L 15 B 622/06 SB PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 SB 155/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 B 622/06 SB PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21.07.2006 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 02.06.2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem dem Beschwerdeverfahren wegen Gewährung von Prozesskostenhilfe zugrundeliegenden Rechtsstreit begehrt der Beschwerdeführer die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne von §§ 2 Abs.2, 69 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX); konkret: Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 70.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz vom 01.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Zentrum Bayern Familie und Soziales vom 09.02.2006 ist der GdB mit 30 bewertet worden. Als Funktionsstörungen hat der Beklagte berücksichtigt: 1. Gesichtsnervenlähmung rechts (Facialisparese), Schluckstörungen (Einzel-GdB 20). 2. Seelische Störung (Einzel-GdB 20). 3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen (Einzel-GdB 10).

In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Regensburg mit Beschluss vom 02.06.2006 - S 11 SB 155/06 - die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht des Gerichts gemäß §§ 103, 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG i.V.m. § 121 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht erforderlich.

Weiterhin hat das Sozialgericht Regensburg mit Nachricht vom 21.07.2006 unter anderem an die Übersendung einer Vollmacht erinnert.

Mit Klagebegründung vom 25.08.2006 (gleichzeitig zu werten als Beschwerdebegründung) haben die Bevollmächtigten des Klägers hervorgehoben, dass dem Kläger im Rahmen einer Krebserkrankung insgesamt elf Tumore im Gesichtsbereich entfernt werden mussten. Im Rahmen der Nachbehandlung seien drei weitere Operationen nötig gewesen; zudem habe sich der Kläger auch noch Bestrahlungen unterziehen müssen. - Im Rahmen der Operation seien auch die Lymphdrüsen im Kopfbereich operativ vom Rest des Lymphsystems abgetrennt worden. Zudem sei bei der Operation das Haut- und Nervengewebe im Hals- und Schulterbereich extrem beansprucht worden, so dass es infolge davon zu einer Einschränkung der Beweglichkeit des Kopfes gekommen sei. Die Auswirkungen eines sekundären HWS-Syndroms würden damit vorliegen. Insbesondere Kopfbewegungen nach rechts seien nur unter Schmerzen möglich; eine Lähmung der Gesichtsnerven sei eingetreten. Als Folge davon träten auch Schluckbeschwerden auf. - Die durchgeführten Bestrahlungen der Schleimhäute und Stimmbänder hätten zur Folge, dass der Kläger nur noch leise und unter ständiger Austrocknung des Mund- und Rachenraumes zu sprechen vermöge. Auch das rechte Auge sei in Mitleidenschaft gezogen worden (ständiges Tränen nach Operation besonders bei Auftreten eines Luftzuges). Durch die enorme physische und psychische Belastung, ausgelöst durch die Krebserkrankung, den erforderlichen massiven Eingriff samt anschließenden Bestrahlungen und den ungewissen weiteren Verlauf seien zudem noch seelische Störungen aufgereten. - Zusammenfassend: In der Zusammenschau mit weiteren Funktionsstörungen (z.B. Verdauungsproblemen) ergäbe sich ein GdB von mindestens 70.

Der Beschwerdeführer stellt sinngemäß den Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 02.06.2006 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg zu gewähren.

Der Beschwerdegegner hat sich bislang nicht geäußert.

Das Sozialgericht Regensburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die erstinstanzlichen Akten samt der Behindertenakte des Beschwerdeführers vorgelegt.

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig (§§ 73a, 172 ff. SGG i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Mangels Vollmachtsvorlage ist die Klage gemäß § 73 Abs.2 SGG bislang unzulässig. Sollte diese in Berücksichtigung der Erinnerung des Sozialgerichts Regensburg vom 21.07.2006 noch eingehen bzw. zwischenzeitlich bereits eingegangen sein, ist eine Beiordnung gemäß § 121 Abs.1 ZPO dennoch nicht erforderlich, weil in sozialgerichtlichen Verfahren erster und zweiter Instanz eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist.

Weiterhin ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs.2 ZPO in Angelegenheiten nach §§ 2 und 69 SGB IX hier nicht erforderlich. Denn der Ausgang des Verfahrens hängt regelmäßig von dem Ergebnis der Sachverhaltsermittlung im Sinne von §§ 103 ff. SGG ab. Insoweit bedarf es keiner anwaltschaftlichen Vertretung gleichsam als Mittler zwischen einem gegebenfalls noch zu hörenden ärztlichen Sachverständigen und dem Beschwerdeführer.

Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 18.12.2001 - 1 BvR 331/01 - stützt das Beschwerdebegehren nicht. In dem dortigen Verfahren ist entscheidungserheblich gewesen, dass die Einschränkungen der intellektuellen Fähigkeiten des dortigen Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen Leiden und Beeinträchtigungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet nicht ausreichend gewürdigt worden sind. Vergleichbar schwerwiegende Funktionsstörungen auf nervenfachärztlichem Gebiet sind hier jedoch nicht aktenkundig oder vorgetragen. Weder die körperlichen noch die psychischen Folgen der durchgeführten multiplen krebsbedingten Operationen samt anschließender Behandlungsmßnahmen haben zur Folge, dass der Beschwerdeführer anwaltschaftlicher Hilfe bedarf, um das Ausmaß der bei ihm vorliegenden Funktionsstörungen darzulegen und zu beschreiben.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist daher zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§§ 177, 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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