Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 205/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Kosten für eine Unterbringung der Antragstellerin in der therapeutischen Wohngruppe für Jugendliche und junge Erwachsene des Vereins K. e.V., K.str., M., bis zum Abschluss des Klageverfahrens, längstens bis 28.02.2006, zu übernehmen. Die Verpflichtung entfällt, wenn die Aufnahme der Ast in die Einrichtung erst nach dem 31.10.2005 erfolgt. Die Ast hat eine Zuzahlung von 6,00 EUR pro Tag der Unterbringung zu leisten.
II. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die am 1985 geborene Antragstellerin (Ast) ist an einer bipolaren affektiven Störung mit zeitweise schweren depressiven Episoden erkrankt. Sie war ab 03.01.2005 zur stationären Akutbehandlung in der Klinik Dr. S., Bad W., untergebracht und beantragte aus dem Klinikaufenthalt heraus am 07.03.2005 bei der Beigeladenen Hilfe nach §§ 35a und 41 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Vorgelegt wurden ein Formblattantrag, ein handgeschriebener Lebenslauf und ein ärztlicher Bericht von Dr. L./Dr. H. aus der Klinik Dr. S. vom 03.03.2005. Die Ärzte hielten den Schritt in eine therapeutische Wohngemeinschaft für notwendig, um die immer noch sehr labile Selbstsicherheit der Ast zu stärken. Bei der emotional tiefgreifend gestörten Ast bestehe nach wie vor die Gefahr, dass sie vor allem bei größeren psychischen Belastungen ohne Unterstützung wieder auf ihre Überlebensstrategien zurückgreife, sich dabei psychisch und physisch maßlos überfordere oder wieder mit einer Verstärkung der bekannten Symptombilder im Rahmen der bipolar affektiven Störung reagiere. Die therapeutische Wohngemeinschaft biete einmal die Möglichkeit, das familiäre Lebensumfeld, das zur Aufrechterhaltung der Störung beiträgt, zu verlassen, zum anderen könne die Ast die hier erlernten Therapieinstrumente fortsetzen und durch die Einbindung in eine klare Haus- und Wohnordnung der Wohngemeinschaft ein geregeltes Alltags-, Schul- oder Berufsleben führen. In einem Begleitbrief der Dipl.-Sozialpädagogin N. vom 03.03.2005 wird erwähnt, dass die Ast bereits kurzzeitig nach Aufenthalt in der Psychiatrie in einer teilbetreuten Wohngemeinschaft, E. in A., untergebracht war. Warum dieses Seting nicht passend war und welche Art der Hilfestellung angemessen sei müsse in einem gemeinsamen Gespräch geklärt werden. Die Beigeladene hielt sich für unzuständig, da es sich bei der begehrten therapeutischen Hilfe um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im Sinne von §§ 5 Nr. 1 und 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) handle und leitete den Reha-Antrag an die Antragsgegnerin (Ag) mit Begleitschreiben vom 15.03.2005 weiter. Bei der Ag war jedoch, wie sich auf Nachfrage der Mutter der Ast ergab, kein Antragseingang zu verzeichnen, sodass die Beigeladene den Antrag erneut am 12.04.2005 übersandte. Die Ag lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für betreutes Wohnen am 27.04.2005 ab. Sie war der Auffassung, dass die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers gegeben sei. Die bevollmächtigte Mutter der Ast legte am 23.05.2001 Widerspruch hiergegen ein. Die Mutter der Ast konkretisierte mit Schreiben vom 22.04.2005 den Jugendhilfeantrag ihrer Tochter. Sie gab an, dass der Ast schon während eines Aufenthaltes in der Universitätsklinik M. von der dortigen Spezialstation für bipolar Erkrankte die therapeutische Jugendwohngemeinschaft K. in M. empfohlen worden sei. Ihre Tochter habe sich diese Wohngemeinschaft zwischenzeitlich angesehen und sei sehr davon angetan. Sie legte eine Information des Vereines K. über das Konzept der Wohngruppe vor. Die Beigeladene antwortete hierauf mit Schreiben vom 28.04.2005, dass die Ag zur Entscheidung über den Antrag zuständig sei. Mit Schreiben vom 27.04.2005 beantragte die Mutter der Ast beim Bezirk Schwaben die Unterbringung in einer therapeutischen Jugendwohngruppe und erwähnte speziell die Einrichtung K. in M ... Positiv sei auch die Möglichkeit einer Betreuung durch die Spezialambulanz für bipolar Erkrankte an der Klinik der Universität M ... Mit Schreiben vom 12.05.2005 trug sie vor, dass Plätze bei K. in der Reihenfolge nach Eingang der Kostenzusage vergeben würden. Sie bitte daher um schnellstmöglichen Bescheid. Außerdem legte sie ein Attest des Dr. E., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus A. vom 04.05.2005 vor. Dieser befürwortete die Absicht zur Aufnahme bei K. e.V. mit großem Nachdruck. K. e.V. biete nicht nur die notwendige pädagogische Struktur, die angesichts der schwerwiegenden Erkrankung notwendig sei. Entscheidend sei die Notwendigkeit einer konsequenten und nachhaltigen spezialärztlichen Behandlung. Die schwere und sehr früh aufgetretene Erkrankung mache es notwendig, dass die Ast an eine Spezialambulanz für bipolare Störungen angebunden werde. Eine solche gebe es in M. an der LMU. Die Augsburger Spezialambulanz werde nach dem Weggang des Referenten zum 01.06.2005 aufhören zu existieren. Er rate daher dringend, sich weiter in M. behandeln zu lassen. Außerdem ging ein psychologisches Gutachten des Dipl.-Psychologen R. vom 10.05.2005 ein, das im Auftrag der Arbeitsagentur Augsburg erstellt wurde. Lt. Herrn R. war die Ast in der Untersuchungssituation in so guter Verfassung, dass sie selbst der Stresssituation eines Testes unter Zeitdruck gewachsen war. Daher wäre an eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, vielleicht mit Berufsfindung zu denken. Die Ast möchte den Weg über die therapeutische Wohngemeinschaft und an die Fachoberschule in München gehen, was aus psychologischer Sicht denkbar sei, da sie auf diese Art und Weise doch noch einige Zeit zusätzlich zur Stabilisierung habe und man sehe, ob diese von Dauer ist. Der Bezirk Schwaben teilte der Ast mit Schreiben vom 21.05.2005 (Abdruck ging an die Ag) mit, dass ihres Erachtens es sich bei der bipolaren affektiven Störung um eine Erkrankung handle, die vorrangig Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die zuständige Krankenkasse erforderlich machen würden. Überdies hätte die Ag den Antrag nicht einfach unter Hinweis auf die fehlende sachliche Zuständigkeit ablehnen können. Zudem sei, selbst wenn keine Leistungen der medizinischen Rehabilitation in Betracht kämen, der Bezirk Schwaben nicht zuständiger Träger, sondern vielmehr das Jugendamt vorrangiger Leistungsträger nach §§ 35a, 41 SGB VIII.
Die Bevollmächtigten der Ast haben am 28.06.2005 beim Sozialgericht Augsburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, die Kosten für die Unterbringung der Ast in der therapeutischen Wohngemeinschaft K. e.V. in M. zu übernehmen. Zur Begründung wurde ein Attest von Dr. O./ Dr. G., Bezirkskrankenhaus A., vom 15.06.2005 vorgelegt. Danach hatte sich aktuell der Zustand der Ast so weit gebessert, dass eine ambulante medizinische Behandlung ausreichend ist. Zur Stabilisierung des bisher Erreichten und um das Ziel einer selbstständigen Lebensführung mittelfristig erreichen zu können, benötige die Ast nun jedoch eine längerfristige intensive pädagogisch-therapeutische Betreuung. Zur Stabilisierung sei der Einzug in eine therapeutische Wohngemeinschaft aus ärztlicher Sicht dringend zu befürworten. Bei der Auswahl sei zu beachten, dass die Wohngemeinschaft ein ausreichend hohes Betreuungsangebot aufweisen solle, insbesondere auch nachts eine Betreuung verfügbar sei. Außerdem müsse dringend auf eine ausreichende Tagesstrukturierung geachtet werden. Die therapeutische Wohngemeinschaft von K. e.V. erscheine besonders geeignet. Der Aufenthalt in M. hätte zudem den Vorteil, dass die Ast über eine Anbindung an die Spezialambulanz für bipolare Störungen der LMU M. eine optimale ambulante Versorgung erhalten könne. Der therapeutische Leiter der Jugenwohngruppe K. Herr H. bestätigte das Vorgespräch der Ast in der Einrichtung. Eine grundsätzliche Zusage sei erteilt worden. Eine Aufnahme wäre voraussichtlich zum Herbst 2005 möglich. Voraussetzung für die Annahme sei eine verbindliche Zusage zur Kostenübernahme des Betreuungssatzes durch einen Rehabilitationsträger. Mit Beschluss vom 29.06.2005 hat das Gericht den Landkreis Augsburg, Jugendhilfe, beigeladen. Dieser hat mit Schreiben vom 05.07.2005 die Auffassung vertreten, dass es sich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation durch die Krankenkasse handle und auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 09.09.1999 verwiesen. Dagegen vertritt die Ag die Auffassung, dass sie selbst nicht zuständig sei für die Unterbringung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft, da es sich hierbei um eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 5 Ziffer 4 SGB IX handle. Am 14.07.2005 fand ein Erörterungstermin statt. Im Anschluss hat die Beigeladene geprüft, ob unter Außerachtlassung des Zuständigkeitsstreits die Kosten für eine Unterbringung der Ast in der Einrichtung K. nach Jugendhilferecht übernommen werden könnten. Die Beigeladene vertrat mit Schreiben vom 19.07.2005 die Auffassung, dass eine Kostenübenahme für die von der Ast gewählte Einrichtung K. deshalb nicht möglich sei, weil die Einrichtung mit der zuständigen Jugendhilfekommission in M. zwar eine Entgeltvereinbarung abgeschlossen habe, jedoch weder eine Leistungs- noch eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung. Das Wunsch- und Wahlrecht der Ast sei daher eingeschränkt. Unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes käme eine Unterbringung in der Einrichtung Landhaus P. in S. in Betracht. Die Konzeption des Landhauses P. wurde mitübersandt. Die Bevollmächtigten der Ast haben mit Schreiben vom 18.07.2005 eine möglichst schnelle Unterbringung unter Berücksichtigung des hohen Suizidrisikos angemahnt und eine weitere Stellungnahme der Mutter der Ast übersandt. Mit Schreiben vom 20.07.2005 hat S. K. vom Sozialdienst des BKH A. bestätigt, dass ein zeitnaher Wechsel der Ast in eine engmaschig betreute Einrichtung ihrer Wahl aus therapeutischer Sicht sinnvoll wäre. Die Ag hat mit Schreiben vom 22.07.2005 im Hinblick auf die Ausführungen der Beigeladenen eine Verpflichtung zur Kostenübernahme weiterhin verneint. Das Gericht hat die Ag mit Schreiben vom 25.07.2005 auf den Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) aufmerksam gemacht. Dass es an der Aufstellung eines Hilfeplanes bislang fehle, dürfe nicht zu Lasten der Ast gehen.
Die Beigeladene hat daraufhin mit Schreiben vom 27.07.2005 die Aufstellung eines Hilfeplanes angekündigt. Die Bevollmächtigten der Ast haben mit Schreiben vom 28.07.2005 ergänzend mitgeteilt, dass die Ast selbst über kein eigenes Vermögen und Einkommen verfüge.
Die Ag hat den Widerspruch mit Bescheid vom 18.08.2005 zurückgwiesen. Die Bevollmächtigten haben am 23.08.2005 hiergegen Klage erhoben.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 22.08.2005 den am 19.08.2005 vom Dipl.-Sozialpädagogen W. erstellten Hilfeplan übersandt. Er hat die Ziele der Maßnahme benannt und in einer zusammenfassenden Wertung u.a. dargelegt, dass eine eng betreute therapeutische Wohnform angezeigt und die Dringlichkeit einer zeitnahen Aufnahme gegeben sei. Zur benötigten Hilfeart hat er offen gelassen, ob die bisherige medizinische Rehabilitation bereits ein hinlängliches Fundament geschaffen habe, das in einer nach § 35a SGB VIII orientierten Maßnahme weitergeführt werden könne. Bejahe man dies, müsse dem Landhaus P. Priorität eingeräumt werden. Da eine Aufnahme dort aufgrund der Dringlichkeit nicht mit der nötigen Planungssicherheit vorbereitet werden könne, andererseits die Einrichtung K. als entsprechend qualifiziert einzuschätzen sei und dort die erforderliche zeitnahe Aufnahme erfolgen könne, sei die Unterbringung dort auch im Hinblick auf § 78b Abs. 3 SGB VIII geboten. Die Ag hat sich mit Schreiben vom 23.08.2005 weiterhin auf die Zuständigkeit der Beigeladenen berufen. Die Bevollmächtigten der Ast haben mit Schreiben vom 23.08.2005 deutlich gemacht, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aufrechterhalten bleibt.
Die Bevollmächtigten der Ast beantragen,
die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b SGG zu verpflichten, vorläufig die Kosten für die Unterbringung der Ast in der therapeutischen Wohngemeinschaft "K. e.V." in M. ab dem Zeit- punkt ihrer Aufnahme im Herbst 2005 zu übernehmen.
Die Ag beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene hat selbst keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine einstweilige Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus. Das Gericht entscheidet auf Grund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, ob ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen und welche Maßnahme unter Abwägung der Belange der Öffentlichkeit und des Ast nötig erscheinen. Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch, für den der Ast vorläufigen Rechtsschutz sucht. Er ist identisch mit dem auch im Hauptsacheverfahren/Widerspruchsverfahren geltend zu machenden materiellen Anspruch. Anordnungsgrund ist die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung.
Ein Anordnungsgrund ist vorhanden. Eilbedürftigkeit liegt vor. Wie sich aus dem Hilfeplan ergibt ist eine Unterbringung der Ast in einer therapeutischen Wohngruppe und Herauslösung aus der Familie aufgrund ihrer schwerwiegenden Erkrankung und Reifungsdefizite sowie familiärer Konflikte zeitnah notwendig. Eine Aufnahmezusage wird durch die betreffende Einrichtung erst nach Klärung der Kostenträgerschaft gegeben, sodass die Entscheidung in der Hauptsache (Klage) nicht abgewartet werden kann.
Zur Überzeugung des Gerichts liegt auch ein Anordnungsanspruch vor. Bei einer summarischen Prüfung der Aktenlage erscheinen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens durchaus gegeben. Nach den beigebrachten ärztlichen Attesten und Stellungnahmen sowie letztlich vor allem auch dem Hilfeplan ist die Unterbringung der Ast in einer therapeutischen betreuten Wohngemeinschaft und ihr Herauslösen aus dem familiären Umfeld notwendig, einerseits wegen der psychischen Erkrankung, anderseits wegen Reifungsdefiziten. Ein Anspruch auf Unterbringung in der Jugendwohngruppe des Vereins K. e.V. ergibt sich nicht aus § 40 SGB V. Die Notwendigkeit einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation ist nicht belegt. Dagegen spricht schon, dass keiner der behandelnden Ärzte in seinen schriftlichen Stellungnahmen ausdrücklich eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation für erforderlich gehalten hat. Vielmehr spricht das Attest des BKH vom 15.06.2005 davon, dass sich der Zustand der Ast aktuell so weit gebessert habe, dass eine ambulante medizinische Behandlung ausreichend sei. Voraussetzung für eine Maßbnahme der stationären medizinischen Rehabilitation nach § 40 SGB V ist jedoch gerade, dass die in § 11 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) beschriebenen Ziele durch eine ambulante Krankenbehandlung nicht mehr erreicht werden können. Zudem dürfen Krankenkassen medizinische Leistungen zur Rehabilitation nur in Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (§ 111 Abs. 1 SGB V). Für die Einrichtung K. e.V. existiert kein derartiger Versorgungsvertrag.
Ein Anspruch auf Unterbringung in der Jugendwohngruppe von K. e.V. ergibt sich jedoch nach § 35a SGB VIII. Danach haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Die Hilfe wird je nach dem Bedarf im Einzelfall u.a. auch in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet. Die Grundbedingungen des § 35a Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII erfüllt die Klägerin zweifellos. Soweit die Beigeladene argumentiert hat, dass Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII deshalb nicht einschlägig sei, weil eine psychische Erkrankung vorliege, die einer laufenden medizinischen Behandlung bedürfe, und deshalb eine Leistung der medizinischen Rehabilitation vorliege, erscheint diese Argumentation nicht logisch verständlich. Ziffer 1 des § 35a Abs. 1 SGB VIII gibt die Definition einer Behinderung im Sinne des SGB IX auf psychischem Gebiet wieder. Dass eine solche psychische Behinderung eine Dauerbeeinträchtigung darstellt und auch im allgemeinen laufender ärztlichen Kontrolle und Behandlung bedarf, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass diese laufende ambulante ärztliche Behandlung auch während einer Maßnahme nach § 35a SGB VIII weiterläuft, macht diese Maßnahme noch nicht alleine zu einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Auch die von der Beigeladenen vorgelegte Konzeption des Landhauses P., mit dem ein Vertrag im Sinne von § 78b SGB VIII als Einrichtung der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII besteht, macht deutlich, dass gerade auch Fälle einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung, bei denen eine laufende ambulante medizinische Behandlung notwendig ist, aufgenommen werden.
Nach dem von der Beigeladenen erstellten Hilfeplan ist eindeutig eine Hilfe außerhalb der Familie in einer Einrichtung des therapeutischen betreuten Wohnens erforderlich, um die notwendige Stabilisierung der psychischen Erkrankung zu gewährleisten. Soweit der den Hilfeplan erstellende Sozialpädagoge Weigl sich die Frage gestellt hat, ob die medizinische Rehabilitation bereits so weit abgeschlossen ist, dass ein hinlängliches Fundament für eine Maßnahme nach § 35a SGB VIII geschaffen wurde, ist dies nach Auffassung des Gerichts zu bejahen. Dabei stützt sich das Gericht auf die Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, die ausdrücklich nur noch eine ambulante ärztliche Behandlung für erforderlich erachten und ansonsten die Unterbringung in einer Wohngruppe zur Stabilisierung befürworten. Dass bei Krisen immer wieder auch kurzfristige stationäre Intervention notwendig werden kann, liegt in der Natur der Erkrankung der Ast begründet.
Die von der Ast und ihrer Familie gewünschte Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. ist deshalb problematisch, weil diese Einrichtung zwar mit der zuständigen Jugendhilfekommission in München eine Entgeltvereinbarung abgeschlossen hat, jedoch weder eine Leistungs- noch eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung im Sinne von § 78b Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Das Wunsch- und Wahlrecht der Ast ist daher eingeschränkt. Nach § 78b Abs. 3 SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Leistungsentgeltes in einer Einrichtung ohne Vereinbarung nach Abs. 1 nur verpflichtet, wenn dies insbesondere nach Maßgabe der Hilfeplanung im Einzelfall geboten ist. Nach § 36 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII ist der Wahl und den Wünschen zu entsprechen, sofern sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind. Wird die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in Einrichtungen, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, gewünscht, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung nach Maßgabe des Hilfeplanes nach § 36 Abs. 2 SGB VIII geboten ist. Die täglichen Kosten für die Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. sind deutlich höher als in der vergleichbaren Einrichtung Landhaus P ... Damit wäre eine andere Einrichtung als K. e.V. vorzuziehen. Aus dem Hilfeplan ergibt sich aber die Dringlichkeit der Unterbringung der Ast außerhalb der Familie. In dem als Alternative in Betracht gezogenen Landhaus P. wäre frühestens in zwei Monaten eine Unterbringung möglich, da noch keine Vorgespräche stattgefunden haben. Diese Vorgespräche sind dagegen in der Einrichtung K. e.V. bereits abgelaufen, wo auch nach den glaubhaften Darlegungen der Ast die konkrete Chance einer Aufnahme noch im Herbst 2005 besteht. Zudem besteht bei einer Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. in M. der Vorteil, dass die Einrichtung an die Spezialambulanz für bipolare Störungen an der Universitätsklinik der LMU M. angebunden ist. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es durchaus wahrscheinlich, dass bei der Entscheidung in der Hauptsache dem Antrag der Ast auf Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. stattgegeben werden könnte.
Grundsätzlich sollte die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. In der Regel ist es deshalb nicht zulässig, die Behörde zum Erlass eines im Hauptsacheverfahren beantragten Verwaltungsaktes zu verpflichten (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 86b Rdz 31). Ausnahmsweise ist es hier jedoch im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes erforderlich, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen. Angesichts der glaubhaft gemachten fehlenden finanziellen Mittel der Ast und ihrer unterhaltsverpflichteten Eltern und der Dringlichkeit der Herauslösung aus der Familie und Unterbringung in einer therapeutisch betreuten Einrichtung hält das Gericht unter Abwägung aller Gesamtumstände eine Verpflichtung der Ag zur Übernahme der Unterbringungskosten für geboten. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen (BVerfG Beschluss vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, 1236; bestätigend BVerfG Beschluss vom 19.03.2004 - 1 BvR 131/04). Schwerwiegende Nachteile für die Ast sind deshalb nicht auszuschließen, weil bei weiterer Unterbringung in der Familie die Gefahr einer erneuten Destabilisierung droht, die sich in einer schweren depressiven Phase auch bis zu einem möglichen Suizid steigern könnte. Angesichts dessen hielt das Gericht eine Vorwegnahme der Hauptsache für angemessen.
Die zeitliche Einschränkung des Aufnahmetermins bis spätestens 31.10.2005 erschien deshalb geboten, weil die Aufnahme in der Einrichtung K. e.V. ja nur deshalb ausnahmsweise erfolgen kann, weil eine schnelle Aufnahme in einer wirtschaftlich günstigeren Alternativeinrichtung mit gesetzlich vorgesehener Qualitäts- und Leistungsvereinbarung nicht möglich ist. Das Gericht hielt auch eine zeitliche Begrenzung der Verpflichtung bis 28.02.2006 für geboten, damit die Ag gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Beigeladenen Gelegenheit hat, nach der Aufnahme in der Einrichtung K. e.V. die Geeignetheit dieser Unterbringung für die mit dem Hilfeplan formulierten Ziele nachzuprüfen. Die Kostenbeteiligung in Höhe von 6,00 EUR pro Tag hält das Gericht deshalb für angemessen, weil mit der Unterbringung gleichzeitig Kosten erspart werden, die ansonsten für Essen und Unterkunft angefallen wären.
Die Verpflichtung zur Übernahme der Unterbringungskosten war gegenüber der Ag auszusprechen, nicht gegenüber der Beigeladenen. Die Ag ist für die Leistungsgewährung zuständig, obwohl nach Auffassung des Gerichts sich der Leistungsanspruch nicht aus dem SGB V, dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern aus dem SGB VIII ableitet. Die Zuständigkeit ergibt sich als zweitangegangener Leistungsträger nach § 14 Abs. 2 SGB IX. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn nach materiellem Recht eigentlich tatsächlich eine Unzuständigkeit gegeben ist. Kann der Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 sein, hat er unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu klären, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Ast (§ 14 Abs. 2 Satz 5 SGB IX). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX ist die Krankenkasse nur für Leistungen zur medizinische Rehabilitation sowie für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen zuständige Rehabilitationsträgerin, nicht jedoch für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuständig. Die hier in Frage stehende Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. nach § 35a SGB VIII ist nach Auffassung des Gerichts den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen, die grundsätzlich nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden. Kapitel 4 des SGB IX beschäftigt sich mit den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Dabei definiert § 26 SGB IX das Ziel der medizinischen Leistungen zur Rehabilitation und zählt auf, welche Leistungen hiervon insbesondere umfasst sind. Nach § 26 Abs. 3 SGB IX sind Bestandteil der Leistungen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, insbesondere Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung (Nr. 1), die Aktivierung von Selbsthilfepotentialen Nr. 2), Hilfen zur psychischen Stabilisierung und zur Forderung der sozialen Kompetenz, u.a. durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen (Nr. 5) und Training lebenspraktischer Fähigkeiten (Nr. 6). Gleichzeitig setzt Abs. 3 aber auch voraus, dass diese Leistungen nur erbracht werden, soweit sie im Einzelfall erforderlich sind, um die in Abs. 1 genannten allgemeinen Ziele der medizinischen Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Der Schwerpunkt dieser Hilfen und ihr Ziel liegt also kurz gefasst darin, die Krankheit und ihre Folgen zu "bessern". Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (Kapitel 7 SGB IX) sind dagegen nicht nur auf die Überwindung und Besserung von Krankheitsfolgen beschränkt. Vielmehr zählen zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX solche Leistungen, die nach dem Kapitel 4 - 6 nicht erbracht werden und den behindernten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weitgehend wie möglich unabhängig von Pflege machen. Insbesondere zählen hierzu nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Da die Hilfeform wegen einer Behinderung erfolgt lässt sich in aller Regel nicht klar trennen, welcher Teil der Maßnahme einer medizinischen Rehabilitation zugeordnet sein könnte und welcher zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gehört. Eine klare Trennung dürfte in der Regel auch nicht durchführbar sein, da sich die Leistungen teilweise überschneiden. In dieser Situation hat nun der Gesetzgeber entschieden, die Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX ausdrücklich den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen. Das Gericht schließt dies zum einen aus der Formulierung in Abs. 2, dass den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft "insbesondere" die in Abs. 2 genannten Hilfen zuzuordnen sind. Zudem ist in der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 14/5074) ausgeführt, dass die in Abs. 2 Nr. 6 geschaffene eindeutige Rechtsgrundlage für Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten die bisher für solche Hilfen herangezogene Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 1 Nr. 8 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) konkretisiert und verallgemeinert. Die Formulierung von Gesetzestext und Gesetzesbegründung spricht nach Ansicht des Gerichts dafür, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten, d.h. u.a. auch betreutes Wohnen in einer therapeutischen Wohngemeinschaft nach § 35a SGB VIII, den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuordnen wollte und nicht den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Gesetzgeber hat also mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB X ein "lex spezialis" geschaffen, mit dem die Leistungen des betreuten Wohnens ausdrücklich den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zugeordnet werden. Damit aber besteht für diese Leistung keine Trägerschaft und damit auch keine denkbare Zuständigkeit der Krankenkassen. Auch § 26 SGB IX bietet zur Überzeugung des Gerichts keine eigenständige Anspruchsgrundlage.
Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass für die Abgrenzung der Frage, ob eine Leistung der medizinischen Rehabilitation oder einer Leistung der Eingliederungshilfe/Teilhabe zum Leben an der Gemeinschaft vorliegt, entscheidend ist, ob eine medizinische Behandlung erfolgt. Sie lehnt sich dabei an die Begründung des VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 09.12.1999 - 2 S 2737/98 - an, der einen Vorrang der medizinischen Rehabilitation sieht, soweit es sich nicht um eine alleinige soziale Eingliederung handle. Diese Unterscheidung hält das Gericht jedoch für nicht praktikabel. Bei psychisch schwer Erkrankten ist immer auch eine (ambulante) medizinische Behandlung der Erkrankung notwendig. Dass diese Krankheit gleichzeitig auch in der Maßnahme "mitbehandelt" wird, liegt in der Natur der Sache. Entscheidend ist daher nach Auffassung des Gerichts, wo der Schwerpunkt der Leistungen liegt, und zwar einmal nach dem Ziel der Maßnahme, andererseits auch nach den hierzu angewandten therapeutischen Mitteln. Liegt der Schwerpunkt der Maßnahmen in allgemeinen therapeutischen und pädagogischen Hilfen aber nicht bei der Vermittlung von Leistungen im Sinne SGB V, dann liegt keine medizinische Rehabilitation vor.
Ob im vorliegenden Fall tatsächlich eine Leistung der medizinischen Rehabilitation gegeben ist oder ob es sich ausschließlich um eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit Rechtsgrundlage in § 35a SGB VIII handelt, kann letztlich dahinstehen. Denn die Zuständigkeit der Ag ergibt sich allein aus der Tatsache, dass sie zweitangegangene Trägerin nach Weiterleitung des Antrages durch die Beigeladene ist. Denn nach § 14 Abs. 2 Satz 5 SGB IX soll der Zweitangegangene, eigentlich nach § 6 Abs. 1 SGB IX unzuständige Rehabilitationsträger im Sinne des Leistungsberechtigten gleichwohl zu einer sachgerechten Leistungsentscheidung kommen und muss das weitere Vorgehen mit dem voraussichtlich endgültig zuständigen Rehabilitationsträger klären. Diese Vorschrift zeigt, dass im Gegensatz zur vorläufigen Leistung, die den zuständigen Leistungsträger nicht unmittelbar tangiert, eine nach außen hin verbindliche neue Zuständigkeit geschaffen worden ist, gleichzeitig aber intern Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers fortbestehen (vgl. BSG vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R in SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Der Wortlaut des § 14 SGB IX ist zwar ungenau und nicht unzweideutig. Sinn und Zweck der Regelung lassen jedoch nach Auffassung des Gerichts keine andere Interpretation zu. In der Gesetzesbegründung ist nämlich ausgeführt, dass Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage einschließlich der vorläufigen Leistungserbringung bei ungeklärter Zuständigkeit oder bei Eilbedürftigkeit nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen sollen (BT-Drucks. 14/5074, S. 95). Die Vorschrift des § 14 SGB IX trage dem Bedürfnis Rechnung, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken. Sie enthalte für Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen eine für die Rehabilitationsträger abschließende Regelung, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen Zuständigkeit der Leistungserbringung im Ersten Buch und den Leistungsgesetzen der Rehabilitationsträger vorgehe und alle Fehler der Feststellung der Leistungszuständigkeit erfasse. Ihr Ziel sei es, durch auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigungsklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern. Die zeitgerechte zügige Erbringung von Leistungen liege im Interesse der Leistungsberechtigten, aber auch der zuständigen Rehabilitationsträger. Nach Abs. 1 solle grundsätzlich der zuerst angegangene Rehabilitationsträger die Leistung erbringen. Abs. 2 Satz 3 stelle klar, dass auch ein anderer zur Leistung verpflichteter Rehabilitationsträger an die in den Zuständigkeitsklärungsverfahren nach Abs. 1 getroffene Entscheidung zunächst gebunden sei und sich nicht darauf berufen könne, dass er eine andere Entscheidung getroffen hätte (BT-Drucks. 14/5074, S. 102 f.). Dieser Zielsetzung muss die Auslegung des § 14 SGB IX folgen. Offenbar ist der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 14 SGB IX davon ausgegangen, dass sich die jeweils angegangenen Rehabilitationsträger verfahrensmäßig so verhalten, wie dies in § 14 SGB IX vorgesehen ist, dass also insbesondere keine Ablehnung einer Rehabilitationsleistung mangels Zuständigkeit erfolgt (vgl. BSG vom 07.10.2004 a.a.O.). Kann aber die Leistungsablehnung nicht auf eine fehlende Zuständigkeit gestützt werden, dann muss der nach § 14 SGB IX zuständige Träger gegebenenfalls auch Leistungsansprüche nach dem Recht anderer Rehabilitationsträger prüfen und diese Leistungen auch gegenüber dem Ast gewähren, wenn hierauf ein Leistungsanspruch besteht. Der Zuständigkeitsstreit darf nicht "auf dem Rücken der Versicherten" ausgetragen werden. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Leistungsverpflichtung der Ag auch nach den Regelungen des SGB VIII zu überprüfen ist. Sinn und Zweck des § 14 SGB IX lassen zur Überzeugung des Gerichts keine andere Interpretation zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
II. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die am 1985 geborene Antragstellerin (Ast) ist an einer bipolaren affektiven Störung mit zeitweise schweren depressiven Episoden erkrankt. Sie war ab 03.01.2005 zur stationären Akutbehandlung in der Klinik Dr. S., Bad W., untergebracht und beantragte aus dem Klinikaufenthalt heraus am 07.03.2005 bei der Beigeladenen Hilfe nach §§ 35a und 41 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Vorgelegt wurden ein Formblattantrag, ein handgeschriebener Lebenslauf und ein ärztlicher Bericht von Dr. L./Dr. H. aus der Klinik Dr. S. vom 03.03.2005. Die Ärzte hielten den Schritt in eine therapeutische Wohngemeinschaft für notwendig, um die immer noch sehr labile Selbstsicherheit der Ast zu stärken. Bei der emotional tiefgreifend gestörten Ast bestehe nach wie vor die Gefahr, dass sie vor allem bei größeren psychischen Belastungen ohne Unterstützung wieder auf ihre Überlebensstrategien zurückgreife, sich dabei psychisch und physisch maßlos überfordere oder wieder mit einer Verstärkung der bekannten Symptombilder im Rahmen der bipolar affektiven Störung reagiere. Die therapeutische Wohngemeinschaft biete einmal die Möglichkeit, das familiäre Lebensumfeld, das zur Aufrechterhaltung der Störung beiträgt, zu verlassen, zum anderen könne die Ast die hier erlernten Therapieinstrumente fortsetzen und durch die Einbindung in eine klare Haus- und Wohnordnung der Wohngemeinschaft ein geregeltes Alltags-, Schul- oder Berufsleben führen. In einem Begleitbrief der Dipl.-Sozialpädagogin N. vom 03.03.2005 wird erwähnt, dass die Ast bereits kurzzeitig nach Aufenthalt in der Psychiatrie in einer teilbetreuten Wohngemeinschaft, E. in A., untergebracht war. Warum dieses Seting nicht passend war und welche Art der Hilfestellung angemessen sei müsse in einem gemeinsamen Gespräch geklärt werden. Die Beigeladene hielt sich für unzuständig, da es sich bei der begehrten therapeutischen Hilfe um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im Sinne von §§ 5 Nr. 1 und 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) handle und leitete den Reha-Antrag an die Antragsgegnerin (Ag) mit Begleitschreiben vom 15.03.2005 weiter. Bei der Ag war jedoch, wie sich auf Nachfrage der Mutter der Ast ergab, kein Antragseingang zu verzeichnen, sodass die Beigeladene den Antrag erneut am 12.04.2005 übersandte. Die Ag lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für betreutes Wohnen am 27.04.2005 ab. Sie war der Auffassung, dass die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers gegeben sei. Die bevollmächtigte Mutter der Ast legte am 23.05.2001 Widerspruch hiergegen ein. Die Mutter der Ast konkretisierte mit Schreiben vom 22.04.2005 den Jugendhilfeantrag ihrer Tochter. Sie gab an, dass der Ast schon während eines Aufenthaltes in der Universitätsklinik M. von der dortigen Spezialstation für bipolar Erkrankte die therapeutische Jugendwohngemeinschaft K. in M. empfohlen worden sei. Ihre Tochter habe sich diese Wohngemeinschaft zwischenzeitlich angesehen und sei sehr davon angetan. Sie legte eine Information des Vereines K. über das Konzept der Wohngruppe vor. Die Beigeladene antwortete hierauf mit Schreiben vom 28.04.2005, dass die Ag zur Entscheidung über den Antrag zuständig sei. Mit Schreiben vom 27.04.2005 beantragte die Mutter der Ast beim Bezirk Schwaben die Unterbringung in einer therapeutischen Jugendwohngruppe und erwähnte speziell die Einrichtung K. in M ... Positiv sei auch die Möglichkeit einer Betreuung durch die Spezialambulanz für bipolar Erkrankte an der Klinik der Universität M ... Mit Schreiben vom 12.05.2005 trug sie vor, dass Plätze bei K. in der Reihenfolge nach Eingang der Kostenzusage vergeben würden. Sie bitte daher um schnellstmöglichen Bescheid. Außerdem legte sie ein Attest des Dr. E., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus A. vom 04.05.2005 vor. Dieser befürwortete die Absicht zur Aufnahme bei K. e.V. mit großem Nachdruck. K. e.V. biete nicht nur die notwendige pädagogische Struktur, die angesichts der schwerwiegenden Erkrankung notwendig sei. Entscheidend sei die Notwendigkeit einer konsequenten und nachhaltigen spezialärztlichen Behandlung. Die schwere und sehr früh aufgetretene Erkrankung mache es notwendig, dass die Ast an eine Spezialambulanz für bipolare Störungen angebunden werde. Eine solche gebe es in M. an der LMU. Die Augsburger Spezialambulanz werde nach dem Weggang des Referenten zum 01.06.2005 aufhören zu existieren. Er rate daher dringend, sich weiter in M. behandeln zu lassen. Außerdem ging ein psychologisches Gutachten des Dipl.-Psychologen R. vom 10.05.2005 ein, das im Auftrag der Arbeitsagentur Augsburg erstellt wurde. Lt. Herrn R. war die Ast in der Untersuchungssituation in so guter Verfassung, dass sie selbst der Stresssituation eines Testes unter Zeitdruck gewachsen war. Daher wäre an eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, vielleicht mit Berufsfindung zu denken. Die Ast möchte den Weg über die therapeutische Wohngemeinschaft und an die Fachoberschule in München gehen, was aus psychologischer Sicht denkbar sei, da sie auf diese Art und Weise doch noch einige Zeit zusätzlich zur Stabilisierung habe und man sehe, ob diese von Dauer ist. Der Bezirk Schwaben teilte der Ast mit Schreiben vom 21.05.2005 (Abdruck ging an die Ag) mit, dass ihres Erachtens es sich bei der bipolaren affektiven Störung um eine Erkrankung handle, die vorrangig Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die zuständige Krankenkasse erforderlich machen würden. Überdies hätte die Ag den Antrag nicht einfach unter Hinweis auf die fehlende sachliche Zuständigkeit ablehnen können. Zudem sei, selbst wenn keine Leistungen der medizinischen Rehabilitation in Betracht kämen, der Bezirk Schwaben nicht zuständiger Träger, sondern vielmehr das Jugendamt vorrangiger Leistungsträger nach §§ 35a, 41 SGB VIII.
Die Bevollmächtigten der Ast haben am 28.06.2005 beim Sozialgericht Augsburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, die Kosten für die Unterbringung der Ast in der therapeutischen Wohngemeinschaft K. e.V. in M. zu übernehmen. Zur Begründung wurde ein Attest von Dr. O./ Dr. G., Bezirkskrankenhaus A., vom 15.06.2005 vorgelegt. Danach hatte sich aktuell der Zustand der Ast so weit gebessert, dass eine ambulante medizinische Behandlung ausreichend ist. Zur Stabilisierung des bisher Erreichten und um das Ziel einer selbstständigen Lebensführung mittelfristig erreichen zu können, benötige die Ast nun jedoch eine längerfristige intensive pädagogisch-therapeutische Betreuung. Zur Stabilisierung sei der Einzug in eine therapeutische Wohngemeinschaft aus ärztlicher Sicht dringend zu befürworten. Bei der Auswahl sei zu beachten, dass die Wohngemeinschaft ein ausreichend hohes Betreuungsangebot aufweisen solle, insbesondere auch nachts eine Betreuung verfügbar sei. Außerdem müsse dringend auf eine ausreichende Tagesstrukturierung geachtet werden. Die therapeutische Wohngemeinschaft von K. e.V. erscheine besonders geeignet. Der Aufenthalt in M. hätte zudem den Vorteil, dass die Ast über eine Anbindung an die Spezialambulanz für bipolare Störungen der LMU M. eine optimale ambulante Versorgung erhalten könne. Der therapeutische Leiter der Jugenwohngruppe K. Herr H. bestätigte das Vorgespräch der Ast in der Einrichtung. Eine grundsätzliche Zusage sei erteilt worden. Eine Aufnahme wäre voraussichtlich zum Herbst 2005 möglich. Voraussetzung für die Annahme sei eine verbindliche Zusage zur Kostenübernahme des Betreuungssatzes durch einen Rehabilitationsträger. Mit Beschluss vom 29.06.2005 hat das Gericht den Landkreis Augsburg, Jugendhilfe, beigeladen. Dieser hat mit Schreiben vom 05.07.2005 die Auffassung vertreten, dass es sich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation durch die Krankenkasse handle und auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 09.09.1999 verwiesen. Dagegen vertritt die Ag die Auffassung, dass sie selbst nicht zuständig sei für die Unterbringung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft, da es sich hierbei um eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 5 Ziffer 4 SGB IX handle. Am 14.07.2005 fand ein Erörterungstermin statt. Im Anschluss hat die Beigeladene geprüft, ob unter Außerachtlassung des Zuständigkeitsstreits die Kosten für eine Unterbringung der Ast in der Einrichtung K. nach Jugendhilferecht übernommen werden könnten. Die Beigeladene vertrat mit Schreiben vom 19.07.2005 die Auffassung, dass eine Kostenübenahme für die von der Ast gewählte Einrichtung K. deshalb nicht möglich sei, weil die Einrichtung mit der zuständigen Jugendhilfekommission in M. zwar eine Entgeltvereinbarung abgeschlossen habe, jedoch weder eine Leistungs- noch eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung. Das Wunsch- und Wahlrecht der Ast sei daher eingeschränkt. Unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes käme eine Unterbringung in der Einrichtung Landhaus P. in S. in Betracht. Die Konzeption des Landhauses P. wurde mitübersandt. Die Bevollmächtigten der Ast haben mit Schreiben vom 18.07.2005 eine möglichst schnelle Unterbringung unter Berücksichtigung des hohen Suizidrisikos angemahnt und eine weitere Stellungnahme der Mutter der Ast übersandt. Mit Schreiben vom 20.07.2005 hat S. K. vom Sozialdienst des BKH A. bestätigt, dass ein zeitnaher Wechsel der Ast in eine engmaschig betreute Einrichtung ihrer Wahl aus therapeutischer Sicht sinnvoll wäre. Die Ag hat mit Schreiben vom 22.07.2005 im Hinblick auf die Ausführungen der Beigeladenen eine Verpflichtung zur Kostenübernahme weiterhin verneint. Das Gericht hat die Ag mit Schreiben vom 25.07.2005 auf den Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) aufmerksam gemacht. Dass es an der Aufstellung eines Hilfeplanes bislang fehle, dürfe nicht zu Lasten der Ast gehen.
Die Beigeladene hat daraufhin mit Schreiben vom 27.07.2005 die Aufstellung eines Hilfeplanes angekündigt. Die Bevollmächtigten der Ast haben mit Schreiben vom 28.07.2005 ergänzend mitgeteilt, dass die Ast selbst über kein eigenes Vermögen und Einkommen verfüge.
Die Ag hat den Widerspruch mit Bescheid vom 18.08.2005 zurückgwiesen. Die Bevollmächtigten haben am 23.08.2005 hiergegen Klage erhoben.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 22.08.2005 den am 19.08.2005 vom Dipl.-Sozialpädagogen W. erstellten Hilfeplan übersandt. Er hat die Ziele der Maßnahme benannt und in einer zusammenfassenden Wertung u.a. dargelegt, dass eine eng betreute therapeutische Wohnform angezeigt und die Dringlichkeit einer zeitnahen Aufnahme gegeben sei. Zur benötigten Hilfeart hat er offen gelassen, ob die bisherige medizinische Rehabilitation bereits ein hinlängliches Fundament geschaffen habe, das in einer nach § 35a SGB VIII orientierten Maßnahme weitergeführt werden könne. Bejahe man dies, müsse dem Landhaus P. Priorität eingeräumt werden. Da eine Aufnahme dort aufgrund der Dringlichkeit nicht mit der nötigen Planungssicherheit vorbereitet werden könne, andererseits die Einrichtung K. als entsprechend qualifiziert einzuschätzen sei und dort die erforderliche zeitnahe Aufnahme erfolgen könne, sei die Unterbringung dort auch im Hinblick auf § 78b Abs. 3 SGB VIII geboten. Die Ag hat sich mit Schreiben vom 23.08.2005 weiterhin auf die Zuständigkeit der Beigeladenen berufen. Die Bevollmächtigten der Ast haben mit Schreiben vom 23.08.2005 deutlich gemacht, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aufrechterhalten bleibt.
Die Bevollmächtigten der Ast beantragen,
die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b SGG zu verpflichten, vorläufig die Kosten für die Unterbringung der Ast in der therapeutischen Wohngemeinschaft "K. e.V." in M. ab dem Zeit- punkt ihrer Aufnahme im Herbst 2005 zu übernehmen.
Die Ag beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene hat selbst keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine einstweilige Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus. Das Gericht entscheidet auf Grund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, ob ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen und welche Maßnahme unter Abwägung der Belange der Öffentlichkeit und des Ast nötig erscheinen. Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch, für den der Ast vorläufigen Rechtsschutz sucht. Er ist identisch mit dem auch im Hauptsacheverfahren/Widerspruchsverfahren geltend zu machenden materiellen Anspruch. Anordnungsgrund ist die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung.
Ein Anordnungsgrund ist vorhanden. Eilbedürftigkeit liegt vor. Wie sich aus dem Hilfeplan ergibt ist eine Unterbringung der Ast in einer therapeutischen Wohngruppe und Herauslösung aus der Familie aufgrund ihrer schwerwiegenden Erkrankung und Reifungsdefizite sowie familiärer Konflikte zeitnah notwendig. Eine Aufnahmezusage wird durch die betreffende Einrichtung erst nach Klärung der Kostenträgerschaft gegeben, sodass die Entscheidung in der Hauptsache (Klage) nicht abgewartet werden kann.
Zur Überzeugung des Gerichts liegt auch ein Anordnungsanspruch vor. Bei einer summarischen Prüfung der Aktenlage erscheinen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens durchaus gegeben. Nach den beigebrachten ärztlichen Attesten und Stellungnahmen sowie letztlich vor allem auch dem Hilfeplan ist die Unterbringung der Ast in einer therapeutischen betreuten Wohngemeinschaft und ihr Herauslösen aus dem familiären Umfeld notwendig, einerseits wegen der psychischen Erkrankung, anderseits wegen Reifungsdefiziten. Ein Anspruch auf Unterbringung in der Jugendwohngruppe des Vereins K. e.V. ergibt sich nicht aus § 40 SGB V. Die Notwendigkeit einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation ist nicht belegt. Dagegen spricht schon, dass keiner der behandelnden Ärzte in seinen schriftlichen Stellungnahmen ausdrücklich eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation für erforderlich gehalten hat. Vielmehr spricht das Attest des BKH vom 15.06.2005 davon, dass sich der Zustand der Ast aktuell so weit gebessert habe, dass eine ambulante medizinische Behandlung ausreichend sei. Voraussetzung für eine Maßbnahme der stationären medizinischen Rehabilitation nach § 40 SGB V ist jedoch gerade, dass die in § 11 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) beschriebenen Ziele durch eine ambulante Krankenbehandlung nicht mehr erreicht werden können. Zudem dürfen Krankenkassen medizinische Leistungen zur Rehabilitation nur in Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (§ 111 Abs. 1 SGB V). Für die Einrichtung K. e.V. existiert kein derartiger Versorgungsvertrag.
Ein Anspruch auf Unterbringung in der Jugendwohngruppe von K. e.V. ergibt sich jedoch nach § 35a SGB VIII. Danach haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Die Hilfe wird je nach dem Bedarf im Einzelfall u.a. auch in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet. Die Grundbedingungen des § 35a Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII erfüllt die Klägerin zweifellos. Soweit die Beigeladene argumentiert hat, dass Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII deshalb nicht einschlägig sei, weil eine psychische Erkrankung vorliege, die einer laufenden medizinischen Behandlung bedürfe, und deshalb eine Leistung der medizinischen Rehabilitation vorliege, erscheint diese Argumentation nicht logisch verständlich. Ziffer 1 des § 35a Abs. 1 SGB VIII gibt die Definition einer Behinderung im Sinne des SGB IX auf psychischem Gebiet wieder. Dass eine solche psychische Behinderung eine Dauerbeeinträchtigung darstellt und auch im allgemeinen laufender ärztlichen Kontrolle und Behandlung bedarf, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass diese laufende ambulante ärztliche Behandlung auch während einer Maßnahme nach § 35a SGB VIII weiterläuft, macht diese Maßnahme noch nicht alleine zu einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Auch die von der Beigeladenen vorgelegte Konzeption des Landhauses P., mit dem ein Vertrag im Sinne von § 78b SGB VIII als Einrichtung der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII besteht, macht deutlich, dass gerade auch Fälle einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung, bei denen eine laufende ambulante medizinische Behandlung notwendig ist, aufgenommen werden.
Nach dem von der Beigeladenen erstellten Hilfeplan ist eindeutig eine Hilfe außerhalb der Familie in einer Einrichtung des therapeutischen betreuten Wohnens erforderlich, um die notwendige Stabilisierung der psychischen Erkrankung zu gewährleisten. Soweit der den Hilfeplan erstellende Sozialpädagoge Weigl sich die Frage gestellt hat, ob die medizinische Rehabilitation bereits so weit abgeschlossen ist, dass ein hinlängliches Fundament für eine Maßnahme nach § 35a SGB VIII geschaffen wurde, ist dies nach Auffassung des Gerichts zu bejahen. Dabei stützt sich das Gericht auf die Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, die ausdrücklich nur noch eine ambulante ärztliche Behandlung für erforderlich erachten und ansonsten die Unterbringung in einer Wohngruppe zur Stabilisierung befürworten. Dass bei Krisen immer wieder auch kurzfristige stationäre Intervention notwendig werden kann, liegt in der Natur der Erkrankung der Ast begründet.
Die von der Ast und ihrer Familie gewünschte Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. ist deshalb problematisch, weil diese Einrichtung zwar mit der zuständigen Jugendhilfekommission in München eine Entgeltvereinbarung abgeschlossen hat, jedoch weder eine Leistungs- noch eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung im Sinne von § 78b Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Das Wunsch- und Wahlrecht der Ast ist daher eingeschränkt. Nach § 78b Abs. 3 SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Leistungsentgeltes in einer Einrichtung ohne Vereinbarung nach Abs. 1 nur verpflichtet, wenn dies insbesondere nach Maßgabe der Hilfeplanung im Einzelfall geboten ist. Nach § 36 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII ist der Wahl und den Wünschen zu entsprechen, sofern sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind. Wird die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in Einrichtungen, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, gewünscht, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung nach Maßgabe des Hilfeplanes nach § 36 Abs. 2 SGB VIII geboten ist. Die täglichen Kosten für die Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. sind deutlich höher als in der vergleichbaren Einrichtung Landhaus P ... Damit wäre eine andere Einrichtung als K. e.V. vorzuziehen. Aus dem Hilfeplan ergibt sich aber die Dringlichkeit der Unterbringung der Ast außerhalb der Familie. In dem als Alternative in Betracht gezogenen Landhaus P. wäre frühestens in zwei Monaten eine Unterbringung möglich, da noch keine Vorgespräche stattgefunden haben. Diese Vorgespräche sind dagegen in der Einrichtung K. e.V. bereits abgelaufen, wo auch nach den glaubhaften Darlegungen der Ast die konkrete Chance einer Aufnahme noch im Herbst 2005 besteht. Zudem besteht bei einer Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. in M. der Vorteil, dass die Einrichtung an die Spezialambulanz für bipolare Störungen an der Universitätsklinik der LMU M. angebunden ist. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es durchaus wahrscheinlich, dass bei der Entscheidung in der Hauptsache dem Antrag der Ast auf Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. stattgegeben werden könnte.
Grundsätzlich sollte die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. In der Regel ist es deshalb nicht zulässig, die Behörde zum Erlass eines im Hauptsacheverfahren beantragten Verwaltungsaktes zu verpflichten (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 86b Rdz 31). Ausnahmsweise ist es hier jedoch im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes erforderlich, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen. Angesichts der glaubhaft gemachten fehlenden finanziellen Mittel der Ast und ihrer unterhaltsverpflichteten Eltern und der Dringlichkeit der Herauslösung aus der Familie und Unterbringung in einer therapeutisch betreuten Einrichtung hält das Gericht unter Abwägung aller Gesamtumstände eine Verpflichtung der Ag zur Übernahme der Unterbringungskosten für geboten. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen (BVerfG Beschluss vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, 1236; bestätigend BVerfG Beschluss vom 19.03.2004 - 1 BvR 131/04). Schwerwiegende Nachteile für die Ast sind deshalb nicht auszuschließen, weil bei weiterer Unterbringung in der Familie die Gefahr einer erneuten Destabilisierung droht, die sich in einer schweren depressiven Phase auch bis zu einem möglichen Suizid steigern könnte. Angesichts dessen hielt das Gericht eine Vorwegnahme der Hauptsache für angemessen.
Die zeitliche Einschränkung des Aufnahmetermins bis spätestens 31.10.2005 erschien deshalb geboten, weil die Aufnahme in der Einrichtung K. e.V. ja nur deshalb ausnahmsweise erfolgen kann, weil eine schnelle Aufnahme in einer wirtschaftlich günstigeren Alternativeinrichtung mit gesetzlich vorgesehener Qualitäts- und Leistungsvereinbarung nicht möglich ist. Das Gericht hielt auch eine zeitliche Begrenzung der Verpflichtung bis 28.02.2006 für geboten, damit die Ag gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Beigeladenen Gelegenheit hat, nach der Aufnahme in der Einrichtung K. e.V. die Geeignetheit dieser Unterbringung für die mit dem Hilfeplan formulierten Ziele nachzuprüfen. Die Kostenbeteiligung in Höhe von 6,00 EUR pro Tag hält das Gericht deshalb für angemessen, weil mit der Unterbringung gleichzeitig Kosten erspart werden, die ansonsten für Essen und Unterkunft angefallen wären.
Die Verpflichtung zur Übernahme der Unterbringungskosten war gegenüber der Ag auszusprechen, nicht gegenüber der Beigeladenen. Die Ag ist für die Leistungsgewährung zuständig, obwohl nach Auffassung des Gerichts sich der Leistungsanspruch nicht aus dem SGB V, dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern aus dem SGB VIII ableitet. Die Zuständigkeit ergibt sich als zweitangegangener Leistungsträger nach § 14 Abs. 2 SGB IX. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn nach materiellem Recht eigentlich tatsächlich eine Unzuständigkeit gegeben ist. Kann der Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 sein, hat er unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu klären, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Ast (§ 14 Abs. 2 Satz 5 SGB IX). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX ist die Krankenkasse nur für Leistungen zur medizinische Rehabilitation sowie für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen zuständige Rehabilitationsträgerin, nicht jedoch für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuständig. Die hier in Frage stehende Unterbringung in der Einrichtung K. e.V. nach § 35a SGB VIII ist nach Auffassung des Gerichts den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen, die grundsätzlich nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden. Kapitel 4 des SGB IX beschäftigt sich mit den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Dabei definiert § 26 SGB IX das Ziel der medizinischen Leistungen zur Rehabilitation und zählt auf, welche Leistungen hiervon insbesondere umfasst sind. Nach § 26 Abs. 3 SGB IX sind Bestandteil der Leistungen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, insbesondere Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung (Nr. 1), die Aktivierung von Selbsthilfepotentialen Nr. 2), Hilfen zur psychischen Stabilisierung und zur Forderung der sozialen Kompetenz, u.a. durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen (Nr. 5) und Training lebenspraktischer Fähigkeiten (Nr. 6). Gleichzeitig setzt Abs. 3 aber auch voraus, dass diese Leistungen nur erbracht werden, soweit sie im Einzelfall erforderlich sind, um die in Abs. 1 genannten allgemeinen Ziele der medizinischen Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Der Schwerpunkt dieser Hilfen und ihr Ziel liegt also kurz gefasst darin, die Krankheit und ihre Folgen zu "bessern". Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (Kapitel 7 SGB IX) sind dagegen nicht nur auf die Überwindung und Besserung von Krankheitsfolgen beschränkt. Vielmehr zählen zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX solche Leistungen, die nach dem Kapitel 4 - 6 nicht erbracht werden und den behindernten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weitgehend wie möglich unabhängig von Pflege machen. Insbesondere zählen hierzu nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Da die Hilfeform wegen einer Behinderung erfolgt lässt sich in aller Regel nicht klar trennen, welcher Teil der Maßnahme einer medizinischen Rehabilitation zugeordnet sein könnte und welcher zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gehört. Eine klare Trennung dürfte in der Regel auch nicht durchführbar sein, da sich die Leistungen teilweise überschneiden. In dieser Situation hat nun der Gesetzgeber entschieden, die Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX ausdrücklich den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen. Das Gericht schließt dies zum einen aus der Formulierung in Abs. 2, dass den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft "insbesondere" die in Abs. 2 genannten Hilfen zuzuordnen sind. Zudem ist in der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 14/5074) ausgeführt, dass die in Abs. 2 Nr. 6 geschaffene eindeutige Rechtsgrundlage für Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten die bisher für solche Hilfen herangezogene Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 1 Nr. 8 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) konkretisiert und verallgemeinert. Die Formulierung von Gesetzestext und Gesetzesbegründung spricht nach Ansicht des Gerichts dafür, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten, d.h. u.a. auch betreutes Wohnen in einer therapeutischen Wohngemeinschaft nach § 35a SGB VIII, den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuordnen wollte und nicht den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Gesetzgeber hat also mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB X ein "lex spezialis" geschaffen, mit dem die Leistungen des betreuten Wohnens ausdrücklich den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zugeordnet werden. Damit aber besteht für diese Leistung keine Trägerschaft und damit auch keine denkbare Zuständigkeit der Krankenkassen. Auch § 26 SGB IX bietet zur Überzeugung des Gerichts keine eigenständige Anspruchsgrundlage.
Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass für die Abgrenzung der Frage, ob eine Leistung der medizinischen Rehabilitation oder einer Leistung der Eingliederungshilfe/Teilhabe zum Leben an der Gemeinschaft vorliegt, entscheidend ist, ob eine medizinische Behandlung erfolgt. Sie lehnt sich dabei an die Begründung des VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 09.12.1999 - 2 S 2737/98 - an, der einen Vorrang der medizinischen Rehabilitation sieht, soweit es sich nicht um eine alleinige soziale Eingliederung handle. Diese Unterscheidung hält das Gericht jedoch für nicht praktikabel. Bei psychisch schwer Erkrankten ist immer auch eine (ambulante) medizinische Behandlung der Erkrankung notwendig. Dass diese Krankheit gleichzeitig auch in der Maßnahme "mitbehandelt" wird, liegt in der Natur der Sache. Entscheidend ist daher nach Auffassung des Gerichts, wo der Schwerpunkt der Leistungen liegt, und zwar einmal nach dem Ziel der Maßnahme, andererseits auch nach den hierzu angewandten therapeutischen Mitteln. Liegt der Schwerpunkt der Maßnahmen in allgemeinen therapeutischen und pädagogischen Hilfen aber nicht bei der Vermittlung von Leistungen im Sinne SGB V, dann liegt keine medizinische Rehabilitation vor.
Ob im vorliegenden Fall tatsächlich eine Leistung der medizinischen Rehabilitation gegeben ist oder ob es sich ausschließlich um eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit Rechtsgrundlage in § 35a SGB VIII handelt, kann letztlich dahinstehen. Denn die Zuständigkeit der Ag ergibt sich allein aus der Tatsache, dass sie zweitangegangene Trägerin nach Weiterleitung des Antrages durch die Beigeladene ist. Denn nach § 14 Abs. 2 Satz 5 SGB IX soll der Zweitangegangene, eigentlich nach § 6 Abs. 1 SGB IX unzuständige Rehabilitationsträger im Sinne des Leistungsberechtigten gleichwohl zu einer sachgerechten Leistungsentscheidung kommen und muss das weitere Vorgehen mit dem voraussichtlich endgültig zuständigen Rehabilitationsträger klären. Diese Vorschrift zeigt, dass im Gegensatz zur vorläufigen Leistung, die den zuständigen Leistungsträger nicht unmittelbar tangiert, eine nach außen hin verbindliche neue Zuständigkeit geschaffen worden ist, gleichzeitig aber intern Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers fortbestehen (vgl. BSG vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R in SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Der Wortlaut des § 14 SGB IX ist zwar ungenau und nicht unzweideutig. Sinn und Zweck der Regelung lassen jedoch nach Auffassung des Gerichts keine andere Interpretation zu. In der Gesetzesbegründung ist nämlich ausgeführt, dass Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage einschließlich der vorläufigen Leistungserbringung bei ungeklärter Zuständigkeit oder bei Eilbedürftigkeit nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen sollen (BT-Drucks. 14/5074, S. 95). Die Vorschrift des § 14 SGB IX trage dem Bedürfnis Rechnung, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken. Sie enthalte für Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen eine für die Rehabilitationsträger abschließende Regelung, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen Zuständigkeit der Leistungserbringung im Ersten Buch und den Leistungsgesetzen der Rehabilitationsträger vorgehe und alle Fehler der Feststellung der Leistungszuständigkeit erfasse. Ihr Ziel sei es, durch auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigungsklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern. Die zeitgerechte zügige Erbringung von Leistungen liege im Interesse der Leistungsberechtigten, aber auch der zuständigen Rehabilitationsträger. Nach Abs. 1 solle grundsätzlich der zuerst angegangene Rehabilitationsträger die Leistung erbringen. Abs. 2 Satz 3 stelle klar, dass auch ein anderer zur Leistung verpflichteter Rehabilitationsträger an die in den Zuständigkeitsklärungsverfahren nach Abs. 1 getroffene Entscheidung zunächst gebunden sei und sich nicht darauf berufen könne, dass er eine andere Entscheidung getroffen hätte (BT-Drucks. 14/5074, S. 102 f.). Dieser Zielsetzung muss die Auslegung des § 14 SGB IX folgen. Offenbar ist der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 14 SGB IX davon ausgegangen, dass sich die jeweils angegangenen Rehabilitationsträger verfahrensmäßig so verhalten, wie dies in § 14 SGB IX vorgesehen ist, dass also insbesondere keine Ablehnung einer Rehabilitationsleistung mangels Zuständigkeit erfolgt (vgl. BSG vom 07.10.2004 a.a.O.). Kann aber die Leistungsablehnung nicht auf eine fehlende Zuständigkeit gestützt werden, dann muss der nach § 14 SGB IX zuständige Träger gegebenenfalls auch Leistungsansprüche nach dem Recht anderer Rehabilitationsträger prüfen und diese Leistungen auch gegenüber dem Ast gewähren, wenn hierauf ein Leistungsanspruch besteht. Der Zuständigkeitsstreit darf nicht "auf dem Rücken der Versicherten" ausgetragen werden. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Leistungsverpflichtung der Ag auch nach den Regelungen des SGB VIII zu überprüfen ist. Sinn und Zweck des § 14 SGB IX lassen zur Überzeugung des Gerichts keine andere Interpretation zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved