L 14 B 524/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AS 3638/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 524/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Zuschusses als Leistung zur Eingliederung in das Erwerbsleben.

Der Antragsteller wandte sich im Dezember 2005 an den Antragsgegner und begehrte einen Zuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Er gab an, als Berater für die Firma L tätig werden zu wollen. Die Firma bilde Einkaufsgemeinschaften auf Selbstbestellerbasis. Der Antragsteller wolle künftig seinen eigenen Bedarf an Körperpflegeartikeln bei L bestellen und anderen sein Konzept erläutern. Für deren Bestellungen werde er dann eine Provision erhalten.

Durch Bescheid vom 8. Februar 2006 und Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2006 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in das Erwerbsleben nach § 16 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs, Zweites Buch (SGB II) ab. Zur Begründung führte er aus, dass Leistungen nur gewährt werden könnten, soweit sie zur Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich seien. Für den Antragsteller könne indessen keine positive Eingliederungsprognose gestellt werden. Weder sei geklärt, welche persönlichen oder fachlichen Voraussetzungen für die in Aussicht genommene Tätigkeit erforderlich seien, noch gebe es ein schlüssiges Konzept zu den Möglichkeiten, Gewinne aus der in Aussicht genommenen Tätigkeit zu erzielen.

Bereits am 24. April 2006 hat sich der Antragsteller an das Sozialgericht Berlin gewandt und den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur umgehenden Erteilung eines Widerspruchsbescheides beantragt. Er beziehe Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und habe bisher vergeblich versucht, eine Arbeitsstelle zu finden. Deswegen wolle er nun mit der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt sichern. Das Konzept der Firma L beruhe darauf, dass die Berater andere Personen werben würden, sich der Einkaufsgemeinschaft auf Selbstbestellerbasis anzuschließen. Je nach Umsatz der geworbenen Besteller erhalte man eine Provision, müsse aber selbst vorher eine Bestellung im Wert von mindestens 99 Euro getätigt haben, um als Berater angenommen zu werden. Weiter müsse ein Einsteigerseminar besucht werden, was Kosten in Höhe von 10 Euro verursache, und telefonischer Kontakt zu den potenziellen Mitarbeitern bzw. Beratern gehalten werden. Die so entstehenden Aufwendungen rechtfertigten den geforderten Zuschuss.

Das Sozialgericht hat den Antrag zurückgewiesen (Beschluss vom 24. Mai 2006). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nicht erkennbar seien. Aus den vorgelegten Unterlagen könne nicht geschlossen werden, dass die beabsichtigte Tätigkeit geeignet sei, Einkommen in einer Höhe zu erzielen, die zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausreiche. Es komme hinzu, dass der Antragsteller weder ein Konzept für die Unternehmensführung, noch die persönlichen oder fachlichen Voraussetzungen für die Tätigkeit dargelegt habe.

Gegen den ihm am 30. Mai 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 28. Juni 2006. Mit einer "Amortisation" sei nach knapp 4 Jahren zu rechnen. Aus der beim Verkauf der Produkte anfallenden Gewinnspanne von 30 bis 40 Prozent würden die Provisionen innerhalb der Vertriebsstruktur gezahlt. Die herkömmlichen Regeln eines Unternehmenskonzeptes fänden keine Anwendung, weil es keine Verluste gebe.

Der Antragsteller beantragt nunmehr (nach dem Sinn seines Vorbringens), den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an ihn 150 Euro als Zuschuss für die Eingliederung in das Erwerbsleben zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend und verweist im Übrigen auf seinen Widerspruchsbescheid.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Antragsgegner ist nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung eines Zuschusses zu verpflichten. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung voraus, dass zur Abwendung wesentlicher Nachteile die vorläufige Regelung eines streitigen Rechtsverhältnis nötig erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und das Abwarten auf eine im Hauptsacheverfahren ergehende Entscheidung unzumutbar ist (Anordnungsgrund).

Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses tatsächlich zusteht. Als Rechtsgrundlage kommt insoweit nur § 16 Abs. 2 SGB II in Betracht. Nach dieser Vorschrift "können" weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Die Vorschrift ermöglicht eine freie Förderung, gesteht dem Leistungserbringer aber einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Erforderlichkeit zu und stellt die Gewährung von Leistungen ("können") in sein Ermessen (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 16 Rdnr. 179).

Es kann dahinstehen, ob ein Zuschuss, der lediglich eine nebenberufliche Tätigkeit eröffnen soll (vgl. Abs. 3 der Geschäftsbedingungen für -Berater), überhaupt einer Eingliederung in das Erwerbsleben dienen kann. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses sind auch im Übrigen zurzeit weder nachgewiesen noch überwiegend wahrscheinlich. Die Gewährung von Zuschüssen nach § 16 Abs. 2 SGB II erfolgt mit dem Ziel einer Eingliederung in das Erwerbsleben. Dieses Ziel wird erreicht, wenn Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird (§ 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB II). Aus dieser Vorgabe, dass die Leistungen zur Eingliederung in das Erwerbsleben auf einen wirtschaftlichen Erfolg gerichtet sein müssen, begründet sich die Forderung des Antragsgegners nach einem schlüssigen Konzept, wie der Antragsteller aus der in Aussicht genommenen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreiten will.

Dem bisherigen Vorbringen des Antragstellers lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass – nach vollzogener Eigenbestellung - nennenswerte Einkünfte aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit bei der Firma L zu erwarten sind. Der Antragsteller hat nur ansatzweise dargelegt, welche Umsätze notwendig sind, um seinen Lebensunterhalt – jedenfalls zum Teil – aus Provisionen bestreiten zu können. Um 640 Euro zu verdienen, muss er danach Umsätze in Höhe von 4.000 Euro bewirken. Er hat aber nicht ausgeführt, welche konkreten Möglichkeiten er für sich sieht, weitere Abnehmer, Besteller oder Kunden für die Firma L zu gewinnen, die regelmäßig entsprechende Umsätze auslösen würden. Dass andere "Berater" erhebliche Einkünfte aus ihrer Tätigkeit für die Firma L beziehen, ist zwar behauptet worden, erlaubt aber nicht die Einschätzung der für den Antragsteller zu erwartenden Einkünfte. Weder ist vorgetragen, wie hoch die durchschnittlichen Provisionseinkünfte eines Bestellers/Vermittlers für die Firma L sind, noch liegen irgendwelche Anhaltspunkte vor, um beurteilen zu können, ob die Einkünfte des Antragstellers das durchschnittliche Maß übersteigen oder unterschreiten würden.

Die Gewährung eines Zuschusses auf derart ungesicherter Grundlage ist auch durch ein Eilbedürfnis nicht zu rechtfertigen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Möglichkeit einer Tätigkeit für die Firma L nur gerade zurzeit bietet. Dem Antragsteller bleibt unbenommen, sich im Hauptsacheverfahren noch näher zu seinen konkreten Erwerbsaussichten zu äußern.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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