L 10 U 4766/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 96/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4766/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen als Berufskrankheit und Folgen eines Arbeitsunfalles sowie die Gewährung entsprechender Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der am 1955 geborene Kläger war vom 5. April 1988 bis 30. Juni 2003 (Kündigung des Arbeitgebers vom 18. Dezember 2002) als Betriebs- und Schichtschlosser bei der Firma BC C. P. GmbH (später: E. T. C. GmbH) in R. beschäftigt. Mit Telefax vom 12. Mai 2000 teilte er der Beklagten mit, dass er am 9. Mai 2000, um ca. 17:00 Uhr, nach dem Reinigen eines Speicherkopfes einer Blasmaschine in einem schlecht belüfteten Raum bei 250º Celsius das Gleichgewicht verloren und bewusstlos mit einem Kreislaufzusammenbruch zu Boden gefallen sei. Durch die hohen Temperaturen und die Rauchentwicklung sei Feueralarm ausgelöst worden, doch habe man die Feuerwehr nicht an den Ort gelassen. Seit diesem Vorfall sei er arbeitsunfähig krank. Telefonisch gab der Kläger am 16. Juni 2000 an, er leide unter einer vergrößerten Leber, Vergesslichkeit, Atembeschwerden sowie Schwindelerscheinungen und Ohnmacht. Nach dem Wechseln der Blasköpfe sei er jedesmal bis zu sechs Wochen krank gewesen. Während seiner Betriebszugehörigkeit habe er schon mehrere Kreislaufzusammenbrüche gehabt.

Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK B.-W. - Geschäftsstelle E. - bei und befragte die behandelnden Ärzte (Nervenarzt Dr. K., 27. Juni 2000; Betriebsarzt Dr. G., 3. Juli 2000; Radiologe Dr. K., 29. Juni 2000; Internist Dr. K., 11. September 2000). Nach dem Entlassbericht der Reha-Klinik Ü., I., vom 28. August 2000 über den Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 26. Juli bis 23. August 2000 seien bei dem Kläger eine schwergradige psychovegetative Erschöpfung, eine chronisch rezidivierende Lumbalgie und ein chronisch rezidivierendes Halswirbelsäulen (HWS)-Syndrom zu diagnostizieren; er wurde als arbeitsfähig entlassen. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten besichtigte am 24. Juli 2000 den Arbeitsplatz des Klägers und befragte den Kläger sowie dessen Mitarbeiter. Er kam nach dem Bericht von Dr. L. vom 11. August 2000 zu der Einschätzung, dass ein Umgang mit Halogenkohlenwasserstoffen nicht bestanden und die Menge an alphatischen Kohlenwasserstoffen, an Aceton und Kohlenmonoxid deutlich unterhalb der geltenden Luftgrenzwerte gelegen habe. Eine am 4. Oktober 2000 vom TAD durchgeführte Messung der Konzentration luftfremder Stoffe am Arbeitsplatz des Klägers ergab nach dem Bericht von Dipl. Ing. D. vom 17. November 2000 lediglich Spuren von Formaldehyd, iso-Propanol und Tetrahydrofuran, Stickstoffmonoxidbelastungen von einem Zehntel des Grenzwertes sowie eine geringe, nicht exakt quantifizierbare Staubbelastung.

Prof. Dr. H., Facharzt für Arbeits- und Sozialmedizin, erstattete am 21. Mai 2001 für die Beklagte ein arbeitsmedizinisches Gutachten. Danach ließe sich eine Gesundheitsstörung in ursächlichem Zusammenhang mit dem Vorfall im Mai 2000 nicht objektivieren. Das Beschwerdebild des Klägers lasse sich am ehesten durch eine Somatisierungsstörung erklären, die in keinem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang mit beruflich bedingten Einwirkungen stehe. Gewerbearzt Dr. J. schlug am 18. Juli 2001 eine Berufskrankheit nach Nr. 4302, 1317, 1201 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht zur Anerkennung vor. Telefonisch bestätigte Dr. L. am 7. September 2001, dass die Grenzwerte für Kohlenmonoxid und Stickstoffmonoxid deutlich unterschritten würden.

Mit Bescheid vom 26. September 2001 lehnte die Beklagte es ab, eine Berufskrankheit nach Nr. 1201, 1302, 1317, 4301, 4302 und 5101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und hierfür sowie nach § 3 BKV Leistungen zu erbringen. Der Kläger legte hiergegen am 1. Oktober 2001 Widerspruch ein, den er nicht begründete und dem der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2001 nicht stattgab.

Der Kläger erhob hiergegen am 11. Januar 2002 Klage bei dem Sozialgericht Ulm. Er sah die Ursache seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen weiterhin in beruflichen Einwirkungen und begehrte die Anerkennung bzw. Feststellung des Vorliegens der Berufskrankheiten der Nrn. 1201, 1302, 1317, 4301, 4302 und 5101 der Anlage zur BKV sowie die Gewährung von Leistungen. Das Sozialgericht holte sachverständige Zeugenaussagen ein bei dem Arzt für Allgemeinmedizin Siegler (11. März 2002), welcher umfangreiche Arztbriefe in Kopie übersandte, dem HNO-Arzt Dr. K. (8. März 2002), der Nervenärztin Dr. K.-S. (12. März 2002) und dem Orthopäden Dr. M. (9. April 2002). Der Kläger legte eine Vielzahl weiterer ärztlicher Unterlagen in Kopie vor, darunter einen Arztbrief der kardiologischen Abteilung der Universitätsklinik U. über eine echokardiologische Untersuchung am 6. Februar 2003 (Diagnosen: normale LV-Global- und Regionalfunktion). Nach einem vorgelegten Gutachten von Oberarzt Dr. R. und Assistenzarzt Dr. F., Abteilung Psychiatrie III des Universitätsklinikums U. vom 4. Dezember 2003, erstattet in einem Verfahren gegen die Bundesknappschaft vor dem Sozialgericht Freiburg (S 2 KN 1108/03), bestünden psychiatrische Auffälligkeiten (anklingende paranoide Ideen und Verschwörungsgedanken), die aber nicht den Schweregrad einer psychiatrischen Störung erfüllten, keinem Krankheitsbild sicher zuzuordnen seien und die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht einschränkten. Außerdem fertigte der Kläger eine Skizze des Speicherkopfes an und eine Übersicht seiner - nach seiner Ansicht durch berufliche Einflüsse bedingten - Krankheitszeiten an. Dr. S. teilte dem Sozialgericht am 23. Februar 2004 telefonisch mit, er halte den Kläger für unter Verfolgungswahn leidend.

Der Toxikologe Prof. Dr. W., Gesellschaft zur Erstellung toxikologischer Gutachten, N.-U., erstattete am 31. Juli 2004 ein auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Gutachten unter Berücksichtigung eines lungenfachärztlichen Zusatzgutachtens von Dr. S. vom 1. März 2004 (Diagnosen: bronchiale Hyperreagibilität, keine manifeste obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung). Danach liege bei dem Kläger eine Lungenfunktionsstörung in Form eines hyperreagiblen Bronchialsystems, einer asthmatischen Bronchitis und einer Belastungsdyspnoe vor, die durch Schadstoffe verursacht worden sei, welche in der Folge von Verschwelungs- und Verbrennungsprozessen von Kunststoffen aufgetreten seien. Mit Wahrscheinlichkeit bestünde eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage zur BKV. Erkrankungen nach Nr. 1201, 1317, 4301, 4302 und 5101 der Anlage zur BKV lägen nicht vor. Ob eine Berufskrankheit nach Nr. 1101, 1104 und/oder 1307 der Anlage zur BKV vorliege, können nur nach weiteren Untersuchungen festgestellt werden.

Die Beklagte legte Stellungnahmen von Dr. L. vom 24. August 2004 und vom 11. Oktober 2004 vor, abgegeben nach Einholung von Herstellerangaben zu den am Arbeitsplatz des Klägers verarbeiteten Kunststoffen und weiteren Angaben der Firma BC C. P. GmbH zum Verarbeitungsvorgang. Danach sei ein großer Teil der von Prof. Dr. W. gemachten Angaben und Vermutungen bei Kenntnis des verarbeiteten Kunststoffs Polyproylen unzutreffend und beziehe sich die angeführte Literatur weitestgehend auf nicht vergleichbare Konstellationen. Eine Exposition gegenüber Halogenkohlenwasserstoffen (Nr. 1302 der Anlage zur BKV) habe hinsichtlich der zur Produktion eingesetzten Rohstoffe wie der verwendeten Reinigungsmittel höchstens in minimalen Spuren bestanden. Gleiches gelte für den Umgang mit Blei und bleihaltigen Verbindungen (Nr. 1101 der Anlage zur BKV), Cadmium und cadmiumhaltigen Verbindungen (Nr. 1104 der Anlage zur BKV) und phosphororganische Verbindungen (Nr. 1307 der Anlage zur BKV).

Mit Urteil vom 20. Oktober 2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass eine Entschädigung der Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers als Berufskrankheit (§ 26 Abs. 1 i. V. m. § 56 Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]) ausscheide, da keine Berufskrankheit vorliege. Da bei dem Kläger keine obstruktiven Atemwegserkrankungen vorlägen, bestehe auch keine Berufskrankheit nach Nr. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV. Gleiches gelte nach den Gutachten von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. W. für Berufskrankheiten nach Nr. 1201, 1317 und 5101 der Anlage zur BKV. Eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffen) liege ebenfalls nicht vor, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Nach den Messungen des TAD könnten sich während der Reinigung der Blasköpfe Halogenkohlenwasserstoffe höchstens in Spuren gebildet haben. Die gegenteiligen Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. W. seien nicht überzeugend. Dieser habe Hinweise auf eine bestehende psychosomatische Störung ignoriert. Er setze Spekulationen an die Stelle von Ermittlungen und gehe irrig davon aus, dass die Beklagte Gegenbeweise in Bezug auf eine gesundheitliche Schädigung des Klägers zu erbringen habe. Die Bronchitisneigung des Klägers habe bereits seit 1985 bestanden, also vor Beginn der beruflichen Tätigkeit des Klägers bei der Firma BC C. P. T. GmbH. Eine Entschädigung wegen eines Arbeitsunfalles (§ 8 Abs. 1 SGB VII) am 9. Mai 2000 sei nicht zu gewähren, da sich - was näher ausgeführt wird - kein solcher Arbeitsunfall ereignet habe.

Der Kläger hat nach Verkündung und noch vor der Zustellung des schriftlichen Urteils am 17. November 2004 am 22. Oktober 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, dass die toxikologischen, ärztlichen und psychiatrischen Gutachten, die seinen Gesundheitszustand belegen würden, vom Gericht nicht berücksichtigt worden seien. Zu Unrecht sei unterstellt worden, er sei psychisch krank. Sein Lungenvolumen habe sich seit 1991 stetig verringert. Er legt - jeweils in Kopie - den Bescheid des Versorgungsamtes Ulm vom 6. August 2004 (Grad der Behinderung 30; Funktionsbeeinträchtigungen: Lungenfunktionseinschränkung, Schlafapnoe-Syndrom, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Hauterkrankungen, seelische Störung), sein Widerspruchschreiben vom 10. August 2004 hierzu, das Ergebnisblatt einer Bodyplethysmographie durch Drs. W. und B., F., vom 30. November 2004, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin S. vom 29. November 2004 sowie ältere, bereits in den Akten befindliche Unterlagen vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2001 zu verurteilen, ihm unter Anerkennung seiner gesundheitlichen Beschwerden als Berufskrankheit nach Nr. 1201, 1302, 1317, 4301, 4302 und 5101 der Anlage zur BKV und unter Anerkennung des Vorfalles vom 9. Mai 2000 als Arbeitsunfall die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern, und die Entscheidung einstimmig ergeht.

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften (insbesondere § 56 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) das Begehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren nach Überprüfung zu Eigen und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Begründung weitgehend ab.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klage, soweit sie die Anerkennung und Entschädigung des Vorfalles vom 9. Mai 2000 als Arbeitsunfall betrifft, unzulässig ist, denn der Bescheid vom 26. September 2001 hat hierzu nicht entschieden. Dem Klagebegehren, das der Senat aber so aus dem in der mündlichen Verhandlung protokollierten Klageantrag nicht entnehmen kann, fehlt insoweit die Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Eine Exposition gegenüber schädigenden Substanzen, insbesondere gegenüber Halogenkohlenwasserstoffen (Nr. 1302 Anlage zur BKV), konnte Prof. Dr. W. nicht überzeugend begründen. Seine Annahme, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kläger einer solchen Exposition ausgesetzt war, genügt nicht. Vielmehr muss diese im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sein. Ansatzpunkte für weitergehende Ermittlungen sieht der Senat vor dem Hintergrund der umfangreichen und inhaltlich überzeugenden Stellungnahmen von Dr. L., insbesondere seien ergänzenden Ausführungen im Sozialgerichtsverfahren, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu verwerten waren, nicht.

Auch der Senat sieht die Ursache der Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers mit Wahrscheinlichkeit in berufsunabhängigen psychosozialen Faktoren, mögen diese nun den Grad einer psychiatrischen Erkrankung im eigentlichen Sinne erreichen oder nicht. Das folgt aus dem Gesamtbild der vom Kläger vorgelegten und sonst zur Kenntnis des Senats gelangten ärztlichen Stellungnahmen. Schon Dr. K. konnte nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren keinen objektiv krankhaften Befund hinsichtlich der vom Kläger vorgebrachten Vergesslichkeit, Konzentrationsstörung, Gereiztheit, innere Unruhe sowie verringerter Belastungs- und Leistungsfähigkeit feststellen. Aus den Angaben des Betriebsarztes Dr. G. im Verwaltungsverfahren ergeben sich Hinweise auf Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Arbeitskollegen. Dr. G. konnte schon damals einen beim Kläger bestehenden "Vergiftungswahn" feststellen. Das von Dr. K. durchgeführte MRT des Schädels war unauffällig. In den von den behandelnden Ärzten dem Sozialgericht übersandten Arztbriefen finden sich immer wieder Hinweise auf eine Diskrepanz zwischen vorgebrachten Beschwerden und objektivierbaren Befunden. Im Arztbrief von Prof. Dr. H. u. a., Abteilung Innere Medizin II der Universitätsklinik U., vom 18. Oktober 2001 wird der Kläger als stark verängstigter, auf multiple Symptome fixierter Patient beschrieben. Dr. K.-S. äußerte den dringenden Verdacht auf eine Somatisierungsstörung. Die Ausführungen im Gutachten von Dr. R. und Dr. F. stützen dies, gleichfalls die Mitteilung von Dr. S. gegenüber dem Sozialgericht. Prof. Dr. W. hat sich hiermit nicht kritisch auseinandergesetzt.

Ob sich die Lungenfunktion des Klägers im Hinblick auf die nunmehr (unvollständig) vorgelegten, von Drs. W. und B. erhobenen Befunde verschlechtert hat, kann offen bleiben, denn der Senat vermag keine Obstruktion (Verstopfung mit Erhöhung des Atemwiderstandes) der Atemwege des Klägers erkennen, wie dies Nr. 4301 oder 4302 der Anlage 1 zu BKV verlangen. Dr. S. konnte, wie ein vom Kläger dem Sozialgericht vorgelegter Arztbrief vom 24. Juli 2000 zeigt, schon bei früheren Untersuchungen bodyplethysmographisch nur einen unauffälligen Befund erheben. Abweichende Werte wurden damals mit mangelnder Mitarbeit des Klägers bei der Untersuchung erklärt. Bei seinen für das Zusatzgutachten vom 1. März 2004 im Abstand von fünf Tagen durchgeführten Bodyplethysmographien ergaben sich unterschiedliche Werte. Während bei der Erstuntersuchung vom 21. Januar 2004 ein Normalbefund erhoben wurde, ergab die Kontrolluntersuchung vom 26. Januar 2004 leicht verschlechterte Werte. Dr. S. kam bei Würdigung dieser Werte zum Ergebnis, dass keine manifeste obstruktive Ventilationsstörung vorliege. Der vorgelegte Bescheid des Versorgungsamtes Ulm vom 6. August 2004, der als Funktionsbeeinträchtigungen eine Lungenfunktionseinschränkung und ein Schlafapnoe-Syndrom aufführt, ist zu unspezifisch, um Abweichendes nachzuweisen. Selbst wenn seit der Begutachtung durch Dr. S. eine Verschlechterung der Atemfunktion vorläge, ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits vor Beginn seiner Tätigkeit bei Firma BC C. P. T. GmbH unter einer Bronchitisneigung litt, wie Dr. K. der Beklagten am 11. September 2000 mitteilte, und die nunmehr vorgelegten Befunde nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit des Klägers erhoben worden sind. Von daher kann sich der Senat von keinem beruflichen Zusammenhang überzeugen.

Dem Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1101, 1104 oder 1307 der Anlage zur BKV, was von Prof. Dr. W. diskutiert wurde, aber nach der Stellungnahme von Dr. L. vom 11. Oktober 2004 ausscheidet, braucht im Rahmen dieses Gerichtsverfahrens nicht weiter nachgegangen werden, denn weder hat der Kläger die Anerkennung einer solchen Berufskrankheit beantragt noch ist dies Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Eine entsprechende Klage wäre mangels anfechtbarer Verwaltungsentscheidung und Durchführung des Vorverfahrens unzulässig (vgl. u. a. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 22/03 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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