Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 489/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 557/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung am 26. Januar 2006 erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ob der Rechtsstreit durch eine Berufungsrücknahme-Erklärung vom 26. Januar 2006 erledigt ist.
In dem Berufungsverfahren L 10 2770/05 begehrte die am 26. Mai 1947 geborene Klägerin, eine seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland lebende makedonische Staatsangehörige, die ausgehend von einem Versicherungsfall vom 4. April 2001 von der Beklagten ab 1. Mai 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht (Bescheid vom 20. August 2004) und in deren Versicherungskonto vom 15. Dezember 1969 bis 30. April 2001 - mit Unterbrechungen auch durch Anrechnungszeiten - Pflichtbeiträge (wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft/Mutterschutz oder Kindererziehung; der letzte Pflichtbeitrag auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung datiert von Dezember 1999) sowie vom 1. Mai 2001 bis 16. Mai 2002 Pflichtbeiträge auf Grund von der Bundesagentur für Arbeit gemeldeter Zeiten vorgemerkt waren, die Rückerstattung ihrer hälftigen Rentenbeiträge, was die Beklagte mit Bescheid vom 5. November 2004 und Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 abgelehnt hatte.
Nach erfolgloser Klage beim Sozialgericht Reutlingen (Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2005) legte die Klägerin am 27. Juni 2005 Berufung ein.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2006, an dem sie mit ihrer Tochter teilnahm, wurde der Klägerin vom Vorsitzenden im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, insbesondere weil die Voraussetzungen für eine Rückerstattung nicht erfüllt seien. Außerdem wurde sie darauf hingewiesen, dass sie im Falle einer Fortführung des Rechtsstreits und einer deshalb erforderlichen Entscheidung durch Urteil mit der Auferlegung von Kosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Höhe von 225,- EUR rechnen müsse. Hierauf erklärte die Klägerin, sie nehme die Berufung zurück.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2006 erklärte die Klägerin, sie wolle ihre Entscheidung vom Verhandlungstag zurücknehmen, da sie durch den Richter vor die Wahl gestellt worden sei, entweder 225,- EUR zu zahlen oder die Berufung zurückzunehmen. Sie sei damit, so habe sie sich gefühlt, unter Druck gesetzt worden und nicht mehr in der Lage gewesen, die richtige bzw. eine richtige Entscheidung zu treffen.
Die Klägerin beantragt,
das Verfahren fortzusetzen sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 zu verurteilen, die von ihr geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteil) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nachdem die Klägerin die Fortführung ihres Rechtsstreits begehrt, ist vom Senat darüber zu entscheiden, ob der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Die Klägerin hat mit der - nach nochmaligem Vorlesen - von ihr genehmigten Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2006, sie nehme die Berufung zurück, dieses Rechtsmittel verloren (§ 156 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und damit ist der Bescheid vom 5. November 2004 bestandskräftig und bindend geworden (§ 77 SGG).
Bei der Erklärung der Rücknahme der Berufung handelt es sich um eine Prozesshandlung, die nicht zurückgenommen, angefochten oder widerrufen werden kann (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, § 156 Rdnr. 2f).
Die Erklärung war auch wirksam und eindeutig. So weit die Klägerin geltend macht, sie habe sich durch den Hinweis auf eine mögliche Auferlegung von Kosten nach § 192 SGG in Höhe von 225,- EUR unter Druck gesetzt gefühlt und sei nicht mehr in der Lage gewesen, eine richtige Entscheidung zu treffen, ändert dies nichts an der Rechtswirksamkeit der Rücknahmeerklärung.
Nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise Kosten aufzuerlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei für das Verfahren vor dem Landessozialgericht mindestens der Betrag von 225 EUR (§§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG). Damit mag durch den vom Vorsitzenden erteilten Hinweis, die Berufung sei völlig aussichtslos, da sie nicht die Erstattung jener Beiträge verlangen könne, auf denen die Rente beruhe, und sie müsse im Falle eines Urteils mit einer Kostenbelastung in Höhe von 225,- EUR rechnen, zwar ein Druck zur Rücknahme entstehen. § 192 SGG sieht jedoch als "Warnfunktion", auch im Hinblick auf das zu gewährende rechtliche Gehör, vor der Auferlegung von Verschuldenskosten gerade einen entsprechenden Hinweis des Vorsitzenden zwingend vor. Der mit dem Hinweis gegebenenfalls entstehende Druck zur Rücknahme des Rechtsmittels, ist damit unvermeidbar und wird vom Gesetz in Kauf genommen. Die Erteilung des Hinweises stellt daher keine unzulässige Einflussnahme dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ob der Rechtsstreit durch eine Berufungsrücknahme-Erklärung vom 26. Januar 2006 erledigt ist.
In dem Berufungsverfahren L 10 2770/05 begehrte die am 26. Mai 1947 geborene Klägerin, eine seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland lebende makedonische Staatsangehörige, die ausgehend von einem Versicherungsfall vom 4. April 2001 von der Beklagten ab 1. Mai 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht (Bescheid vom 20. August 2004) und in deren Versicherungskonto vom 15. Dezember 1969 bis 30. April 2001 - mit Unterbrechungen auch durch Anrechnungszeiten - Pflichtbeiträge (wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft/Mutterschutz oder Kindererziehung; der letzte Pflichtbeitrag auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung datiert von Dezember 1999) sowie vom 1. Mai 2001 bis 16. Mai 2002 Pflichtbeiträge auf Grund von der Bundesagentur für Arbeit gemeldeter Zeiten vorgemerkt waren, die Rückerstattung ihrer hälftigen Rentenbeiträge, was die Beklagte mit Bescheid vom 5. November 2004 und Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 abgelehnt hatte.
Nach erfolgloser Klage beim Sozialgericht Reutlingen (Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2005) legte die Klägerin am 27. Juni 2005 Berufung ein.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2006, an dem sie mit ihrer Tochter teilnahm, wurde der Klägerin vom Vorsitzenden im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, insbesondere weil die Voraussetzungen für eine Rückerstattung nicht erfüllt seien. Außerdem wurde sie darauf hingewiesen, dass sie im Falle einer Fortführung des Rechtsstreits und einer deshalb erforderlichen Entscheidung durch Urteil mit der Auferlegung von Kosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Höhe von 225,- EUR rechnen müsse. Hierauf erklärte die Klägerin, sie nehme die Berufung zurück.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2006 erklärte die Klägerin, sie wolle ihre Entscheidung vom Verhandlungstag zurücknehmen, da sie durch den Richter vor die Wahl gestellt worden sei, entweder 225,- EUR zu zahlen oder die Berufung zurückzunehmen. Sie sei damit, so habe sie sich gefühlt, unter Druck gesetzt worden und nicht mehr in der Lage gewesen, die richtige bzw. eine richtige Entscheidung zu treffen.
Die Klägerin beantragt,
das Verfahren fortzusetzen sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 zu verurteilen, die von ihr geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteil) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nachdem die Klägerin die Fortführung ihres Rechtsstreits begehrt, ist vom Senat darüber zu entscheiden, ob der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Die Klägerin hat mit der - nach nochmaligem Vorlesen - von ihr genehmigten Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2006, sie nehme die Berufung zurück, dieses Rechtsmittel verloren (§ 156 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und damit ist der Bescheid vom 5. November 2004 bestandskräftig und bindend geworden (§ 77 SGG).
Bei der Erklärung der Rücknahme der Berufung handelt es sich um eine Prozesshandlung, die nicht zurückgenommen, angefochten oder widerrufen werden kann (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, § 156 Rdnr. 2f).
Die Erklärung war auch wirksam und eindeutig. So weit die Klägerin geltend macht, sie habe sich durch den Hinweis auf eine mögliche Auferlegung von Kosten nach § 192 SGG in Höhe von 225,- EUR unter Druck gesetzt gefühlt und sei nicht mehr in der Lage gewesen, eine richtige Entscheidung zu treffen, ändert dies nichts an der Rechtswirksamkeit der Rücknahmeerklärung.
Nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise Kosten aufzuerlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei für das Verfahren vor dem Landessozialgericht mindestens der Betrag von 225 EUR (§§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG). Damit mag durch den vom Vorsitzenden erteilten Hinweis, die Berufung sei völlig aussichtslos, da sie nicht die Erstattung jener Beiträge verlangen könne, auf denen die Rente beruhe, und sie müsse im Falle eines Urteils mit einer Kostenbelastung in Höhe von 225,- EUR rechnen, zwar ein Druck zur Rücknahme entstehen. § 192 SGG sieht jedoch als "Warnfunktion", auch im Hinblick auf das zu gewährende rechtliche Gehör, vor der Auferlegung von Verschuldenskosten gerade einen entsprechenden Hinweis des Vorsitzenden zwingend vor. Der mit dem Hinweis gegebenenfalls entstehende Druck zur Rücknahme des Rechtsmittels, ist damit unvermeidbar und wird vom Gesetz in Kauf genommen. Die Erteilung des Hinweises stellt daher keine unzulässige Einflussnahme dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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