L 24 B 358/06 KR ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1505/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 358/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juli 2006 (S 73 KR 1505/06 ER) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung der Zahlung von Mutterschaftsgeld.

Die Antragstellerin bezog zunächst seit September 2005 Arbeitslosengeld. Die Bescheinigung des Arztes J S vom 03. Juli 2006 weist als mutmaßlichen Tag der Entbindung den 02. August 2006 aus. Die Antragsgegnerin hat die bei ihr beantragte Zahlung von Mutterschaftsgeld verweigert, weil die Antragstellerin ab 20. Februar 2006 als Arbeitslosengeld-II-Empfängerin versichert gewesen sei, die Arbeitsgeld(I)-Bewilligung sei ab 20. Februar 2006 aufgehoben worden. Für eine Arbeitslosengeld-II-Empfängerin bestehe kein Anspruch auf Krankengeld und damit auch nicht auf Mutterschaftsgeld.

Am 07. Juli 2006 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig Mutterschaftsgeld seit dem 01. Juli 2006 rückwirkend bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zu zahlen.

Die Antragstellerin habe seit 10. Januar 2006 ergänzendes Arbeitslosengeld II und seit dem 01. Mai 2006 volles Arbeitslosengeld II erhalten. Ein Folgeantrag sei bei dem Jobcenter Wam 15. Mai 2006 in den Hausbriefkasten eingeworfen worden. Zahlungen seien bisher nicht getätigt, mit der Begründung, dass die Antragstellerin nicht arbeitsfähig sei. Die Versorgung der Antragstellerin und ihres ungeborenen Kindes mit Lebensmitteln sei zurzeit nicht gesichert, so dass schneller Handlungsbedarf bestünde. Es müsse eine sofortige Auszahlung von Mutterschaftsgeld erfolgen.

Die Antragsgegnerin hält einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nicht für gegeben. Die Antragstellerin habe vom 01. April 2006 bis zum 30. Juni 2006 Arbeitslosengeld II bezogen. Auch im Antrag auf einstweilige Anordnung werde von Arbeitslosengeld II gesprochen. Nach § 200 Reichsversicherungsordnung (RVO) erhalten weibliche Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben, Mutterschaftsgeld. Der Anspruch auf Krankengeld und somit auch der Anspruch auf Mutterschaftsgeld für Bezieherin von Arbeitslosengeld II sei bereits im Jahre 2005 gesetzlich gestrichen worden.

Mit Beschluss vom 26. Juli 2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt: Die Antragstellerin habe es nicht vermocht, einen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit gemäß §§ 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Nach der einzig hierfür in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 200 Abs. 1 RVO, wonach weibliche Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) kein Arbeitsentgelt gezahlt werde, Mutterschaftsgeld erhielten, erfülle sie diese Voraussetzungen nicht. Die Antragstellerin sei als Bezieherin von Arbeitslosengeld II gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 a Sozialgesetzbuch, fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert und von daher nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V von vornherein vom Krankengeldanspruch ausgeschlossen. Auch die Beschäftigungsverbote des § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG seien nicht gegeben, weil diese nur Frauen in einem Arbeitsverhältnis sowie in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte beträfen.

Mit ihrer am 29. August 2006 beim Sozialgericht eingegangenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Anspruch weiter. Entgegen der Darstellung in den Beschlussgründen habe die Antragstellerin nicht Arbeitslosengeld II, sondern Arbeitslosengeld I bezogen und daher einen Krankengeldanspruch gehabt.

Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

Der Senat hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass ihre Angaben glaubhaft zu machen seien. Sie hat daraufhin den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 12. Juni 2006 vorgelegt, mit dem Arbeitslosengeld mit einem "Beginn ab 07. September 2005" zuerkannt wurde. In der Rechtsbehelfsbelehrung dieses Bescheides heißt es "Dieser Bescheid wird gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz Gegenstand des laufenden Klageverfahrens.".

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin in Kopie vorgelegten Auszüge aus ihrer Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 RVO erfüllt, also entweder bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld hatte oder dass ihr wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde.

Ausweislich des ärztlich bescheinigten voraussichtlichen Entbindungstermins "02. August 2006" begann die maßgebliche Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG am 21. Juni 2006. Die Voraussetzungen hinsichtlich des Nichtbezuges von Arbeitsentgelt wegen der Schutzfrist sind unstreitig nicht erfüllt, weil der Antragstellerin in Ermangelung eines Arbeitsverhältnisses kein Anspruch auf Arbeitsentgelt zustand. Ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit, hinsichtlich der Mutterschaftsgeld zu zahlen wäre, ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

Die Glaubhaftmachung des Anspruchs bezieht sich auch auf die Voraussetzung, dass sie in der maßgeblichen Zeit (mit Anspruch auf Krankengeld - § 44 SGB V) als Bezieherin von Arbeitslosengeld (I) nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versichert war. Für Bezieher von Arbeitslosengeld II schließt § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V den Anspruch auf Krankengeld aus. Entscheidend ist dementsprechend, ob die Antragstellerin als Bezieherin von Arbeitslosengeld I oder von Arbeitslosengeld II versichert ist bzw. war. Jedenfalls bis zum 20. Februar 2006 dürfte eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V als Arbeitslosengeldbezieherin vorgelegen haben. Für die Zeit seither ist dies nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Aus den eigenen Angaben der Antragstellerin zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung (Schriftsatz vom 06. Juli 2006) geht hervor, dass sie seit Januar 2006 ergänzendes Arbeitslosengeld II und seit 01. Mai 2006 volles Arbeitslosengeld II bezogen habe. Nach den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2006 habe die Antragstellerin bei der Bundesagentur für Arbeit am 21. Februar 2006 ein ärztliches Attest vorgelegt, wonach ihr wegen einer Risikoschwangerschaft ein Beschäftigungsverbot ab 20. Februar 2006 erteilt worden sei, weshalb keine Verfügbarkeit mehr vorgelegen habe, weshalb kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr bestehe. Dieser Widerspruchsbescheid datiert vom 27. Juni 2006 und damit nach Erteilung des von der Antragstellerin jetzt vorgelegten Bewilligungsbescheides vom 12. Juni 2006. Da letzterer Arbeitslosengeld für die Zeit ab 07. September 2005 zubilligt und kein Enddatum enthält, er zudem als Gegenstand eines laufenden Klageverfahrens bezeichnet wird, bezieht sich dieser Bescheid ersichtlich auf einen zurückliegenden Zeitraum, der wohl wegen des Leistungsbeginns oder der dortigen Leistungshöhe im Streit ist. Die ab September 2005 bewilligte Leistung ist jedoch nach dem zeitlich späteren Widerspruchsbescheid (27. Juni 2006) mit Wirkung vom 20. Februar 2006 aufgehoben worden. Eine Wiederbewilligung für einen danach liegenden Zeitraum oder auch nur eine Aussage dazu enthält der seitens der Antragstellerin vorgelegte Bescheid vom 12. Juni 2006 nicht.

Die Antragstellerin hat im Übrigen im vorliegenden Anordnungsverfahren nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass etwa die Entziehung des Arbeitslosengeldes mit Wirkung vom 20. Februar 2006 unter Bezugnahme auf ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG inzwischen wieder rückgängig gemacht worden ist. Eine entsprechende Aussage enthält der von ihr vorgelegte Bescheid vom 12. Juni 2006 jedenfalls nicht. Dass insoweit möglicherweise ein Klageverfahren anhängig ist, ändert nichts, weil § 44 Abs. 1 SGB V hinsichtlich des Anspruchs auf Krankengeld eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und damit das " Beziehen" von Arbeitslosengeld voraussetzt. Ein streitiger Anspruch auf Arbeitslosengeld hat insoweit keine Auswirkungen.

Da der geltend gemachte Anspruch insgesamt nicht zuerkannt werden konnte, bedarf es keines weiteren Eingehens darauf, dass zum einen Mutterschaftsgeld nur für die Dauer von acht Wochen nach der Entbindung zu zahlen wäre, wobei – wenn auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abgestellt wird – nur noch Mutterschaftsgeld für eine Woche in Betracht käme, weshalb insoweit ein die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender Anordnungsgrund zweifelhaft erscheint. Zum anderen dürfte aus dieser zeitlichen Begrenzung die beantragte Verpflichtung zur Zahlung "bis zum Abschluss des Hauptverfahrens" ohnehin nicht in Betracht kommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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