solche Rentenansprüche gemacht wurden. Hierbei ist es für die Kammer selbstverständlich, dass die im Entschädigungsverfahren gemachte Aussagen über "Zwangsarbeiten" keine Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigungsverhältnissen im Sinne des ZRBG und rechtlich einzuordnender Zwangsarbeit haben (zu dieser Abgrenzung vgl. Urteil des SG Hamburg vom 17.06.2005, Az.: S 19 RJ 1061/03 in Juris). Die Angaben haben wegen ihrer zeitlichen Nähe zu den schrecklichen Ereignissen in der NS-Zeit jedoch einen höheren Beweiswert in Bezug auf die konkret geschilderten Lebens- und Arbeitsumstände der Betroffenen.
Das Gericht berücksichtigt dabei, dass die Erinnerungen der Verfolgten bei den heutigen Angaben manchmal verschwommen sein können, weil sich die Angaben auf (häufig verdrängte) Ereignisse vor mehr als 65 Jahren beziehen. Dies führt aber nicht dazu, dass die gültigen juristischen Beweisregeln außer Kraft gesetzt werden und widersprüchliche Tatsachenbehauptungen nicht entsprechend zu würdigen sind.
Insgesamt muss sich nach Auffassung des Gerichts ein Gesamtbild aus den Angaben im Entschädigungsverfahren, gestützt durch die – häufig zielgerichteten Angaben im Rentenverfahren ergeben, dass im Zusammenhang mit den bekannten und ermittelten historischen Erkenntnissen dazu führt, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Tätigkeit aus eigenem Willensentschluss und gegen Entgelt bei zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto verrichtet wurde. Aus anderen Verfahren ist der Kammer durchaus bekannt, dass Verfolgte des Nazi-Regimes im Entschädigungsverfahren zum Beispiel Tätigkeiten in den so genannten "Shops" oder "Ressorts" als verrichtete Zwangsarbeit im Ghetto benannt haben, die im Sinne des ZRBG fingierte Beitragszeiten begründen (können). Es reicht jedoch nicht aus, im Rentenantrag/Widerspruchsverfahren oder im Klageverfahren entsprechende Tatsachen zu bestimmten Tätigkeiten zu behaupten, die weder durch historische Dokumente noch durch Angaben aus dem Entschädigungsverfahren verifiziert werden können. Das Gesetz sieht bereits durch die Glaubhaftmachung eine erhebliche Beweiserleichterung vor, weil die Tatsachen müssen "nur" überwiegend wahrscheinlich sein. Die bloße Möglichkeit einer Beschäftigung im Sinne des ZRBG reicht nicht aus, um Rentenansprüche zu begründen.
Ein solches Gesamtbild liegt nach Würdigung durch die Kammer bei dem Aufenthalt des Klägers im Ghetto Opatów nicht vor. Die vom Kläger im Entschädigungsverfahren Rentenverfahren bzw. auch im Klageverfahren gemachten Angaben sprechen für das Vorliegen von Zwangsarbeiten und nicht für ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschriften des ZRBG müssen im Lichte der Rechtsprechung des BSG zu den so genannten "Ghetto-Arbeitsverhältnissen" in den Urteilen vom 18.06.1997 gesehen und ausgelegt werden (vgl. BSG Az.: 5 RJ 66/95 - BGSE 80, 250-256 und 5 RJ 68/95 in ZfS 1998, 19).
Dies bedeutet, dass als Abgrenzungsmerkmale von versicherungspflichtiger Beschäftigung und Zwangsarbeit insbesondere die Entgeltlichkeit und Freiwilligkeit (aus eigenem Willensentschluss) einer Tätigkeit hervorgehoben werden müssen (BSG in ständiger Rechtssprechung vgl. zuletzt BSG vom 07.10.2004 Az.: B 13 RJ 59/03 R in juris). Dies gilt auch, soweit die Arbeit unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet worden ist.
Insbesondere würde es den Rahmen des Typusbegriffes der versicherungspflichtigen Beschäftigung sprengen, wenn man bei der damaligen Arbeit von jüdischen Verfolgten allein darauf abstellen würde, ob eine Tätigkeit verrichtet wurde, die in rechtsstaatlich geprägten Gesellschaften gewöhnlich von freien, bezahlten Arbeitskräften verrichtet werden würde, d.h. ob im Ergebnis Erwerbsarbeit geleistet wurde (so BSG vom 23.08.2001 Az.: B 13 RJ 59/00 R). Zwangsarbeit im Rechtssinne ist daher die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang, z.B. bei Strafgefangenen oder Kriegsgefangenen. Typisch ist dabei regelmäßig die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern an bestimmte Unternehmen, ohne dass die Arbeiter selbst hierauf Einfluss haben. Weiter ist für Zwangsarbeit charakteristisch, dass ein Entgelt für die individuell geleistete Arbeit nicht oder nur in sehr geringem Maße an den Arbeiter ausgezahlt wird.
In der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen J. Z. (S.) aus dem Entschädigungsverfahren vom 09.06.1959 hat dieser angegeben, er habe mit dem Antragsteller oft gemeinsam "Zwangsarbeit" verrichten müssen. Auch im ärztlichen Gutachten vom 13.01.1967 wird die Tätigkeit des Antragstellers im Ghetto Opatów als "Zwangsarbeit" bezeichnet. Des Weiteren sind der Entschädigungsakte keine konkreteren Angaben oder Hinweise, die auf eine freiwillige und entgeltliche Tätigkeit schließen lassen, zu entnehmen. Danach ist es nach Auffassung der Kammer zwar möglich, aber nicht mehr überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger aus eigenem Willensentschluss diese von ihm geforderten Arbeiten verrichtet hat.
Außerdem scheitert ein Anspruch des Klägers daran, dass er für die Arbeiten kein Entgelt erhalten hat. Eine "Gegenleistung" für diese Arbeiten wird im Entschädigungsverfahren nicht erwähnt. Im Rentenverfahren hat der Kläger unter der Rubrik Arbeitsverdienst im Fragebogen der Beklagten "food" angegeben. Diese pauschale Angabe überzeugt die Kammer nicht, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein "Entgelt" im Sinne des ZRBG geleistet wurde. Der Gesetzgeber hat die Verhältnisse im Ghetto in Lodz als Maßstab für die Bewertung des Kriteriums "Entgelt" im Sinne des ZRBG gewählt. Dort gab es einen entsprechenden "Wirtschaftskreislauf", indem die Betroffenen mit ihrem "Ghettogeld" Waren erwerben konnten. Dies hat das Gericht zu Grunde zu legen. Nicht einmal zusätzliche und bessere Verpflegung ("Extrafood") erfüllt das Kriterium der Entgeltlichkeit im Sinne des ZRBG. Dies ist ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 07.10.2004, Az: B 13 RJ 59/03 R – BSGE 93,214 ff), der sich das Gericht insoweit anschließt.
Das Gericht weist weiter ausdrücklich darauf hin, dass nicht jede Arbeitstätigkeit, die infolge eines Ghettoaufenthaltes verrichtet wurde, zu einer gesetzlichen Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung führt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des ZRBG sind sehr eng gefasst und müssen zu obrigkeitlichen "Zwangsarbeiten" eng abgegrenzt werden.
Viele Tätigkeiten, die jüdische Verfolgte für das verbrecherische System der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verrichten hatten, waren Zwangsarbeiten, die nicht von der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entschädigt werden, sondern vielmehr abschließend durch den so genannten Zwangsarbeiterfond über die claims conference entschädigt wurden.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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