S 12 KR 337/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 337/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 12. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2004 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Ziel des Klägers ist, als freiwilliges Mitglied weiterhin ab 01.01.2004 Beiträge aus seinem Versorgungsbezug nur nach dem halben allgemeinen Beitragssatz und nicht nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu zahlen.

Der am 1927 geborene Kläger ist ehemaliger Dienstordnungsangestellter bei der T.-Berufsgenossenschaft. Seit 16.11.1959 ist er Mitglied der Beklagten, zuletzt freiwilliges Mitglied. Er bezieht Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 313,08 EUR sowie einen Versorgungsbezug. Beide Einkommen liegen zusammen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze 2004 in Höhe von 3.487,50 EUR monatlich. Ab 09.08.1992 war der Kläger als Bezieher von Versorgungsbezügen in die Beitragsklasse 741 mit einem Monatsbeitrag zur Krankenversicherung von zuletzt 271,57 EUR eingestuft. Dabei entrichtete er aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der gesetzlichen Rente und der Beitragsbemessungsgrenze aus seinem Versorgungsbezug lediglich Beiträge in Höhe des halben allgemeinen Beitragssatzes. Durch Gesetzesänderung fiel diese Beitragsklasse zum 31.12.2003 weg. Die Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 12.01.2004 den Beitrag zur Krankenversicherung ab 01.01.2004 auf insgesamt 519,64 EUR fest. Dabei entfallen 46,65 EUR auf den Beitrag aus der gesetzlichen Rente (allgemeiner Beitragssatz von 14,9 %) sowie 472,99 EUR auf den Beitrag aus Versorgungsbezug (allgemeiner Beitragssatz von 14,9 % aus 3.174,42 EUR).

Hiergegen legte der Kläger am 08.03.2005 Widerspruch ein. Die Bevollmächtigten des Klägers haben zur Begründung vorgetragen, dass die Gesetzesneuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot verstoße. Es fehle auch eine Übergangsregelung. Die Beklagte erließ daraufhin am 21.06.2004 einen weiteren Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung zur Beitragshöhe ab 01.01.2004. Auch hiergegen legten die Bevollmächtigten Widerspruch ein. Die Beklagte wies den Widerspruch dann mit Bescheid vom 30.08.2004 zurück.

Hiergegen haben die Bevollmächtigten am 24.09.2004 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Sie haben die Auffassung vertreten, dass der Wegfall des § 240 Abs. 3 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) alter Fassung (a.F.) zum 01.01.2004 verfassungwidrig sei. Die beitragsrechtliche Neuregelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Ungleichbehandlung von freiwillig Versicherten mit Versorgungsbezug und pflichtversicherten Rentnern verstoße gegen das Übermaßverbot. Es werde einseitig einer Gruppe von Beitragszahlern ein unzulässiges Sonderopfer zugemutet. Denn es solle auf Kosten dieses Personenkreises der Krankenversicherungsbeitragssatz allgemein gesenkt werden, während sich für diesen Personenkreis eine erhebliche Beitragserhöhung ergebe. Es sei auch fraglich, ob das verfassungsrechtliche Gebot der amtsangemessenen Alimentation noch gewährleistet sei. Als Dienstordnungsangestellter habe er faktisch nicht die Wahl gehabt, ob er sich privat versichern wollte, sodass seine Lage insoweit mit der der Pflichtversicherten vergleichbar sei. Es liege auch eine verfassungswidrige unechte Rückwirkung vor. Das Vertrauen auf den Bestand der Regelung des § 240 Abs. 3 a SGB V a.F. unterliege einem besonderen Schutz. An die Beseitigung einer Übergangsregelung seien besonders strenge Voraussetzungen zu knüpfen. Dass nunmehr jegliche Übergangsregelung fehle, stelle sich als verfassungswidrig dar. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt, dass die gesetzliche Regelung verfassungsgemäß sei und auf verschiedene Gerichtsurteile Bezug genommen. Nach Ladung haben die Bevollmächtigten mit Schreiben vom 07.03.2006 zudem vorgetragen, dass es auch als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG anzusehen sei, dass der Kläger zum vollen allgemeinen Beitragssatz herangezogen werde. Denn er habe keinen Anspruch auf Krankengeld, sodass nach dem Regelungskonzept die Regelung des § 243 Abs. 1 SGB V einschlägig sein müsse, wonach ein ermäßigter Beitragssatz gelte, wenn der Risikobereich der Krankengeldversicherung nicht eröffnet sei.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Bescheid vom 12.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbe- scheides vom 30.08.2004 insoweit aufzuheben, als aus dem Versorgungsbezug der Beitrag nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz an Stelle des halben allgemeinen Beitragssatzes errechnet ist und den Beitrag entsprechend zu reduzieren.

Hilfsweise beantragt er,

das Verfahren nach § 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Außerdem beantragt er die Zulassung der Sprungrevision.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Außerdem beantragt er die Zulassung der Sprungrevision.

Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Sozialgericht Augsburg ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die Klage wurde auch form- und fristgerecht erhoben. Streitgegenständlich ist nicht nur eine Anfechtungsklage, vielmehr ist sinngemäß auch eine Feststellungsklage im Sinne von § 55 Abs. 2 SGG erhoben. Ein entsprechendes Feststellungsinteresse hinsichtlich der Festlegung der Beitragshöhe ab 01.01.2004 ist zu bejahen.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2004 ist rechtmäßig. Der Versorgungsbezug des Klägers von der T.-Berufsgenossenschaft zählt nach § 240 Abs. 1 und 2 SGB V in Verbindung mit der Satzung der Beklagten zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Die Festsetzung des vom Kläger zu tragenden Beitrages aus dem Versorgungsbezug unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes beruht auf § 240 Abs. 2 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 248 Satz 1 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003. Diese Vorschrift hat faktisch eine Verdoppelung des Krankenversicherungsbeitrages des Klägers aus seinen Versorgungsbezügen bewirkt. Denn bis 31.12.2003 hatte der Kläger, der bereits vor dem 31.12.1992 Versorgungsbezüge erhalten hatte, nach der Übergangsregelung des § 240 Abs. 3a SGB V in Verbindung mit § 248 SGB V alter Fassung (a.F.) bei der Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen nur die Hälfte des jeweils am 01.07. geltenden allgemeinen Beitragssatzes seiner Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr zu entrichten. Für freiwillig versicherte Versorgungsbezieher, die unter die Regelung des § 240 Abs. 3a SGB V fielen, stellt sich die Rechtsänderung zum 01.01.2004 hinsichtlich ihrer tatsächlichen Auswirkungen damit nicht anders dar als für einen pflichtversicherten Versorgungsbezieher.

Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass § 248 SGB V neuer Fassung (n.F.) und die Streichung des § 240 Abs. 3a SGB V a.F. verfassungswidrig sind, soweit dies eine Verdoppelung der Beiträge aus (beamtenrechtlichen) Versorgungsbezügen bewirkt hat durch die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes. Der Rechtsstreit war daher nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen.

Die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Ein Verstoß hiergegen liegt dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 78, 232 f; BVerfGE 87, 1 f.). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz ist also die Frage, ob eine Personengruppe gegenüber einer anderen ohne hinreichenden sachlichen Grund unterschiedlich behandelt wird.

Die Neurgelung bewirkt keine Ungleichbehandlung sondern vielmehr eine Gleichbehandlung bisher unterschiedlich geregelter Sachverhalte. Versorgungsbezüge zählen zu den versicherungspflichtigen Einnahmen im Sinne von § 240 SGB V bei freiwillig Versicherten. Bei Versicherungspflichtigen gehören sie seit 1983 zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Dabei galt für die Erhebung der Beiträge für die Pflichtversicherten und für die Gruppe der freiwillig Versicherten mit Versorgungsbezug vor dem 31.12.1992, dass immer nur der halbe allgemeine Beitragssatz von den Versicherten allein zu tragen war. Dagegen war auf Arbeitsentgelt und Renten der allgemeine Beitragssatz zu entrichten, wobei hinsichtlich der Beitragstragung bei Arbeitsentgelt und Rente galt, dass der Beitrag hälftig vom Pflichtversicherten und vom Arbeitgeber bzw. der Rentenversicherung zu tragen war bzw. das bei freiwillig Versicherten Arbeitergeber bzw. Rentenversicherung einen entsprechenden Zuschuss gemäß § 106 SGB V zahlten. Damit war zwar die Beitragslast dieser Versicherten aus den verschiedenen beitragspflichtigen Einnahmearten rechnerisch gleich, nämlich jeweils 1/2. Die Regelung führte aber zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung der Versorgungsbezüge im Verhältnis zum Arbeitsentgelt und der Rente aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen, da sie Beiträge aus Versorgungsbezügen bei Pflichtversicherten und der Gruppe der freiwillig Versicherten nach § 240 Abs. 3a SGB V nur zur Hälfte der Beiträge erhielten, jedoch auch bei Personen, bei denen der Hauptanteil der Einkünfte aus Versorgungsbezügen bestand, die Leistungen voll erbringen mussten. Mit der Beschränkung auf die Beitragshälfte aus Versorgungsbezügen führte § 248 SGB V a.F. insbesondere auch zu unausgewogenen Beitragseinnahmen der Krankenkassen im Verhältnis der "normalen" freiwillig Versicherten und der Pflichtversicherten bzw. der Gruppe der freiwillig Versicherten nach § 240 Abs. 3a SGB V, als zweier Versicherungsgruppen zueinander, da freiwillig Versicherte seit 1992 Beiträge nach dem vollen Beitragssatz allein tragen müssen. § 248 SGB V a.F. und die Streichung des § 240 Abs. 3a SGB V führt also aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen zu einer Gleichbehandlung der beitragspflichtigen Einkunftsarten, dagegen aus Sicht der Versicherten, die effektiv mit einem doppelten Beitrag aus Versorgungsbezügen belastet sind, zu einer ungleichen Beitragslast bei den verschiedenen Einkunftsarten.

Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkunftsarten zueinander auch für die Zukunft beizubehalten. So ist auch das BVerfG in seinem Beschluss vom 15.03.2000 (1 BvL 16/96 in SozR 3-2500 § 5 Nr. 42) davon ausgegangen, dass durch eine Änderung des § 248 SGB V eine Annäherung der Behandlung des Einkommens freiwillig und pflichtversicherter Mitglieder in der KVdR zulässig ist. Es hat diese Annäherung auch mit dem Ziel einer stärkeren Heranziehung der beitragspflichtigen Einnahmen bei den Versicherungspflichtigen ausdrücklich für zulässig erklärt, ohne das naheliegende Mittel einer Erhöhung der Beitragslast auszuschließen. Für die mittelbare Erhöhung der Beitragslast durch die Neufassung des § 248 SGB V gibt es auch hinreichende sachliche Gründe. Sie verfolgt das Ziel, Rentner mit Versorgungsbezügen in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen zu beteiligten, um so das solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem zu erhalten, ohne einerseits die Lohnnebenkosten durch weitere Beitragssatzanhebung zu steigern und ohne andererseits Leistungen rationalisieren zu müssen (BT-Drucks. 15/1525 S. 1, 140). § 248 SGB V ist dabei nur Teil eines Bündels finanzieller Maßnahmen des GMG, mit dem den finanziellen Herausforderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung begegnet werden soll. Der Gesetzgeber führt aus, dass die Bei- tragsdeckungsquote von den Leistungen in der KVdR von ca. 70 v.H. im Jahr 1973 stetig gesunken sei auf eine Quote von deutlich unter 50 v.H. im Jahr 2003 (BT-Drucks. 15/1525 S. 140). Die Änderung des § 248 SGB V ist geeignet, das erklärte Ziel einer verstärkten Beteiligung der Rentner aus der Finanzierung ihrer Leistungsausgaben zu erreichen. In diesem Zusammenhang steht auch die Streichung des § 240 Abs. 3a SGB V. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1525, S. 139) stellt die Änderung sicher, dass für freiwillig versicherte Rentner künftig keine günstigeren Beitragssätze Anwendung finden als für pflichtversicherte Rentner. Die Regelung ist auch nicht deshalb unzumutbar, weil wie im Fall des Klägers wegen seines höheren Anteiles der Versorgungsbezüge an der Gesamtversorgung die Belastung größer ist als bei anderen Versicherten. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht verfpflichtet, jede erwägenswerte Fallgestaltung zu regeln. Vielmehr ist er befugt, das aus den vorliegenden Erfahrungen gewonnene Gesamtbild seiner Normsetzung zugrunde zu legen. Deshalb darf auch eine Regelung generalisieren, typisieren und pauschalieren, sofern die damit verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten nur bei einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Personen auftreten und der Gleichheitssatz nicht wesentlich verletzt ist. Dabei sind auch praktische Erwägungen der Verwaltung von Bedeutung (vgl. BVerfGE 87, 234, 255 f.). Zu diesem Punkt ist auch zu berücksichtigen, dass gerade in den Fällen, in denen die individuellen Versorgungsbezüge - wie beim Kläger - gegenüber der gesetzlichen Rente besonders hoch sind, die frühere hälftige Beitragstragung bei Versorgungsbezügen gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz und dem Gedanken der Solidarität in der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung besonders problematisch war.

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Das Vermögen als solches wird durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen die Auferlegung öffentlich rechtlicher Geldleistungspflichten geschützt, soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl. BVerfGE 91, 207, 220; BVerfGE 82, 159, 190). Es ist nicht zu erkennen, weshalb die Beitragserhebung nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz bei versicherungspflichtigen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Gruppe der freiwillig Versicherten nach § 240 Abs. 3a SGB V zu einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG führen könnte, während sie dagegen bei den "normalen" freiwillig Versicherten der GKV gemessen am Maßstab des Art. 14 GG zulässig ist.

Die gesetzliche Neuregelung verletzt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereiches liegt nicht vor. Beiträge werden erst für die Zukunft ab 01.01.2004 gefordert. Es handelt sich also um eine tatbestandliche Rückanknüpfung (BVerfGE 76, 256). In die erforderliche grundrechtliche Bewertung fließen die allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (vgl. BVerfGE 72, 200 f.). Das Vertrauen von Versicherten, insbesondere älteren Mitgliedern der GKV auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage ist zwar in der Regel hoch einzuschätzen (vgl. BVerfGE vom 24.03.1998 - 1 BvL 6/92 in SozR 3-2500 § 48 Nr. 7). Jedoch besteht kein schutzwürdiges Vertrauen der Versicherten auf Fortbestand von für sie günstigen Beitragslastregelungen. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Krankenversicherung in der Vergangenheit wiederholt Änderungen hinsichtlich der Beitragspflicht angeordnet. Schon hieraus kann kein Vertrauensschutz dahingehend bestehen, dass die bis zum 31.12.2003 geltende Regelung unverändert fortbesteht. Zudem hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 15.03.2000 (a.a.O.), wo es die Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V beanstandet hatte, die Erhöhung der Beitragslast bei den versicherungspflichtigen Rentnern als eine Möglichkeit zur Beseitigung der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung bezeichnet. Da die Gruppe der freiwillig Versicherten nach § 240 Abs. 3a SGB V hinsichtlich des Beitrages aus Versorgungsbezug gegenüber den "normalen" freiwillig Versicherten dieselben Vergünstigungen innehatte, wie die Gruppe der versicherungspflichtigen Rentner, musste auch diese Gruppe, der der Kläger angehört, damit rechnen, dass sich in der Zukunft Veränderungen der Beitragserhebung ergeben würden. Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Ausschluss der Bestandsrentner und der Gruppe nach § 240 Abs. 3a SGB V von der Erhöhung der Beitragslast eine lang andauernde Ungleichbehandlung mit der Gruppe der "neu" versicherungspflichtigen Rentner zur Folge gehabt hätte. Die angestrebte Erhöhung der Beitragseinnahmen hätte erst in vielen Jahren tatsächlich wirksam werden können. Unter vertrauensschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung aller Versicherten hinsichtlich der Beitragshöhe aus Versorgungsbezug angeordnet hat.

Die seit 01.01.2004 geltende Fassung des § 248 SGB V verstößt auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Beiträge nach dem (vollen) allgemeinen Beitragssatz und nicht nach einem ermäßigten Beitragssatz erhoben werden, obwohl der Kläger als Altersrentner kein Krankengeld beziehen kann. § 248 SGB V steht in gewissem Widerspruch zu § 243 Abs. 1 SGB V, wonach für Versicherte, die keinen Anspruch auf Krankengeld haben, der Beitragssatz zu ermäßigen ist, wo hingegen nach § 241 Satz 3 SGB V der allgemeine Beitragssatz für Mitglieder gilt, die bei Arbeitsunfähigkeit für mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben. Zur Überzeugung des Gerichts stellt es keine gleichheitswidrige Abweichung von den in § 241 bis 243 SGB V vorgegebenen Regelungen zur Differenzierung des Beitragssatzes nach dem Risiko der Inanspruchnahme von Krankengeld dar, wenn der Gesetzgeber sowohl in § 247 SGB V für die Rente als auch in § 248 SGB V für Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen vorschreibt, dass bei Versicherungspflichtigen (und über die Verweisung in § 240 Abs. 2 Satz 3 SGB V für freiwillig Versicherte) für diese Einnahme der allgemeine Beitragssatz gilt. Der Gesetzgeber konnte vielmehr für die Gruppe der Versorgungsbezieher beitragsrechtliche Sonderregelungen vorsehen, wie er dies in der Vergangenheit für Rentner und Versorgungsbezieher immer schon getan hat. Die jetzt geltende Regelung stellt sich hinsichtlich der Geltung des allgemeinen Beitragssatzes für Versorgungsbezieher als Fortsetzung einer seit jeher bestehenden besonderen Beitragssatzregelung für versicherungspflichtige Rentner sowohl für Beiträge aus der Rente als auch aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen (§§ 247, 248 SGB V a.F.) dar. Sie behandelt diejenigen Versicherten, die eine Rente oder Versorgungsbezüge beziehen, und damit im Wesentlichen die Gruppe der aus dem Arbeitsleben Ausgeschiedenen als eine Gruppe und bestimmt für sie als Gruppe den Beitragssatz. Mit der Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes wird ihnen dabei auch nicht eine systemwidrige besondere Last, der keine entsprechenden Leistungen entsprächen, auferlegt. Dies wäre allenfalls zu erörtern, wenn die Beitragseinnahmen aus der Gruppe der Rentner und Versorgungsbezieher die Leistungsaufwendungen für diese Gruppe überstiegen. Davon kann jedoch keine Rede sein, wie bereits oben anhand der Gesetzesbegründung dargestellt wurde.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Sprungrevision war zuzulassen. Dem Rechtsstreit liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Streichung des § 240 Abs. 3a SGB V zugrunde. Es handelt sich um eine "Musterklage".
Rechtskraft
Aus
Saved