Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 AS 4902/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 4037/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Stuttgart vom 25. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß den §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 14.08.2006 form- und fristgerecht (§ 64 Abs. 3 SGG) eingelegte Beschwerde der am 03.08.1955 geborenen Antragstellerin, der das SG nicht abgeholfen hat, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 25.07.2006, mit dem das SG einen Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz wegen Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II abgelehnt hat, da die Antragstellerin nicht hilfebedürftig sei, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht glaubhaft gemacht. Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Maßgebend ist der Verkehrswert des Vermögens zum Zeitpunkt des Antrags auf Bewilligung oder Wiederbewilligung von Leistungen. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes nach der Antragstellung sind zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 3 SGB II).
Die Antragstellerin ist wegen ihres Vermögens aus dem im Jahr 2002 abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag mit der "neue leben Versicherungen" nicht hilfebedürftig. Nach den von der Antragstellerin hierzu vorgelegten Belegen belief sich das Guthaben der Antragstellerin Ende Mai 2006 auf 34.683 EUR. Dieses Guthaben dürfte sich zum 01.06.2006 durch eine Zahlung aus dem Beitragsdepot (Wert 2006: 7.087,15 EUR) auf etwa 40.000 EUR erhöht haben und ist als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen, wie das SG im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und verweist zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hierzu vom SG im angefochtenen Beschluss gemachten Ausführungen. Insbesondere ist die Verwertung der Lebensversicherung nicht offensichtlich unwirtschaftlich i.S.d. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II. Davon kann nur gesprochen werden, wenn der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde. Die Antragstellerin hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass bei einer Verwertung der Rentenversicherung zum Zeitpunkt der Antragstellung (04.07.2006) ein deutliches Missverhältnis zwischen der Höhe der eingezahlten Beiträge und dem Rückkaufswert einschließlich der Überschussbeteiligungen besteht.
Der Verwertbarkeit der Rentenversicherung ist auch nicht wegen des Vorliegens einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II ausgeschlossen, worauf die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde maßgeblich abgestellt hat. Nach dieser Vorschrift sind Sachen und Rechte nicht als Vermögen zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Prüfung, ob eine solche besondere Härte vorliegt ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. hierzu Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr. 91f.).
Der Senat stimmt mit dem SG darin überein, dass bei der Antragstellerin eine besondere Härte, die dazu führen würde, dass ihr Guthaben aus der Rentenversicherung bei der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen wäre, nicht vorliegt. Zwar kann nach der vorliegend heranzuziehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) zum Vorliegen einer besonderen Härte nach der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) 2002 aufgrund einer besonderen Berufsbiografie des Betroffenen und daraus resultierender Versorgungslücken ein besonderer Härtefall vorliegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, abgedruckt in juris). Dies macht die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde geltend. Der Senat vermag jedoch aus ihrem hierzu gemachten Vorbringen (insbesondere Spätaussiedlerin, Beschäftigungslücke wegen Geburt und Erziehung von 2 Kindern, unregelmäßige Arbeitszeiten/Teilzeit, Arbeitslosigkeit, Alter) und dem vorgelegten Versicherungsverlauf keine Besonderheiten zu erkennen, die die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigen.
Eine besondere Härte liegt nicht schon dann vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit geschmälert wird (BSG, aaO). Gleiches muss dann auch gelten, wenn sich geringere Versorgungsanwartschaften dadurch ergeben, dass aus betrieblichen Gründen längere Zeit nur Teilzeitarbeiten verrichtet wurden. Auch die Tatsache, dass die Klägerin als Spätaussiedlerin erst am 26.08.1977 nach Deutschland zugezogen ist, kann nicht als Härte anerkannt werden. Als Gründe für im Rahmen der Härtefallregelung zu berücksichtigende Lücken beim Aufbau einer Versorgungsanwartschaft können nur Umstände berücksichtigt werden, die auf bestimmten, von der Rechtsordnung gebilligten Disposition beruhen, die zumindest mit denjenigen Gründen vergleichbar sind, die den Tatbeständen der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 SGB II zugrunde liegen (BSG Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, abrufbar in juris). Auch das Vorbringen der Antragstellerin, dass im Hinblick auf ihr Alter und ihre fehlende berufliche Qualifikation die Wahrscheinlichkeit bestehe, weitere Ansprüche aus der Rentenversicherung nicht realisieren zu können rechtfertigt nach der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 73/04 R -, abgedruckt in juris) nicht die Annahme einer Härte. Zwar enthält der vorgelegte Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung der Antragstellerin kurzzeitige Lücken und "Minderverdienste". Insgesamt sind diese jedoch nicht dergestalt, dass bei der Antragstellerin von einer besonderen Berufsbiografie auszugehen ist, die die Annahme einer besonderen Härte hinsichtlich ihres gesamten Guthabens aus dem Rentenversicherungsvertrag rechtfertigt.
Der Verkehrswert des Guthabens der Antragstellerin aus dem Rentenversicherungsvertrag in Höhe von ca. 40.000 EUR übersteigt den ihr derzeit zustehenden Freibetrag in Höhe von 20.400 EUR (Grundfreibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II = 51 Jahre x 200 EUR + Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II = 51 Jahre x 200 EUR). Insoweit ist Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nicht gegeben.
Ihre Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die gemäß den §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 14.08.2006 form- und fristgerecht (§ 64 Abs. 3 SGG) eingelegte Beschwerde der am 03.08.1955 geborenen Antragstellerin, der das SG nicht abgeholfen hat, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 25.07.2006, mit dem das SG einen Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz wegen Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II abgelehnt hat, da die Antragstellerin nicht hilfebedürftig sei, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht glaubhaft gemacht. Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Maßgebend ist der Verkehrswert des Vermögens zum Zeitpunkt des Antrags auf Bewilligung oder Wiederbewilligung von Leistungen. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes nach der Antragstellung sind zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 3 SGB II).
Die Antragstellerin ist wegen ihres Vermögens aus dem im Jahr 2002 abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag mit der "neue leben Versicherungen" nicht hilfebedürftig. Nach den von der Antragstellerin hierzu vorgelegten Belegen belief sich das Guthaben der Antragstellerin Ende Mai 2006 auf 34.683 EUR. Dieses Guthaben dürfte sich zum 01.06.2006 durch eine Zahlung aus dem Beitragsdepot (Wert 2006: 7.087,15 EUR) auf etwa 40.000 EUR erhöht haben und ist als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen, wie das SG im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und verweist zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hierzu vom SG im angefochtenen Beschluss gemachten Ausführungen. Insbesondere ist die Verwertung der Lebensversicherung nicht offensichtlich unwirtschaftlich i.S.d. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II. Davon kann nur gesprochen werden, wenn der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde. Die Antragstellerin hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass bei einer Verwertung der Rentenversicherung zum Zeitpunkt der Antragstellung (04.07.2006) ein deutliches Missverhältnis zwischen der Höhe der eingezahlten Beiträge und dem Rückkaufswert einschließlich der Überschussbeteiligungen besteht.
Der Verwertbarkeit der Rentenversicherung ist auch nicht wegen des Vorliegens einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II ausgeschlossen, worauf die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde maßgeblich abgestellt hat. Nach dieser Vorschrift sind Sachen und Rechte nicht als Vermögen zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Prüfung, ob eine solche besondere Härte vorliegt ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. hierzu Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr. 91f.).
Der Senat stimmt mit dem SG darin überein, dass bei der Antragstellerin eine besondere Härte, die dazu führen würde, dass ihr Guthaben aus der Rentenversicherung bei der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen wäre, nicht vorliegt. Zwar kann nach der vorliegend heranzuziehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) zum Vorliegen einer besonderen Härte nach der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) 2002 aufgrund einer besonderen Berufsbiografie des Betroffenen und daraus resultierender Versorgungslücken ein besonderer Härtefall vorliegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, abgedruckt in juris). Dies macht die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde geltend. Der Senat vermag jedoch aus ihrem hierzu gemachten Vorbringen (insbesondere Spätaussiedlerin, Beschäftigungslücke wegen Geburt und Erziehung von 2 Kindern, unregelmäßige Arbeitszeiten/Teilzeit, Arbeitslosigkeit, Alter) und dem vorgelegten Versicherungsverlauf keine Besonderheiten zu erkennen, die die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigen.
Eine besondere Härte liegt nicht schon dann vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit geschmälert wird (BSG, aaO). Gleiches muss dann auch gelten, wenn sich geringere Versorgungsanwartschaften dadurch ergeben, dass aus betrieblichen Gründen längere Zeit nur Teilzeitarbeiten verrichtet wurden. Auch die Tatsache, dass die Klägerin als Spätaussiedlerin erst am 26.08.1977 nach Deutschland zugezogen ist, kann nicht als Härte anerkannt werden. Als Gründe für im Rahmen der Härtefallregelung zu berücksichtigende Lücken beim Aufbau einer Versorgungsanwartschaft können nur Umstände berücksichtigt werden, die auf bestimmten, von der Rechtsordnung gebilligten Disposition beruhen, die zumindest mit denjenigen Gründen vergleichbar sind, die den Tatbeständen der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 SGB II zugrunde liegen (BSG Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, abrufbar in juris). Auch das Vorbringen der Antragstellerin, dass im Hinblick auf ihr Alter und ihre fehlende berufliche Qualifikation die Wahrscheinlichkeit bestehe, weitere Ansprüche aus der Rentenversicherung nicht realisieren zu können rechtfertigt nach der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 73/04 R -, abgedruckt in juris) nicht die Annahme einer Härte. Zwar enthält der vorgelegte Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung der Antragstellerin kurzzeitige Lücken und "Minderverdienste". Insgesamt sind diese jedoch nicht dergestalt, dass bei der Antragstellerin von einer besonderen Berufsbiografie auszugehen ist, die die Annahme einer besonderen Härte hinsichtlich ihres gesamten Guthabens aus dem Rentenversicherungsvertrag rechtfertigt.
Der Verkehrswert des Guthabens der Antragstellerin aus dem Rentenversicherungsvertrag in Höhe von ca. 40.000 EUR übersteigt den ihr derzeit zustehenden Freibetrag in Höhe von 20.400 EUR (Grundfreibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II = 51 Jahre x 200 EUR + Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II = 51 Jahre x 200 EUR). Insoweit ist Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nicht gegeben.
Ihre Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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