Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 1843/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 557/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers zu 1. wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juni 2006 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, auf die seit März 2005 bis einschließlich April 2006 aufgelaufenen Mietschulden des Antragstellers zu 1. einen Betrag von 3.095,82 EUR als Darlehen zu gewähren und unmittelbar an den Ver- mieter auszuzahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zu 1. zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. wird als unzulässig verworfen.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 1. im gesamten Verfahren trägt die Antragstellerin. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet und war zurückzuweisen. Soweit die Antragstellerin zu 2. (erstmals) im Beschwerdeverfahren bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens auch die Übernahme ihrer seit März 2005 aufgelaufenen Mietschulden begehrt, war die Beschwerde mangels funktionaler Zuständigkeit des Landessozialgerichts (LSG) als unzulässig zu verwerfen.
Der zur Entscheidung des Sozialgerichts (SG) gestellte Antrag des Antragstellers zu 1. auf Erlass einer Regelungsanordnung im tenorierten Umfang gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und begründet. Der Anordnungsanspruch folgt aus § 22 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24. März 2006, in Kraft getreten am 1. April 2006 (BGBl. I S. 558). Danach können Mietschulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist (§ 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II). Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind ungeachtet dessen, dass der Antragsteller zu 1. seit dem 28. Juni 2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung von der Antragsgegnerin bezieht, erfüllt. Denn § 22 Abs. 5 SGB II differenziert nicht zwischen Mietschulden aus Zeiträumen vor dem Bezug von SGB II- Leistungen und solchen, die während des laufenden Bezugs von Leistungen für Unterkunft und Heizung anfallen, weil in beiden Fällen die existenzielle Bedrohung durch die Wohnungslosigkeit vermieden werden soll. Der Leistungsträger kann gegebenenfalls nach § 22 Abs. 4 SGB II verfahren und die Wohnkosten direkt an den Vermieter auszahlen. Im Übrigen hatte der Antragsteller zu 1. schon unmittelbar nach Zugang der fristlosen Kündigung seines Mietverhältnisses bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Mietrückstände beantragt (vgl. Schreiben vom 31. August 2005), ohne dass eine zeitnahe Übermittlung dieses Antrags an den seinerzeit noch zuständigen Sozialhilfeträger erfolgt wäre.
Da die Antragsgegnerin ihre Leistungspflicht zwischenzeitlich dem Grunde nach anerkannt und sich selbst an den Sozialhilfeträger gewandt hat, bedarf es auch keiner weiteren vom Antragsteller zu 1. einzureichenden Unterlagen. Die Höhe der (anteiligen) Mietkosten im streitigen Zeitraum (monatlich 221,13 EUR) dürfte unstreitig sein, zumal sich der Antragsteller zu 1. gegen den Abzug der Warmwasserkostenpauschale von den Mietkosten ersichtlich nicht wendet (vgl. seine Erklärung bei dem SG vom 5. Dezember 2005 im Verfahren – S 96 AS 9559/05 ER -). Der Anordnungsgrund im Sinne eines eiligen Regelungsbedürfnisses folgt aus der für den 12. Juli 2006 angekündigten Zwangsräumung der Wohnung. Die Leistung ist als Darlehen zu gewähren (vgl. § 22 Abs. 5 Satz 4 SGB II) und an den Vermieter auszuzahlen, da an der ordnungsgemäßen Verwendung des Geldes durch den Antragsteller zu 1. erhebliche Zweifel bestehen.
Sofern der Antragsteller mit seinem erstinstanzlich gestellten Antrag auch die Übernahme der (anteiligen) Mietkosten für die Antragstellerin zu 2. geltend gemacht haben sollte, ist dieser Antrag bereits unzulässig, weil der Antragsteller zu 1. insoweit nicht über die erforderliche Prozessführungsbefugnis verfügt. Jeder Hilfebedürftige hat nach dem SGB II eigene Hilfeansprüche, die rechtlich selbständig sind und von dem jeweiligen Rechtsträger – außer in Fällen der gewillkürten oder gesetzlichen Prozessstandschaft – auch selbst geltend gemacht werden müssen.
Gegen die Versagung der Gewährung von Prozesskostenhilfe in dem angefochtenen Beschluss des SG hat sich der Antragsteller zu 1. nicht gewandt.
Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. ist bereits unzulässig. Das LSG entscheidet im zweiten Rechtszug über die Beschwerden gegen Entscheidungen der SGe (vgl. § 29 SGG), nicht aber über eine erstmals zur Entscheidung durch das Berufungsgericht gestellte "Beschwerde", die sich vorliegend in der Sache als (erstmalig gestellter) Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt, über den das SG noch zu entscheiden haben wird. Das SG hat über Ansprüche der Antragstellerin zu 2. zu Recht nicht befunden, so dass es zudem auch an einer Beschwer der Antragstellerin zu 2. durch die angefochtene Entscheidung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. wird als unzulässig verworfen.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 1. im gesamten Verfahren trägt die Antragstellerin. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet und war zurückzuweisen. Soweit die Antragstellerin zu 2. (erstmals) im Beschwerdeverfahren bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens auch die Übernahme ihrer seit März 2005 aufgelaufenen Mietschulden begehrt, war die Beschwerde mangels funktionaler Zuständigkeit des Landessozialgerichts (LSG) als unzulässig zu verwerfen.
Der zur Entscheidung des Sozialgerichts (SG) gestellte Antrag des Antragstellers zu 1. auf Erlass einer Regelungsanordnung im tenorierten Umfang gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und begründet. Der Anordnungsanspruch folgt aus § 22 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24. März 2006, in Kraft getreten am 1. April 2006 (BGBl. I S. 558). Danach können Mietschulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist (§ 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II). Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind ungeachtet dessen, dass der Antragsteller zu 1. seit dem 28. Juni 2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung von der Antragsgegnerin bezieht, erfüllt. Denn § 22 Abs. 5 SGB II differenziert nicht zwischen Mietschulden aus Zeiträumen vor dem Bezug von SGB II- Leistungen und solchen, die während des laufenden Bezugs von Leistungen für Unterkunft und Heizung anfallen, weil in beiden Fällen die existenzielle Bedrohung durch die Wohnungslosigkeit vermieden werden soll. Der Leistungsträger kann gegebenenfalls nach § 22 Abs. 4 SGB II verfahren und die Wohnkosten direkt an den Vermieter auszahlen. Im Übrigen hatte der Antragsteller zu 1. schon unmittelbar nach Zugang der fristlosen Kündigung seines Mietverhältnisses bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Mietrückstände beantragt (vgl. Schreiben vom 31. August 2005), ohne dass eine zeitnahe Übermittlung dieses Antrags an den seinerzeit noch zuständigen Sozialhilfeträger erfolgt wäre.
Da die Antragsgegnerin ihre Leistungspflicht zwischenzeitlich dem Grunde nach anerkannt und sich selbst an den Sozialhilfeträger gewandt hat, bedarf es auch keiner weiteren vom Antragsteller zu 1. einzureichenden Unterlagen. Die Höhe der (anteiligen) Mietkosten im streitigen Zeitraum (monatlich 221,13 EUR) dürfte unstreitig sein, zumal sich der Antragsteller zu 1. gegen den Abzug der Warmwasserkostenpauschale von den Mietkosten ersichtlich nicht wendet (vgl. seine Erklärung bei dem SG vom 5. Dezember 2005 im Verfahren – S 96 AS 9559/05 ER -). Der Anordnungsgrund im Sinne eines eiligen Regelungsbedürfnisses folgt aus der für den 12. Juli 2006 angekündigten Zwangsräumung der Wohnung. Die Leistung ist als Darlehen zu gewähren (vgl. § 22 Abs. 5 Satz 4 SGB II) und an den Vermieter auszuzahlen, da an der ordnungsgemäßen Verwendung des Geldes durch den Antragsteller zu 1. erhebliche Zweifel bestehen.
Sofern der Antragsteller mit seinem erstinstanzlich gestellten Antrag auch die Übernahme der (anteiligen) Mietkosten für die Antragstellerin zu 2. geltend gemacht haben sollte, ist dieser Antrag bereits unzulässig, weil der Antragsteller zu 1. insoweit nicht über die erforderliche Prozessführungsbefugnis verfügt. Jeder Hilfebedürftige hat nach dem SGB II eigene Hilfeansprüche, die rechtlich selbständig sind und von dem jeweiligen Rechtsträger – außer in Fällen der gewillkürten oder gesetzlichen Prozessstandschaft – auch selbst geltend gemacht werden müssen.
Gegen die Versagung der Gewährung von Prozesskostenhilfe in dem angefochtenen Beschluss des SG hat sich der Antragsteller zu 1. nicht gewandt.
Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. ist bereits unzulässig. Das LSG entscheidet im zweiten Rechtszug über die Beschwerden gegen Entscheidungen der SGe (vgl. § 29 SGG), nicht aber über eine erstmals zur Entscheidung durch das Berufungsgericht gestellte "Beschwerde", die sich vorliegend in der Sache als (erstmalig gestellter) Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt, über den das SG noch zu entscheiden haben wird. Das SG hat über Ansprüche der Antragstellerin zu 2. zu Recht nicht befunden, so dass es zudem auch an einer Beschwer der Antragstellerin zu 2. durch die angefochtene Entscheidung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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